130 Jahre Nord-Ostsee-Kanal: IHK Schleswig-Holstein fordert Neustart für zentrale Wasserstraße
Der Nord-Ostsee-Kanal (NOK) wird 130 Jahre alt und ist damit nicht nur ein bedeutendes technisches Denkmal, sondern ein unverzichtbares Rückgrat der maritimen Infrastruktur in Deutschland und Nordeuropa. Doch der Zustand der meistbefahrenen künstlichen Wasserstraße der Welt ist besorgniserregend. Die IHK nutzt den runden Geburtstag, um eine politische Neuausrichtung einzufordern – mit Blick auf wirtschaftliche, sicherheitspolitische und autonome Versorgungsperspektiven.
Aktuelle Zahlen belegen die Talfahrt des NOK: 2024 sank das Ladungsaufkommen auf 75,6 Millionen Tonnen – ein weiterer Rückgang, der auch mit Streiks, schleppenden Baufortschritten und der 2023 eingeführten Geschwindigkeitsbegrenzung zusammenhängt. Die Attraktivität des Kanals als schnelle, umweltfreundliche Verbindung zwischen Nord- und Ostsee leidet. "In den vergangenen Jahren hat sich kaum etwas verbessert. Dabei sind die Herausforderungen größer geworden. Die Leistungsfähigkeit des NOK darf nicht weiter verfallen. Wir brauchen ein klares politisches Bekenntnis zum Kanal als nationale Schlüssel-Infrastruktur“, betont Knud Hansen, Präsident der IHK zu Kiel und Vizepräsident der IHK Schleswig-Holstein.
Die IHKs fordern in ihrem aktualisierten Positionspapier unter anderem:
- Fertigstellung der dritten großen Schleusenkammer in Brunsbüttel
- Sanierung der Kanalböschungen und Aufhebung der Tempolimits
- Sanierung der großen und kleinen Schleusen in Brunsbüttel und Kiel
- Erweiterung und Vertiefung des Kanals auf durchgängig zwölf Meter
- Digitalisierung der Zulaufsteuerung zur Reduzierung von Wartezeiten
- Erhalt und Ausbau der touristischen und logistischen Infrastruktur
Schlüsselrolle für Versorgungssicherheit und Resilienz
Der Nord-Ostsee-Kanal ist weit mehr als ein Verkehrsweg: Als zentrale Verbindung zwischen Nord- und Ostsee hat er hohe strategische Bedeutung, insbesondere angesichts geopolitischer Spannungen und zunehmender Störungen globaler Lieferketten. Er ermöglicht den schnellen maritimen Transit entlang der NATO-Nordflanke, unterstützt autonome europäische Versorgungslinien und entlastet überlastete Seewege wie den Skagerrak. Hansen: "Die Stärkung des NOK ist auch ein Beitrag zu Deutschlands und Europas sicherheitspolitischer Resilienz.“
570 Millionen Euro Nutzen jährlich – aber unter Wert betrieben
Eine Studie des Instituts für Weltwirtschaft beziffert den volkswirtschaftlichen Nutzen des Kanals auf rund 570 Millionen Euro pro Jahr. Dennoch bleibt er ein "Pflegefall“, dem es an Tempo, Finanzierung und strategischer Steuerung fehlt. Hansen: "Der NOK ist nicht nur ein Symbol norddeutscher Ingenieurskunst – er ist systemrelevant. Eine neue Bundesregierung muss ihn als das behandeln, was er ist: ein sicherheitspolitisches, wirtschaftliches und ökologisches Kernstück der deutschen Infrastruktur.“
Medieninformation der IHK Schleswig-Holstein vom 20. Juni 2025