Tourismus im Binnenland

Attraktives Binnenland

Ob Wälder, Seen, Wiesen oder Naturparks: Mit einem reichen Natur- und Kulturangebot ist das Binnenland in Schleswig-Holstein facettenreich und für Reisende attraktiv. Zwei Betriebe zeigen, dass ihre Konzepte Früchte tragen und Gäste anziehen, ihnen aber auch einiges abverlangen. 
Hotel- und Gaststättenbetriebe in der Fläche Schleswig-Holsteins können sich mit ihren Ansätzen sehen lassen. Wer in einem Rumfass, auf einem Hausboot oder in Kajüten extravagant urlauben möchte, findet die Bootsmann Lodge in Breiholz direkt an der Eider. Neben den vier Hausbooten und den ausgebauten Rumfässern gehören auch größere Mobilheime mit mehreren Schlafzimmern, Ferienwohnungen, Zelte und Wohnmobile zum Übernachtungsangebot. Und auch ein Restaurant mit Terrassenplätzen versorgt die Gäste. „Glamping liegt im Trend, und die Fässer bedienen diesen besonderen Campingboom“, erzählt Birgit Stotz, Inhaberin der Bootsmann Lodge. Insbesondere in der Hochsaison von Mai bis Oktober hat das rund 40-köpfige Team viel zu tun.
„Viele Kräfte brauche ich in der Frühschicht. Wenn wir dann noch Gesellschaften haben, in der Küche gespült werden muss, in die Rumfässer fast täglich neue Gäste einziehen und alles bezogen und sauber sein muss – das ist nicht einfach zu leisten“, sagt die Unternehmerin. Sie wünscht sich daher, dass die Achtung für Berufe in der Reinigung oder im Service steigt.
„Ein Hotel- oder Gastronomiebetrieb besticht durch exzellenten Service. In diesen kritischen Bereichen braucht es Nachwuchskräfte, die länger bleiben wollen und Wertschätzung erfahren. Ich brauche dringend mehr Fachkräfte.“ Infolgedessen müsse Stotz demnächst auf Selbstbedienung im Restaurant umstellen, um Personal einzusparen, die Speisekarte verkleinern, Preise weiter anheben und im Sommer zwei Tage pro Woche den Restaurantbetrieb aussetzen. In dieser Zeit werde ein Selbstbedienungsautomat mit Getränken, Würsten und Salat bereitstehen.
 „Natürlich macht es mir keinen Spaß, so zu entscheiden. Aber was soll ich machen? Ich hoffe, durch die Selbstbedienung Radgäste und Wandersleute weiter zu versorgen. Im Binnenland verschwindet die Infrastruktur, ohne Auto ist die Mobilität fast gleich null. Ich kann es mit mir nicht vereinbaren, Urlauber nicht zu versorgen.“ Stotz mahnt daher, Orte am Kanal zu stärken und das Binnenland besser zu vernetzen.
Fast märchenhaft erhebt sich der 35 Meter hohe Turm über die Stadt. Der Blick von der sechsten Ebene schweift weit über den Segeberger See, nebenan die Kalkbergarena. Einst wohnte eine Familie im denkmalgeschützten Wasserturm in Bad Segeberg, bis das Wahrzeichen zu einer neuen Destination für die Stadt wurde: Das Apart Hotel Wasserturm ist 2020 in das historische Backsteingebäude eingezogen. Um das Hotel runden vier weitere Apartmenthäuser mit zehn Ferienwohnungen das Übernachtungsangebot ab.
Petra Kolb vor dem Trafo-Haus und dem Apart Hotel Wasserturm in Bad Segeberg © 54°/Felix König
„Wir haben versucht, Charakter, Flair und Geschichte jeder Unterkunft durch historische Baumaterialien zu erhalten und im Innenbereich eine Mischung aus Historie und modernem Komfort zu schaffen“, beschreibt Petra Kolb aus dem Hotelteam. Liebe zum Detail liegt ihr am Herzen – für die perfekte Wohlfühlatmosphäre für die Gäste. „Durch unsere geringe Größe können wir ein hohes Maß an Individualität leisten und das Persönliche großschreiben. Wir begeistern unsere Gäste gern mit dem Besonderen, wie zum Beispiel unserem hauseigenen Turm-Gin aus Holsteiner-Cox-Äpfeln. Sehr reizvoll ist sicher auch das Trafo-Haus, das kleinste Hotel Deutschlands, das wir ebenfalls betreiben.“
Auf nur 17 Quadratmeter Grundfläche hat das Team hier ein Raumwunder geschaffen, das schon beim Eintreten für Überraschung sorgt – und spätestens mit dem Ausblick aus dem verglasten Schlafbereich direkt unter dem Dach überzeugt. „Diese Details machen einen Aufenthalt bei uns unvergesslich“, ist sich Petra Kolb sicher. Trotz Idylle wird aber auch das Apart Hotel von steigenden Energiekosten auf die Probe gestellt. Petra Kolb achtet verstärkt darauf, nicht bewohnte Unterkünfte minimal zu beheizen, Kühlschränke abzuschalten. „Der spürbar verhaltenen Buchungsbereitschaft aufgrund der Inflation versuchen wir mit besonderen Angeboten entgegenzuwirken, zum Beispiel Zweifür- eins-Angebote im Zimmer des Monats.“
Trotzdem darf das Angebot wachsen. Zukünftig kann Petra Kolb sich eine eigene Gastronomie vorstellen, „in der wir Gäste kulinarisch verwöhnen können“. Dies ist ein wichtiger Schritt für die Versorgung im Binnenland, wie auch eine digitale Gästemappe, die aktuell in Planung ist. Und in der Saison 2023 können sich Urlauber auf einen Fahrradverleih freuen.
Julia Romanowski