Schritt für Schritt in eine neue Zukunft

Annett Liskewitsch ist immer in Bewegung. Auf ihren Wandertouren durch die Region, manchmal mit Nordic-​Walking-​Stöcken, manchmal ohne, ist sie selten allein. Viele Menschen, die sie begleiten, suchen Gesellschaft, viele aber auch Inspiration für neue berufliche Wege. Beide Bedürfnisse erfüllt Annett Liskewitsch mit ihrem Angebot „Die Schrittemacher“. Vor knapp einem Jahr hat sich die 44-​Jährige damit selbstständig gemacht. Zu ihrem Service gehört grob zusammengefasst das begleitende, kreative und Blockaden lösende Gehen auf verschiedenen Routen in der Region.
Dahinter steckt jedoch viel mehr. Denn ihr Angebot richtet sich nicht nur an Privatpersonen, denen sie zuhört oder anhand ihres eigenen Erfahrungsschatzes berufliche Wege aufzeigt. So hat sie ferner ein Programm für Schulen entwickelt, mit dem buchstäblich mehr Bewegung und somit mehr Konzentration und Entspannung in den Unterricht kommt. Zudem hat sie den Business Women Walk ins Leben gerufen. „Angesprochen sind Frauen aus allen Branchen, die so nicht nur etwas für ihre Gesundheit tun, sondern auch netzwerken können“, erzählt Annett Liskewitsch. Darüber hinaus sind Unternehmen ihre Kunden, die im Bereich des betrieblichen Gesundheitsmanagements ihren Mitarbeitern eine GEH-​Pause ermöglichen, um nicht ins sogenannte Suppenkoma am Nachmittag zu fallen.
Umdenken durch Zwangspause
Auf die Idee, sich mit Gehen selbstständig zu machen, kam Annett Liskewitsch als sie selbst unfähig dazu war. „Vor zwei Jahren war ich mit meiner Familie auf Madeira, es sollte ein Wanderurlaub werden. Gleich am ersten Tag bin ich gestürzt und es hat meinen Knöchel entschärft, Kapselriss“, erzählt sie. Wieder zuhause sei sie mehrere Wochen krankgeschrieben gewesen. „Und da hat man Zeit zum Nachdenken.“
Sie habe sich in dieser Ruhephase bewusst gemacht, dass sie mit ihrer beruflichen Situation nicht mehr zufrieden war, erzählt Liskewitsch. Dennoch habe sie in ihrem damaligen Job erst einmal weitergemacht wie bisher, fast bis zum Burnout. „Ich habe nicht auf mich geachtet, neben meinen 40 Stunden im Büro noch mindestens zehn zu Hause drangehängt. Beruflicher Erfolg und Anerkennung waren mir sehr wichtig“, erzählt Annett Liskewitsch. Doch irgendwann versagte ihr Körper den Dienst, der angeschlagene Fuß wollte nicht heilen, hinzu kamen weitere Probleme.
Ihr Arzt schickte sie schließlich zur Reha. „Wie ich so bin, war ich auch da sehr fleißig, habe viel reflektiert und über mich gelernt. Und ich kam dort zum Gehen bzw. Nordic Walking.“
Seitdem hat sie sich intensiv mit dem Thema Gehen beschäftigt und festgestellt, dass es für die körperliche und geistige Gesundheit nur Vorteile bringt. „Es ist nicht nur natürliche Stressbewältigung, Prophylaxe und Medikation, sondern auch enorm hilfreich für die Kreativität. Ich nenne es KreativGehen bzw. BrainWalking. Vielen großen Philosophen und Schriftstellern, den sogenannten Gedankengängern, kamen ihre Ideen beim Gehen durch die Natur.“
Mischung aus Altem und Neuem
Letztlich entschloss sich Annett Liskewitsch dazu, ihre Stelle als Projektleiterin bei der HanseMesse hinter sich zu lassen und im wahrsten Sinne des Wortes neue Wege zu beschreiten. Durch ihre Recherchen zum Thema Gehen reifte die Idee von der Selbstständigkeit von Tag zu Tag.
Ob sich damit Geld verdienen lässt? Diese Frage beschäftigte sie und ihre Familie länger. Positives Feedback von Teilnehmerinnen im Gründungskurs inspirierte sie, den neuen Berufsweg mit ihrer langjährigen Erfahrung und ihren fachlichen Kompetenzen zu verbinden. Unter dem Motto „WortWege“ managt Annett Liskewitsch für Gründer sowie Jung- und Kleinunternehmer Marketing und Öffentlichkeitsarbeit. So habe sie ein handfestes Standbein und könne den anderen Teil ihres Unternehmens in Ruhe ausbauen.
Mittlerweile hat sich Annett Liskewitsch mit ihrem Unternehmen einen Namen gemacht. Vor allem Frauen fühlen sich von ihrem Angebot angesprochen. „Wenn die Kinder aus dem Haus sind, ändert sich das Leben, es wird entweder ruhiger – und ich bin Geh-​sprächspartnerin – oder es wird aufgrund beruflicher Umorientierung turbulenter und ich bin Weg-​Begleiterin.
Doch nicht nur Frauen profitieren von ihrem KreativGehen. Gerade in der momentanen, für viele Unternehmen schwierigen Situation, eröffnet Annett Liskewitsch mit ihrem Brainstorming TO GO neue Wege und stellt alternative Routen dar, um nicht in der Corona-​Sackgasse stecken zu bleiben. Beim zwei- bis dreistündigen Ideen-​Lauf werden (Denk-)Blockaden gelöst und kreative Gedanken freigesetzt. Beim GEHEN kommt nicht nur der Körper, sondern auch das Gehirn in Schwung. Schritt für Schritt werden so am Wegesrand Inspirationen und Ideen für einen neuen Weg, für einen Weg raus aus Corona gesammelt.
Für die größtmögliche Professionalität bildet sich Annett Liskewitsch stetig weiter. Im sportlichen Bereich hat sie u. a. Prüfungen als Nordic Walking Basic Instructor, als Power Walking Trainer sowie die Grundkurs-​Trainerausbildung abgelegt. „Außerdem habe ich einen Erste-​Hilfe-​Kurs gemacht, falls unterwegs etwas passieren sollte“, fügt sie hinzu. Ihre fachliche Kompetenz als Texterin und Marketingspezialistin erlangte sie sowohl im Studium als auch in 15 Jahren Marketing- und Pressearbeit im Veranstaltungs- und Eventmanagement. Momentan absolviert sie diverse Online-​Kurse, u. a. im Coaching- und Social-Media-​Bereich.
Hoffnung auf Kooperationen nach dem Lockdown
Während ihre 1:1-Geh-​Termine von der Corona-​Krise weitestgehend unberührt blieben, haben sich andere potenzielle Kooperationen durch den Lockdown noch nicht weiterentwickeln können. „Schulen und Hotels haben momentan andere Probleme.“ Für Letztere hat Annett Liskewitsch sowohl ein Angebot für Konferenzgäste als auch für Touristen: „Mit aktiven Geh-​Pausen bringe ich Schwung in lange Konferenzen, sodass die Teilnehmer auch am Nachmittag aufnahmefähig und konzentriert dabei sind. Nach dem oft anstrengenden Besprechungstag biete ich Businessfrauen eine aktive Entspannung bei Strand- oder Waldspaziergängen an. Gleiches gilt für (allein reisende) Urlauberinnen, die unsere schöne Region lieber zu zweit und mit einer Einheimischen an ihrer Seite erkunden wollen.“ Sie hoffe, dass nach weiteren Lockerungen auch die Hotellerie wieder Spielraum für derartige Ideen hat.
Bis dahin setzt Annett Liskewitsch den Fokus auf ihr Alleinstellungsmerkmal als Ideen-​Geherin für ein ge(h)sundes und nachhaltiges Marketing, das gerade in der aktuellen Situation eine besondere Bedeutung für die Unternehmen hat, wie sie sagt. „Gegenwärtig müssen Internet- und Social-Media-​Auftritte überarbeitet und neue Wege abseits der eingetretenen und nach Corona nicht mehr begehbaren Pfade gefunden werden“, betont die PR-​Expertin. Und sie ist weiter unterwegs, um „Die Schrittemacher“ in der ganzen Region bekannt zu machen und die einzelnen Ideen dahinter an den Mann und die Frau zu bringen. „Ich pflanze gerade überall meine Samen und bin sehr gespannt, welche davon aufgehen werden.“

Christina Milbrandt