Rechtsgutachten: DIHK prüft Prämissen zur Messung der Luftqualität

Die Diskussion um Fahrverbote verunsichert auch im Jahr 2019 viele Unternehmen. Der DIHK schätzt das Risiko für streckenbezogene oder flächendeckende Verbote in noch immer 21 Städten als hoch ein. Zu unsicher ist der Ausgang laufender Gerichtsverfahren. Umfragen zeigen zugleich, dass auch Unternehmen saubere Luft ein wichtiges Anliegen ist. Der DIHK setzt sich deshalb für mehr nachhaltige Mobilität und die effiziente Nachrüstung bestimmter Fahrzeuge ein, durch die die Grenzwerte kurzfristig erreicht werden können.

Kanzlei soll Anforderungen auslegen

Seit den ersten Urteilen zu möglichen Fahrverboten für Dieselfahrzeuge wird auch über die Messung der Luftqualität diskutiert. Kritiker behaupten hierbei, Messstationen seien einseitig positioniert und würden deshalb eine zu hohe Schadstoffbelastung ermitteln. Weitgehend unberücksichtigt blieben bisher die vielen unbestimmten Rechtsbegriffe der EU- Luftqualitätsrichtlinie, die eine Bewertung der Messungen erschweren. Aufgrund der zahlreichen Nachfragen von Unternehmen und IHKs hat der DIHK die Kanzlei Redeker Sellner Dahs beauftragt, die europäischen Anforderungen zur Ortsbestimmung der Schadstoffmessung auszulegen.
Das Rechtsgutachten (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 568 KB) kommt im Kern zu dem Ergebnis, die bei der Positionierung von Messungen von vielen Behörden befolgten Prämissen gingen über unionsrechtliche Vorgaben hinaus. Die Luftqualität sei nicht – wie vielfach angenommen – allein am Ort der höchsten Belastung zu beurteilen. Gleichermaßen sei zu berücksichtigen, dass die Bevölkerung der ermittelten Schadstoffbelastung auch dauerhaft ausgesetzt sei. Auch der Verweis auf die Einhaltung der in der Richtlinie beschriebenen Abstands- und Höhenangaben allein reiche nicht aus, um die Messungen europarechtskonform durchzuführen. Neben den Kriterien der höchsten Belastung und der dauerhaften Exposition dürften die weiteren Bestimmungen zur Repräsentativität, der Vermeidung direkter Emissionsquellen oder ausreichenden Abständen von Bäumen, Balkonen oder Straßenkreuzungen nur ausnahmsweise außen vor bleiben. Das Nichtbeachten dieser Vorgaben müsse soweit möglichst vermieden und in jedem Fall hinreichend begründet und dokumentiert werden.

Korrektere Positionierung führt zu geringeren Schadstoffkonzentrationen

Dies bedeutet gleichzeitig noch nicht, dass auch die gemessenen Grenzwertüberschreitungen überall zu hoch und Fahrverbote damit nicht zulässig wären. Überprüfung von Messungen – wie zuletzt in Oldenburg – oder Parallelmessungen – wie in Darmstadt oder Hamburg – zeigen jedoch, dass die korrektere Positionierung häufig auch zu geringeren Schadstoffkonzentrationen führt. Die Messungen der Bundesländer und Kommunen in Deutschland unterscheiden sich zwar etwa in der Höhe oder beim Abstand zum Fahrbahnrand. Da wenige Meter Abstand zum Ort der Messung jedoch schon zu Minderungen von mehreren µg/m³ NO2 führen, erwarten wir bei Einhaltung der unionsrechtlichen Vorgaben im Durchschnitt geringere Grenzwertüberschreitungen.Damit würden auch die Chancen steigen, Fahrverbote durch nachhaltigere Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität abzuwenden. Die zuständigen Bundesländer oder Kommunen sollten bei den teilweise laufenden Prüfungen ihrer Messungen die Erkenntnisse der gesetzlichen Bestimmungen berücksichtigen. Wichtiger noch wäre, dass sie diese in die laufenden Gerichtsverfahren einbringen. Dort verteidigen die Behörden ihre Messungen aktuell vor der Kritik von Umweltverbänden, dass diese zu geringe Belastungen ermittelten. DIHK