Zwischennutzungen

Zwischenstopp Innenstadt

Viele Städte kämpfen damit, dass sich Zentren in ihren Funktionen verändern. Ebenso spüren sie die Nebenwirkungen von Bautätigkeiten oder explodierendem Onlinehandel. Der Umbruch ist zugleich eine Erfolgsaussicht, etwa für innovative Zwischennutzungen freier Flächen. 
Zwischennutzungen sind keine Notlösungen. Es geht darum, innovative Konzepte, eher außergewöhnliche Ideen und neue Geschäftsmodelle auszuprobieren und ernsthafte Mietabsichten auszuloten. Mit individuellen Lösungen für Kreative, (Jung-) Unternehmer und Künstlerinnen können Bühnen entstehen, die es sonst nicht gibt. Freie Flächen in der Innenstadt sind etwa für das Kieler Citymanagement eine enorme Chance. Über die Zwischennutzungsbörse werden sie federführend vermittelt. Zu vergünstigten Konditionen werden besonders solche Nutzungen ermöglicht, die eine personelle Besetzung und durchgängige Öffnungszeiten vorsehen. Vorzug erhalten zudem regionale Ideengeber, Produzentinnen oder Betreiber. 
In der Kieler Holstenstraße floriert so seit 2019 der Konzeptstore Kosmos by opencampus.sh über fünf Ebenen mit verschiedenen Themenbereichen. Kosmos bietet fair produzierte Produkte von mehr als 50 Start- ups aus dem Norden, ein gemütliches Café, einen Austausch- und Projektraum, eine Ausstellung zum Startup- Festival Waterkant SH mit VR-Station sowie einen Bereich für Workshops. Nicht weit entfernt ist auch der Textilbetriebswirt Daniel Hacker aktiv, Geschäftsführer des Mode- und Wäschehauses Meislahn. Aus seiner hauseigenen Schneiderei und Kantine hat er Mikro- Apartments gemacht. Inmitten des Geschäftslebens auf 30 bis 40 Quadratmetern wohnen - ohne Reduzierung der Wohnqualität: Damit bedient Hacker die Nachfrage nach mehr zentralem Wohnraum. 
Aus Eckernförde kommt ein anderes Beispiel: Leere Schaufenster bespielt seit 2009 der Kunst- und Kulturverein Eckernförde e. V. in Kooperation mit den Vermietern. Kunstprojekte präsentieren sich temporär auf Freiflächen oder in deren Schaufenstern. Nicht nur die einheimische Kunstszene erhält so eine Plattform, auch potenzielle Nachmieter können entdecken, welches Potenzial eine Ladenfläche hat, wenn sie kooperativ und integrativ gedacht wird. Ähnlich ist der Ideenwettbewerb Wiesentalviertel in Lübeck an das Thema herangegangen: Für die kreative Zwischennutzung der Fläche in der Moislinger Allee schrieb man kurzerhand einen Wettbewerb aus, dessen Früchte seit dem 1. November am Standort zu bewundern sind. Deutlich wird: Zwischennutzungen entsprechen dem Tempo der heutigen Zeit, werden den sich schnell wandelnden Bedürfnissen der Menschen gerecht und schaffen Anreize, immer etwas Neues in der Innenstadt zu entdecken.
Julia Königs 
Veröffentlicht am 30. November 2021