Weltmarktführer im HanseBelt

Nase vorn in der Nische

Absolute Leidenschaft für die eine Idee, ein perfekt ausgereiftes Produkt und jahrzehntelanges Know-how: Drei Unternehmen aus dem HanseBelt drücken mit ihren Produkten dem internationalen Markt ihren Stempel auf und sind in ihrem Bereich unschlagbar. Was macht Weltmarktführer zwischen Familientradition und Hightech aus und welche Herausforderungen stehen an?
Läuft wie geschmiert, alles in Butter und fett im Geschäft - diese liebevollen Sprüche durfte sich Michael Drinkuth wohl schon unzählige Male anhören. Nicht ohne Grund, denn Drinkuth ist mit der Firma Chr. Bock & Sohn GmbH & Co. KG Weltmarktführer für Verpackungsanlagen für industrielle Speisefette wie Butter und Margarine. Bereits in der vierten Generation stellt das Familienunternehmen in Norderstedt Maschinen her, die die empfindlichen Fette möglichst schonend und effizient ausformen und verpacken. "Wir bauen bis zu 20 Maschinen im Jahr", sagt Drinkuth. Aus der Handpresse des Urgroßvaters für das halbe Pfund ist eine vollautomatisierte Dosier-Verpackungslinie geworden, die je nach Anforderung das Produkt in Platten bis ein Kilo oder Blöcke bis 25 Kilo für die Lebensmittelindustrie verpackt: "In weltweit jedem professionell hergestellten Croissant stecken zum Beispiel Fette, die durch unsere Maschinen gelaufen sind", sagt der Geschäftsführer stolz.
Nach und nach sei eine ganze Produktlinie mit Einwickelsystemen sowie mit Kartonierern, Palettierern und Transportbändern entstanden, da die Kunden dies immer wieder angefragt hätten. Mit großem Know-how, der Verankerung in einer Marktnische und einem Exportanteil von 90 Prozent sei das Unternehmen relativ krisensicher. Die Herausforderungen für den 40-Mitarbeiter-Betrieb seien, die Kundenwünsche bestmöglich umzusetzen und dem Kunden bei der Vermarktung seiner Produkte zu unterstützen. "Wenn wir eine Maschine ausliefern, reist ein Monteur für zwei Wochen zum Kunden, um sie in Betrieb zu nehmen und die Mitarbeiter zu schulen. Daneben betreuen wir in mehr als 80 Ländern 550 bestehende Maschinen mit Ersatzteilen und Serviceleistungen", sagt Drinkuth. Just in diesem Monat feiert der Betrieb 85-jähriges Jubiläum und auch die Zukunft sieht vielversprechend aus – die fünfte Generation hat schon Interesse bekundet.
Spezialpatente
Die absolute Spezialisierung ist auch das Erfolgsrezept der flexi - Bogdahn International GmbH & Co. KG in Bargteheide. Der Hersteller von Rollleinen für Hunde ist auf seinem Gebiet Pionier und Weltmarktführer zugleich. "Wir machen nur ein Produkt, aber das machen wir seit 45 Jahren spitze", sagt Geschäftsführer Manfred Bogdahn. 1973 kam er auf die Idee, aus dem Startmechanismus einer Motorsäge eine Aufrollvorrichtung in einem Holzgewand zu bauen, um seinen Foxterriern kontrolliert größeren Auslauf zu ermöglichen. Das Produkt flexileine werde in der betriebseigenen Entwicklungsabteilung stetig perfektioniert - seit mehr als 40 Jahren. Flexi hält dutzende Spezialpatente - etwa auf die Bremse oder auf das Federaufhängungssystem.
Trotz der Fokussierung auf ein Produkt sind inzwischen mehrere 100 Designvarianten erhältlich. "Der Komfort an der Leine ist heute größer", sagt Bogdahn, der sich als Ästhet begreift. Neben Griffeinstellungen für Handschuhträger, einem Lightingsystem und koppelbaren Boxen für Schietbüdel ist beispielsweise auch eine hochwertige Produktlinie mit Swarovski-Kristallelementen verfügbar. Aber alle Rollleinen haben laut Bogdahn eines gemeinsam: Sie werden von den rund 300 Mitarbeitern noch in Handarbeit gefertigt und müssen an die 100 Tests überstehen, bevor sie in mehr als 90 Ländern in den Verkauf gehen. Fast jedes Teil stellt der Mittelständler in Eigenregie her. Das internationale Geschäft mit einer Exportquote von 90 Prozent birgt aber auch Risiken: Erst 2016 ist flexi in den USA Opfer eines Plagiats geworden, das so täuschend ähnlich aussah, dass es den Negativpreis "Plagiarius" bekommen hat. Als immer mehr schlechte Bewertungen bei Amazon für das falsche Produkt aufgetaucht sind, fiel der Schwindel auf.
Kalte Schneidverfahren
Sie kommen überall dort zum Einsatz, wo herkömmliche Methoden nichts mehr bringen: die Wasserstrahl-Schneidanlagen der ANT Applied New Technologies AG. Das Lübecker Unternehmen ist weltweiter Technologieführer für mobiles Wasserstrahlschneiden. Seit 1999 ist der Betrieb auf die Kernbereiche Wasser-Abrasiv-Suspension-Schneidtechnik (WAS) und Spezialmaschinenbau spezialisiert - und seit der Gründung sind die Einsatzbereiche immer vielschichtiger geworden. "Unsere Schneidverfahren werden unter anderem mobil im Rückbau von Offshore-Strukturen und Anlagen der kerntechnischen Industrie eingesetzt, wo ferngesteuerte und kalte Schneidverfahren gefordert sind", sagt Marco Linde, Vorstand und COO der ANT AG. So ist ANT etwa am Rückbau des Kernkraftwerks Stade beteiligt und hat für die Zerlegung des Reaktordruckbehälters ein spezielles System entwickelt.
"Auch im Offshorebereich müssen wir extreme Umgebungsbedingungen berücksichtigen: stürmischer Wind, Salzwasser und Durchführung der Arbeiten unter Wasser. Unsere Techniker benötigen entsprechende Offshore-Einsatzzertifikate", so Linde. Dabei sind die Arbeiten nicht ungefährlich: Nach der Versiegelung der Ölquelle demontieren Schnittführungssysteme die Ölrohre - ganz ohne Taucher und in explosionsgefährdeten Bereichen. Die Vorteile der ANT-Technologie liegen laut Vorstand und CEO Franz Eder auf der Hand: "Beim WAS-Schneidverfahren werden Wasser und Abrasivmittel weit vor der Schneiddüse gemischt. Die Folge ist eine stärkere und schnellere Schneidleistung im Vergleich zu anderen Kaltschneidverfahren. Im Gegensatz zu Heißschneidtechniken können sie Materialien ohne Gefügeveränderungen schneller schneiden." Ein Vorteil, der sich vor allem in der industriellen Anwendung auszahlt: Mit der ANT-Technik können starke und harte Materialen, wie Bleche, Stähle und Keramiken, mit einer Genauigkeit und Geschwindigkeit geschnitten werden, bei der andere Schneidverfahren nicht mithalten können.
Benjamin Tietjen
Veröffentlicht am 9. Mai 2018