Leon Seebode lernt Groß- und Außenhandel auf Helgoland

Wenn Leon Seebode morgens am Helgoländer Hafen entlangläuft, weht ihm salzige Seeluft entgegen. Möwen kreisen über den Molen, Containerschiffe ziehen am Horizont vorbei. Für den 33-Jährigen ist das längst Alltag – und doch jeden Tag ein kleines Abenteuer.
“Ich bin gebürtiger Hamburger, hatte aber schon lange eine Verbindung zu Helgoland – Freunde von uns kommen von hier. Trotzdem hatte ich die Insel nie als Arbeitsort auf dem Schirm”, erzählt Leon mit einem Lächeln. Heute macht er bei der Oswald GmbH seine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann – im Bereich Onlinehandel und Duty-Free-Shop mitten auf der Hochseeinsel.

Vom Studium auf die Insel

Sein Weg dorthin war nicht geradlinig. Denn eigentlich wollte Leon einmal Lehrer werden. Nach seinem Bachelor in Sport und Biologie entschied er sich zunächst für ein duales Studium im Personalmanagement – auch da war die Oswald GmbH seine Wahl als Ausbildungsbetrieb. Doch schon nach kurzer Zeit merkte er: Das war nicht das Richtige für ihn: "Ich habe drei Monate Probe gearbeitet und schnell festgestellt, dass mir die Praxis im Handel viel mehr liegt“, sagt er.
Heute arbeitet er an der Schnittstelle zwischen touristischem Inselgeschäft und weltweitem E-Commerce. "Unser Shop hat Drittland-Status, das heißt, es gelten besondere Zoll- und Steuerregelungen. Mein Vorwissen hilft mir da sehr. Rund 70 bis 80 Prozent der Bestellungen kommen aus Deutschland, 20 Prozent aus der EU und rund fünf Prozent aus der übrigen Welt.“
Ich habe drei Monate Probe gearbeitet und schnell festgestellt, dass mir die Praxis im Handel viel mehr liegt.

Zwischen Duty-Free-Regalen und Digitalvertrieb

Im Sommer ist Leon oft im Duty-Free-Shop auf der Insel im Einsatz – zwischen Süßwaren, Parfums, Tabak und Reiseartikeln. "Ich helfe bei der Warenwirtschaft und der Verräumung, spreche mit Kundinnen und Kunden – das macht Spaß, weil es so abwechslungsreich ist.“ Im Winter, wenn die Geschäfte auf der Insel schließen, verlagert sich die Arbeit in den Onlinehandel: Dann beginnt das Weihnachtsgeschäft. "Da ist richtig was los. Wir verschicken Bestellungen in alle Welt.“
Für die Berufsschule pendelt Leon regelmäßig aufs Festland. "Der Unterricht findet blockweise in Hamburg-Landwehr statt – das ist schon ein Kontrastprogramm zur Insel“, sagt er schmunzelnd.

Lernen, wo andere Urlaub machen

Wer Helgoland kennt, weiß: Der Alltag hier ist anders. "Natürlich ist das Leben auf der Insel manchmal eine Herausforderung, vor allem, wenn das Wetter den Fährbetrieb einschränkt“, erzählt Leon. "Aber genau das macht es auch besonders – man lernt flexibel zu sein.“
Trotz der begrenzten Fläche fühlt er sich auf Helgoland keineswegs eingeengt: "Wenn Menschen mich fragen, ob mir die Insel nicht zu klein ist, sage ich: Auch auf dem Festland schafft sich jeder seine eigene kleine Insel – man geht in dieselben Restaurants, trifft dieselben Menschen. Nur dass man hier eben wirklich vom Meer umgeben ist.“ In seiner Freizeit ist Leon oft auf dem Wasser: "Ich fahre Boot, tauche und schnorchle gern. Und manchmal nehme ich mir fünf Tage Urlaub – auf der Düne gleich nebenan. Obwohl sie so nah ist, fühlt es sich an wie ein anderer Ort.“

Ausbildung mit Perspektive – für Leon und die Insel

Für Geschäftsführer Marcellus Oswald ist Leons Ausbildung mehr als ein individueller Erfolg. "Der Fachkräftemangel trifft uns doppelt – einmal als Handelsunternehmen, dann als Inselbetrieb. Ausbildung ist für uns überlebenswichtig. Wenn wir junge Menschen wie Leon hier ausbilden und halten können, sichern wir nicht nur unsere Zukunft, sondern auch die der Insel.“
Der Fachkräftemangel trifft uns doppelt – einmal als Handelsunternehmen, dann als Inselbetrieb. Ausbildung ist für uns überlebenswichtig. Wenn wir junge Menschen wie Leon hier ausbilden und halten können, sichern wir nicht nur unsere Zukunft, sondern auch die der Insel.
Leon selbst kann sich gut vorstellen, zu bleiben: "Ich habe hier eine familiäre Atmosphäre, viel Verantwortung und echte Aufstiegschancen. Und das Meer möchte ich nicht mehr missen.“
Eine digitale Premiere gab es übrigens gleich zu Beginn: Die IHK-Prüfung zur Ausbildungseignung fand per Videokonferenz statt. IHK-Mitarbeiter Torsten Hülß ließ sich digital durch Verkaufsräume und Büros führen – ein pragmatischer Schritt, der zeigt, dass Ausbildung auch auf der Hochseeinsel funktioniert.
Die Geschichte von Leon zeigt: Manchmal führen Umwege ans Ziel – und genau darin liegt oft das größte Potenzial. Auch Studienabbrecherinnen und -abbrecher oder Quereinsteiger bringen wertvolle Erfahrungen mit, von denen Betriebe profitieren können. "Wichtig ist, dass man jungen Menschen eine Chance gibt und sie auf ihrem Weg begleitet – auch, wenn dieser nicht immer nach Plan verläuft“, sagt Marcellus Oswald. "Am Ende zählt Motivation – und die hat Leon jeden Tag.“
Und für Leon Seebode verbindet sich in seiner Ausbildung Handel, Digitalisierung und Insel-Lebensgefühl – eine Kombination, die es so in Deutschland vielleicht kein zweites Mal gibt.
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© copzright_adinamerkel
Text: Alexandra Thom
Fotos: Adina Merkel