Bahn im Norden

"Wir wollen Engpässe auflösen"

Jütlandroute, Vogelfluglinie, die Anbindung der Seehäfen - das Schienennetz operiert am Rande seiner Kapazität. Im Interview erläutert Manuela Herbort, Konzernbevollmächtigte der Deutschen Bahn AG für Hamburg und Schleswig-Holstein, wie Zuwächse im Transport bewältigt werden sollen, was die Bahn für den Tourismus tut und wo sie Herausforderungen sieht.
Wirtschaft: Frau Herbort, das Bahnnetz in Schleswig-Holstein und Hamburg ist bei der Bewältigung des Verkehrs bis an die Grenzen belastet. Wie sollen die prognostizierten Zuwächse beim Transport in Zukunft verkraftet werden?
Manuela Herbort: Das stetige Wachstum von Transportleistungen und die damit verbundene steigende Nachfrage nach Schieneninfrastruktur ist eine große Herausforderung für die DB AG. Daher streben wir eine kontinuierliche Weiterentwicklung unseres Schienennetzes an. Ziel ist es, perspektivisch insbesondere die Engpässe in den Eisenbahnknoten aufzulösen und deren Durchlässigkeit zu erhöhen. In einem Gesamtkonzept hat die DB AG eine Vielzahl von Maßnahmen für den kommenden Bundesverkehrswegeplan angemeldet, die diese Zielsetzung verfolgen sollen. Auch für Hamburg sind Maßnahmen enthalten, die den Knoten nachhaltig entlasten sollen, wie zum Beispiel der Bau der S-Bahn-Linie S 4 oder Maßnahmen zur Entflechtung der Güterverkehre im Bereich Hamburg-Harburg.
Wirtschaft: Haben Sie den Eindruck, dass der Investitionsbedarf des Nordens in der Berliner Politik ausreichend Gehör findet?
Herbort: Fakt ist, dass die Sicherstellung einer auskömmlichen Finanzierung der Schieneninfrastruktur in den kommenden Jahren eine große Herausforderung sein wird. Umso wichtiger ist es, die Bedeutung von nachhaltigen Investitionen in die Schieneninfrastruktur gegenüber der Politik immer wieder deutlich zu machen. Für Norddeutschland sind wir hier auf einem guten Weg, uns Gehör zu verschaffen. So haben wir, wie gesagt, für den kommenden Bundesverkehrswegeplan wichtige Infrastrukturprojekte für Norddeutschland beim Bund platziert. Allerdings müssen wir hier am Ball bleiben, um deutlich zu machen, dass es in Norddeutschland eine Vielzahl von Projekten gibt, die für das Gesamtsystem Bahn von großer Bedeutung sind.
Wirtschaft: Die Lebenserwartung der Rendsburger Hochbrücke ist trotz erfolgter Renovierung begrenzt. Was plant die Bahn für die Zeit danach?
Herbort: Die 100 Jahre alte Hochbrücke ist Eigentum der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung. Sie wird aktuell ertüchtigt und für die Anforderungen des Eisenbahnverkehrs verstärkt. Die Restnutzungsdauer wird dadurch signifikant erhöht. Allerdings werden mit der Realisierung der festen Fehmarnbelt-Querung die verkehrlichen Anforderungen an die Brücke deutlich sinken. Konkrete Überlegungen für ein Ersatzbauwerk gibt es daher derzeit nicht. Bis zum Ablauf der Restnutzungsdauer stellt sich sicher die Frage nach einem Ersatzbauwerk. Grundsätzlich ist für einen Ersatz der Brücke jedoch letztlich der Eigentümer, die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung, zuständig.
Wirtschaft: Der Tourismus ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor des Landes. Was ist geplant, um die Anreise per Bahn in die Urlaubsregionen noch attraktiver zu machen?
Herbort: Bereits heute sind viele Urlaubsziele mit der Regionalbahn Schleswig-Holstein zu attraktiven Fahrtzeiten erreichbar. Unseren Kunden bieten wir unter www.bahn.de/regio-sh aktuelle Freizeittipps inklusive interaktiver Karte zur individuellen Reiseplanung an. Auch die kostenlose Kundenzeitschrift "Takt" stellt regelmäßig Ausflugsziele und Veranstaltungstipps vor, zu denen die Anreise mit der Bahn möglich ist. Besondere Kampagnen in 2014, etwa für das Schleswig- Holstein-Ticket und Großveranstaltungen in der Region, sollen vor allem Touristen und Tagesausflügler ansprechen. Mit der Reederei Adler-Schiffe gibt es etwa attraktive Kooperationen an Nord- und Ostsee, die für Urlauber interessant sind, und in den Sommerferien ist das Schülerferienticket eine günstige Möglichkeit für Jugendliche, Schleswig-Holstein kennenzulernen. Im Programm "Klasse unterwegs" werden zudem Ziele in der Region speziell für Schülergruppen aktiv beworben. Daneben sind die touristischen Regionen in Schleswig-Holstein an das bundesweite Fernverkehrsnetz angebunden. Hier werden touristische Quellregionen wie die Ballungsräume Rhein/Ruhr oder Dresden/Berlin mit Schleswig-Holstein verknüpft. Schleswig-Holstein ist mit der Bahn größtenteils barrierefrei, mit ausreichend Platz für Gepäck und insbesondere für Familien mit Kindern entspannt und ohne Stau erreichbar. Die Bahn ist zudem die umweltfreundliche Variante, in die Natur zu fahren. Flexibilität bietet ein dichter Takt, und für Tagesausflügler ist auch eine späte Heimreise möglich. Im Rahmen von Kooperationen wie "Fahrtziel Natur", Anzeigen und dem DB-Flyer arbeiten wir mit Tourismusverbänden in Schleswig-Holstein intensiv zusammen.
Wirtschaft: Die Skandinavier entwickeln ein Hochgeschwindigkeitsnetz für Personenzüge mit über 300 Stundenkilometern. Ziel ist auch die schnelle Anbindung nach Zentraleuropa. Wie lautet die Antwort der DB AG?
Herbort: Ja, in Schweden passiert aktuell einiges, um die Hochgeschwindigkeitstrecke auszubauen. Die DB AG begrüßt den grenzüberschreitenden Hochgeschwindigkeitsverkehr, auch wenn wir noch nicht an den Skandinavienverkehr angeschlossen sind. Wichtig und richtig ist, dass starke Wirtschaftsräume leistungsfähige, verlässliche und dabei umweltfreundliche und sichere Verkehrsanbindungen brauchen. Mobilität ist dabei eine wichtige Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Die große Herausforderung für die DB AG ist es, angesichts der steigenden Nachfrage nach unserer Schieneninfrastruktur die Leistungsfähigkeit des Schienennetzes langfristig zu stärken. Für uns ist daher besonders die Auflösung von Engpässen im bestehenden Schienennetz der DB ein wichtiges Ziel. Darauf werden wir uns bei der Entwicklung unserer Schieneninfrastruktur in den kommenden Jahren konzentrieren.
Interview: Klemens Vogel, Rüdiger Schacht
Veröffentlicht am 2. April 2014

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