Auf der Suche nach den Energiefressern
Jede Energiewende vor Ort ist ein komplexer, langfristiger und ambitionierter Prozess“, sagt Tobias Lerche, „den auszugestalten, gelingt nur mit präzisen und aktuellen Informationen.“ Wie komplex, das weiß der Rostocker, weil er lange als Kommunalberater tätig war, und in zahlreichen Projekten genau dieses Thema immer wieder aufgegriffen hat. Und jede Kommune stehe für sich vor den immer gleichen Herausforderungen: Bestandsaufnahme, Potenzialanalyse, Maßnahmenkatalog, Umsetzung, Monitoring. Der Standort aber mache dann jeden Arbeitsschritt individuell. An seiner Seite war dabei Michael Busch, der an der Universität Greifswald im Bereich Geodaten und Energieleitplanung forschte. Ihre gemeinsame Arbeit führte die beiden schließlich zu der Idee: Warum nicht die Forschungsergebnisse mit den Praxiserfahrungen entsprechender Anwendertools zusammenführen?
Das war vor fünf Jahren. Mittlerweile ist ihr Unternehmen Eneka am Markt, die offizielle Gründung erfolgte im Januar 2019. Neben Tobias Lerche und Michael Busch gibt es drei weitere MitarbeiterInnen, die verschiedene Aufgaben in den Bereichen Geodatenanwendung, technologische Entwicklung sowie Marketing übernehmen.
Das Startup bietet mit der Software Kommek – Kommunale Energiekarten einen Weg, klassisches Kartenmaterial mit Geodaten zu vereinen. „Unsere Zielgruppe sind vor allem die Kommunen, aber auch Unternehmen, die Kommunen in Sachen Energiewende beraten“, sagt Tobias Lerche, der als geschäftsführender Gesellschafter eingetragen ist.
Bundesweiter Datensatz als Grundlage
Wer die Software nutzt, kann sich die Karte seiner Stadt oder Gemeinde unter den verschiedensten energetischen Gesichtspunkten visualisieren. So ist es zum Beispiel möglich, einzelne Objekte wie Gebäude anzuklicken, und sich anzuschauen, wie hoch deren Wärme- oder Strombedarf ist. So lässt sich zum Beispiel herausfinden, an welchen Stellen ein besonders hoher Energieverbrauch stattfindet und wo sich Sanierungsmaßnahmen besonders lohnen. Informationen wie diese sind laut Tobias Lerche von großer Bedeutung, um den Prozess der kommunalen Energiewende strategisch zu planen. Das greife in die verschiedensten Bereiche, vom einzelnen Gebäudemanagement bis zur Stadtplanung, sagt der Unternehmensgründer.
Abrufbar sind diese Informationen bundesweit
Als Datenquelle dienen dem jungen Unternehmen bei der Aufbereitung bundesweit verfügbare Geobasisdaten, vor allem das Kataster. „Theoretisch können wir aber auf alle Datenquellen zurückgreifen, die öffentlich zur Verfügung stehen“, sagt Axel Wegener, dritter Mitgründer und Experte für Geodatenbanken und bei Eneka unter anderem mit für das Programmieren und Prozessieren der notwendigen Datenbanken zuständig. Dabei habe das Team den Anspruch, ausschließlich mit amtlichen oder De-facto-Standards zu arbeiten. Hintergrund: In unterschiedlichen Ländern gebe es unterschiedliche Systeme zur Erfassung der entsprechenden Daten. „Kluge Digitalisierung arbeitet dann mit Standards und Schnittstellen“, sagt Axel Wegener.
Bundesweite Kundenakquise geplant
Bislang konnte Eneka schon einige Kunden für sich gewinnen. Mit der Hansestadt Greifswald gibt es zudem eine Kooperationsvereinbarung für die Weiterentwicklung. Diese kam zustande, weil Gründungsmitglied Michael Busch dort als städtischer Klimaschutzmanager angestellt ist. Durch die Zusammenarbeit von Stadt und Unternehmen entwickelt sich die Software stetig weiter, sagt Tobias Lerche.
Aktuell ist der Kundenstamm des jungen Unternehmens noch komplett in Mecklenburg-Vorpommern angesiedelt. Der Schritt über die Grenzen des Bundeslandes sei kurzfristig geplant, sagt Tobias Lerche. „In etwa zweieinhalb Jahren wollen wir uns in mehreren Bundesländern etabliert haben. Unser mittel- bis langfristiges Ziel ist es, in ganz Deutschland ein etablierter Anbieter für Software zu sein“, führt der Geschäftsführer weiter aus. Das Aufstocken des Personals gehe damit einher, in diesem Bereich solle schon kurzfristig expandiert werden.
Rostock besticht durch mehrere Standortfaktoren
Noch hat das Unternehmen seinen Standort im Co-Working-Space Basislager im Rostocker Zentrum. Bei langfristigem Erfolg würde das Team gern einen festen Standort beziehen – auf jeden Fall in Rostock. Das hängt nicht nur mit persönlicher Überzeugung zusammen, sondern auch mit den professionellen Standortfaktoren. „Die Uni ist zum Beispiel einer“, sagt Tobias Lerche. „Außerdem ist MV generell recht dynamisch, die Startup-Szene ist sehr gesund.“ Der Ausbruch der Corona-Pandemie habe zudem gezeigt, dass das Unternehmen digital so gut aufgestellt ist, dass sich auch das städteübergreifende Arbeiten von Rostock aus sehr gut organisieren lässt, so der Geschäftsführer.
In der Hansestadt selbst gibt es bislang noch keine Kooperationspartner. Ein Umstand, den das Team gern ändern möchte. „Mit der Klimaschutzleitstelle haben wir schon Kontakt aufgenommen“, berichtet Tobias Lerche. „Besonders wertvoll wäre für uns natürlich ein Termin mit dem Oberbürgermeister.“
Christina Milbrandt
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Sabine Zinzgraf