Die Zentren der Zukunft

Citymanagement: Mehr Leben für die Zentren

Damit die Region sich als Wirtschaftsstandort positiv entwickeln kann, hat die Landesregierung das Sofortprogramm „Re-Start Lebendige Innenstädte M-V“ ins Leben gerufen. Mit dessen Hilfe sollen Zentren zu Erlebnisräumen werden, was Einzelhandel und Tourismus zugute kommen soll.
Das Programm zielt auch auf die Stärkung des Citymanagements ab. So können bereits vorhandene Stellen im Rahmen von „Re-Start“ um ein weiteres Jahr verlängert werden. Darüber hinaus können weitere Citymanager zeitlich befristet in Innenstädten und Gemeinden eingesetzt werden, um die Folgen der Pandemie zu bewältigen. Zudem erhalten die Citymanager ein Aktivitätsbudget zur Umsetzung ihrer selbst entwickelten Projekte.

Drei Städte im IHK-Bezirk setzen seit diesem Jahr auf das Citymanagement: Bützow, Schwaan und Grimmen. Welche Strategien verfolgen sie? Welchen Herausforderungen müssen sie sich stellen?

Bützow

Seit Anfang 2022 ist Birte Kindor Citymanagerin in Bützow – und schon ganz in ihrem Element. „Die Potenziale sind riesig“, sagt sie. „Allein durch den infrastrukturellen Aufbau und die Anbindung hat Bützow viele Möglichkeiten und damit auch seine Stärken.“ Gute Chancen sieht Birte Kindor im speziellen Charakter von Bützow als Wirtschaftsstandort: „Es gibt eine gute Durchmischung, regionale Nischenprodukte – die Produzierenden sind auch oft die Verkaufenden – und eine hochfrequentierte Hauptstraße.“
Generell stehe für sie der Umgang mit dem demografischen Wandel im Vordergrund, sagt die Citymanagerin. Die Herausforderung des Personalmangels und damit einhergehend die hohe Zahl der Leerstandsflächen seien über Monate und Jahre zu bedenken. Zudem solle die Nahversorgung als zentrale Funktion nicht verloren gehen.
Birte Kindor ist Citymanagerin in Bützow. © Mathias Rövensthal

„Ich wünsche mir Begegnungsstätten sowohl unter freiem Himmel als auch im Inneren der Gebäude.“ Daher sei ein Regionalwarengeschäft mit angeschlossenem, per App zugänglichen, Raum geplant, in dem morgens für Kinder gestillt und bespielt, nachmittags ein Stück Kuchen gegessen und abends Skat gespielt werden kann. „Für mich hat der Austausch eine sehr hohe Priorität“, betont Birte Kindor.
Die wichtigste Aufgabe der Citymanagerin ist die Kontaktaufnahme zu den Akteuren der Innenstadt. Durch eine Erhebung der Gewerbeflächen soll zum Beispiel eine Datenlage als Basis für faktische Bestandsaufnahmen geschaffen werden. Und auch der Grad der Zufriedenheit in den Kreisen der Gewerbetreibenden sowie Impulse für die Entwicklung des Stadtgeschehens sollen so ermittelt werden.
Dass die Innenstadt mit dem Zeitgeschehen gehen muss und zum Erlebnisort werden muss, davon ist man auch in Bützow überzeugt. Dieses Ziel berge allerdings viele Herausforderungen, sagt Birte Kindor. Zu denen gehören laut der Citymanagerin nicht nur die strukturellen Rahmenbedingungen, sondern auch die Veränderung des Konsumverhaltens, das mit einer hohen Diskrepanz zwischen der Erwartungshaltung der Kunden und dem tatsächlichen Angebot einhergeht. Das anzugehen sei unglaublich komplex und langwierig.
Bützow biete aber beste Voraussetzungen, sagt Birte Kindor. „Selten sind so ausgeprägte und besondere Merkmale in einer Kleinstadt zu finden.“ Als Beispiele nennt sie unter anderem die Lage mit der Anbindung an die Landesstraßen und den kurzen Weg zur Autobahn, den im Landkreis einzigen ICE-​Halt sowie die von Traditions- und Ausbildungsbetrieben geprägte Wirtschaftsstruktur. Die Vorzüge der Kleinstadt werden auch in der Stadt- und Regionalkampagne „Büzonders“ beworben, die 2021 ins Leben gerufen wurde.
Die Stelle der Citymanagerin ist mit der Kopplung an das Wirtschaftsministerium zunächst bis März 2024 angesetzt. Schon jetzt macht die Stadt Bützow aber deutlich, dass der Wunsch nach einer Fortführung nach Ablauf der zwei Jahre besteht.
„Ich wünsche mir Begegnungsstätten sowohl unter freiem Himmel als auch im Inneren der Gebäude.“

Birte Kindor, Citymanagerin in Bützow

Grimmen

In Grimmen ist Thorsten Erdmann als Citymanager eingesetzt. Sein Vorteil: Er kennt die Stadt und die Verwaltung wie seine Westentasche, da er bereits seit elf Jahren für sie tätig ist. Zusätzlich zu seiner Funktion als Pressesprecher der Stadt hat Erdmann Ende 2021 das Citymanagement übernommen. „Ich bin sehr eingebunden in die Strukturen der Stadt und die Leute vertrauen mir. Das sind gute Voraussetzungen“, sagt Erdmann.
Thorsten Erdmann, Citymanager in Grimmen © Stadt Grimmen
Auch in Grimmen ist Leerstand ein Problem, dem man nicht unbedingt schnell Einhalt gebieten kann. „Das zu beheben geht nur in Zusammenarbeit mit den Besitzern der Immobilien. Da hat die Stadt allein oft wenig Möglichkeiten“, erklärt er. Im ersten Halbjahr 2022 konnte aber schon ein Erfolg erzielt werden: Eine junge Frau konnte ein Kosmetikstudio eröffnen durch die erfolgreiche Vermittlung mit dem Besitzer einer Leerstandsimmobilie. „Das freut uns und spornt an“, sagt Thorsten Erdmann.
Um die Innenstadt zu beleben, setzen der Citymanager und sein Team auf mehrere Maßnahmen. So gibt es jetzt unter anderem einen Youtube-Kanal, über den der Bürgermeister regelmäßig vermitteln kann, was in der und für die Stadt aktuell passiert. Dieser wird laut Thorsten Erdmann gut genutzt. Auch Social Media und die Webseite, die dieses Jahr neugestaltet wird, sind Teil des Plans.
Hinzu kommen zahlreiche Veranstaltungen, die schon erfolgreich gelaufen sind oder noch für die kommenden Monate geplant sind. Gut angenommen wurde unter anderem eine Fotoausstellung mit Bildern aus Grimmen und der umliegenden Region. Ebenfalls ein voller Erfolg war die Büchermeile, bestehend aus ca. 5.000 Büchern. Um das Ganze als Event aufzuziehen, gab es Lesungen bekannter regionaler Autoren und Vorträge von Verlegern.
Für dieses Jahr noch geplant sind unter anderem ein Sängerfest am 27. August, das Tore- und Lichterfest am 22. Oktober und die Fortführung der Reihe „musikalisches Stündchen“ bis 2. September. „Außerdem wollen wir dieses Jahr noch einen audiovisuellen Stadtrundgang erarbeiten“, berichtet Thorsten Erdmann weiter.
Bei all den Plänen zeigt sich der Citymanager in seinen Erwartungen aber auch realistisch. „Die Ideen sind das eine, aber eine große Hürde ist neben dem Geld auch die Manpower. Bei der Büchermeile mussten wir sehr viel mit sehr wenig Leuten umsetzen.“ Deshalb seien für alle Events, auch für das kommende Jahr, freiwillige Helfer wichtig.
Aber auch in Grimmen ist jetzt schon klar: Nach Ablauf des Förderzeitraums soll es weitergehen mit dem Citymanagement. Thorsten Erdmann: „Wir wollen den Kurs weitergehen, sonst würde das Ganze keinen Sinn machen.“

Schwaan

Melanie Wollscheid ist Citymanagerin in Schwaan. © Stadt Schwaan
In Schwaan hat Melanie Wollscheid dieses Jahr die Stelle der Citymanagerin angetreten. Sie habe viele Ideen, die nun an das Landesprogramm angepasst werden müssten, erzählt sie. „Primär geht es darum, Schwaan als eine stimmige Marke sowohl für die Einheimischen als auch die Touristen zu positionieren.“
Tourismus sei für sie ein besonders prägnantes Stichwort. „Diesen möchte ich gerne im Ort verankert sehen, da haben wir hier noch reichlich Luft nach oben. Wunderbar wäre es, wenn sich dies mit einer langfristigen Planung auch verstetigen ließe – denn zwei Jahre sind aus touristischer Sicht kaum ein Wimpernschlag“, betont Melanie Wollscheid.
Generell sei es wichtig, das Thema Stadtentwicklung nicht unbedingt in einem solch knapp gefasstem Zeitrahmen zu betrachten, wie ihn das Landesprogramm zunächst vorsieht. „Wenn wir wirklich etwas ändern möchten, müssen wir langfristiger denken. So wird es stimmig und vor allem auch nachhaltig.“
Schwaan hat viel Potenzial, sagt die Citymanagerin. So gebe es viele engagierte Bürger, ein überdurchschnittlich lebendiges Vereinsleben sowie mehrere inhabergeführte Geschäfte und einige Neuansiedlungen von Unternehmen. Das große Problem auch hier: der Generationenwechsel. „Die Zukunft vieler dieser liebevollen kleinen Geschäfte hier ist alles andere als sicher.“ Zudem gebe es einige Leerstände, die sie gern zeitnah beleben würde. „Aber bis die Eigentümer der Immobilien überzeugt sind, Verträge in trockenen Tüchern und vor allem Beschlüsse in den Ausschüssen gefasst sind – das erfordert Geduld.“