Abgang auf leisen Sohlen

Auch wenn Torsten Klement kleiner ist als sein Sohn Gunnar: Die Fußstapfen, die der Vater seinem Sprössling hinterlässt, sind groß. Denn Torsten Klement hat über drei Jahrzehnte hinweg die Geschäfte der Eikboom GmbH erfolgreich geführt.
Vor kurzem hat Gunnar Klement nun das Ruder übernommen und er hofft, „dass wir auch in Zukunft schwarze Zahlen schreiben und alle Mitarbeiter gesund durch diese schwierige Zeit kommen.“ Die großen Fußstapfen seien dabei sicherlich eine gewisse Bürde, aber vor allem Ansporn für die Zukunft.
Die EIKBOOM GmbH aus Rostock gibt es seit mehr als 60 Jahren am Markt. Sie hat sich auf die beiden Säulen Raumausstattung und Kunststoffverarbeitung spezialisiert. Zu ihren Kunden zählen nicht nur Herr Müller und Frau Schmidt von nebenan. Auch Kreuzfahrtschiffe, Hotels oder Arztpraxen richten die Klements ein. Zudem beliefern sie Reisemobilhersteller mit Kunststoffteilen oder bauen Gondeln für Windräder. Dass das Unternehmen in Familienhand bleibt, macht den 65-​jährigen Senior besonders froh: „Ich bin darüber sehr dankbar. Viele Kollegen haben schlaflose Nächte, wenn sie an ihre Nachfolge denken, weil finanzielle oder inhaltliche Vorstellungen bei den Beteiligten auseinandergehen. Bei Gunnar habe ich ein gutes Gefühl. Ich kann mich jetzt langsam rausschleichen.“

Langer Bildungsweg zahlt sich aus
Derzeit haben Vater und Sohn noch eine klare Rollenverteilung: Die operativen Entscheidungen trifft Gunnar Klement. Die strategischen Entscheidungen treffen beide gemeinsam. Damals, so erinnert sich Torsten Klement, hatten sie sich einen Zeithorizont von fünf Jahren für die Unternehmensnachfolge gesteckt. „Mittlerweile sind wir aber doch bei sieben, acht Jahren – das Unternehmen ist eben sehr breit aufgestellt. Und das Tagesgeschäft läuft ja auch noch nebenbei.“
Gunnar Klement, der erst eine Ausbildung als Zimmermann und dann ein BWL-​Studium an der Fachhochschule Wismar abgeschlossen hat, war zunächst als Assistenz der Geschäftsführung bei Eikboom eingestellt und hat das Unternehmen, wie er selbst sagt, „von innen heraus kennengelernt.“ Dass er irgendwann mal auf Papas Chefsessel Platz nehmen würde, kristallisierte sich bereits im Laufe des Studiums heraus. „Ich wollte nach der Theorie die Vielfalt des Unternehmens in der Praxis kennenlernen“, sagt der 39-​Jährige. Diverse Seminare von Kammern und Bildungsträgern zu Fördermöglichkeiten oder steuerrechtlichen Themen halfen dabei, die Unternehmensnachfolge weiter Schritt für Schritt zu planen.
Vater und Sohn wirken dabei wie ein eingespieltes Team, der Umgang miteinander ist harmonisch. Dass Differenzen im Büro mal zu Schwierigkeiten zu Hause führen könnten, darüber machen sich beide wenig Sorgen. „Wir sind kommunikativ genug“, sagt Torsten Klement und Gunnar ergänzt: „Mein Vater hat mir bisher nie etwas diktiert und ich habe ihn nie zu irgendwas gedrängt.“ Der Senior-​Chef ist sich zudem sicher, dass der jugendliche Elan und der etwas andere Blickwinkel seines Sohnes auf bestimmte Entscheidungen gut für die Firma seien. „Im Bereich der Kunststoffverarbeitung haben wir einen ziemlich großen Sprung gemacht, seit Gunnar mit an Bord ist. Ich weiß nicht, ob mir allein das auch so gelungen wäre.“
Mit Besonnenheit durch ­Krisenzeiten
Dass die Eikboom GmbH mit den Bereichen Raumausstattung und Kunststoffverarbeitung auf zwei Standbeinen steht, kommt ihr in Krisenzeiten wie dieser corona-​bedingten zugute. Im Schiffbau sowie im Hotel- und Gastronomiebereich gehen nach eigenen Angaben derzeit keine neuen Aufträge ein – trotz vielversprechender Gespräche zum Beispiel hinsichtlich der Neubauten bei den MV Werften.
Der erfahrene Senior-​Chef nimmt es aber scheinbar gelassen: „Das ist, glaube ich, schon die dritte Werftenkrise, die ich mitmache. Einmal haben wir relativ viel Geld verloren. Wir müssen jetzt den Bestand sichern und uns auf andere Felder konzentrieren. Wir hoffen, dass sich Mitte nächsten Jahres etwas Neues auftut.“
In Kurzarbeit mussten die Klements die gut 50-​köpfige Belegschaft nur im Frühjahr 2020 für einen Monat schicken.
Kurzarbeit im übertragenen Sinn wird nun aber für Torsten Klement immer mehr zur Realität werden. Am meisten, so sagt er, freut er sich auf seine Familie und besonders auf die beiden Enkelkinder, für die er nun mehr Zeit haben wird, wenn er sich nicht mehr so intensiv um die Firma kümmern muss. Aber auch seine Hobbys – das Reisen mit dem Caravan oder Sporttreiben – sollen im Ruhestand wieder mehr Beachtung finden. „Ein bisschen werde ich aber bestimmt trotzdem noch über Gunnars Schultern auf Arbeit gucken“, gibt er schmunzelnd zu.
Der Junior-​Chef nimmt es gelassen. Er wisse, dass sein Vater immer viel gearbeitet habe und ein Workaholic sei. Er selbst möchte einen moderateren Kurs fahren: „Ich werde für mich versuchen, einen gesunden Mittelweg zu finden und weiterhin auch Zeit mit meiner Familie zu verbringen.“
Karen Mühlbach