E-Mobilität in der Logistik

Der Markt bewegt sich

Es ist einer der großen Zukunftstrends: Auch in der Transport- und Logistikbranche wird verstärkt nach elektrischen Lösungen für Transporter und Lkw gesucht.
Dass Elektromobilität in der Logistikbranche eine immer größere Rolle spielt, zeigte die IAA Nutzfahrzeuge im September, die das Thema in den Vordergrund rückte. Unter anderem stellte dort VW seinen Elektro-Crafter mit einer Reichweite von 200 Kilometern vor, MAN präsentierte einen elektrischen Sattelschlepper mit einer Reichweite von bis zu 200 Kilometern. Jens Schröder vom Flensburger E-Mobilitäts-Unternehmen Moteg ist sich sicher: "Die Nachfrage nach E-Mobilität in der Logistikbranche entwickelt sich." Er sieht vor allem Potenziale im innerstädtischen Verteilerverkehr. Mit steigender Nachfrage und Druck auf die Hersteller würden auch mehr emissionsfreie Fahrzeuge auf den Markt kommen, so Schröder. Momentaner Knackpunkt sei die mangelnde Verfügbarkeit von Fahrzeugen. Umbauten seien noch zu teuer und würden sich wirtschaftlich nicht rechnen. In diese Nische springe die Post mit ihrem Streetscooter-Projekt und den geräuscharmen und emissionsfreien Fahrzeugen mit geringer Reichweite.
Streetscooter könne für einen Umbruch in der Automobilbranche sorgen, sagt Professor Dr. Christoph Weber, Dekan des Fachbereichs Informatik und Elektrotechnik und Mitglied des Kompetenzzentrums Elektromobilität an der FH Kiel. Elektrische Antriebe für den Langstrecken- Lkw-Verkehr sieht er indes nicht in naher Zukunft: "Die Batterien sind der Hauptkostenfaktor." Im Lkw-Bereich sieht er für den Übergang hybride Lösungen. Da Diesel und Benzin noch günstig seien, werde sich ein elektrischer Antrieb erst mit steigenden Treibstoffpreisen rentieren. "Die E-Mobilität ist in diesem Sektor noch in den Startlöchern", so Weber. Das Potenzial sei vorhanden, aber die Nachfrage nicht stark genug. Entwicklungsdruck könne aus China kommen, dem Land mit den meisten zugelassenen Elektrofahrzeugen. China reagiere auf die steigende Abgasbelastung in den Städten.
Im Fernverkehr werden Oberleitungslösungen für Lkw diskutiert. Auch Schleswig-Holstein prüfe derzeit einen Feldversuch zur Erprobung elektrischer Antriebe bei schweren Nutzfahrzeugen und deren Energieversorgung per Oberleitung, so Ingo Buck von der Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein GmbH. Er sieht in der rasanten Entwicklung der Batterien ein Hemmnis: "Es ist für jeden Hersteller ein Risiko, jetzt Nutzfahrzeuge mit Batterien auszurüsten, die in ein bis zwei Jahren schon nicht mehr dem Stand der Technik genügen."
In der Intralogistik spielt die E-Mobilität ebenfalls eine immer größere Rolle. Oliver Lücke, Technik-Vorstand von Jungheinrich, berichtet, dass die Nachfrage nach Elektrostaplern in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen sei. "Die Logistik ist die drittgrößte Branche in Deutschland. Damit kommt ihr eine große Bedeutung bei der Umstellung von fossilen Brennstoffen auf elektronisch betriebene Maschinen zu", so Lücke. E-Mobilität ermögliche wichtige Fortschritte in Richtung vollautomatisierte Läger und Prozesse.
Die Bundesregierung hat zum Ziel ausgerufen, bis 2050 Pkw, Lkw, Busse und Bahnen überwiegend elektrisch zu betreiben. Jens Schröder glaubt, dass es schon früher so weit sein wird. Nicht zuletzt durch den Erfolg von Tesla und die VW-Diesel-Affäre sei Druck bei den Herstellern entstanden: "Der Markt bewegt sich." Die Chancen für Serienfertigungen in nicht allzu weiter Ferne seien nicht schlecht.
Nathalie Klüver
Veröffentlicht am 4. November 2016