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Klettern als Geschäftsmodell

Das Hobby zum Beruf zu machen ist ein Traum, den viele Menschen hegen. Wahr gemacht hat ihn Georg Hasselberg. Der 33-​Jährige hat im Oktober 2017 Rostocks erste Boulderhalle aufgemacht – weil er selbst diesen Sport leidenschaftlich gern ausübt und diesen weiter voranbringen wollte, wie er sagt. „Ich wollte aber nicht einfach nur ein Unternehmen gründen und den Laden führen, sondern die Szene hier vor Ort weiterentwickeln.“
Doch was ist Bouldern eigentlich? Einfach erklärt ist damit das Klettern ohne Hilfsmittel, also Seile oder Gurte, an Felsblöcken oder -wänden gemeint. Entscheidend an dieser Disziplin des Sportkletterns ist außerdem die Höhe. Denn diese ist so gering, dass der Kletterer ohne Verletzungsgefahr abspringen kann. In der Boulderhalle, in Rostock am Werftdreieck gelegen, sind es statt Felswänden künstliche Wände, aufgebaut auf einer Fläche von knapp 1.000 Quadratmetern.
„Als wir aufgemacht haben, kamen viele Menschen zu uns, die den Sport noch nicht kannten. Ein Großteil hat Feuer gefangen und kommt mittlerweile regelmäßig“, berichtet Georg Hasselberg.
„Viele junge Leute, die Neues testen“
Die Idee, die Boulderhalle in der Hansestadt aufzumachen, kam Hasselberg in seiner Heimatstadt Berlin. „Die Möglichkeiten des Indoor-​Kletterns waren auch da überschaubar und so kannte ich bald sehr viele Leute, die das gleiche Hobby wie ich hatten oder eine solche Halle führten.“ Irgendwann habe er sich dann die Frage gestellt, wo auch er so ein Angebot schaffen könne – ohne mit seinen Freunden in der Szene in Konkurrenz zu treten.
Auf Rostock kam Hasselberg schließlich auch aufgrund seines familiären Hintergrundes. Denn seine Eltern stammen aus Mecklenburg-​Vorpommern. „Rostock – bis dahin ein weißer Fleck in der Boulder-​Landschaft – ist zudem eine ideale Stadt für so etwas. Es gibt viele junge Leute, die Neues gerne testen“, sagt Hasselberg.
Nachdem das Grundstück gefunden war, hat Hasselberg sich auf die Suche nach Investoren für sein Vorhaben gemacht und im Anschluss daran die Bauphase begleitet. „Mein Vater hat mir in dieser Phase sehr geholfen. Wir haben viel gemeinsam gemacht“, erzählt der Jungunternehmer. Mittlerweile beschäftigt Hasselberg in der Boulderhalle ein Team von zehn Mitarbeitern. Zwei von ihnen als feste Arbeitskräfte, der Rest läuft über Studentenjobs.
Ein Sport, der das Miteinander fördert
Der vormals weiße Boulder-​Fleck ist nun durch Hasselbergs Halle ein bunter. „In Rostock gibt es einen kleinen harten Kern, der Klettersport betreibt. Für diese Leute hat sich die Halle schnell zu dem Anlaufpunkt entwickelt“, erzählt Hasselberg. Aber auch Familien, die nach Aktivitäten suchen, kommen gern in die Boulderhalle. „Das war schon kurz nach der Eröffnung so. Es war erstaunlich viel los. Nicht wenige, die vor zwei Jahren zum ersten Mal kamen und den Sport noch gar nicht kannten, sind heute sehr gute Kletterer.“ Nach der ersten großen Besucherwelle, habe es ein relativ langsames, dafür aber konstantes Wachstum gegeben, berichtet Hasselberg.
Was die Besucher dabei reizt, ist nicht nur das Klettern an sich, sondern dass die vier Meter hohen Wände jede Woche anders zu erklimmen sind. Denn jeden Montag schraubt Georg Hasselberg mit einer seiner Mitarbeiterinnen die Haltegriffe um. „Die Routen sind unser eigentliches Produkt“, sagt er. „Beim Bouldern geht es auch darum, gemeinsam an einem Kletterproblem zu tüfteln und zu diskutieren, welcher Weg der beste ist. Dabei gibt es keinen Zeitdruck, sondern man kann einfach zusammenstehen und beratschlagen oder sich freundschaftlich austauschen. Gerade dieser soziale Aspekt ist das, was ich selbst an diesem Sport so gern mag.“
Von der Physik zum ­Unternehmertum
Einen großen Rückschlag muss Hasselberg nun aber durch die Corona-​Krise in Kauf nehmen. So wie alle Freizeiteinrichtungen musste die Boulderhalle schließen – genau in der Zeit, in der am meisten los ist. März und April seien – je nach Wetter – noch Teil der Hochsaison, sagt der Jungunternehmer. „Vielleicht können wir ja im Sommer wieder aufmachen. Denn wir haben einen festen Kundenstamm, der auch in den heißen Monaten zu uns kommt.“ Sicher ist da auch die Gemeinschaft mit anderen das Reizvolle, so Hasselberg, der neben dem Sport auch großen Gefallen am Unternehmertum gefunden hat.
„Das ganze Geschäft zu planen, war ziemlich herausfordernd, aber auch spannend.“ Mit der Halle hat Hasselberg vorerst einer wissenschaftlichen Laufbahn den Rücken gekehrt. Denn eigentlich hat er Physik studiert, „weil sie mich sehr interessiert“, wie er sagt. Den Schritt in die Wirtschaft bereue er aber keinesfalls. „Mir gefällt gerade sehr das Interdisziplinäre. Ich habe Verantwortung in Personalfragen, Marketing, Finanzen. Das mag ich daran.“
Christina Milbrandt
Hinweis: Dieser Beitrag entstand vor den Einschränkungen, die zum Schutz vor einer Corona-Pandemie verhängt wurden. Die IHK zu Rostock wirkt, wie andere Akteure auch, darauf hin, dass die Beschränkungen für Freizeitaktivitäten so schnell wie möglich gelockert werden.