Werbung und Wettbewerbsrecht

Abmahnung

I. Was ist eine Abmahnung?

Wer in unzulässiger Weise wirbt (zum Beispiel irreführend wirbt oder Informationspflichten nicht einhält) oder fremde Schutzrechte verletzt (zum Beispiel Markenrechte, Urheberrechte, Patentrechte), muss damit rechnen, kostenpflichtig abgemahnt zu werden. Die Abmahnung ist grundsätzlich ein sinnvolles Instrument zur Selbstregulierung der Wirtschaft. Unternehmen sollen marken-, urheber- und wettbewerbsrechtliche Verstöße abstellen können, ohne gleich gerichtlich klagen zu müssen.
Ein Konkurrent oder ein Wettbewerbsverein kann eine Abmahnung wegen unzulässiger Werbung aussprechen. Sie kann sich auf jede Werbemaßnahme des Unternehmens beziehen. Besonders betroffen ist der Onlinehandel, weil Rechtsverstöße auf Internetseiten besonders leicht für mögliche Abmahner recherchierbar sind. Abgemahnt werden können aber zum Beispiel auch Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
Wettbewerbsverstöße abmahnen dürfen:
  • ausschließlich Unternehmen. Privatpersonen dürfen keine Wettbewerbsverstöße abmahnen.
  • Das abmahnende Unternehmen muss in direkter Konkurrenz zum betroffenen Unternehmen stehen.
  • Außer diesen Unternehmen können noch bestimmte Vereine oder Verbände eine Abmahnung aussprechen. Beispiele sind die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs („Wettbewerbszentrale“) oder die Verbraucherzentralen.
Gewerbliche Schutzrechte können nur vom Rechteinhaber selbst abgemahnt werden.

II. Wie verhält man sich am besten bei einer Abmahnung?

Leider wird das Instrument der Abmahnung auch immer wieder missbraucht.
Tipp : Niemals übereilt eine Unterlassungserklärung abgeben oder etwas bezahlen!
Sondern:
Wer eine Abmahnung bekommt, sollte diese immer erst "auf Herz und Nieren" prüfen. Hier finden Sie unsere  "Checkliste zur Prüfung einer Abmahnung " (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 106 KB).
Nach der Prüfung kann man entscheiden, wie man auf die Abmahnung am besten reagiert. Genauere Informationen hierzu finden Sie unter dem Punkt 4. Wie kann man auch eine Abmahnung reagieren.

III. Wie sieht eine Abmahnung (im Wettbewerbsrecht oder bei Schutzrechtsverletzungen) überhaupt aus?

In einem Brief wird dem abgemahnten Unternehmen mitgeteilt, dass er durch ein bestimmtes (Werbe-) Verhalten gegen das Wettbewerbsrecht verstößt oder Schutzrechte eines anderen Unternehmens verletzt. Es wird dazu aufgefordert, die angegriffene Maßnahme künftig zu unterlassen, fristgemäß eine strafbewehrte Unterlassungserklärung schriftlich abzugeben und die Abmahnkosten zu bezahlen (bei Schutzrechtsverletzungen folgt in der Regel auch noch eine Schadenersatzforderung). Als Anlage sind in der Regel eine vorformulierte Unterlassungserklärung und eine Gebührenrechnung beigefügt. Die Abmahnung kommt meist in einem anwaltlichen Schreiben, bei Wettbewerbsverstößen kann das Schreiben auch von einem Verband oder Verein (Wettbewerbs- oder Verbraucherschutzverein) kommen.
Weitere allgemeine Hinweise zum Umgang mit Abmahnungen finden Sie in unserem Merkblatt. (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 161 KB)

IV. Wie kann man auf eine Abmahnung reagieren?

Beachte:
Wenn Sie eine Abmahnung im Emailpostfach oder im Briefkasten finden, sollten Sie immer sofort handeln! – Und zwar auch dann, wenn Sie die Abmahnung für unseriös oder unberechtigt halten (zum Beispiel weil man den Rechtsverstoß gar nicht begangen hat). Andernfalls riskiert man ein unnötiges Gerichtsverfahren und hohe Kosten.

Prüfen Sie zunächst die Abmahnung anhand der "Checkliste" (siehe nächster Abschnitt) und überlegen Sie, welche der nachstehenden Möglichkeiten für Sie in Frage kommt.
Es gibt 4 Möglichkeiten, auf eine Abmahnung zu reagieren:
1. Unterlassungserklärung unterschreiben und zahlen (eher selten)    
  • die Abmahnung inhaltlich zweifellos berechtigt ist,
  • keine Zweifel an der Seriosität des Abmahners bestehen und
  • die Unterlassungserklärung ausreichend konkret und mit angemessener Vertragsstrafe formuliert ist.
2. Abmahnung als unberechtigt zurückweisen (eher selten)
Diese Variante kommt nur in 3 Fällen in Frage:
  • Der Abmahner hat keine Abmahnbefugnis.
  • Der Rechtsverstoß wurde von Ihnen nicht begangen oder in dem vorgeworfenen Verhalten liegt gar kein Rechtsverstoß.
  • Die Abmahnung erfolgt rechtsmissbräuchlich.
Hinweis : Wenn Sie nicht eindeutige Nachweise für einen Zurückweisungsgrund haben, wird der Abmahner im Zweifel vor Gericht gehen. Will man in solchen Zweifelsfällen ein Gerichtsverfahren und das damit verbundene Kostenrisiko vermeiden, bietet sich die folgende Möglichkeit 3 an.
3. Unterlassungserklärung "modifizieren", unterschreiben und zahlen (häufiger Fall)
Diese Variante bietet sich an, wenn Sie zwar vermuten, dass einer der oben unter 2. genannten Zurückweisungsgründe vorliegt, aber dies nicht eindeutig nachweisen können und wenn Sie gleichzeitig wegen des Kostenrisikos ein Gerichtsverfahren vermeiden wollen. In einem solchen Fall kann man entweder die Unterlassungserklärung "modifizieren" oder eventuell die "Einigungsstelle für Wettbewerbsstreitigkeiten anrufen (dazu Ziffer 4).
Beispiele für Zweifelsfälle:
  • Es bestehen Zweifel an einem unmittelbaren Konkurrenzverhältnis oder der Verdacht, dass der konkurrierende Onlineshop nur zum Schein betrieben wird.
  • Die Rechtslage in Bezug auf den streitigen Rechtsverstoß ist nicht eindeutig oder umstritten.
  • Verdacht auf Rechtsmissbrauch anhand einiger Indizien (näher dazu unten).
In solchen Zweifelsfällen kann man zur Vermeidung eines Gerichtsverfahrens zumindest die Unterlassungserklärung in „modifizierter“ Form abgeben und sich auf diese Weise für eventuelle spätere gerichtliche Klärung eine „Tür offenhalten“.
Tipp: In einem kurzen Begleitschreiben sollte man auf seine Zweifel hinweisen und damit die Modifizierungen begründen.
Ein Muster (DOCX-Datei · 20 KB)  mit Erläuterungen für eine modifizierte Unterlassungserklärung gibt es hier zum Download.
4. Einigungsstelle für Wettbewerbsstreitigkeiten anrufen (gute Alternative zu 3.)
Falls man sowohl ein Gerichtsverfahren als auch die Abgabe einer (modifizierten) Unterlassungserklärung scheut und dennoch eine Klärung sucht, bietet sich in manchen Fällen die "Einigungsstelle für Wettbewerbsstreitigkeiten" als eine Art außergerichtliche Schlichtungsstelle an, die bei den IHKs geführt wird. Ziel ist die Diskussion der streitigen Fragen zur Abmahnung, das Ausräumen von Zweifeln und eine außergerichtliche Einigung. Weitere Informationen dazu finden Sie unter http://www.einigungsstelle.org.
    

V. Wie verhält man sich bei Abmahnmissbrauch?

Die Abmahnung ist grundsätzlich ein sinnvolles Instrument, wettbewerbs-, urheber- oder markenrechtliche Streitigkeiten schnell, kostengünstig und effizient zu regeln.
Wie aber jeder weiß: Eine Idee kann noch so gut gemeint sein – das schützt sie nicht davor, missbraucht zu werden. Deshalb schreibt § 8 Abs. 4 UWG fest, dass "rechtsmissbräuchliche" Abmahnungen unzulässig sind.
Welche Indizien gibt es, dass es sich bei einer Abmahnung um "Abmahnmisbrauch" handelt?
  • Der Abmahnende hat keine wesentliche eigene Geschäftstätigkeit.
  • Der Abmahnende verschickt in rauen Massen Abmahnungen für Bagatellverstöße.
  • Der Abmahnende verbindet die Unterlassungserklärung mit der Erklärung des Abgemahnten, dass er alle Kosten übernehme, und setzt für die Abgabe der Unterlassungserklärung und die Bezahlung der Abmahnkosten dieselbe Frist und lehnt bereits in der Abmahnung eine Fristverlängerung ab.
  • Der Abmahnende schiebt dem Abgemahnten in der Unterwerfungserklärung eine Gerichtsstandsklausel zu dessen Lasten unter.
  • Die verlangte Vertragsstrafe ist unangemessen hoch oder niedrig.
  • Die vorformulierte Vertragsstrafeverpflichtung sieht eine verschuldensunabhängige Haftung des Abgemahnten vor.
  • Die Unterlassungsverpflichtungserklärung ist zu allgemein gehalten.
Achtung: All diese Punkte sind jeweils nur Indizien, Hinweise, Anhaltspunkte dafür, dass ein Abmahnmissbrauch vorliegen könnte! Wer eine Abmahnung erhält, muss in jedem Fall ganz genau prüfen, ob im konkreten Fall tatsächlich ein Missbrauch vorliegt. Im Streitfall muss nämlich der Abgemahnte beweisen, dass es sich tatsächlich um eine rechtsmissbräuchliche Abmahnung handelt. Deshalb sollte im Zweifel ein Rechtsanwalt hinzugezogen werden. Denn auch wenn einer oder mehrere Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Abmahnung sprechen, kann die Abmahnung doch berechtigt sein.
Beispiel: Es sind Urteile bekannt, die einen Abmahnmissbrauch ablehnten, obwohl sehr viele Abmahnungen mit ähnlichem Inhalt ausgesprochen wurden. - Was war passiert? Der Abmahnende war einfach Inhaber sehr vieler Bildrechte, die im Internet massenhaft verletzt wurden.

VI. Elektronische Schutzschriften: Wehren Sie sich gegen Abmahnungen!

Seit 1. Januar 2016 gibt es ein zentrales, länderübergreifendes elektronisches Register für Schutzschriften. Sobald eine Schutzschrift in dieses Register eingestellt ist, gilt sie als bei allen ordentlichen Gerichten und allen Arbeitsgerichten eingereicht.‎ Sie hilft Unternehmern, sich gegen Abmahnungen zur Wehr zu setzen.
• Was ist eine Schutzschrift?
Für den Fall, dass bei einer Abmahnung durch den Abgemahnten keine Unterlassungserklärung abgegeben wird, kann der Abmahner vor Gericht ein Eilverfahren beantragen, mittels Beantragung einer sog. einstweiligen Verfügung (eV). Die eV ist ein Beschluss und wird in der Regel ohne Anhörung des Abgemahnten erlassen. Sie ist mit Zustellung sofort wirksam und kann weitreichende Folgen haben.
Um zu verhindern, dass eine solche eV erlassen wird, kann der Abgemahnte vorsorglich bei Gericht eine Schutzschrift einzureichen. Darin bittet er darum, dem Antrag auf Erlass einer eV nicht zu entsprechen beziehungsweise nicht ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. Eine Schutzschrift ist damit sozusagen eine „vorweggenommene Klageerwiderung“. Das Gericht, bei dem ein Antrag auf Erlass einer eV eingeht, muss ihm bekannte Schutzschriften berücksichtigen.
• Was ist neu?
Bisher konnte der Abgemahnte aufgrund des „fliegenden Gerichtstandes“ (Verstöße im Internet können bundesweit abgerufen werden, damit kann sich der Abmahner aussuchen, bei welchem deutschen Gericht er klagt) nicht immer sicher sein, bei welchem Gericht der Abmahner den Antrag auf Erlass der eV einreichen wird. Es war daher in der bisherigen Praxis üblich, die Schutzschrift bei mehreren Gerichten einzureichen (sehr aufwändig). Diese Mehrfacheinreichung entfällt ab sofort.
Gemäß dem zum 1. Januar 2016 in Kraft getretenen § 945a ZPO führt die Landesjustizverwaltung Hessen für die Länder ein zentrales, länderübergreifendes elektronisches Register für Schutzschriften (Schutzschriftenregister).
Sobald eine Schutzschrift in dieses zentrale elektronische Schutzschriftenregister (ZSSR) eingestellt ist, gilt sie als bei allen ordentlichen Gerichten der Länder (§ 945a Abs. 2 S. 1 ZPO) und allen Arbeitsgerichten der Länder (§§ 62 Abs. 2 S. 3, 85 Abs. 2 S. 3 ArbGG) eingereicht.
Hinweis: Diese Informationen sollen nur erste Hinweise in übersichtlicher Form geben und erheben daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl sie mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurden, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.
Quelle: IHK für München und Oberbayern
Stand: Juni 2018