Durchstarter

"Wir packen Gesetze in Algorithmen"

Wie kann ich die Arbeitszeit meiner Mitarbeiter erfassen, wenn sie wegen der Corona-​Pandemie alle im Homeoffice sind? Und wann war noch mal der Termin für die Arbeitsschutzbelehrung? Was muss die überhaupt beinhalten? Das Rostocker Unternehmen Sawayo hat sich darauf spezialisiert, für Fragen wie diese die passenden Antworten zu entwickeln.
Die hauseigene Software führt quasi alles, was mit dem Themenfeld Unternehmerpflichten zu tun hat, auf einer digitalen Plattform zusammen.„Die Anwendung macht schon bei einer einstelligen Mitarbeiterzahl Sinn“, sagt ­Geschäftsführer Benjamin Reif.

Pflichten sollen überschaubar werden

Konkret geht es bei Sawayo darum, alle Pflichten, die ein Unternehmen hat, erst einmal zu katalogisieren. Darauf aufbauend bietet die Software angepasste Lösungen wie zum Beispiel die digitale Arbeitszeiterfassung, Datenschutzmanagement oder das Austeilen von Pflichtunterweisungen, Betriebsanweisungen und – aktuell besonders von Bedeutung – Hygienerichtlinien. „Es geht uns darum, Unternehmern die Selbsterfüllung ihrer Pflichten zu erleichtern“, fasst Mitgründer Bjarne Wilhelm zusammen.
Mit im Gründungsboot sitzt auch Andreas Wieczorke, der bereits seit 30 Jahren Unternehmer ist. Von ihm kam auch der thematische Anstoß. „Ich bin vor zwei Jahren über das Problem Arbeitsschutz gestolpert. Das Risiko für Inhaber und Geschäftsführer, in diesem Bereich etwas falsch zu machen und dafür belangt zu werden, ist sehr groß“, sagt er. Was folgte, waren umfangreiche Recherchen und Überlegungen, das Thema unternehmerisch abzubilden.
2019 lernten Andreas Wiczorke und Bjanre Wilhelm dann Benjamin Reif kennen, der bis dahin noch Geschäftsführer der Ayokie GmbH, einer auf Mitarbeiter-​Feedback spezialisierten Software-​Firma, war. Die drei entschieden sich, als Unternehmer gemeinsame Sache zu machen. So wurde aus Ayokie schließlich Sawayo.

Regeleinhaltung durch Pushnachrichten

Die Kernkompetenzen seines alten Unternehmens sollen langfristig, aber auch bei Sawayo einen Platz finden, sagt Benjamin Reif. So könnte ein auf das Wohlbefinden der Mitarbeiter ausgerichtetes Feedback-​System bald Teil der Software sein. „Dabei geht es darum, Tabus zu durchbrechen und Themen wie psychische Gesundheit in das Unternehmensumfeld zu rücken“, so Reif. Möglich solle das eine anonymisierte Befragungstechnik machen. In diesem Themenbereich arbeitet das Gründerteam mit der psychologischen Fakultät der Universität Leiden in den Niederlanden zusammen.
Wann diese Funktion auch Teil der Sawayo-​App wird, ist bislang noch nicht klar. Die Funktionen werden nach und nach ausgebaut, aktuell stehe das Thema Zeiterfassung im Vordergrund, sagt Bjarne Wilhelm.
Die Entwicklung der einzelnen Funktionen basiert auf den entsprechenden Gesetzen. „Einfach ausgedrückt, packen wir Gesetze in Algorithmen“, sagt Bjarne Wilhelm. Bei Abläufen, die nicht konform mit den verankerten Regularien sind, soll das System eine Warnung ausgeben. Bei der Zeiterfassung funktioniert das so: Immer wenn der Mitarbeiter im Büro oder im Homeoffice eine Pause machen müsste – das Arbeitszeitgesetz schreibt vor, das nach maximal sechs Stunden zu tun – gibt es über die App eine Pushnachricht. „Wir wollen das so in unsere Features einfließen lassen, dass das System Unternehmern und Mitarbeitern assistiert“, sagt Benjamin Reif.
Vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen sehen die Unternehmensgründer darin einen Gewinn. Bjarne Wilhelm: „Es gibt immer mehr Richtlinien, an die sich Unternehmer halten müssen, mittlerweile viele basierend auf EU-​Recht. Für viele wirkt das erschlagend. Es ist unser Ziel, das beherrschbar zu machen.“

Die beste Zeiterfassung auf dem Markt

Nach der Entwicklungsphase ist die App gerade erst am Markt angekommen. Mehrere Unternehmen testen das System aktuell, erst einmal kostenlos. Wer sich entschließt, die App dauerhaft zu nutzen, zahlt dann fünf Euro pro Mitarbeiter. „Wir können uns auch vorstellen, Pakete anzubieten, wenn alle Funktionen abrufbar sind. Je nachdem, was ein Unternehmen für sich braucht“, sagt Benjamin Reif.
Für das kommende Jahr haben die Gründer schon einen recht konkreten Plan. „Wir hoffen, dass wir 2021 mindestens 300 Kunden gewinnen werden“, sagt Bjarne Wilhelm. „Auf jeden Fall wollen wir die beste Zeiterfassung auf dem gesamten Markt anbieten.“ Um diese Ziele zu erreichen, soll das Unternehmen auch personell wachsen. Derzeit sind bei Sawayo 13 Mitarbeiter beschäftigt, in Zukunft wird es laut Benjamin Reif und seinen Mitgründern noch mehr Einstellungen geben. „Wie viel Personal dazukommt, hängt aber letztlich immer davon ab, wie schnell wir wachsen“, betont Bjarne Wilhelm.
Christina Milbrandt