Einzelhandelsstandorte

Center und City versöhnen

Einkaufcenter und Innenstädte in räumlicher Nähe gelten als Wettbewerber. Bei einem begrenzten Kaufkraftvolumen schneiden sich beide ihr Stück vom Kuchen ab. Für den jeweils anderen Standort bleibt nur ein entsprechend kleinerer Anteil übrig. Zwei Händler berichten, wie sie an beiden Standorten erfolgreich sind.
Doch ein Brückenschlag ist möglich: Nicht das Einkaufszentrum oder die Innenstadt generieren den Umsatz, sondern die Händler, die ihre Ladenlokale hier oder dort betreiben. Es gibt Beispiele von Unternehmern, die an beiden Standorten präsent sind - und zwar betriebswirtschaftlich erfolgreich. Die Wirtschaft sprach mit Knud Hansen, Inhaber der Sporthaus Nis Knudsen KG und Geschäftsführer der Sport-Profimarkt GmbH sowie Tilo Eggemann, Geschäftsführer der Jens Petersen GmbH und Betreiber mehrerer Monolabel Stores, darunter "Street One" und "Tommy Hilfiger". Mit ihren Geschäften sind sie Nachbarn in der Kieler Fußgängerzone. Und im CITTI-Park, einem Einkaufscenter im Kieler Stadtteil Hassee, sind ihre Geschäftsstandorte nur durch eine Etage getrennt.
Bei der Frage, warum sie an beiden Standorten präsent sind, sind sich Hansen, Vizepräsident der IHK zu Kiel, und Eggemann - beide engagiert im Kieler IHK-Arbeitskreis Handel - schnell einig: Hier wie dort schätzen sie die vergleichsweise hohe Kundenfrequenz. Auch bedeute die Präsenz an zwei Standorten eine bessere Risikoverteilung. "Die räumliche Nähe der Standorte bietet zudem eine höhere Mitarbeiterflexibilität bei Engpässen", fügt Eggemann hinzu. Während Hansen an beiden Standorten mit ähnlichen Sortimenten und Serviceleistungen arbeitet, spricht Eggemann mit seinen verschiedenen Markenstores naturgemäß unterschiedliche Kunden an.
Leicht fällt es beiden, Vorteile und Charakteristika von Center und City zu beschreiben. "Das Thema Parkplätze ist bei den Kunden sehr dominant. Kostenlose Plätze bietet das Center", sagt Hansen. Auch das große Werbebudget durch die Pflichtbeiträge aller Mieter sei betriebswirtschaftlich gesehen ebenso ein Pluspunkt für das Center wie ein zentral gesteuerter und sich damit ergänzender Mietermix. An der Innenstadt schätzen beide die "ausbaufähige", wie beide unisono betonen, urbane Atmosphäre, mit "Kultur, Schiffen, Straßenkünstlern", insgesamt mit mehr Eindrücken für den Kunden. Auch deshalb registrieren sie dort einen höheren Anteil an kaufwilligen Touristen als im Center.
Gegenseitig befruchten
Sporthaus-Chef Hansen berichtet, dass einige seiner Handelskollegen verwundert waren, als er, der traditionelle Innenstadthändler und Fürsprecher einer starken und funktionsfähigen Innenstadt, vor sechs Jahren seinen Standort im Center eröffnet hat. Am eigenen Beispiel konnte er jedoch zeigen, dass einfach dafür gesorgt werden muss, dass man sich mit zwei Standorten nicht kannibalisiert, sondern sich durch gemeinsame Ansprache weiter gefasster Zielgruppen und eines größeren Kundeneinzugsbereichs befruchten kann. Eggemann ergänzt: "Als ich den 'Tommy-Store' im CITTI-Park 2010 übernahm, war diese Botschaft schon gesät. Heute wird verstanden, dass alle mehr davon haben, wenn man gemeinsam den Standort Kiel als Shopping-Hochburg bewirbt, etwa an verkaufsoffenen Sonntagen."
Wünsche an Verwaltung und Politik? Natürlich die verkehrliche Erreichbarkeit der Innenstadt sicherstellen. Und Parkplätze. Vor allem aber sehen die Händler die Notwendigkeit, in die City zu investieren - sowohl in die gewerblichen Verkaufsflächen als auch in die öffentlichen Räume und Gebäude. Knud Hansen: "Das Management einer Innenstadt kann ohne erkennbare Strategie nicht mit dem Management eines guten Centers konkurrieren."
Björn Ipsen
Veröffentlicht am 2. November 2012