Hybrider Einzelhandel

Online verleiht Flügel

"Handel ist Wandel" sagt ein Sprichwort und weist darauf hin, welcher Aufgabe sich Einzelhändler gegenübersehen: der Verbindung aus Ladengeschäft und E- Commerce, dem sogenannten hybriden Einzelhandel. Drei Firmen aus Schleswig- Holstein zeigen, wie es geht.
"Ohne Onlinepräsenz sind viele Geschäfte in zehn Jahren vom Markt“, sagt Heinz Meyer, der mit seiner Timmendorfer Strandpassage Bekleidung und Schuhe stationär und über das Web verkauft. Jörg Claassen, Inhaber von Bikeroutfit in Schleswig, stimmt ihm zu: "Online sichert langfristig die Existenz der Ladengeschäfte."
Dass ein Onlineshop das gesamte Unternehmen beflügeln kann, weiß Claassen gut. Aus einem kleinen Laden für Motorradbekleidung in Oeversee entwickelte sich durch den Internetshop ein florierendes Geschäft mit Onlineschwerpunkt. Ein Umzug wurde nötig. Zwar blieb die Ladenfläche gleich, die Lagerfläche aber vervielfachte sich. "In unserem alten Geschäft wären wir ohne Umzug irgendwann explodiert", erzählt der Kaufmann schmunzelnd. Auch Meyer sagt: "Das Onlinegeschäft wächst sehr dynamisch. Allerdings spüren wir einen Rückgang bei der Kundenfrequenz in den Läden." Claassen sieht zumindest keinen Zuwachs im stationären Handel.
Den umgekehrten Weg ging Philip Hauberg, aus dessen Onlineshop ilovesneaker.de sich das Ladengeschäft Sneaxs, das er gemeinsam mit Knud Hansen in Kiel führt, entwickelte. "Zu Beginn war es noch ein Nischenprodukt, heute ist die Konkurrenz auf beiden Gebieten sehr groß", erklärt der Fachhändler. Die Onlinepräsenz und soziale Medien dienten den Kunden zunehmend dazu, sich vorab zu informieren, berichtet Hauberg. "Sie sehen Produkte im Netz, kommen anschließend aber ins Geschäft, weil sie auch das Einkaufserlebnis haben wollen." Claassen bestätigt: "Manch ein Kunde kommt etwa aus Kiel, um ein Produkt anzuprobieren, das er online bei uns gefunden hat."
Erfolg durch Masse
Ein Problem des Onlinehandels sieht Heinz Meyer im Versand. "Da wir alle Versandkosten übernehmen, fällt die sowieso geringe Marge noch schmaler aus." Zudem träten viele Hersteller mittlerweile auch selbst über Outlet-Läden und Webshops als Konkurrenten auf. Die geringen Margen im Versandhandel sieht auch Claassen, jedoch ergänzt er für sein Unternehmen: "Wir setzen online größere Mengen um, kaufen dadurch günstiger ein und machen so wieder unseren Schnitt." Zudem könne er bei speziellen Anfragen auf zwölf Lager von Kollegen zurückgreifen, mit denen er über einen Einkaufsverbund kooperiert. "Das Internetgeschäft schafft mehr durchgehende Beschäftigung. Vorher waren wir stärker saisonabhängig", so Claassen.
Demgegenüber ist der Absatz von Sneaxs-Inhaber Philip Hauberg nicht saisonal beeinflusst. Für ihn bedeute ein guter Onlineshop in Kombination mit einer beliebten Facebook-Seite jedoch höhere Relevanz in seiner Branche, wodurch er wiederum exklusivere Produkte der Hersteller bekomme.
Trotz aller Unterschiede sind sich die drei Unternehmer über die Bedeutung der Onlineauftritte einig. Hauberg sagt: "Die Lage ist nicht so dramatisch, wie sie oft dargestellt wird. Die Bereiche verschmelzen miteinander und beflügeln sich gegenseitig."
Daniel Kappmeyer
Veröffentlicht am 2. Dezember 2015