Ernährungswirtschaft

Schleswig-Holstein tischt auf

Wenn es ums Essen geht, führt kein Weg an "delikaten Marken" aus Schleswig-Holstein vorbei. Denn die Lebensmittelindustrie gilt neben dem Maschinenbau als wichtigste Branche des verarbeitenden Gewerbes im Land, rund sieben Milliarden Euro Umsatz machte sie 2015. Dazu gehören Marktführer wie Harry Brot, Langnese Honig und Böklunder.
Müsli hin, Joghurt her: 98 Prozent der Deutschen brauchen ihr täglich Brot auf dem Teller. Auch die Nummer eins unter Deutschlands Großbäckereien weiß den Appetit auf Vollkorn und Co. zu nutzen. Fast jeder zweite Kunde kennt die Marke mit dem Qualitätsversprechen "Frisch wie Harry": die Harry-Brot GmbH mit Sitz in Schenefeld (Kreis Pinneberg). Der geschäftsführende Gesellschafter Hans-Jochen Holthausen - die zehnte Generation nach Firmengründer Johan Hinrich Harry - kann eine steile Umsatzkurve vorweisen: In den vergangenen fünf Jahren hat das Unternehmen um fast 30 Prozent zugelegt. 2016 wurde Brot für 952 Millionen Euro Umsatz gebacken. 4.120 Harry-Mitarbeiter sind im Einsatz, um die Backwaren in neun Großbäckereien herzustellen und sie über 43 Vertriebsstellen an 9.300 Einzelhandelsgeschäfte auszuliefern. "Unsere Fahrer kommen täglich mit frischen Broten und sorgen dafür, dass im Brotregal immer alles frisch ist", erläutert Marketing-Chefin Karina Alikhan. Neben traditionellen Brotsorten wie dem Steinofenbrot, das nach dem Gründungjahr der Bäckerei "1688" benannt ist, gibt es mittlerweile neue Renner im Sortiment. So habe sich das "Vital+Fit" durch die Gunst der Kunden an die Spitze geschoben, berichtet Alikhan. Das Malz-Mehrkornbrot biete, was der Verbraucher erwarte: Es sei saftig, ein bisschen kernig und richtig herzhaft.
Würstchen im Glas
Mit Lust beißen die Deutschen auch in das "Würstchen vom Lande", wie die Böklunder Fleischwarenfabrik GmbH & Co. KG für ihre Produkte wirbt. In Böklund im Kreis Schleswig-Flensburg entstehen in einem hochmodernen Werk die beliebten Wurstprodukte. Die Marke hat einen so guten Klang, dass sie in den Kreis der "Marken des Jahrhunderts" aufgenommen wurde. Böklunder führte bereits in den 30er-Jahren als Erster in Deutschland die weitgehend automatische Fertigung von Würstchen ein. Und damit es besonders appetitlich aussieht, erfanden man auch gleich das Würstchen im Glas - diese Idee sollte sich als Jahrhundertwurf in der Betriebsgeschichte erweisen. Der Marktführer mit rund 550 Mitarbeitern gehört heute der zur Mühlen Gruppe (mehr als 600 Millionen Euro Umsatz) an. Zum Markenkern zählt neben der Innovationskraft die anerkannt hohe Produktqualität der Würstchen im Glas, der Grill- und Bratwürste und von Aufschnitt und Streichwurst. "Damit dies auch in Zukunft so bleibt, investiert das Unternehmen kontinuierlich vor allem in Forschung und Entwicklung", sagt Geschäftsführer Axel Knau. Böklunder entdeckte früh die Werbechancen des Fernsehens und startete schon in den 60er-Jahren erste Kampagnen. Bis heute sind die Produkte beliebt bei Familien und der Renner auf Kindergeburtstagen. Das entdecken nicht nur die Deutschen: Böklunder exportiert in die ganze Welt.
Spontaner Entschluss 
In mehr als 50 Ländern können Freunde süßen Brotaufstrichs eine echte Lebensmittellegende  kaufen: Der Honig der mit Sitz in Bargteheide (Kreis Stormarn) gehört ebenfalls zu den Marken des Jahrhunderts. "Das Geheimnis unseres Erfolgs liegt im weltweit geschätzten Langnese-Honiggeschmack und in der außerordentlichen Qualität unserer Produkte", sagt Marketingleiter Peter Kohl. Bei der Entstehung dieser starken Marke halfen Glück und Zufall mit: Ohne Erfahrung in diesem Geschäft kaufte der Importeur Karl Rolf Seyferth 1925 an der Hamburger Börse 5.000 Kilo kalifornischen Honig - aus einem spontanen Entschluss heraus. Das Geschäft florierte bald. Dem Kaufmann Viktor Langnese, der eine bekannte Biskuit- Fabrik betrieb, kaufte Seyferth die Markenrechte ab - für 300 Reichsmark. Jetzt fehlte noch ein unverwechselbares Erscheinungsbild: Das typische Langnese-Glas entstand. Nach 1950 kaufte Langnese eigene Imkereien in Guatemala, Salvador und Mexiko und führte strenge Qualitätskontrollen ein. Geschmackstests in Lebensmittelgeschäften führten schließlich zur einzigartigen Langnese-Rezeptur. 1958 wurde Langnese Honig erstmals deutscher Marktführer - und diese Position behauptet das Unternehmen auch im 90. Jahr seines Bestehens. Mehr als 20 Prozent Marktanteil und ein Bekanntheitsgrad von 96 Prozent sprechen für sich.
Joachim Welding
Veröffentlicht am 2. Januar 2018