Handel in Schleswig-Holstein

Wege zum Kunden

Wer heute im Handel noch eingleisig fährt, braucht gute Gründe. Multichannel steht für die Verknüpfung aus stationärem Ladengeschäft und Online-Shop. Mehr als 60 Prozent der Händler in Deutschland setzen bereits auf unterschiedliche Verkaufskanäle - drei Unternehmen aus Schleswig- Holstein berichten über das Für und Wider der Strategien.
Er ist seit den Anfängen des Internethandels dabei: Michael Möller, Geschäftsführer der Voltus GmbH in Bad Schwartau. "2003 habe ich meinen damaligen Chef gefragt, ob ich mal was versuchen darf", berichtet er über seine ersten Schritte. Erst sei es ein Beamer im Namen der Firma gewesen, dann ein Restposten und später ganze Zählerschränke. "Ich habe schnell gemerkt, dass da Potenzial ist."
Gegründet wurde Voltus zunächst als reiner Online-Shop, ohne eigene Logistik, „aus dem Wohnzimmer heraus“, so Möller. Heute verfügt das Unternehmen über ein eigenes Logistikzentrum und ein Bündel an Dienstleistungen. „Wir bieten nicht nur Ware, sondern zusätzliche Beratung und ein eigenes Planungsbüro an.“ Ohne ein breites Spektrum an Dienstleistungen und die richtigen Alleinstellungsmerkmale gehe es heute im Online-Handel nicht mehr. "Die Konkurrenz im reinen Warenangebot ist mittlerweile einfach zu groß", so Möller.
Voltus bezeichnet sich als Omnichannel-Smarttech-Distributor. „Wir benutzen nicht nur verschiedene Verkaufskanäle, sondern kombinieren diese miteinander. Unser Online-Handel lebt von den Fachberatungen, die wir auf unseren Kanälen anbieten.“ So komme der Kunde etwa auch in den sozialen Medien und in Fachforen auf professioneller Ebene durch Beratung mit Voltus in Kontakt. "Ich verbringe jeden Tag etwa zwei Stunden in den entsprechenden Foren und bin dort erreichbar", so Möller.
Dass Voltus damit Erfolg hat, zeigt die Geschäftsentwicklung. "Wir haben kein einziges Geschäftsjahr unter 20 Prozent Wachstum gehabt. Diesen Standard halten wir bis heute."

Prioritäten setzen

Auch die Firma Das Futterhaus-Franchise GmbH & Co. KG setzt auf digitale Kanäle. "Kommunikation und Handel sind für uns zwei verschiedene Themen. Beim Handel setzen wir klare Prioritäten und wachsen jedes Jahr zweistellig mit Neueröffnungen unserer Märkte", erklärt Geschäftsführer Kristof Eggerstedt. Das Unternehmen hat sich bewusst gegen einen Online-Shop entschieden. "Der Online-Handel ist Teil unserer Zeit und gewinnt an Bedeutung. Davor die Augen zu verschließen wäre fatal. Es ist jedoch auch ungesund, sich auf Teufel komm raus dafür zu entscheiden, gerade als Mittelständler."
Es bedürfe einer guten Strategie, um die Potenziale des Online-Geschäfts für das eigene Unternehmen zu nutzen. "Nicht zuletzt handelt es sich um eine kaufmännische Entscheidung, wo das Wachstum in einem Unternehmen stattfinden soll. Bei uns liegt der Fokus derzeit klar auf dem stationären Handel", sagt Eggerstedt.
Gut ausgebildete Mitarbeiter - und damit verbunden kompetente und individuelle Beratung vor Ort - seien ein wesentlicher Grund für die enge Kundenbindung. "Die kompetente und individuelle Beratung ist stationär ganz anders abbildbar als im Online-Geschäft. Daraus resultiert eine hohe Loyalität, die unsere Kunden im Vergleich zum Online-Kunden unter anderem etwa weniger preissensibel macht."
Dennoch: Das Internet sei aus dem Geschäftsalltag kaum wegzudenken. "Wir bespielen alle gängigen Kanäle. Ein Großteil unseres Kundenservice läuft online. Wir netzwerken aktiv mit Influencern und setzen auf markenbildende Online-Kampagnen, bei denen wir uns als Fachhändler positionieren." Der Fokus liege jedoch ganz klar auf Image und nicht auf Abverkauf, so der Geschäftsführer.

Alleinstellung zählt

Wie schwierig es ist, Online-Kunden zu halten, weiß auch Sören Noormann. Das Flensburger Unternehmen Fleno kümmert sich als E-Commerce-Agentur vor allem um den Aufbau und den Betrieb von Online-Shops. "Die Alleinstellung ist im Netz entscheidend, denn die Konkurrenz ist riesig und nur einen Klick entfernt."
Produkt, Preis, Service - irgendetwas müsse den Kunden überzeugen. "Im Anschluss muss technische Perfektion vorliegen. Langsames Laden oder Fehlermeldungen führen dazu, dass der Kunde abspringt", erklärt Noormann. Einfach einen Shop starten zu wollen reiche nicht aus. "Sobald mehr Bestellungen am Tag erfolgen, als händisch verarbeitet werden können, wird das spürbar. Dann sollte man Prozesse automatisieren und an den Händler individuell anpassen."
Wichtig sei auch, sich der andersgearteten Herausforderungen dieses Marktes bewusst zu sein. "Dazu gehört eine intensive Pflege des Shops. Das gilt im klassischen Ladengeschäft, aber auch im Netz", so Noormann. Wer das nicht leisten könne, sollte Abstand nehmen. Gerade der Einstieg könne online schwer sein.
"Hier kommt es darauf an, nicht jede Woche die Strategie umzuwerfen. Bei der richtigen Formulierung der Erwartungen und einer sachlichen Einschätzung ist ein externer Blick Gold wert", so Noormann. Wer strikt an alten und gewohnten Vorgehensweisen festhalte, der werde wahrscheinlich scheitern. Das gelte heute unabhängig davon, in welchem Kanal man sich bewege.
Die Zukunft liegt für Noormann ganz klar darin, Prozesse weiter zu vereinfachen. "Omnichannel, verstanden als Unabhängigkeit des Vertriebswegs, hat das Potenzial, die Kundenbindung zu steigern und den Kaufablauf für den Kunden noch einfacher zu gestalten."
Online auswählen, abholen im Laden und Support über Social Media - die Chancen, die sich für Unternehmen durch Omnichannel ergäben, seien groß. Jeder neue Kanal berge jedoch eigene Herausforderungen und bringe immer Aufwand mit sich, so Noormann. Nur wer alle Optionen sorgfältig prüfe, könne die richtigen Entscheidungen für das eigene Unternehmen treffen.
René Koch
Veröffentlicht am 4. Dezember 2019
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