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130 Jahre NOK: Katerstimmung?
130 Jahre: im Jubiläumsjahr der meistbefahrenen künstlichen Wasserstraße der Welt ist die Bedeutung des Nord-Ostsee-Kanals weiterhin ungebrochen. Denn nicht nur für die Schifffahrt ist der Kanal von größtem Wert. Auch für die Unternehmen entlang der Strecke und in den Häfen sowie für den Tourismus ist er ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Eine Studie des Instituts für Weltwirtschaft von 2021 hat ergeben, dass der Nord-Ostsee-Kanal jährlich einen Nutzen von 570 Millionen Euro für Deutschland hat.
Auf der anderen Seite werden die Herausforderungen nicht kleiner. Das Alter des Nord-Ostsee-Kanals zeigt sich aktuell auch im Zustand der Wasserstraße. Die großen Schleusenkammern in Kiel-Holtenau und Brunsbüttel stammen aus dem Jahr 1914 – ebenso wie das Profil der Oststrecke (Groß Nordsee bis Kiel). Die Folgen sind zunehmende alters- und verschleißbedingte Ausfälle der Schleusen und nur eingeschränkte Begegnungsmöglichkeiten auf der Oststrecke.
In Brunsbüttel ist zunächst die Fertigstellung der dritten großen Schleusenkammer erforderlich. Ihre Eröffnung wird gegenwärtig auf Ende 2026 terminiert. Erst nach der Fertigstellung können die beiden bestehenden großen Schleusenkammern nacheinander saniert werden. In Kiel-Holtenau laufen seit 2018 die vorbereitenden Arbeiten zum Ersatzneubau der kleinen Schleusenkammern. Hier ist eine deutliche Beschleunigung der Prozesse notwendig, damit im Anschluss die beiden großen Kammern saniert werden können. Schon der Ausfall einer großen Schleusenkammer führt zu großen Verzögerungen und damit zu Unplanbarkeit bei der Nutzung des Nord-Ostsee-Kanals.
Bei der Erweiterung der Oststrecke ist der erste Abschnitt zwischen Königsförde und Groß Nordsee abgeschlossen. Aber auch die weitere Strecke bis Kiel muss auf 3.000-Meter Länge aufgeweitet, in den Kurveninnenseiten abgeflacht und die Sohlenbreite von 44 auf 70 Meter erweitert werden. Eines der dafür erforderlichen Bauwerke, der Neubau der Levensauer Hochbrücke bei Kiel - die noch älteste Querung des Kanals - soll ebenfalls Ende nächsten Jahres fertiggestellt werden.
Eine der größten Herausforderungen sind die Schäden an den Böschungen der Weststrecke. Seit Kenntnis der Unterspülungen wurde die Geschwindigkeit im Kanal für alle Schiffe auf 12 km/h herabgesetzt. Dies führt nicht nur zu einer Verlängerung der Befahrenszeit, sondern auch zu längeren Dienstzeiten der Lotsen und Kanalsteuerer, die nicht so einfach umsetzbar sind. Da die Schäden nur auf der Weststrecke auftreten, sollte die Geschwindigkeitsreduzierung auf der Oststrecke wieder aufgehoben werden. Außerdem sollte vor allem kleinere Schiffe von den Einschränkungen ausgenommen werden, da sie wenige bis keine Auswirkungen auf die Böschung haben. Von Bedeutung ist generell, dass die Sanierung im vorgelegten Zeitplan umgesetzt und dem Wiederauftreten durch entsprechende Überwachung und Messungen entgegenwirkt wird.
Der Nord-Ostsee-Kanal prägt Schleswig-Holstein. Die Querung ist seit der Eröffnung des Kanals kostenlos. An 14 Stellen gibt es Fähren, die meist im 24/7-Betrieb für Fußgänger, Radfahrer und motorisierte Fahrzeuge eine Möglichkeit bieten, von einem Ufer auf das andere zu kommen. Die meisten Fähren sind in die Jahre gekommen. Die ersten Ersatzfähren mit Hybridantrieb sind auch schon im Testbetrieb, haben aber noch mit einigen Problemen zu kämpfen. Das Ziel ist in jedem Fall, in den nächsten Jahren umweltfreundliche Querungen anbieten zu können. An einigen Stellen besteht jedoch die Herausforderung, dass die Fähranleger in keinem guten Zustand sind. Vor allem für schwerere Fahrzeuge kann damit das Übersetzen unmöglich werden. Hier ist eine zügige Behebung der Einschränkungen wichtig.
Die Häfen Hamburg, Brunsbüttel, Rendsburg, Kiel, Bremerhaven und Wilhelmshaven profitieren ebenso vom Nord-Ostsee-Kanal wie viele Industrie- und Gewerbeunternehmen am Kanal bzw. Norddeutschland. Auch der Tourismus profitiert vom Kanal, mit Blick auf Campingplätze, Radtouren oder auch Schiff-Spotter. Für sie alle ist er ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Viele Gründe, weshalb eine gemeinsames Bekenntnis und auch eine gemeinsam Vermarktung zu positiven Synergieeffekten führen kann.
Nach 130 Jahren ist der Nord-Ostsee-Kanal immer noch eine bedeutende Wasserstraße. Bei der richtigen Pflege und Aufmerksamkeit, wird er dies auch in Zukunft noch sein.
Autorin: Dr. Sabine Schulz
Veröffentlicht: Juni 2025
Die offiziellen Forderungen der IHK zu Kiel sind im Forderungspapier (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 424 KB)niedergeschrieben.
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Dr. Sabine Schulz