Munitionsaltlasten

Gefährliches Erbe am Meeresgrund

Verminung, Seekämpfe oder Schiffswracks: Meere und Ozeane sind durch erhebliche Mengen an konventioneller und chemischer Munition belastet. Schleswig- Holstein ist besonders betroffen, doch der Wirtschaft bieten sich auch Chancen.
Die größte Menge von Munitionsaltlasten stammt aus gezielten Versenkungen nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Auf Basis historischer Recherchen wird allein in den deutschen Meeresgewässern von 1.600.000 Tonnen Munition ausgegangen, die immer weiter durchrosten.
Schleswig-Holstein ist durch seine Geschichte und den Zugang zu Nord- und Ostsee in besonderer Weise betroffen. In unmittelbarer Nähe der Küsten befinden sich Versenkungsgebiete, in denen Zehntausende Tonnen Munition liegen und eine Bedrohung für Sicherheit und Umwelt darstellen. Besonders hinsichtlich der Umweltbelastung haben in den vergangenen Jahren zahlreiche nationale und internationale Forschungsprojekte teilweise beunruhigende Ergebnisse ans Licht gebracht. Dies reicht von einer direkten TNT-Belastung von Muscheln über erhöhte Tumorraten bei Plattfischen bis hin zur flächenhaften Belastung des Wasserkörpers mit chemischen Rückständen aus durchrostender Munition.
Kiel ist Hotspot
Kann ein Problem von solch historischem Ausmaß auch eine Chance sein? Die Antwort hängt vom künftigen Umgang mit den Munitionsaltlasten ab. Daraus können sich Chancen für den Technologiestandort Deutschland und vor allem für Schleswig-Holstein ergeben. Zum einen hat in den vergangenen Jahren ein Umdenken in der Gesellschaft und der nationalen sowie internationalen Politik stattgefunden. Auf zahlreichen Ebenen wurde erkannt, dass ein hoher zeitlicher Druck besteht und eine Räumung großer Flächen von Munition notwendig ist. Zum anderen werden viele Forschungsprojekte von Partnern aus Schleswig-Holstein durchgeführt beziehungsweise koordiniert. Erst Ende 2019 haben mit den Projekten Basta und Explotect zwei durch die EU finanzierte Projekte hier im Land ihre Förderzusage erhalten. Kiel ist zum Hotspot der Munitionsaltlastenforschung innerhalb Europas geworden.
Rufe nach der großflächigen Räumung von Munitionsversenkungsgebieten werden sowohl aus der Bevölkerung als auch seitens der Medien und der Politik immer lauter. Wirtschaftlich ergeben sich daraus Chancen, da die Räumung der gesamten Munition allein in Deutschland einen mehrstelligen Milliardenbetrag kosten wird.
Jann Wendt
Veröffentlicht am 28. September 2020