Integrierte Stadtentwicklung
Die Innenstädte und Ortskerne sind das Aushängeschild von Städten und Gemeinden. Im Wettbewerb der Regionen können Städte und Gemeinden nur erfolgreich bestehen, wenn sie ein vielfältiges Angebot an Versorgung, Dienstleistung, Kultur und Gastronomie und eine hohe Aufenthaltsqualität mit einem attraktiven städtebaulichen Umfeld bieten. Gerade der Handel und die Nahversorgung sind elementar wichtige Funktionen einer Stadt, die als Magneten für Bevölkerung, aber auch Touristen wirken.
Viele Ortskerne und Innenstädte leiden jedoch an Kaufkraftabfluss und Leerständen. Strukturveränderungen durch Filialisierung, Online-Handel und Konzentrationstendenzen sind nur einige aktuelle Herausforderungen. Hinzu treten – nicht nur für viele Städte und Gemeinden, sondern auch für die Handelsunternehmen selbst von Brisanz – die gesellschaftlichen Umwälzungen des demografischen Wandels mit Bevölkerungsrückgang und -alterung.
Die Kommunen sind deshalb aufgerufen, auf Grundlage der gesetzlichen Grundlagen und der landesplanerischen Vorgaben unter Einbeziehung der Akteure eine planerische Zukunftsperspektive für die gewachsenen Versorgungsstrukturen und die Einzelhandelslagen zu entwickeln.
Um den Wandel im Handel aktiv zu begleiten und die Ortskerne und andere Einkaufslagen strategisch zu entwickeln, sind investitionsfördernde und transparente Rahmenbedingungen wichtig. Ausgehend von den aktuellen Trends und ihren Auswirkungen auf die schleswig-holsteinischen Innenstädte und Ortszentren stellen wir einen Leitfaden für zukünftige Planungsentscheidungen vor, wie Politik und Verwaltung gemeinsam mit der Wirtschaft attraktive und lebendige Städte mit stabilen Versorgungszentren gestalten können.
Stadtentwicklung
Die Tourismuswirtschaft wird in Schleswig-Holstein auch weiterhin einer der wichtigsten Wirtschaftsbereiche sein, der aber auch vor Herausforderungen steht. Für Touristen sind attraktive Stadtzentren und Ortskerne häufig wichtige Anziehungspunkte, andererseits beleben Reisende und Urlauber auch die innerstädtischen Handelslagen. Die herausragenden Synergien zum Einzelhandel gilt es deshalb weiter zu stärken.Alexandra von Oven-Batsch
Seehuus GmbH
Die historisch gewachsenen Städte und Gemeinden mit ihrer wirtschaftlichen und kulturellen Vielfalt sind Identifikationskerne für Menschen und Unternehmen bis weit ins Umland eines Zentrums hinaus. Durch strukturelle Veränderungen und den zunehmenden Online-Handel stehen Städte Schleswig-Holsteins, insbesondere kleinere und mittlere Zentren, vor enorme Herausforderungen. Hinzu kommt der demografische Wandel in Schleswig-Holstein, der vielerorts mit einem Rückgang und Alterung der Bevölkerung einhergeht. Verbunden damit ist der Trend, dass sich gerade Senioren vermehrt in Standorten mit ansprechendem Dienstleistungs- und Versorgungsangebot niederlassen.
Partnerschaften zur Attraktivierung von City-, Dienstleistungs- und Tourismusbereichen (PACT) in Elmshorn
Für die Attraktivität von Städten und die Ansiedlung von Unternehmen sind deshalb neben den vielseitigen wirtschaftlichen Nutzungen und Funktionen auch lebenswerte Wohnstandorte in den Zentren mitentscheidend. Auch die eigene Bevölkerung schätzt lebendige Stadtquartiere mit vielfältigem Angebot – ein Faktor, der im Wettbewerb um Fachkräfte eine wichtige Rolle spielt. Die Herausforderung lautet deshalb: Wer schafft es, die Vielfalt der Innenstädte mit einem Branchenmix des Handels verschiedener Angebotstypen, des Handwerks und multipler Dienstleistungsfunktionen mit einem attraktiven städtebaulichen Umfeld zu erhalten?
Im Erfolgsfall profitiert auch der Tourismus. Mit einem jährlichen Umsatz von rund 7,5 Milliarden Euro in Schleswig-Holstein ist er wiederum Umsatzbringer für verschiedene Branchen: Neben Beherbergungs- und Gastronomiebetrieben gilt dies insbesondere für den Einzelhandel – gerade der Einkaufstourismus nimmt an Bedeutung zu. Zwar zählt Schleswig-Holstein mit seiner Lage zwischen den Meeren zu den attraktivsten Tourismuszielen Deutschlands, es steht allerdings auch in Konkurrenz zu anderen deutschen, europäischen und außereuropäischen Urlaubsdestinationen. Lebendige und vielseitige Innenstädte und Ortskerne sind deshalb auch für den Erhalt der Attraktivität als Tourismusdestination wesentlich. Gerade gewachsene Strukturen können hierbei mit Individualität punkten.
Fehlentwicklungen, wie Funktionsverluste durch gewerbliche Leerstände, wirken sich negativ auf die Attraktivität der Stadt aus und können zu einer nur schwierig wieder umkehrbaren Abwärtsspirale führen. Aufenthaltsqualität und ein Mehrwert an Erlebnis von Innenstädten oder Ortszentren sind wichtige Standortvorteile, die nur gemeinsam mit den Händlern, Gastronomen, Touristikern, Dienstleistern und Eigentümern vor Ort herausgearbeitet werden können.
Die IHK setzt sich für stabile Stadt- und Ortszentren ein und befördert deshalb kooperative Stadtentwicklungsinitiativen.
Rolle und Trends des Einzelhandels
Für lebendige Innenstädte braucht es ein vielseitiges und attraktives Handelsangebot. Leichte Erreichbarkeit, Aufenthaltsqualität und Einkaufserlebnis laden Kunden zum Verweilen ein. Für den innerstädtischen Handel gilt es, seine Stärken zielgruppengerecht herauszustellen und auch die Chancen des Online-Handels zu berücksichtigen.Bernd Behrens
4Care AG
Handel und Nahversorgung zählen seit der Entstehung der Städte zu den zentralen Funktionen einer Stadt. Auch Schleswig-Holstein hat als logistische Drehscheibe für internationale Handelswege eine lange Tradition im Handel. So unterschiedlich die Städte und Zentren auch sein mögen, die Bedeutung einer stabilen und attraktiven Einzelhandelsstruktur ist für alle essentiell. Der innerstädtische Handel ist Frequenzbringer auch für Gastronomie und vielfältige Dienstleistungen und hat somit eine hohe Magnetwirkung. Die Attraktivität des ansässigen Handels ist damit auch heute noch ein wesentliches Aushängeschild von Städten und Gemeinden, beeinflusst touristische Reiseplanungen und garantiert Wertschöpfung und Beschäftigung. So stellen etwa die Unternehmen des Handels seit Jahren rund ein Drittel aller Ausbildungsplätze für junge Menschen.
Anpassungsprozessen sehen sich Handel und Städte seit jeher gegenüber. Aktuell sind es neben technologischen und marktbezogenen Einflussfaktoren insbesondere gesellschaftliche und demografische Veränderungen, die große Auswirkungen auf die Nachfrage im Einzelhandel und seine Fachkräftesicherung haben.
Und: Seit Jahren sinkt der Anteil der Konsumausgaben im Handel zugunsten der Ausgaben in anderen Lebensbereichen. Gleichzeitig ist seit Jahren eine Zunahme der Verkaufsflächen im Handel (insgesamt) zu beobachten. Die Folge: Die Flächenproduktivität im Einzelhandel sinkt kontinuierlich, das Geschäft wird betriebswirtschaftlich immer schwieriger. Immer stärkere Konkurrenz für den städtischen Einzelhandel stellt neben den Verlagerungen von Standorten auf die graue und grüne Wiese, auch der weiter rasant zunehmende Online-Handel dar. Gerade in Verbindung mit vielerorts sinkenden Bevölkerungszahlen resultieren geringere Umsätze für den innerstädtischen Einzelhandel, die zu einem Verlust an Sortimentsbreite und damit zu einer Ausdünnung des Angebots führen. Dies wiederum schlägt auf die Versorgungsfunktion vieler Zentren zurück. Andererseits bietet der Online-Handel aber auch Chancen für die Innenstädte. Zunehmend erkennen beispielsweise Online-Händler, dass ein stationäres Angebot eine sinnvolle Ergänzung ihres Portfolios darstellen kann.
Auf einen Blick: Die IHK-Positionen zur Stadtentwicklung
Starke Zentren durch integrierte Stadtentwicklung
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Stärkung der Zentren
Für eine zukunftsgerichtete Entwicklung von Ortszentren und Innenstädten braucht es eine vorausschauende Planung und Gestaltung mit transparenten Spielregeln, die auch mit den Akteuren aus Handel, Gastronomie und Tourismus und sonstigen Dienstleistungen abgestimmt werden. Planungssicherheit ist dabei für Unternehmen bei Investitionsüberlegungen entscheidend.Marten FreundSchlemmermarkt Freund Lebensmittelmärkte GmbHAttraktive Innenstädte und Ortszentren brauchen Vielfalt. Dazu zählen ein ausgewogener Branchenmix des Handels und ergänzende Funktionen wie Freizeit, Kultur, Versorgung, Wohnen und Arbeiten. Zur Stärkung der Zentralen Orte, die unterschiedliche Funktionen bündeln und Infrastrukturen und Versorgungen auch für das Umland bereitstellen, orientiert sich die Ansiedlung des Einzelhandels im Land am zentralörtlichen Gliederungssystem.Die Aufenthaltsqualität in der Stadt Elmshorn ist in den vergangenen Jahren durch gezielte Maßnahmen deutlich gestiegen.Im Flächenland Schleswig-Holstein nehmen neben den Oberzentren Flensburg, Kiel, Lübeck und Neumünster die Mittelzentren eine große Rolle als Fundament des Versorgungsangebots sein. Im ländlichen Raum sollen daneben Unterzentren und ländliche Zentralorte die Versorgung mit dem (qualifizierten) Grundbedarf sichern. Das Prinzip ist einfach: Jede Stufe im zentralörtlichen System hat bestimmte Aufgaben und Funktionen, aber auch Rechte. Das gilt auch im Hinblick auf großflächige Einzelhandelsbetriebe, für die der Landesentwicklungsplan entsprechende Regelungen enthält. So sind sie den landesplanerischen Vorgaben zufolge nach Art und Umfang den jeweiligen Zentralitätsstufen zuzuordnen, dürfen die Versorgungsfunktion Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigen und keine schädlichen Auswirkungen auf die Funktion zentraler Versorgungsbereiche – auch benachbarter Gemeinden – erwarten lassen. Zudem muss die Gesamtstruktur des Einzelhandels der Bevölkerungszahl und der sortiments- spezifischen Kaufkraft im Nah- oder Verflechtungsbereich angemessen sein.Zentrenrelevanten Sortimenten (wie beispielsweise Unterhaltungselektronik, Bekleidung, Schuhe und Bücher) kommt in Innenstädten und Ortskernen eine Leitfunktion zu, da sie beispielsweise Angebote des Dienstleistungsbereichs und der Gastronomie an sich binden. Deshalb sollten zentrenrelevante Sortimente nur in zentralen Versorgungsbereichen angesiedelt werden. Regelungen für großflächige Einzelhandelsvorhaben enthält der Landesentwicklungsplan. Die IHK Schleswig-Holstein hält deshalb auch die Überlegungen der Landesplanung für richtig, einen landesweiten »Grundkatalog« von zentrenrelevanten Sortimenten zu erarbeiten, der auf kommunaler Ebene erweitert, aber nicht minimiert werden darf.Um Fehlentwicklungen außerhalb der zentralen Versorgungsbereiche zu vermeiden, stehen den Gemeinden baurechtliche Instrumente zur Verfügung. Zentralen Versorgungsbereichen wird im Baugesetzbuch (BauGB) und in der Baunutzungsverordnung (BAUNVO) wegen ihrer besonderen städtebaulichen Funktion ein besonderer Schutzstatus zugewiesen. Für ihre städtebauliche Begründung sind nachvollziehbare Einzelhandels- und Zentrenkonzepte notwendig (siehe »Kommunaler Rahmen«), die die Bedürfnisse der Wirtschaft vor Ort berücksichtigt und einen strategischen Rahmen für weitere Aktivitäten und Initiativen zur Aufwertung von Ortszentren setzen.Position der IHK:
- Zur Steuerung großflächiger Einzelhandelsvorhaben ist die stringente Einhaltung des Zentrale-Orte-Systems entscheidend.
- Zentrenrelevante Sortimente gehören in die Innenstädte und Ortskerne.
- Zentrale Versorgungsbereiche sollten definiert und über die Bauleitplanung gesichert werden.
- Bebauungspläne sollten den aktuellen Entwicklungsvorstellungen angepasst werden.
- Projekten an ungeeigneten Standorten sind abzulehnen
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Kommunale Steuerung des Einzelhandels
Kommunale Einzelhandelskonzepte sind eine notwendige Grundlage zur strategischen Steuerung des Einzelhandels. Ihre Wirksamkeit zeigt sich jedoch erst mit der konsequenten Anwendung und kann in der Wirkung verstärkt werden, wenn ein regionales Einzelhandelskonzept die abgestimmten Belange der Region zur Grundlage des Handelns macht. Um also die Zentren zu stärken, gilt es, auch als Region gemeinsam aufzutreten, indem die regionale Abstimmung verbessert wird.Gerhard HornGeschäftsführer des Einzelhandelsforums in der Wirtschaftsregion Lübeck (2007 bis 2017)Um Ortskerne und andere Einkaufslagen strategisch zu entwickeln, Planungssicherheit zu schaffen und Fehlentwicklungen zu verhindern, braucht es transparente Spielregeln für Investitionen. Die dafür erforderliche, fachlich fundierte Entscheidungsgrundlage für die kommunale Planung liefern kommunalen Einzelhandels- und Zentrenkonzepte, deren Zielsetzung dann mittels des Instrumentariums des BauGB und der BauNVO umgesetzt werden kann.Wesentlicher Baustein von Einzelhandelskonzepten ist es, Leitlinien für die zukünftige Entwicklung darzustellen. Konkret sind dazu die zentralen Versorgungsbereiche (wie der Innenstadtzentren, der Nebenzentren in Stadtteilen sowie Grund- und Nahversorgungszentren in Stadt- und Ortsteilen und nicht-städtischen Gemeinden) festzulegen. Gegebenenfalls können zentrenverträgliche Ergänzungsstandorte für nicht-zentrenrelevante Sortimente sowie zur Grundversorgung der Bevölkerung diese räumlich-funktionale Standortstruktur ergänzen.Nach Beschluss durch die kommunalen Volksvertretungen gilt das Einzelhandelskonzept als städtebauliches Entwicklungskonzept, das nach BauGB bei der Aufstellung von Bebauungsplänen als Abwägungsgrundlage zu berücksichtigen ist. Da Einzelhandelskonzepte nicht die verbindliche Bauleitplanung ersetzen, ist eine konsequente Umsetzung der beschlossenen Konzepte entscheidend, um Planungssicherheit zu schaffen. Neben einer Darstellung der zentralen Versorgungsbereiche im Flächennutzungsplan sollten bereits bestehende Bebauungspläne, die nicht mit den Entwicklungsvorstellungen übereinstimmen, angepasst oder neue Bebauungspläne aufgestellt werden. Aus Gründen der Umsetzbarkeit sollten in Bebauungspläne solche Vorgaben aufgenommen werden, die im Anschluss auch kontrolliert werden können. Bestehende Betriebe genießen Bestandsschutz und eine maßvolle Flächenerweiterung muss aus betriebswirtschaftlichen Gründen möglich sein, sofern die Funktionsfähigkeit von zentralen Orten und zentralen Versorgungsbereichen nicht beeinträchtigt wird. Projekte an ungeeigneten Standorten sollten allerdings in Übereinstimmung mit dem Einzelhandelskonzept von den Entscheidungsträgern in den Kommunen abgelehnt werden.Da sich weder Kunden noch Unternehmen an kommunalen Grenzen orientieren, sind über kommunale Konzepte hinaus auch regionale Konzepte sinnvoll, die eine übergeordnete Abstimmung gewährleisten. Eine gezielte Angebotsplanung, die sich an den Entwicklungszielen des Einzelhandelskonzeptes ausrichtet, kann ein nicht zu unterschätzender Standortfaktor für expandierende Unternehmen im Handel sein, da kein neues Bauleitplanverfahren notwendig wäre.Position der IHK:
- Zur Festlegung der zentralen Versorgungs- und Nahversorgungsbereiche und der Leitlinien der Einzelhandelsentwicklung ist die Erarbeitung kommunaler Einzelhandelskonzepte notwendig.
- Einzelhandels- und Zentrenkonzept sollten als städtebauliches Entwicklungskonzept in der kommunalen Volksvertretung beschlossen werden.
- Eine regionale Abstimmung von Nahversorgungs- und Einzelhandelskonzepten ist wünschenswert.
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Kooperative Stadtentwicklungsinitiativen und -maßnahmen
Ich bin fest davon überzeugt, in einer kooperativen Zusammenarbeit mit öffentlicher Verwaltung und den Wirtschaftstreibenden vor Ort liegt ein enormer Mehrwert. Es kommen dadurch Akteure mit unterschiedlichen Perspektiven zusammen. Dabei wird es auch immer Aushandlungsprozesse geben, aber am Ende werden Know-how, Praxiseinblick, Engagement und schlussendlich auch finanzielle Mittel für die Attraktivitätssteigerung der Stadt gebündelt.Ulf von FinthelPeek und Cloppenburg FlensburgIm Wettbewerb der Regionen sind attraktive, lebendige Innenstädten und Ortszentren mit einem vielseitigen Angebot zu einem entscheidenden Standortvorteil geworden. Städte und Gemeinden sind deshalb gefordert, ihr Profil zu betonen und Alleinstellungsmerkmale zu schaffen, um einen Mehrwert an Erlebnis bieten zu können. Um die Aufenthaltsqualität und Kundenfrequenz zu erhöhen, eignen sich besonders kooperative Ansätze von Verwaltung und Akteuren aus dem Handel, der Gastronomie, der Kultur und dem Dienstleistungsbereich. Beitragen kann neben Standortgemeinschaften und Citymanagement insbesondere auch das Stadtmarketing, um den Standort auch für neue Zielgruppen attraktiver zu gestalten. Dabei sind – auch kleinere – Kommunen gefordert, ihre Mittlerfunktion für ein Stadt-/ Standortmarketing als öffentlich-private Partnerschaft wahrzunehmen.Die Rote Straße in FlensburgHervorzuheben ist auch das Instrument “PACT” als öffentlich-private Partnerschaft. Die schleswig-holsteinische Variante der “Business improvement districts” eröffnet privatem Engagement erhebliche Vorteile für nachhaltige Entwicklungsprozesse im Einklang mit den städtebaulichen Zielsetzungen. Die sogenannten “Partnerschaften zur Attraktivierung von City-Tourismus und Dienstleistungsbereichen” bieten einen verlässlichen Finanzierungs- und Planungsrahmen, so dass Grundeigentümer und Gewerbetreibende ihr Quartier weit über die Möglichkeiten der öffentlichen Hand hinaus selbst aufwerten können. Auf Basis eines mehrheitlichen Beschlusses übernehmen sie in eigener Initiative die Finanzierung der beschlossenen Maßnahmen für ihren Standort für bis zu fünf Jahre. Durch die flankierende kommunale Satzung können die Kosten der vor Ort beschlossenen Maßnahmen auf alle Grundeigentümer sowie Erbbauberechtigte umgelegt werden. Durch die Einbeziehung all derjenigen, die von den Maßnahmen profitieren, können auch längerfristig ausgerichtete, größere Projekte nachhaltig verfolgt werden. Aus diesem Grund stellt PACT ein hilfreiches Umsetzungsinstrument für Aufwertungs- und Stabilisierungsmaßnahmen dar.Position der IHK:
- Eine durch öffentliche Verwaltung und Privatwirtschaft gemeinsam getragene Stadtentwicklung bietet vielfältige Potenziale zur positiven Entwicklung der Standortqualität und ist somit aktiv anzustreben.
- Die IHK befürwortet und befördert PACT-Initiativen.
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Städtebau
Neben der planerischen Rahmensetzung sollten städtebauliche Maßnahmen die Vielfalt und Attraktivität der Städte, ihrer Innenstädte und Versorgungskerne zu stärken und gute Rahmenbedingungen für private Investitionen zu setzen. Gleichzeitig muss aber auch Einzelhandelskonzepten, die größere Flächen benötigen, Raum zur Entfaltung gegeben werden. Dies muss nicht im Widerspruch zu einer zentralen Lage in gewachsenen Innenstädten und Ortskernen stehen. Um auch in diesen verdichteten Bereichen größere Flächen sichern, fördern und anbieten zu können, ist wegen knapper Freiflächen ein vorausschauendes Flächenmanagement umso bedeutender, das auch private Entwicklungsideen mit Stadtentwicklung und Denkmalschutz verbindet. Dem Erhalt des historischen Stadtbildes kommt grundsätzlich für die Aufenthaltsqualität eine große Rolle zu. Für die bauliche Gestaltung und die Entwicklungspotenziale der Innenfläche sind aber sowohl für gewerbliche Nutzungen als auch für moderne und gegebenenfalls barrierefreie Wohnnutzungen flexible Lösungen wichtig. Um bauliche Genehmigungsverfahren im Sinne der Betriebe zu optimieren, sind zentrale Ansprechpartner in den Verwaltungen wünschenswert, die Bauprojekte im Ganzen begleiten.Während Projekte an unerwünschten Standorten abzulehnen sind, sollte die Verwaltung den Investoren aufzeigen, wo eine Entwicklung möglich ist. Generell steht eine Verdichtung von gewachsenen Standorten vor der Ausweisung neuer Standorte. Der Kommunalplanung kommt dabei die Aufgabe zu, Konflikte zwischen einzelnen Nutzungen – besonders hinsichtlich möglicher Lärmemissionen – wirtschaftsverträglich zu lösen. Insbesondere der immissionsschutzrechtliche Trennungsgrundsatz ist zu berücksichtigen. Während Misch- und Kerngebiete auf das Nebeneinander von Gewerbe und Wohnen ausgerichtet sind, sind beispielsweise das Heranrücken von neuen Wohngebieten an bestehende Gewerbe- und Industriegebiete zu vermeiden. Um weitere Entwicklungsmöglichkeiten nicht zu gefährden, sind nicht nur der Bestand zu berücksichtigen, sondern auch künftige Betriebserweiterungen.Position der IHK:
- Zur Sicherung größerer Flächen auch in verdichteten Bereichen sind vorausschauendes Flächenmanagement und Mut zu städtebaulich zulässigen Zwischennutzungen wichtig.
- Eine Trennung von Wohnen und Gewerbe außerhalb von Kern- und Mischgebieten ist notwendig.
- Geringfügige Erweiterungsmöglichkeiten zur Modernisierung von Bestandsbetrieben müssen erhalten bleiben.
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Einkaufszentren
Das Beispiel der Entwicklung des Husum Shopping Center am ehemaligen Hertiestandort zeigt, wie Center Angebotslücken in gewachsenen Innenstädten schließen können. Meist gibt die Immobilienstruktur der Stadt die geforderten Flächengrößen nicht her. Die enge Verzahnung von bequemen Einkaufen und Parken mit Gastronomie können die Attraktivität einer gesamten Innenstadt steigern.Peter CohrsCJ Schmidt GmbHEinkaufszentren haben Magnetwirkung für Kunden wie auch Betriebe des Einzelhandels. Gerade auf der grünen Wiese punkten sie häufig mit geringeren baulichen Vorschriften wie beispielsweise zum Denkmalschutz, einer leichteren Organisation des Warenverkehrs und einer einfacheren Realisierung der Parkflächen. Zudem ist die übergreifende Verwaltung von Vorteil, die beispielsweise neben Renovierungen und administrativer Aufgaben auch die gemeinsame Vermarktung und eine Steuerung des Branchenmixes übernimmt.Einkaufzentren und andere großflächige Einzelhandelsagglomerationen mit überwiegend zentrenrelevanten Sortimenten auf der grünen Wiese haben allerdings zur Folge, dass Kaufkraft aus den Innenstädten und zentralen Gebieten abgeführt wird. Damit entsprechen sie nicht dem Leitbild einer nachhaltigen innerstädtischen Einzelhandelsentwicklung.In den letzten Jahren nehmen Projektentwickler bei derartigen Großvorhaben zunehmend auch integrierte Lagen in den Fokus. Allerdings haben Einkaufszentren auch bei innerstädtischen Lagen oftmals räumliche Schwerpunktverschiebungen in den Handelslagen zur Folge, die sich nicht nur positiv auf die Einzelhandelsstrukturen auswirken. Hier gilt es, die möglichen Auswirkungen auf den regionalen Einzelhandel zu berücksichtigen, damit solche Projekte zu einer positiven Stadtentwicklung beitragen können. Deshalb ist auch bei diesen Projekten darauf zu achten, dass sie sich hinsichtlich ihrer Größe und Architektur in das Stadtgefüge integrieren und mit ihrem Angebot den bestehenden Branchenmix sinnvoll ergänzen.Daneben kommt einer bestmöglichen Anbindung zu den bestehenden Handelslagen durch eine direkte fußläufige Verbindung eine hohe Priorität zu. So könnten auch die gewachsenen Zentren von der Magnetwirkung eines Einkaufszentrums profitieren. Eine besondere Form von Einkaufszentren stellen FactoryOutlet-Center dar. In der Beurteilung ihrer städtebaulichen Relevanz kommt ihnen jedoch gegenüber anderen Formen des großflächigen Einzelhandels keine Sonderstellung zu; sie sind wie diese anhand ihrer angebotenen Sortimente und ihrer Verkaufsflächen zu beurteilen.Position der IHK:
- Einkaufszentren gehören wegen ihrer zentrenrelevanter Sortimente in die gewachsenen Stadt- und Ortszentren.
- Innerstädtische Einkaufszentren müssen den bestehenden Branchenmix sinnvoll ergänzen und sich hinsichtlich Größe und Architektur einfügen.
- Damit bestehende Handelslagen von einem neuen Projekt profitieren können ist eine attraktive Anbindung notwendig.
- Factory-Outlet-Center sind – wie andere Formen des großflächigen Einzelhandels – anhand ihrer angebotenen Sortimente und ihrer Verkaufsflächen zu beurteilen.
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Gewerbegebiete
Zentrenrelevante Sortimente gehören in zentrale Versorgungsbereiche und sollten dementsprechend in jedem Fall in Gewerbegebieten ausgeschlossen werden. Aber auch ein Vertrieb von nicht-zentrenrelevanten Sortimenten kann in den durch die Planung als Gewerbegebiete eingestuften Flächen negative Auswirkungen entfalten. Denn in der Regel führt die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben zu einer deutlichen Erhöhung der Bodenpreise in den häufig knappen GE-Gebieten.Gewerbegebiet am Ahrensburger Beimoorweg, im Gebäude vorn ist die IHK-GeschäftsstelleDies könnte insbesondere für mittelständische Handwerks- und Gewerbebetriebe einen Wettbewerbsnachteil zur Folge haben. Deshalb können nicht-zentrenrelevante Sortimente zwar neben der Innenstadt und zentralen Versorgungsbereichen auch an planerisch gewollten Sonderstandorten entsprechend der BauNVO als Sondergebiet angesiedelt werden.In klassischen Industrie- und Gewerbegebieten (GI bzw. GE) dagegen sollten sie nicht ermöglicht werden. Planungsrechtlich besteht allerdings die Möglichkeit, den produzierenden Betrieben im Gewerbegebiet dennoch den Verkauf der eigenen Produkte zu ermöglichen, der in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Produktionsbetrieb steht, sofern sich die Flächen deutlich gegenüber dem Produktionsbetrieb unterordnen (Annex-Handel).Position der IHK:
- Einzelhandel ist in Industrie- und Gewerbegebieten über die Bauleitplanung auszuschließen – Annex-Handel kann trotzdem ermöglicht werden.
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Nahversorgung
Nahversorgung im weiteren Sinn beinhaltet verschiedenste Waren des täglichen oder mittelfristigen Bedarfs sowie vielfältige Dienstleistungen wie auch ärztliche Versorgung. Im engeren Sinn bilden jedoch Lebensmittel, Drogeriewaren, Schreibwaren, Zeitungen und Zeitschriften das Rückgrat der Einzelhandelsnahversorgung.Durch einen starken Betriebsformenwandel und Angebotskonzentration ist vielerorts eine zunehmende Ausdünnung des Versorgungsnetzes von Lebensmittelmärkten festzustellen. Wegen der mit der Alterung der Bevölkerung zunehmenden Immobilität gewinnt eine fußläufige Nahversorgung jedoch an Brisanz. Dies gilt für den ländlichen Raum ebenso wie auch für – scheinbar versorgte – städtische Wohnquartiere. Neuansiedlungen und umfangreiche Erweiterungen haben außerhalb der gewachsenen zentralen Versorgungsbereiche häufig Auswirkungen auf das bestehende Nahversorgungsangebot.Auf die Standortwahl ist deshalb größtes Augenmerk zu legen, um negative Folgen auf bestehende Versorgungsfunktionen oder städtebauliche Beeinträchtigungen zu vermeiden – sowohl in der Ansiedlungskommune wie auch den benachbarten Zentralen Orten. Großflächige Einzelhandelsbetriebe sollten deshalb konsequent in gewachsenen Orts- und Stadtteilzentren angesiedelt werden, wo sie die vorhandenen Funktionen und Angebote stärken. Zur Steuerung der Nahversorgung sind Einzelhandelskonzepte hilfreich, die neben zentralen Versorgungsbereichen auch Nahversorgungsbereiche festlegen, die dann Eingang in die kommunale Bauleitplanung finden.Lücken in der fußläufigen Nahversorgung können zusätzlich solitäre Standorte in anderen städtebaulich integrierten Siedlungsgebieten schließen, sofern die Funktionsfähigkeit der zentralen Versorgungsbereiche nicht beeinträchtigt wird. Ergänzend bieten sich in kleineren Gemeinden auch Wochenmärkte an, die als Frequenzbringer für den stationären Handel dienen und zugleich das Image des Einkaufsstandortes verbessern können. Während in städtischen Quartieren auch neue Kleinflächenformate nicht ausgeschlossen erscheinen, sind dagegen im ländlichen Raum Konzepte mit kombinierten Handels- und Dienstleistungsangeboten ein denkbarer Ansatz, um die Nahversorgung zu sichern.Bei dauerhaften Versorgungslücken, die nicht durch den Markt zu schließen sind, können mobile Handelsformen oder bürgerschaftliches Engagement Lösungsmöglichkeiten sein. Staatlich subventionierte Nahversorgungsprojekte, die über eine Anschubfinanzierung hinausgehen und in Wettbewerb zu privaten Anbietern treten, lehnen wir dagegen ab.Position der IHK:
- Standorte für großflächige Nahversorgungsbetriebe gehören in die gewachsenen Orts- und Stadt(teil)zentren.
- Funktionsschädigende Auswirkungen auf bestehende Versorgungsstrukturen sind zu vermeiden.
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Mobilität
Attraktive Handelsstandorte und Innenstädte sind auf eine gute Erreichbarkeit angewiesen. Dies gilt für Kundenverkehre wie auch die Warenanlieferung. Ein bedarfsgerechtes ÖPNV-Angebot gewinnt auch wegen der immer älter werdenden Gesellschaft an Bedeutung, um die Erreichbarkeit der Innenstadt insbesondere auch aus dem Umland und dem Verflechtungsbereich zu gewährleisten.Innenstadt von NeumünsterWer lebendige Zentren erhalten will, muss mit den Begleiterscheinungen des Verkehrs umgehen lernen. Verkehrsberuhigungen in den Innenstädten erhöhen punktuell zwar die Aufenthaltsqualität, versperren häufig aber auch wichtige Zugangswege für Anliefer- und Individualverkehr und können so zu einem Entwicklungshemmnis für die betroffenen Wirtschaftsbetriebe führen. Deshalb sind ein kundenorientiertes und kostengünstiges Parkraumangebot und -management, eine intelligente Verkehrslenkung wie beispielsweise auch ein Parkleitsystem sowie ein Baustellenmanagement – möglichst unter Einbeziehung der ansässigen Wirtschaft – wesentliche Bausteine der Wirtschaftsförderung. Für die Anlieferverkehre sind ausreichende Zeitfenster – gegebenenfalls auch mit unbürokratisch gewährten Ausnahmeregelungen – ein übergeordnetes Ziel.Position der IHK:
- Die Erreichbarkeit von Innenstädten und Ortskernen für ÖPNV, Individual- und Anlieferverkehr muss gewährleistet sein.
- Ein ausreichendes, kostengünstiges und funktionales Parkraumangebot in Zentrumsnähe ist notwendig.
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Breitband und Digitalisierung
Während der stationäre Handel in den letzten Jahren stagnierende oder nur leicht positive Umsatzsteigerungen zu verzeichnen hatte, hat sich der Onlinehandel – insbesondere mit der Entwicklung der Smartphones – weiter stark ausgeweitet. Heute ist es für einen Großteil der Bevölkerung aller Altersgruppen selbstverständlich, auch im Internet zu kaufen. Gerade zentrenrelevante Sortimente, wie Unterhaltungselektronik, Bekleidung, Schuhe und Bücher stellen die umsatzstärksten Bereiche des Onlinehandels dar.Dem innerstädtischen Händler bieten elektronische Medien Chancen: Dazu zählt die Nutzung verschiedener Vertriebskanäle und deren Verknüpfung (Multi- oder Cross-Channeling, No-Line-Systeme). Da für den stationären Handel neben dem Produkt und dessen Preis auch andere Faktoren wie Service und Qualität wieder stärker in den Vordergrund rücken, können auch hierbei digitale Technologien, wie Location based Services, an Bedeutung gewinnen. Um diese Möglichkeiten zu nutzen, sind Gewerbegebiete und für den städtischen Handel – wie auch für andere Branchen – möglichst leistungsfähige Breitbandanschlüsse auch entscheidend. Die Bedeutung breitbandiger Anschlüsse nimmt deshalb auch für zentrale Standorte und gewachsene Ortszentren weiter zu. Zudem kann das Angebot öffentlichen W-LANs in Innenstädten ihre Attraktivität für die Kundschaft erhöhen. Kommunen sind deshalb gefordert, die Bedarfe der ansässigen Betriebe zu analysieren und den Ausbau breitbandiger Anschlüsse voranzutreiben.Position der IHK:
- Kommunen müssen die Bedarfe der örtlichen Gewerbetriebe kennen und bestehende Fördermöglichkeiten für den Ausbau der Breitbandinfrastruktur nutzen.
- Städte und Gemeinden sind gefordert, ihre ansässigen Unternehmen bei ihren Bemühungen hinsichtlich einer adäquaten Breitbandanbindung zu unterstützen.