„Neutralität abseits sämtlicher Sympathien ist oberstes Gebot“

Das Sachverständigenwesen braucht dringend neue Leute - in allen Bereichen. Verschiedene Sachverständige aus dem IHK-Bezirk berichten, wie wichtig und erfüllend diese Tätigkeit sein kann. Guntram Gehler gibt hier Einblicke in seine Arbeit im Bereich des Garten- und Landschaftsbaus.
Ein Mann steht vor einem Bücherregal.
Guntram Gehler ist Sachverständiger im Bereich Garten- und Landschaftsbau. © Privat
Mein beruflicher Werdegang:
Gartenbaufacharbeiter, 1981. Diplom- Ingenieur Gartenbau, Humboldt-Universität (HU) zu Berlin, 1987. Wissenschaftlicher Mitarbeiter HU Berlin. Redakteur Gartenzeitung. Diplom - Ingenieur Landschaftsarchitektur, TU Dresden, 1997. Freiberuflich tätig seit 1992.
Ich bin öffentlich bestellter Sachverständiger seit…
…1993 im Fachgebiet Gehölze, Schutz und Gestaltungsgrün sowie Standsicherheitsbeurteilung von Bäumen sowie seit 2007 im Fachgebiet Bau- und Pflegeleistungen im Garten- und Landschaftsbau.
Es war mir wichtig, mich als Sachverständiger bestellen zu lassen, weil...
Mein Vater war Sachverständiger auf dem Gebiet der Immobilienbewertung, was mein Interesse geweckt hat. Bei Ortsterminen konnte ich helfen, aufmessen etc. Grundsätzliche Dinge wie Gespräche mit Kunden führen und Vertrauen gewinnen lernte ich von ihm. In der Berufsausbildung habe ich die Grundzüge des Baumschnittes erlernt. Obstbaumschnitt hat eine lange Historie, für die ich mich begeistern konnte. Schnittreaktionen von Bäumen sowie Wundverheilung waren Themen, die mich auch im Studium in Berlin begleitet haben.
Als Sachverständiger kann ich mein Wissen und die über Jahrzehnte gesammelten Erfahrungen in meine tägliche Arbeit einfließen lassen.
Das macht mir an meiner Tätigkeit besonders viel Spaß:
Wenn Mängel im Garten- und Landschaftsbau auftreten, wird häufig nach den Ursachen gefragt. Antworten sind mitunter nicht einfach, vielmehr komplex und umfassen häufig Boden, Baumaterial und Ausführung. Wenn meine Lösungen von den Parteien akzeptiert werden, bin ich zufrieden.
Seit ich öffentlich bestellter Sachverständiger bin, hat sich mein Arbeitsalltag wie folgt verändert:
Die ersten Jahre nach dem Entschluss, freiberuflich zu arbeiten, waren nicht einfach. Für die öffentliche Bestellung müssen Gutachten vorgelegt werden – das ist nicht einfach, wenn Aufträge fehlen und einen keiner kennt. Mit der öffentlichen Bestellung steigt die Akzeptanz bei Auftraggebern. Dennoch unterliegt man als Sachverständiger den Regeln des Wettbewerbes, wo bei öffentlichen Ausschreibungen oft nur der Preis zählt, Gerichte ausgenommen.
Es bedarf der Ausdauer und einer mehr-als-40-Stunden-Woche, um sich einen Platz im Kreis von Mitbewerbern zu erarbeiten. Wer Mehrarbeit nicht scheut, gerne selbst und eigenverantwortlich tätig sein möchte, dem kann der Schritt zur öffentlichen Bestellung nur empfohlen werden.
Diese persönlichen Eigenschaften und fachlichen Qualifikationen kann ich bei meiner Arbeit als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger einbringen:
Ein Sachverständiger muss sich die Bedeutung der eigenen Arbeit stets vor Augen halten. Häufig geht es um viel Geld, das eine Partei zu zahlen hat. Neutralität abseits sämtlicher Sympathien ist demnach oberstes Gebot. Häufig schließen sich an eine Bestandsaufnahme viele Tage am Schreibtisch an. Hierzu sollte man Lust, Ausdauer und Spaß an möglichst präzisen Formulierungen haben.
Als meine Familie und meine Freunde erfahren haben, dass ich öffentlich bestellter Sachverständiger werden will, haben sie...
Im Vorfeld habe ich darüber nicht gesprochen, vielmehr zwei Jahre darauf hingearbeitet. Mein Vater, dem es leider nicht mehr vergönnt war, öffentlich bestellt zu werden, hat mir gratuliert.
Auf meinem Weg zum öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen hat mich die IHK zu Rostock unterstützt, indem sie...
1993, als ich zum ersten mal öffentlich bestellt wurde, war die Zuständigkeit für Bäume etc. noch beim Landesamt für Landwirtschaft in Brandenburg, später in Mecklenburg-Vorpommern im Landwirtschaftsministerium. Seit der Zuständigkeit der IHK Rostock sind es die regelmäßig stattfindenden, durchaus abwechslungsreichen Weiterbildungsveranstaltungen, die ich gerne besuche.
Anderen IHK-Mitgliedern würde ich empfehlen öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger zu werden...
…wenn Sie selbst der Meinung sind, mehr geben zu können, als Ihnen derzeit abverlangt wird.