Grundlose Befürchtungen

Studie zu Lang-Lkw

Die Fronten zwischen Gegnern und Befürwortern sind nach wie vor verhärtet: In ihrer neuen Studie warnt die Schienenlobby Allianz pro Schiene e. V. erneut vor Lang-Lkws. Doch ihr Argument mangelnder Verkehrssicherheit konnte im derzeit noch laufenden Feldversuch mit Lang-Lkws bisher nicht bestätigt werden.
In der Studie werden Klimaschutz- und Effizienzgesichtspunkte des Lang-Lkws erneut gegen die These einer massiven Verlagerung des Güterverkehrs von der Schiene auf die Straße ausgespielt. Dass die von Lang-Lkws potenziell transportierten Waren wie Volumengüter oder Stückgut ohnehin nicht auf der Schiene bewegt werden, da die europäischen Bahnen hierfür nur begrenzt Möglichkeiten bieten, wird kaum berücksichtigt. Auch die Berechnungen zur Rückverlagerung von kombinierten Verkehren auf die Straße überzeugen nicht: Da Lang-Lkws drei Achsen mehr und gut sieben Meter Aufbauten zusätzlich zu tragen haben, ist die Nutzlast bei einem zulässigen Gesamtgewicht von 40 Tonnen deutlich geringer als bei traditionellen Lkw-Kombinationen. Beim kombinierten Verkehr wird aber in der Regel die volle Nutzlast - bei einem zulässigen Gesamtgewicht von 44 Tonnen - ausgeschöpft. Die Befürchtungen, schnell werde der "Damm brechen" und 60-Tonner die Straßen unsicher machen und Brücken, wenn nicht zum Einsturz bringen, so doch weiter schädigen, erscheinen angesichts einer bereits maroden Infrastruktur und der Tatsache, dass die Wirtschaft wohl kaum schweigend die Straßen Spediteuren mit derartigen Lang-Lkws überlassen wird, eher naiv.
Schienenlobby
Medienwirksam wurde im August vor dem Brandenburger Tor ein "Riesen-Lkw" präsentiert. Der kundige Betrachter vermisste bei diesem Spektakel sämtliche vorgeschriebenen Sicherheitsausstattungen, die einen Lang-Lkw auszeichnen, wie aufwendige Fahrerassistenzsysteme oder Heckkamera. Selbst die simple Heckbeschilderung "Vorsicht, Lang-Lkw" hatten die Schienenfreunde vergessen. Auch die Tatsache, dass das laienhaft nachempfundene Modell nur die suboptimale Kombinationsvariante darstellte und die manövrierfreudige und im Einsatz flexible Dolly-Technologie dem Publikum vorenthalten wurde, ist bedauerlich.
Thomas Balk
Veröffentlicht am 2. November 2015