Konjunktur: Coronakrise führt zu Einbruch des Geschäftsklimas

Harte Zeiten für die Wirtschaft

Die Coronakrise hat die gewerbliche Wirtschaft im IHK-Bezirk Rostock fest im Griff und setzt den Unternehmen heftig zu. Wichtige Zukunftsinvestitionen werden zurückgestellt und Personalpläne nach unten revidiert. Dies zeigt die Auswertung der Antworten von über 170 Unternehmen im Rahmen der Konjunkturumfrage der IHK zu Rostock im Herbst 2020.
Mehr als die Hälfte der befragten Betriebe musste Umsatzeinbußen im Vergleich zum Vorjahr in Kauf nehmen. Für viele Unternehmen liegt eine Rückkehr zum Vorkrisenniveau noch in weiter Ferne: Ein Drittel erwartet, dass sie das Vor-Corona-Level erst in der zweiten Jahreshälfte 2021 oder später wieder erreichen. Sechs Prozent sind gänzlich pessimistisch und gehen davon aus, dass sich ihr Geschäft gar nicht mehr erholt.
Dies findet in den Schlüsselindikatoren der Umfrage seinen unmittelbaren Niederschlag. Die aktuelle Geschäftslage der Betriebe im IHK-Bezirk Rostock ist im Herbst 2020 stark eingebrochen und die Erwartungen sind so pessimistisch wie seit der Finanzkrise 2009 nicht mehr. Der IHK-Geschäftsklimaindex fällt, im Vergleich zum Jahresbeginn, um elf Punkte und erreicht mit 108 Indexpunkten einen Zehn-Jahres-Tiefststand.

Rezession, aber wie lange?

Bereits vor dem Einsetzen der Coronakrise waren in den letzten IHK-Konjunkturanalysen, merkliche Anzeichen für eine Abkühlung im Konjunkturzyklus zu beobachten. Mit dem plötzlichen Pandemieschock vollzog sich schlagartig der Absturz in die rezessive Phase.
Zwar beurteilen im Rahmen der Herbstumfrage 42 Prozent der Unternehmen ihre gegenwärtige Situation immer noch als „gut“, allerdings verdoppelt sich der Anteil der negativen Bewertungen im Vergleich zum Jahresbeginn von sieben auf 15 Prozent. Der Geschäftslagesaldo  sinkt in der Folge um zwölf auf 28 Punkte. Bei den Erwartungen für die kommenden zwölf Monate offenbart sich das ganze Ausmaß der coronabedingten Verunsicherung bei den befragten Unternehmen. War der Erwartungssaldo zu Jahresbeginn noch knapp positiv fällt dieser auf minus neun Punkte. Ein knappes Viertel der Unternehmenslenker geht von einer weiteren Verschlechterung in den kommenden Monaten aus.
Als ein Hoffnungsschimmer kann jedoch angesehen werden, dass sich das Geschäftsklima, im Vergleich zu einem im Juni erhobenen nichtrepräsentativen Stimmungsbild, verbessert hat. Unter dem unmittelbaren Eindruck eines gerade erst aufgehobenen Lockdowns erreichte der Lagesaldo im Juni einen historischen Tiefstwert von -18 Punkten. Die über den Sommer vollzogene relative Erholung macht deutlich, dass die Stärke und die Dauer des Abschwungs im Wesentlichen vom weiteren Verlauf der Coronakrise und den damit verbundenen Einschränkungen der wirtschaftlichen Aktivität abhängen. Die - beispiellosen - von der Politik bereitgestellten Förderinstrumente und Hilfestellungen haben bislang einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung der Krise geleistet. Es gilt, diese noch genauer auf die spezifischen Bedarfslagen der besonders betroffenen Branchen, Betriebe und Soloselbstständige auszurichten und die infektionsschutzbedingten Einschränkungen des Wirtschaftslebens mit Augenmaß zu gestalten.

Exporterwartungen rückläufig

Einhergehend mit der globalen Dimension der Coronakrise entwickeln sich auch die Exportaussichten im IHK-Bezirk deutlich negativ. Die Hälfte der exportierenden Unternehmen (23 Prozent der Umfrageteilnehmer vermarkten ihre Produkte im Ausland.) rechnet mit geringeren Ausfuhren in den nächsten zwölf Monaten. Lediglich jedes zehnte geht von einer Steigerung aus.
Zusätzlich zu den Verwerfungen, die die Corona-Pandemie auf den Hauptexportmärkten in der EU hinterlassen hat, verunsichern auch das Auslaufen der Brexit-Übergangsregelung zum Jahresende ohne Anschlussabkommen und die Handelskonflikte mit den Vereinigten Staaten die außenwirt-schaftlich aktiven Betriebe.

Investitionen werden eingeschränkt

Die Investitionsabsichten der Unternehmen sind – wie in konjunkturellen Abschwungsphasen typischerweise zu erwarten – stark rückläufig. Der Investitionssaldo sinkt im Vergleich zum Jahresbeginn um sechs auf minus zwölf Punkte. Die bereits zu Jahresbeginn geringere Investitionsneigung ist durch die Coronakrise zusätzlich unter Druck geraten, da in nicht wenigen Unternehmen die Liquiditäts- und Eigenkapitalreserven geschrumpft sind. Der Großteil der investierenden Betriebe legt in der Krise den Fokus auf den notwendigen Ersatz von Betriebsmitteln (70 Prozent) und auf kostensenkende Rationalisierungsinvestitionen (38 Prozent).

Finanzierung – Licht und Schatten

Anhaltend unkritisch stellt sich der Zugang der Unternehmen zu (eher langfristigen) Fremdfinanzierungsquellen dar. Wie in den Vorumfragen haben die meisten Betriebe einen guten Zugang zu Fremdkapital (34 Prozent) bzw. sind nicht auf eine Fremdfinanzierung angewiesen (36 Prozent). Weniger als jeder zehnte Umfrageteilnehmer berichtet über einen schlechten Zugang oder abgelehnte Finanzierungsanträge. Der Anteil der Firmen, die auf gestiegene Zinsen als Verschlechterungsgrund verweisen, ist rückläufig (sechs Prozent) und auch die geforderten Sicherheiten bei Kreditfinanzierungen werden weniger kritisch eingeschätzt (41 Prozent).
Ambivalenter stellt sich die kurzfristige Finanzierungssituation in Folge der Coronakrise dar. Zwar konstatieren auch hier sechs von zehn Befragten keine negativen Auswirkungen. Bei 13 Prozent der Betriebe kommt es aktuell jedoch zu Liquiditätsengpässen, bei jedem zehnten nehmen die Forderungsausfälle zu und jede fünfte Firma erfährt einen Eigenkapitalrückgang.

Personalaufbau gestoppt …

Die Einstellungsbereitschaft der Unternehmen im IHK-Bezirk Rostock ist jäh zurückgegangen und führt dazu, dass die Personalreduktionspläne die Beschäftigungsaufbauabsichten im Vergleich zur Vorumfrage übertreffen. Der Beschäftigungssaldo sinkt um neun auf minus fünf Punkte. Während Industrie, Bau- und Dienstleistungsgewerbe keinen Rückgang der Beschäftigung beabsichtigen, sehen sich der Handel und das Gastgewerbe gezwungen, ihre Personalpläne drastisch nach unten zu korrigieren (Saldo: Handel minus 18 Punkte, Gastgewerbe minus 21 Punkte).

… vorerst, denn Fachkräftemangel kaum gebremst

Trotz sinkender Beschäftigungsabsichten bleibt der Mangel an qualifizierten Mitarbeitern ein gewichtiger Sorgenfaktor der Betriebe: 42 Prozent der Unternehmen geben an, dass sie derzeit offene Stellen längerfristig nicht besetzten können, da sie keine passenden Arbeitskräfte finden. Dass bestimmte Schlüsselqualifikationen am Arbeitsmarkt auch in der gegenwärtigen konjunkturellen Situation nur schwer zu bekommen sind, zeigt sich auch in der Tatsache, dass der „Fachkräftemangel“ auch gegenwärtig das wichtigste Thema in der Rangfolge der Unternehmenshemmnisse ist: 58 Prozent der Befragten schätzen den Mangel an qualifizierten Mitarbeitern als ernstes Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung ihres Unternehmens ein (Vorjahreswert: 61 Prozent).
Allerdings haben im Rahmen des Abschwungs die Bedenken der Betriebe hinsichtlich der Arbeitskosten (33 Prozent) und noch stärker der Energiekosten (19 Prozent) abgenommen. Deutlich mehr Sorgen bereitet den Betrieben erwartungsgemäß die Inlandsnachfrage (36 Prozent).
Für ein nachhaltiges Wiederhochfahren der Wirtschaft sind unmittelbar wirkende politische Maßnahmen wie die ausgedehnte Kurzarbeitergeldregelung - zur Stützung des Binnenkonsums und Sicherung der Fachkräfte in den Betrieben – ebenso wichtig wie die dringende Vermeidung eines erneuten Lockdowns.