Logistiknachwuchs

"Chancen besser herausstellen"

Die Logistikbranche ist im Wandel, Berufseinsteiger erwarten interessante Aufgaben. Doch viele unterschätzen die Transportwirtschaft, der Fachkräftemangel ist ein Problem. Das Magazin sprach mit Holger Matzen, Geschäftsführer der Herbert Voigt GmbH & Co. KG und Vorsitzender des Arbeitskreises Logistik der IHK Schleswig-Holstein, über Möglichkeiten, die Attraktivität zu steigern.
Wirtschaft: Statistiken zeigen, dass immer weniger junge Menschen eine Ausbildung im Bereich Logistik absolvieren. Besonders der Fahrermangel macht den Unternehmen zu schaffen. Woran liegt das?
Holger Matzen: Die Gründe für den bundesweiten Fahrermangel sind vielschichtig. Zum einen sind die Qualifizierungsanforderungen für Fahrer durch das Berufskraftfahrerqualifizierungsgesetz gestiegen. Die Kosten für diese Ausbildung sowie hohe Kosten zur Erlangung der entsprechenden Führerscheine schreckt viele ab, diesen Berufsweg einzuschlagen. Lange Abwesenheitszeiten von zu Hause schrecken die Menschen zusätzlich ab. Für viele hat der Beruf an Attraktivität verloren.
Wirtschaft: Was kann getan werden, damit die Logistikbranche attraktiver wird?
Matzen: Die Branche muss ihre Berufsbilder besser und deutlicher vermarkten. Vielen Schulabgängern und Arbeitnehmern ist gar nicht bekannt, wie vielfältig das Arbeitsangebot ist. Beginnend mit Jobbörsen für Schulabgänger müssen wir weiterhin die Entwicklungschancen für Menschen in der Logistik herausstellen und vermarkten.
Wirtschaft: Warum ist es so wichtig, junge Leute für diese Branche zu gewinnen?
Matzen: Die Logistikbranche ist ein Wirtschaftszweig, der immer interessanter wird, aber häufig noch unterschätzt wird. Die Aufgabenstellungen sind durch die Globalisierung der Märkte, durch Outsourcing- Projekte von Produktion und Handel und das Wirtschaftswachstum in Deutschland stark erweitert worden. Damit steigt auch der Bedarf an Logistik-Fachpersonal - in den operativen und administrativen Bereichen sowie den Führungspositionen. Die Unternehmen müssen also den Nachwuchs fördern, gut ausbilden und entwickeln, um am Ende dem Fachkräftemangel im Bereich der Logistik erfolgreich zu begegnen. Gut ausgebildetes Personal ist einer der größten Erfolgsfaktoren.
Wirtschaft: Sehen Sie eine Chance darin, junge Migranten für die Logistikausbildung zu begeistern?
holger-matzen
Matzen:
Grundsätzlich ist die Logistikbranche offen für Migranten. Die Unternehmen stehen in den Startlöchern und sind bereit. Dem stehen aber vielfältige behördliche Hemmnisse entgegen. Sprachliche Barrieren, aber auch die anspruchsvolle Ausbildung zum Berufskraftfahrer spielen eine Rolle. Bei den Führerscheinprüfungen ist es rechtlich möglich, diese etwa auf Arabisch zu absolvieren; die Prüfungen nach dem Berufskraftfahrerqualifizierungsgesetz müssen hingegen auf Deutsch abgelegt werden. Die Deutschkenntnisse, die zur Integration im Rahmen von Asylbewerberanträgen vermittelt werden, reichen dafür bei Weitem nicht aus. Zudem ist die Gesetzeslage im Asylrecht so eng gefasst, dass sie einer betrieblichen Integration von Geflüchteten extrem im Wege steht. Das kostet alle Beteiligten viel Zeit und demotiviert die arbeitswilligen Menschen sehr. 
Interview: Birte Christophers
Veröffentlicht am 4. April 2017