Widerrufsrecht des Verbrauchers beim Onlinekauf
Als Unternehmer, der Online-Verträge mit Verbrauchern abschließt, müssen Sie sicherstellen, dass Sie das Widerrufsrecht korrekt umsetzen. In vielen Fällen steht dem Verbraucher ein solches Recht zu, das es ihm ermöglicht, den Vertrag innerhalb einer bestimmten Frist zu widerrufen.
- 1. Einführung
- 2. Ausnahmen vom Widerrufsrecht
- 3. Vorzeitiges Erlöschen des Widerrufsrechts bei Dienstleistungen und Downloads
- 4. Widerrufsfrist: Beginn und Dauer
- 5. Widerrufsbelehrung
- 6. Widerrufserklärung
- 7. Platzierung der Widerrufsbelehrung auf der Internetseite
- 8. Folgen einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung
- 9. Folgen des Widerrufs
- 10. Wertverlust der Ware
Wir haben für Sie wichtige Informationen zu diesem Thema zusammengestellt.
1. Einführung
Das Widerrufsrecht spielt eine zentrale Rolle bei Fernabsatzverträgen, die zwischen Unternehmern und Verbrauchern ausschließlich über Fernkommunikationsmittel wie E-Mails, Telefon oder Online-Plattformen abgeschlossen werden. Es gilt ausschließlich für Verbraucher, die den Vertrag zu privaten Zwecken abschließen. Bei Verträgen mit gemischtem Zweck darf der gewerbliche Anteil jedoch nicht überwiegen, um das Widerrufsrecht zu gewähren.
Unternehmer, die Waren oder Dienstleistungen online anbieten, sind verpflichtet, ihre Kunden über das gesetzliche Widerrufsrecht zu informieren. Diese Informationspflicht besteht ausschließlich gegenüber Verbrauchern, nicht jedoch bei Verträgen mit gewerblichen Kunden.
Das Widerrufsrecht ermöglicht es dem Verbraucher, einen online geschlossenen Vertrag innerhalb einer Frist von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen zu widerrufen. Unternehmer sollten daher sicherstellen, dass sie ihre Kunden entsprechend informieren und die Widerrufsfrist korrekt kommunizieren, um rechtlichen Problemen vorzubeugen.
2. Ausnahmen vom Widerrufsrecht
Ausnahmen von Widerrufsrecht sind in § 312g Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelt.
Ein Widerrufsrecht erlischt vorzeitig beziehungsweise besteht nicht unter anderem bei folgenden Verträgen:
- Verträge zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind („Kundenspezifikation“). Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 30.08.2018 (AZ VII ZR 243/17) gilt diese Ausnahme nicht bei Werkverträgen.
- Verträge zur Lieferung von Waren, die schnell verderben können oder deren Verfallsdatum schnell überschritten würde,
- Verträge zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde (Anmerkung: was unter „Hygiene“ oder „Gesundheitsschutz“ bzw. „Versiegelung“ zu verstehen ist, ist offen),
- Verträge zur Lieferung von Waren, wenn diese nach der Lieferung auf Grund ihrer Beschaffenheit untrennbar mit anderen Gütern vermischt wurden (zum Beispiel Heizöl),
- Verträge zur Lieferung alkoholischer Getränke, deren Preis bei Vertragsschluss vereinbart wurde, die aber frühestens 30 Tage nach Vertragsschluss geliefert werden können und deren aktueller Wert von Schwankungen auf dem Markt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat,
- Verträge zur Lieferung von Ton- oder Videoaufnahmen oder Computersoftware in einer versiegelten Packung, wenn die Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde (Anmerkung: auch hier ist nicht definiert, was mit „Versiegelung“ gemeint ist),
- Verträge zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften oder Illustrierten mit Ausnahme von Abonnement-Verträgen.
- Weitere Ausnahmen sind in § 312g Absatz 2 Nr. 8 bis 13 geregelt.
In denjenigen Fällen, in denen ein Widerrufsrecht nicht besteht bzw. erlöschen kann, muss der Unternehmer den Verbraucher darauf hinweisen, Art. 246a § 1 Absatz 3 EGBGB.
Beachte: Der Unternehmer muss den Verbraucher in den oben genannten Fällen darauf hinweisen, dass kein Recht zum Widerruf besteht.
3. Vorzeitiges Erlöschen des Widerrufsrechts bei Dienstleistungen und Downloads
Nach § 356 Absatz 4 BGB erlischt das Widerrufsrecht bei einem Vertrag zur Erbringung von Dienstleistungen, wenn der Unternehmer die Dienstleistung vollständig erbracht und mit der Ausführung der Dienstleistung erst nach ausdrücklicher Zustimmung des Verbrauchers begonnen hat. Außerdem muss der Verbraucher vor Ausführung der Dienstleistung seine Kenntnis davon bestätigt haben, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer verliert.
Des Weiteren hat der Verbraucher nun auch ein Widerrufsrecht bei so genannten „nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten“. Hierunter fallen beispielsweise Downloads und Streamings. Dieses Widerrufsrecht erlischt gemäß § 356 Absatz 5 BGB allerdings bereits vor Ablauf der Widerrufsfrist, wenn der Unternehmer mit der Ausführung des Vertrags begonnen hat, nachdem der Verbraucher
- ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer mit der Ausführung des Vertrags vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt und
- seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er durch seine Zustimmung mit Beginn der Ausführung des Vertrags sein Widerrufsrecht verliert.
In beiden Fällen muss der Unternehmer den Verbraucher also ordnungsgemäß belehren, wenn er die für sich günstige Rechtsfolge herbeiführen will.
4. Widerrufsfrist: Beginn und Dauer
Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Der Fristbeginn hängt vom Vertragsgegenstand ab. Der Fristlauf kann bereits mit Vertragsschluss beginnen (so beispielsweise bei Downloads), bei Warenlieferung beginnt der Fristlauf am Tag nach Erhalt der (letzten) Ware. Voraussetzung ist zudem, dass der Unternehmer den Verbraucher über das Widerrufsrecht belehrt hat. Für den Fristbeginn ist allerdings nicht erforderlich, dass die Belehrung schon „in Textform“ erfolgt. Der Unternehmer muss jedoch beweisen, dass er den Verbraucher in klarer und verständlicher Form belehrt hat. Hat der Unternehmer den Verbraucher nicht (ordnungsgemäß) über sein Widerrufsrecht belehrt, läuft die Widerrufsfrist nach 12 Monaten und 14 Tagen ab.
5. Widerrufsbelehrung
Der Unternehmer muss den Verbraucher über das Bestehen beziehungsweise Nichtbestehen seines Widerrufsrechts sowie den Beginn usw. des Widerrufsrechts informieren. Wichtig ist dabei, dass die Widerrufsbelehrung deutlich gestaltet ist und dem Verbraucher seine wesentlichen Rechte deutlich macht. Dabei ist vom Gesetzgeber keine bestimmte Form vorgeschrieben. Empfehlenswert ist es dazu die Muster-Widerrufsbelehrung sowie das Muster-Widerrufsformular des Gesetzgebers zu verwenden.
Die Widerrufsbelehrung sowie das Muster-Widerrufsformular sollten dem Verbraucher zusätzlich zur Information auf der Internetseite auf einem dauerhaften Datenträger, wie zum Beispiel E-Mail spätestens bei der Lieferung der Ware zur Verfügung gestellt werden (§ 312 f Abs. 2 BGB).
Im Zweifelsfall trägt der Unternehmer die Beweislast dafür, dass er den Verbraucher ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht informiert hat.
6. Widerrufserklärung
Der Verbraucher muss seinen Widerruf eindeutig erklären. Die bloße Rücksendung der Ware genügt nicht. Grundsätzlich ist die Erklärung formfrei, beispielsweise auch telefonisch möglich. Aus Beweisgründen ist aber davon auszugehen, dass mündliche Widerrufserklärungen in der Praxis selten vorkommen werden. Eine Begründung ist nicht erforderlich.
Das Gesetz sieht auch ein Muster für die Widerrufserklärung vor. Der Unternehmer muss den Verbraucher in der Widerrufsbelehrung hierüber informieren. Der Verbraucher ist nicht verpflichtet, das Muster zu verwenden. Statt dem Musterwiderrufsformular kann der Unternehmer auch eine andere Online-Widerrufserklärung anbieten. Der Unternehmer muss den Zugang des Widerrufs unverzüglich auf einem dauerhaften Datenträger bestätigen (zum Beispiel per automatisierter E-Mail).
7. Platzierung der Widerrufsbelehrung auf der Internetseite
Online-Shops müssen Verbrauchern klare und verständliche Informationen über ihr Widerrufsrecht bereitstellen. Es empfiehlt sich, eine Widerrufsbelehrung auf der Webseite gut sichtbar und zugänglich zu platzieren, beispielsweise über einen deutlich gekennzeichneten Link mit der Bezeichnung „Widerrufsrecht“ auf der Startseite.
Spätestens auf der Bestellseite muss der Link zum Widerrufsrecht eindeutig auffindbar sein. So wird die gesetzliche Informationspflicht erfüllt und das Vertrauen der Kunden gestärkt.
8. Folgen einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung
Informiert der Unternehmer den Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht, so beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen. Das bedeutet, dass der Verbraucher auch nach Ablauf der 14-tägigen Widerrufsfrist den Vertrag widerrufen kann. Allerdings besteht dieses Recht nicht unendlich lange. Spätestens nach einem Jahr und 14 Tagen erlischt die Möglichkeit des Widerrufs.
Eine zusätzliche Folge einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung kann auch eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung sein. Nähere Informationen erhalten Sie im Artikel „Abmahnung“.
9. Folgen des Widerrufs
Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen spätestens nach 14 Tagen zurückzugewähren. Das bedeutet, der Unternehmer hat dem Verbraucher den Kaufpreis zurück zu erstatten und der Verbraucher muss dem Unternehmer die Ware zurückschicken. Dabei hat der Verbraucher die Kosten der Rücksendung zu tragen, § 357 Abs. 6 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Allerdings gilt dies nur dann, wenn der Unternehmer den Verbraucher im Vorfeld davon unterrichtet hat.
10. Wertverlust der Ware
Kommt es infolge des Widerrufs zu einem Wertverlust der Ware, muss der Verbraucher diesen ersetzen, wenn er die Ware über die Prüfung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise hinaus genutzt hat. Der Unternehmer muss den Verbraucher zudem zuvor ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht informiert haben.
Informationen zum Thema Widerrufsrecht erhalten Sie auch in unserem Artikel „Fernabsatzverträge“
Stand: Dezember 2024
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