Flensburg: Christian Jürgensen u. Brink & Wölffel Schiffsmakler & Umschlags GmbH

Wie läuft es mit dem Flensburger Wirtschaftshafen?

In der Rubrik „Wie läuft es mit" berichten Unternehmerinnen und Unternehmer, wie es mir ihren Projekten läuft. Prokurist Hans Callesen von der der Christian Jürgensen u. Brink & Wölffel Schiffsmakler & Umschlags GmbH in Flensburg berichtet dieses Mal davon, wie sein Betrieb den von der Stadt geplanten Umzug ans Westufer der Stadt erlebt.
Kurz gesagt: Es läuft nicht gut. Die Zukunft des Wirtschaftshafens ist ungewiss. Schon im Januar sollte er von der Ost- auf die Westseite umziehen, doch die Verlegung verzögert sich immer weiter und wird vielleicht gar nicht vollzogen. Denn das Land Schleswig-Holstein erteilt bisher keine Genehmigung für den Umzug und befreit die Stadt nicht von der Betriebspflicht des östlichen Wirtschaftshafens in Flensburg – aus guten Gründen. Die Infrastruktur am neuen Standort bleibt stark hinter der des jetzigen Harniskais zurück. Das Land hebt nur die Betriebspflicht fürs Ostufer auf, wenn ein vergleichbarer, gleichwertiger Standort geschaffen wird. Davon ist Flensburg aber weit entfernt. Statt drei Liegeplätzen bietet das Westufer nur einen Liegeplatz. Ist dieser Platz besetzt, müssten Schiffe warten, bis sie anlegen dürfen. Dieser Warteprozess verursacht laufende Kosten, sogenannte Liegegelder, die den Warenpreis verteuern. Die Folge: Für unsere Kunden wäre der Hafen als Umschlagplatz nicht mehr interessant. Für einen zweiten Liegeplatz am Westufer müsste der Kraftwerkskai um 200 Meter in Richtung Süden verlängert werden. Allerdings ist so eine Verlängerung noch nicht beantragt, geschweige denn genehmigt. Zudem gibt es keine direkten Lagerkapazitäten am Westufer. Die Kräne können die Ware zur Zwischenlagerung – wie es am Harniskai möglich ist – nicht direkt auf den Kai löschen. Stattdessen muss diese per Lkw zu einem Lagerplatz in der Nähe gefahren werden, was zusätzliche Kosten und Emissionen bedeutet. Auch ist am Westufer das Verkehrschaos vorprogrammiert. Die Lkws, die die Ware ins Umland transportieren, müssen erst ein dichtbesiedeltes Wohngebiet durchqueren, teilen sich die Straße mit Mitarbeitenden von der Flensburger Fahrzeugbau Gesellschaft, der Flensburger Schiffbau Gesellschaft und den Stadtwerken sowie den Autofahrern aus Dänemark. Am Ostufer hingegen sind die Lkws in wenigen Minuten auf der Umgehung. Durch diese schlechten Rahmenbedingungen wird die Hafenwirtschaft keine Perspektive mehr haben. Weniger Schiffe werden den Hafen anfahren, kein Unternehmen wird mehr investieren. So wird der Wirtschaftshafen früher oder später aussterben.
Durch diese schlechten Rahmenbedingungen wird die Hafenwirtschaft keine Perspektive mehr haben.

Hans Callesen

Ohne Hafen bleibt Flensburg nur noch der Transport über die Straße, um die Roh- und Baustoffe für Landwirtschaft oder Straßenbau an Ort und Stelle zu bringen. Das ist nicht nur teurer, sondern belastet unser Straßennetz und die Umwelt. Zum Vergleich: Ein Schiff mit 1.500 Pferdestärken transportiert pro Fahrt 3.000 Tonnen Dünger, ein Lkw mit vielleicht 500 Pferdestärken 25 Tonnen – inklusive Rückfahrt, um wieder aufzuladen. Auch eine Anlieferung über den Apenrader Hafen ist keine Alternative, weil längere Transportwege über die Straße die Ware verteuern. Ein weiterer Kritikpunkt: Das Westufer ist niedriger und somit durch Hochwasser gefährdet. Wir verschlechtern uns also in allen Bereichen, sollen aber trotz weniger Ressourcen mehr Umschlag generieren, um der Stadt zu beweisen, dass wir die Kapazitäten benötigen.
Wir brauchen einen leistungsfähigen Wirtschaftshafen in Flensburg. Mein Wunsch: Wir bleiben so lange am Harniskai, bis ein leistungsfähiger Kraftwerkskai geschaffen wurde. Eine Notlösung wäre, an beiden Ufern die Schiffe abzufertigen, um das Ostufer mit seinen Kränen, Hallen- und Freilagermöglichkeiten zu behalten. Das neue Wohngebiet am Hafen-Ost wird aus Kostengründen sowieso kleiner und später realisiert. Ich bin der Meinung: Ein Nebeneinander von Tourismus, Freizeit und Wirtschaft muss möglich sein.

Protokoll: Aenne Boye