Metropolregion Hamburg

Den Schulterschluss wagen

Schon im Namen steht die "Metropolregion" an erster Stelle. Das kann man wörtlich nehmen: Denn wer nach Hamburg fährt, befindet sich bereits in der Metropolregion, bevor er in die Hansestadt kommt. 19 Landkreise und kreisfreie Städte in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern gruppieren sich um die größte Hansestadt Deutschlands. Über fünf Millionen Menschen leben im wirtschaftlichen Zentrum Norddeutschlands.
Die Metropolregion Hamburg (MRH) erhielt ihre heutige äußere Struktur - nach einem ersten Staatsvertrag von 2005 - im Jahr 2012 durch einen Staatsvertrag zwischen den vier beteiligten Ländern. Die innere Struktur der MRH setzt sich aus fünf hierarchischen Gremien zusammen. Die Geschäftsstelle koordiniert und organisiert die Zusammenarbeit aller Partner. Die Kooperation beruht auf Konsens und Freiwilligkeit.
Je nachdem, wen man zur MRH fragt, fallen die Ansichten über sie anders aus. Nach knapp zehn Jahren ihres Bestehens ergibt sich kein eindeutig positives oder negatives Bild. Die Verantwortlichen in der MRH sind mit der Arbeit zufrieden, erkennen aber Reformbedarf. Das ergab ein Gutachten der Technischen Universität Dortmund über den Zeitraum 2010 bis 2013, das die interne Arbeit der MRH untersuchte.
Die Wirtschaft ist in den Gremien der MRH allenfalls mit einem Gaststatus vertreten. Das hat sie stets bemängelt, da sie vor allem konjunkturelle Entwicklungen und Prognosen in die Entscheidungsprozesse einbringen könnte. Die Gremien der MRH sind nun darauf eingegangen. Kammern und Unternehmen haben den Verein "Initiative pro Metropolregion Hamburg" (IMH) gegründet, der das wirtschaftliche Knowhow bündeln soll. Die Aussichten, dass sich die Wirtschaft damit besser in die Entscheidungsprozesse der MRH einbringen kann, sind verheißungsvoll.
Drängende Themen
Wie ihre Einwohner die MRH sehen, zeigte eine Umfrage der IMH von April 2014. Sie schätzen sie vor allem da, wo sich Stadt und Land ergänzen. Zum Beispiel betonen 68 Prozent die guten Freizeitmöglichkeiten. Gleichzeitig aber, so die Umfrageergebnisse, seien Verwaltungsgrenzen spürbar, zum Beispiel in den Bereichen Straßenbau, Gastschulabkommen sowie Wohn- und Gewerbeflächenentwicklung. 51 Prozent der Befragten sind der Ansicht, die Metropolregion werde diese und andere Probleme gar nicht oder jedenfalls nicht kurzfristig lösen können. Es fehlt auch an einer Identifikation mit der Metropolregion. 51 Prozent der Befragten fühlten sich eher als Bürger ihres Bundeslandes. Das ist insbesondere der Fall bei Hamburger Bürgern und bei solchen, die weit von Hamburg entfernt leben. Bei der Mehrheit kommt also Hamburg oder das jeweilige Bundesland vor der Metropolregion.
Die Politik, namentlich die Staatskanzlei Schleswig-Holstein und die Hamburger Randkreise, fordert in einem Positionspapier aus dem Jahr 2013 für eine "Metropolregion 2020" eine verstärkte Zusammenarbeit der MRH mit Verwaltung und Wirtschaft. Wirtschaftsentwicklung, demografischer Wandel, Daseinsvorsorge, Bildung und Fachkräfte seien die drängenden Themen der Zukunft, die nur von allen Akteuren gemeinsam bewältigt werden könnten. Andere Metropolregionen seien hier schon weiter. In Bezug auf die Wirtschaftsleistung zog ein Gutachten des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts, ebenfalls von 2013, einen ähnlichen Schluss: Im Vergleich mit den Metropolregionen Rhein-Main, München und Stuttgart fällt die Wirtschaftsleistung hier, in der MRH, geringer aus.
Gemeinsame Planung
Heute ist die MRH vor allem ein Bekenntnis ihrer Akteure, gemeinsam nach außen aufzutreten. Sie ist eine Marke, die man auch weit entfernt von Hamburg gut verwenden kann. Im Denken der Menschen ist sie auch nach vielen Jahren kaum verankert. Die MRH könnte aber ein gemeinsamer Planungsraum sein, in dem gemeinsame Positionen zum Beispiel zu großen Infrastrukturvorhaben, zur Wirtschaftsentwicklung und zu gesellschaftlichen Herausforderungen wie dem demografischen Wandel und dem Fachkräftemangel abgestimmt werden. Sowohl in gesellschaftlicher wie auch in strategischer Hinsicht hat die MRH Entwicklungsbedarf. Um diese Herausforderungen bewältigen zu können, muss es heißen: Metropolregion Hamburg - vor allen anderen.
Dr. Paul Raab
Veröffentlicht am 3. Dezember 2014