Garding, Schleswig, Husum: Nachfolge für den Betrieb

Das Zepter übergeben

Die Nachfolge für den eigenen Betrieb zu meistern, ist eine Herausforderung – vor allem in den aktuellen, krisenhaften Zeiten. Arbeitsplätze und der Fortbestand etablierter Unternehmen stehen auf dem Spiel. Drei Betriebe berichten von ihren Erfahrungen.
Laut einer Umfrage der IHK Schleswig-Holstein suchen 47 Prozent der Unternehmerinnen und Unternehmer ab 55 Jahren noch einen Nachfolger für ihren Betrieb. So auch Thorsten Schacht, der einen gleichnamigen Forst- und Gartentechnik Betrieb in Garding führt. Für den Nordfriesen geht es dabei auch um seine Altersvorsorge: 1.150.000 Euro zuzüglich Maklerprovision möchte er für Grundstück, Gebäude und das Unternehmen haben.
Ein paar Gespräche gab es schon. Ich lasse mir aber Zeit und mache mir keinen Druck. Ich bin zuversichtlich, dass sich etwas ergeben wird.

Thorsten Schacht

„Meine Frau hat gesagt, wenn es nicht funktioniert, muss ich bis 70 arbeiten“, scherzt Schacht, der die Nachfolgesuche vor einem Jahr gestartet hat. „Ein paar Gespräche gab es schon. Ich lasse mir aber Zeit und mache mir keinen Druck. Ich bin zuversichtlich, dass sich etwas ergeben wird.“ Seine sechs Mitarbeiter hatte er bereits eingeweiht, bevor er mit dem Thema an die Öffentlichkeit ging. „Mir ist es wichtig, rechtzeitig die Nachfolge zu klären, damit der Betrieb weiterläuft und die Arbeitsplätze erhalten bleiben“, so der 62-Jährige.
Was muss ein geeigneter Nachfolger mitbringen? „Die Person muss technisch versiert sein“, sagt Schacht. Das braucht sie für Verkauf, Reparatur, Verleih von Gartengeräten und Anhängern, die an Privatkunden, Garten- und Landschaftsbauunternehmen sowie Kommunen gehen. „Den Verkauf kann man noch lernen“, sagt er. Schacht selbst ist gelernter Groß- und Außenhandelskaufmann sowie Kfz-Mechaniker. „Natürlich muss das Geld stimmen, die Chemie mit dem Team und der Kundschaft und sofern ich die Übergabe begleiten soll, ist auch das Zwischenmenschliche wichtig“, so der Unternehmer. Denn er bietet an – falls gewünscht – noch einige Zeit die Nachfolge als Angestellter im Betrieb mitzugestalten.
Was Schacht Forst- und Gartentechnik noch bevorsteht, hat Hörakustik Veit in Husum bereits hinter sich. Richard Gärtner war dort erst Azubi, dann stellvertretender Geschäftsleiter. Im Jahr 2021 hat er den Betrieb von seinem Vorgänger Marcus Veit übernommen. „Bereits nach meiner Ausbildung hat mich Marcus Veit gefragt, ob ich das Geschäft weiterführen möchte“, erinnert sich Richard Gärtner. Gärtner war damals gerade 20 Jahre alt, Veit Anfang 50. „Mir hat es hier immer gefallen, und nachdem die Nachfolge abgemacht war, habe ich meine Lebensplanung auf Hörakustik Veit ausgerichtet“, so der Inhaber.
Von da an haben wir maßgebliche Entscheidungen gemeinsam getroffen. Dafür haben wir uns einmal wöchentlich zusammengesetzt, um uns auszutauschen.

Richard Gärtner

Circa sechs Jahre vor der Übergabe begannen die beiden den Prozess vorzubereiten, indem sie einen Vertrag für eine offene Handelsgesellschaft (oHG) schlossen. Richard Gärtner kaufte einen Anteil von zehn Prozent am Unternehmen. „Von da an haben wir maßgebliche Entscheidungen gemeinsam getroffen. Dafür haben wir uns einmal wöchentlich zusammengesetzt, um uns auszutauschen“, sagt Gärtner. Die Übergabe sei emotional gewesen. „Wir waren auch mal unterschiedlicher Meinung. Einmal war die Nachfolge kurz vorm Platzen, doch wir haben nie aufgehört, miteinander zu reden und konnten uns am Ende einigen“, erinnert sich der Inhaber.
„In der Zeit hat mir besonders meine Frau geholfen, die immer einen guten Rat für mich hatte. Zudem konnte sie mir als Bankkauffrau bei den betriebswirtschaftlichen Themen weiterhelfen“, so der Hörakustikmeister. Um sich auf seine neue Position vorzubereiten, bildete Richard Gärtner sich in Betriebswirtschaft und Unternehmensführung weiter. Nach der Übernahme begann er, sämtliche Prozesse zu digitalisieren und renovierte das Geschäft. „Die ersten Jahre liefen so gut, dass ich selbst überrascht war“, berichtet er.
Sönke Behmer vom Romantik Hotel Waldschlösschen in Schleswig gehört zu den 36 Prozent, die laut einer IHK-Umfrage ein Unternehmen aus Familienhand weiterführen. Er hat den Betrieb letztes Jahr von seinen Eltern Hans-Werner und Marion Behmer in dritter Generation übernommen. „Ich hatte immer Spaß an der Arbeit im Hotel und habe während meines BWLStudiums in den Semesterferien ausgeholfen“, sagt der gebürtige Schleswiger.
Um sich optimal auf die Nachfolge vorzubereiten, besuchte Behmer nach dem Studium eine Hotelfachschule in der Schweiz, wo er seine Lebensgefährtin Giulia Robotti kennenlernte. Nach Stationen in Brüssel und Miami zog es die beiden 2018 nach Schleswig ins Waldschlösschen. „Mein Vater hat mir nach und nach Aufgaben übertragen und am Ende geprüft. Er hat mich viel machen lassen und nie ausgebremst“, so Behmer. Kleine Meinungsverschiedenheiten kämen schon mal vor. „Es hilft, dass wir beide nicht nachtragend sind.“
Es hilft, dass wir beide nicht nachtragend sind.

Sönke Behmer

Seit der Übernahme hat Sönke Behmer vieles beibehalten: Er trifft sich weiterhin täglich mit seinen Eltern zum Essen im Restaurant, um neue Pläne und Strategien zu schmieden. Zudem begrüßen er oder seine Mutter jede Gästegruppe persönlich. „Ich verfolge weiterhin die klare Linie, dass bei uns die Gäste im Fokus stehen. Auch an unserem kulinarischen Schwerpunkt wird sich nichts ändern“, bekräftigt Behmer. Ein paar Dinge habe er aber doch geändert: So duze er sich mit den Mitarbeitenden und führte eine neue Hotelsoftware ein.
Obwohl der Betrieb mit der Coronapandemie und der Energiekrise schwierige Zeiten hinter sich hatte, ist Behmer optimistisch: „Ich habe einen finanziell gesunden Betrieb übernommen. Ich bin mir sicher, dass die nächsten 30 Jahre richtig gut werden.“

Aenne Boye