20 für die A20: Benno Leuthner
Es klingt wie ein modernes Märchen: Ein Unternehmen produziert hochmoderne Batteriezellen in einer malerischen norddeutschen Region, während seine Mitarbeitenden zwischen Windparks und Rapsfeldern zur Arbeit pendeln. Doch was romantisch klingt, stellt CustomCells täglich vor handfeste Herausforderungen. Denn im Zeitalter der Elektromobilität mag die Zukunft zwar elektrisch sein – ohne funktionierende Straßen kommt aber auch die fortschrittlichste Batterie nicht zum Kunden.
- Von asiatischen Häfen zu norddeutschen Autobahnen
- Die berüchtigte Stunde für 50 Kilometer
- Mehr als nur eine Straße – eine europäische Vision
- Das Dilemma der grünen Technologie
- Ein Plädoyer für vernetztes Denken
- Fazit: Batterien als Katalysator für regionale Entwicklung
- Gesichter hinter den Zahlen: Wie die A 20 Unternehmen und Menschen bewegt
Von asiatischen Häfen zu norddeutschen Autobahnen
Stellen Sie sich vor: Sie bestellen einen exotischen Tee aus Japan. Nach wochenlanger Reise über die Weltmeere erreicht er endlich den Hamburger Hafen – nur um dann auf der letzten Etappe zu Ihnen nach Hause im Stau auf einer unfertigen Autobahn festzustecken. Genau dieses Szenario, nur mit hochsensiblen Batteriekomponenten statt Teeblättern, beschäftigt die Logistiker bei CustomCells.
"Ursprünglich wurden viele unserer Komponenten aus Asien bezogen," berichtet Benno Leuthner, Geschäftsführer von CustomCells Itzehoe. Der Weg führte dabei meist über den Hamburger Hafen ins deutsche Festland. Doch was danach kommt, verursacht erhebliche logistische Probleme: Die fehlende durchgängige A 20 verlängert Transportzeiten und macht Lieferungen unberechenbar. In einer Branche, in der Präzision nicht nur bei der Produktherstellung, sondern auch in der Logistik entscheidend ist, stellt dies einen erheblichen Wettbewerbsnachteil dar.
Die berüchtigte Stunde für 50 Kilometer
"Es kann nicht sein, dass Mitarbeiter für 50 km länger als eine Stunde unterwegs sind", kritisiert Benno Leuthner und trifft damit einen wunden Punkt vieler Pendler. Wo in anderen Regionen Deutschlands eine solche Strecke in 30 Minuten zu bewältigen wäre, bedeutet sie im strukturschwächeren Norden oft eine tägliche Geduldsprobe.
Die Konsequenz: Der potenzielle Einzugsbereich für Fachkräfte schrumpft dramatisch. In Zeiten des Fachkräftemangels ist dies ein Nachteil, den sich kein wachsendes Unternehmen leisten kann. CustomCells reagiert darauf mit flexiblen Arbeitsmodellen und einem innovativen Activity Based Working Konzept im Entwicklungsgebäude, das den Mitarbeitern je nach Tätigkeit unterschiedliche Arbeitsbereiche zur Verfügung stellt. Doch selbst der attraktivste Arbeitsplatz verliert an Anziehungskraft, wenn der Weg dorthin täglich zur Belastungsprobe wird.
Mehr als nur eine Straße – eine europäische Vision
Was lokale Pendler frustriert, beobachten auch internationale Partner mit wachsender Besorgnis. Dänische, polnische und niederländische Handelspartner verfolgen die schleppende Infrastrukturentwicklung in Norddeutschland mit kritischem Blick. Die A 20 ist in ihren Augen keine regionale Umgehungsstraße, sondern eine entscheidende europäische Verkehrsachse.
"Die Außenhandelskammern benachbarter Länder bestätigen die Bedeutung effizienter Transportwege für die wirtschaftliche Integration Europas," heißt es in aktuellen Analysen. Was technisch nüchtern klingt, bedeutet konkret: Während andere europäische Regionen ihre Infrastruktur modernisieren, droht Norddeutschland zum Flaschenhals des kontinentalen Handels zu werden.
Das Dilemma der grünen Technologie
Besonders paradox wird die Situation durch folgende Entwicklung: Als Batteriezellenhersteller trägt CustomCells aktiv zur Energiewende bei. Die Technologie des Unternehmens findet sogar in Großspeichern in Niedersachsen und Schleswig-Holstein Anwendung, wo überschüssige Windenergie zwischengespeichert wird.
Doch ausgerechnet diese zukunftsweisende Industrie leidet unter veralteter Infrastruktur. Es gleicht dem Versuch, ein Elektrofahrzeug über unbefestigte Wege zu navigieren – technisch möglich, aber kaum im Sinne einer effizienten und nachhaltigen Mobilität.
Ein Plädoyer für vernetztes Denken
Leuthners Antwort auf diese Herausforderungen ist bemerkenswert ganzheitlich. Der CustomCells-Geschäftsführer fordert nicht einfach nur mehr Asphalt, sondern ein vernetztes Mobilitätskonzept mit folgenden Komponenten:
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Integration verschiedener Transportmittel für Menschen und Waren
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Durchdachte Lösungen für die letzte Meile
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Redundante Systeme als Absicherung gegen Störungen
Diese Vision geht weit über den eigenen Werksstandort hinaus und skizziert eine Region, in der Schiene, Straße und digitale Infrastruktur nahtlos ineinandergreifen.
Fazit: Batterien als Katalysator für regionale Entwicklung
Innovation gedeiht nur dort, wo die infrastrukturellen Grundlagen stimmen. Die fortschrittlichste Batterietechnologie entfaltet ihr volles Potenzial nur, wenn sie zuverlässig transportiert werden kann und wenn qualifizierte Fachkräfte ihren Arbeitsplatz gut erreichen können.
Infrastruktur ist mehr ist als Beton und Asphalt. Sie ist das verbindende Element, das Regionen, Menschen und Ideen zusammenbringt. In diesem Sinne engagiert sich CustomCells nicht nur für bessere Straßen, sondern für eine vernetzte, zukunftsfähige Region, in der grüne Technologie und intelligente Mobilität Hand in Hand gehen.
Aus dieser Herausforderung könnte eine Chance erwachsen: Norddeutschland könnte zum Vorreiter eines integrierten Infrastrukturkonzepts werden, das wirtschaftliche, ökologische und soziale Aspekte miteinander verbindet. Die A 20 wäre dann nicht mehr nur eine überfällige Autobahn, sondern Symbol einer Region, die erkannt hat, dass gut ausgebaute Verkehrswege eine wesentliche Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg und technologische Innovation darstellen.
Gesichter hinter den Zahlen: Wie die A 20 Unternehmen und Menschen bewegt
Jedes Unternehmen hat eine Geschichte. Jede Geschichte hat ein Gesicht. Hinter den Planungen, Diskussionen und Debatten rund um die A 20 stehen Menschen – Unternehmerinnen und Unternehmer, Mitarbeitende, Familien. Sie alle verbindet eine gemeinsame Herausforderung: die tägliche Realität in einer Region, die noch auf ihre vollständige Verkehrsanbindung wartet. Wir haben 20 Unternehmen entlang der geplanten A 20-Trasse besucht und zugehört. Diese Unternehmensstorys sind Teil der Initiative „A 20 – Das wird gut" von sieben norddeutschen Industrie- und Handelskammern. Unser Ziel: eine sachliche, transparente Debatte über die A 20 führen – mit allen Fakten, allen Argumenten und im offenen Dialog mit Befürwortern wie Kritikern. Mehr zur Initiative erfahren Sie hier.
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Thorsten Scholz