Nach 69 Jahren: Baufreigabe für die B25-Umgehung Dinkelsbühl
Wer ein besonders plakatives Beispiel dafür sucht, wie lange Planungen in Deutschland dauern können, dürfte in Dinkelsbühl fündig werden. Die Ortsumgehung der B 25 rund um die mittelfränkische Stadt ist für Schwaben relevant als kürzeste Verbindung des Wirtschaftsraums Augsburg über Donauwörth und Nördlingen zum Autobahnkreuz A 6 / A7 bei Feuchtwangen/Crailsheim. Für das gerade einmal 3,4 km lange Straßenstück steht nun die Baufreigabe für 2026 in Aussicht - genau 69 Jahre nachdem das Projekt in den Bundesverkehrswegeplan bzw. dessen Vorgängerpapiere aufgenommen worden ist.
In einem “Foyer-Dialog” zur Infrastruktur in Bayern am 17. November 2025 im bayerischen Verkehrsministerium in München stellte Verkehrsminister Christian Bernreiter eine Baufreigabe für die B 25-OU Dinkelsbühl “in Kürze” in Aussicht. Mit der Kabinetts-Pressemitteilung vom 18.11.2025 ist das öffentlich geworden.
Planungsdauer: ein Menschenleben
Das Projekt kann bei seinem Baubeginn auf nahezu so viele Jahre und auch Wendungen zurückblicken wie ein Mensch am Ende seines Lebens. Seit 1957 verfolgt der Bund den Bau einer Umgehungsstraße zur Entlastung der touristisch international bedeutsamen Kleinstadt vom Durchgangsverkehr. Über die Jahrzehnte gab es viele Diskussionen mit wechselnden und sich auch gerne wiederholenden Argumenten für eine östliche und eine westliche Variante.
Es folgte in den 1970-er Jahren rund zehn Kilometer westlich der Bau der Nord-Süd-Autobahn A 7, an den die Idee anknüpfte, Augsburg, Donauwörth, Harburg und Nördlingen an die A 7 bei Feuchtwangen durch eine “Ries-Autobahn” anzubinden und so Nördlingen und Dinkelsbühl vom Durchgangsverkehr zu befreien. Für diese Autobahn, die in Füssen beginnen sollte und die die B 17, einen Teil der B 2 und die B 25 ersetzen sollte, gab es sogar schon eine Nummer: A 91. Trotzdem verschwanden die Planungen in den 1980-er Jahren in der Schublade; faktisch wurden die vierspurigen Abschnitte der B 17 südlich und der B 2 nördlich von Augsburg zum “Nachlass” der A 91.
Nördlich von Nördlingen indessen gingen die Bemühungen um einen Ausbau der B 25 und die Beseitigung von Ortsdurchfahrten weiter; unter anderem kam das Bundesverkehrsministerium Ende der 1980-er Jahre auf die Idee, dafür die Bahnstrecke Nördlingen-Dinkelsbühl stillzulegen und deren Trasse in Teilen für eine neue B 25 zu verwenden (ähnlich wie es mit der B 12 zwischen Kempten und Isny tatsächlich vollzogen wurde).
Während es zumindest an einigen Orten Verbesserungen gab (wie die Ortsumgehungen Nördlingen und Wallerstein oder 2+1-Überholabschnitte zwischen Donauwörth und Nördlingen) geschah in Dinkelsbühl über Planungen und den mitunter heftigen Austausch von Positionen hinaus jedoch wenig. Immer fanden sich auch Argumente naturschutzfachlicher Art oder Anwohnerinteressen gegen die jeweils gerade favorisierte Variante.
Auch eine Strategie: Verkehr verbieten statt eine Umgehung zu bauen
Die unter dem Durchgangs- und Schwerlastverkehr leidende Stadt Dinkelsbühl entwickelte deshalb Anfang der 2000er-Jahre die Strategie, das Problem zunächst nicht durch eine Umgehungsstraße, sondern durch ein Lkw-Durchfahrverbot mit Ausnahmen nur noch für den Lkw-Quell- und Zielverkehr zu beseitigen. Das Argument der Stadt: Es handele sich beim Lkw-Verkehr auf der B 25 im Wesentlichen um “Mautausweichverkehr”, weil die Autobahn mautpflichtig geworden war.
Unternehmen aus Schwaben klagten gegen Lkw-Durchfahrverbot
Hiergegen klagten 13 Transport- und Logistikunternehmen aus Schwaben, auch mit Unterstützung der IHK. Hauptargument: Wegen des nun erforderlichen Umwegs z.B. von Augsburg aus über das Autobahnkreuz Ulm/Elchingen zur A 7 bedeute die Regelung einen Wettbewerbsnachteil für Unternehmen, die bislang die B 25 als direkte Verbindung nutzen konnten. Das Verwaltungsgericht Ansbach schloss sich dieser Sicht nicht an, sondern der Position der Stadt, obgleich Gutachten zeigten, dass der Effekt des Durchfahrverbots auf die Lkw-Zahl in Dinkelsbühl eher gering war.
Am Ende fiel das Lkw-Durchfahrverbot über seine eigene Begründung: Als die Lkw-Maut auch auf Bundesstraßen eingeführt wurde, argumentierten der IHK-Verkehrsausschuss und der damalige IHK-Präsident Dr. Andreas Kopton gegenüber dem bayerischen Innenminister Joachim Herrmann, dass spätestens damit der Lkw-Verkehr in Dinkelsbühl per Definition kein “Mautausweichverkehr” mehr sein könne, die Rechtfertigung des Verbots also nicht mehr aufrecht zu erhalten sei. Nach kurzer Prüfung schloss sich das Innenministerium dieser Sicht an; das Durchfahrverbot wurde 2018 aufgehoben.
Nun sind Baurecht und Geld da
Das dürfte den Planungen des Staatlichen Bauamts Ansbach für die Ortsumgehung und dem Argument der Entlastung der Anwohner nochmals Rückenwind verschafft haben. Die Planung im Osten der Stadt wurde forciert, nachdem klar war, dass eine Straße im Westen wegen der Eingriffe in die Natur nicht durchsetzbar sein würde. Seit Juni 2024 gibt es dafür bestandskräftiges Baurecht. Nach Klärung der Finanzierung folgt dann die formale Baufreigabe. Veranschlagt war die Ortsumgehung mit 27,3 Millionen Euro.
