20 für die A 20: Marc Gebauer
Es ist ein besonderer Moment, wenn Marc Gebauer durch die Produktion von Steinbeis Papier in Glückstadt geht. Der Geschäftsführer strahlt einen Stolz aus, der sich sofort überträgt – Stolz darauf, wie aus altem Papier etwas völlig Neues entsteht. "Was mir besonders Freude macht, ist die Überzeugung, Leidenschaft und Identifikation, mit der jeder einzelne Mitarbeiter die Firma Steinbeis im Herzen trägt", erklärt Gebauer.
- Familienbetrieb im besten Sinne
- Nachhaltigkeit als Haltung, nicht als Trend
- Papier als Oase in der digitalisierten Welt
- Die Herausforderung der Abgeschiedenheit
- Der Traum vom direkten Weg zum Meer
- Der doppelte Warenverkehr: Wenn Rohstoff zu Produkt wird
- Zuversicht trotz aller Herausforderungen
- Gesichter hinter den Zahlen: Wie die A 20 Unternehmen und Menschen bewegt

Diese Leidenschaft ist mehr als nur ein schönes Gefühl. Sie ist das Geheimnis hinter dem Erfolg eines Unternehmens, das in einer von Betriebsschließungen geprägten Papierindustrie nicht nur überlebt, sondern floriert. Das berühmte Steinbeis-Lächeln ist real und ansteckend. Kunden aus aller Welt besuchen gerne den Standort, um zu erleben, wo und wie ihr Papier hergestellt wird. "Die Kunden sehen die Leidenschaft und Professionalität der Mitarbeiter.Das ist ein ertragreiches Marketing-Tool", beschreibt Gebauer .
Familienbetrieb im besten Sinne
"Wir sind ein Unternehmen aus Glückstadt und für Glückstadt", betont Gebauer die tiefe Verwurzelung in der Region. Der überwiegende Teil der Mitarbeiter wird aus der Region rekrutiert, und teilweise arbeiten bereits zweite und sogar dritte Generationen bei Steinbeis. In Zeiten globaler Konzerne ist diese familienbetriebsähnliche Atmosphäre und Identifikation selten geworden – bei Steinbeis ist sie gelebte Realität.
Nachhaltigkeit als Haltung, nicht als Trend
Bei Steinbeis ist Nachhaltigkeit keine Frage des Trends, sondern der Haltung, und schon immer in der DNA des Unternehmens verankert. "Haltung wird vorgelebt und kommt von innen, während ein Trend etwas ist, das man als Mode vor sich herträgt", unterscheidet Gebauer klar zwischen authentischer Überzeugung und Oberflächlichkeit.
Die Überzeugung, dass Recyclingpapier die Zukunft ist, gründet sich auf die Circular Economy: Steinbeis denkt in geschlossenen Kreisläufen – vom Wasser über die thermische Verwertung von Papierfaserreststoffe im eigenen Kraftwerk bis hin zum Altpapierkreislauf. Die hergestellten Produkte, die der Kunde der Blauen Tonne zuführt, kommen als Altpapier wieder bei Steinbeis an und werden zu neuem Recyclingpapier verarbeitet.
Eine der besten Entscheidungen in der Firmengeschichte war der Bau des eigenen Kraftwerks am Standort Glückstadt, das Ersatzbrennstoffe nutzt, um nachhaltige Energie für den Produktionsprozess zu gewinnen, so der Geschäftsführer.
Papier als Oase in der digitalisierten Welt
"Papier schafft in einer Welt voller tausender digitaler Impulse etwas Bleibendes", ist Gebauer überzeugt. Papier verdichtet und fokussiert Gedanken, da der Platz begrenzt ist und man daher genau überlegen muss, welche Gedanken es wert sind, festgehalten zu werden. Die Deutsche Post brachte kürzlich die erste Briefmarke auf Recyclingpapier heraus, und die Bundesumweltministerin bat alle Kultusminister, zum 50-jährigen Jubiläum des Blauen Engels sicherzustellen, dass möglichst jedes Schulbuch auch in einer Recyclingpapier-Variante verfügbar ist. Zeichen einer Rückbesinnung auf ein nachhaltiges, beständiges Medium.
Die Herausforderung der Abgeschiedenheit
Doch bei aller Romantik der regionalen Verwurzelung bringt der Standort Glückstadt auch handfeste Herausforderungen mit sich. " Wir sind hier in Glückstadt etwas abseits der großen Verkehrsströme", beschreibt Gebauer die logistische Realität.
Die A 7 ist zwar nicht weit entfernt, doch der Elbtunnel erweist sich als Nadelöhr, das den Warenfluss empfindlich stören kann. Wenn sich hier der Verkehr staut – was keine Seltenheit ist – kommt es zu "deutlichen Verschiebungen im Transportwesen". Für ein Unternehmen, das just-in-time liefern muss und dessen Exportquote bei stolzen 45 Prozent liegt, ist das mehr als nur ein Ärgernis.
Der Traum vom direkten Weg zum Meer
Volle Unterstützung der Unternehmensführung bekommt der geplante Tunnel der A 20 zwischen Glückstadt und Drochtersen. "Eine solche Anbindung würde uns nicht nur einen direkten Zugang zu den Häfen in Cuxhaven oder Wilhelmshaven ermöglichen, sondern auch das Einzugsgebiet für qualifiziert Mitarbeiter erweitern", erklärt Gebauer. Für ein Unternehmen, das fast die Hälfte seiner Produktion exportiert, würde dies eine Revolution bedeuten: kürzere Wege, weniger Staus, zuverlässigere Lieferketten – und zusätzlich ein substanzieller Beitrag zum Umweltschutz.
Die verbesserte Infrastruktur würde auch einen weiteren Schritt in Richtung Nachhaltigkeit ermöglichen: "Mit dieser Anbindung könnten wir perspektivisch auch elektrifizierte LKWs für die Transporte zum Hafen einsetzen", erläutert Gebauer seine Zukunftsvision.
Der doppelte Warenverkehr: Wenn Rohstoff zu Produkt wird
Die Infrastruktur ist für Steinbeis Papier in doppelter Hinsicht entscheidend. Nicht nur der Abtransport der fertigen Produkte, sondern auch die Beschaffung des Hauptrohstoffs – Altpapier – hängt von funktionierenden Verkehrswegen ab.
"Wir bemühen uns intensiv um verstärkte Ausschreibungen in der Region, um kurze Transportwege zu haben", betont Gebauer.
Zuversicht trotz aller Herausforderungen
Gebauer ist zuversichtlich, was die gemeinsame Zukunft des Unternehmens und der Region angeht. Die Gründe: hochmotivierte Mitarbeiter, die Nische der Nachhaltigkeit mit Recyclingpapieren und die Überzeugung, dass Recyclingpapiere angesichts von Ressourcenknappheit alternativlos werden. "Papier wird in dem Chaos der digitalisierten Welt als Oase für jeden Einzelnen dienen und nie aussterben", ist er überzeugt.
Steinbeis Papier steht exemplarisch für ein Unternehmen, das tief in seiner Region verwurzelt ist und gleichzeitig global agiert. Die Geschichte zeigt, dass eine gute Infrastruktur weit mehr ist als nur Straßen und Tunnel. Sie ist die Verbindung zwischen Tradition und Zukunft, zwischen regionaler Verankerung und globaler Präsenz, zwischen menschlicher Leidenschaft und nachhaltiger Innovation.
Denn bei aller Abgeschiedenheit von der "großen weiten Welt" – Steinbeis Papier hat bewiesen, dass man von Glückstadt aus die Welt erobern kann, wenn man die richtigen Wege findet. Und manchmal sind diese Wege eben nicht nur im übertragenen Sinne zu verstehen.
Gesichter hinter den Zahlen: Wie die A 20 Unternehmen und Menschen bewegt
Jedes Unternehmen hat eine Geschichte. Jede Geschichte hat ein Gesicht. Hinter den Planungen, Diskussionen und Debatten rund um die A 20 stehen Menschen – Unternehmerinnen und Unternehmer, Mitarbeitende, Familien. Sie alle verbindet eine gemeinsame Herausforderung: die tägliche Realität in einer Region, die noch auf ihre vollständige Verkehrsanbindung wartet. Wir haben 20 Unternehmen entlang der geplanten A 20-Trasse besucht und zugehört. Diese Unternehmensstorys sind Teil der Initiative „A 20 – Das wird gut" von sieben norddeutschen Industrie- und Handelskammern. Unser Ziel: eine sachliche, transparente Debatte über die A 20 führen – mit allen Fakten, allen Argumenten und im offenen Dialog mit Befürwortern wie Kritikern. Mehr zur Initiative erfahren Sie hier.
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Thorsten Scholz