Wassertourismus: Zukunft der Freizeit-Wasserstraßen

Der Wassertourismus ist zu einer tragenden Säule der wirtschaftlichen Entwicklung mit positiven Effekten für Stadt- und Regionalentwicklung, Beschäftigung und Lebensqualität geworden. Zusätzliches Potenzial wird durch einen hohen Grad an Vernetzung mit nachgelagerten Branchen geschaffen.
Entscheidungen seitens der Bundesregierung und vergangene Entwicklungen führten jedoch zu Hemmnissen in der Weiterentwicklung der Branche und Region, zu Investitionsstau und Ausbaubedarfen an den Wasserstraßen.  Die entscheidende Voraussetzung für Fortbestehen und Weiterentwicklung der Freizeitschifffahrt ist eine Aufrechterhaltung und Verbesserung der Wasserstraßeninfrastruktur.

Bündnis für Wasserstraßen

Die IHK zu Rostock hat sich mit Partnern aus Wirtschaft, Tourismus und Wassersport zum Bündnis für Wasserstraßen zusammengeschlossen. Anlassbezogen treten folgende Institutionen gemeinsam auf
Wir führen regelmäßig Gespräche und Veranstaltungen mit Abgeordneten des Bundes- und Landtags, der Bundes- und Landesregierung und Verwaltung sowie der Generaldirektion Wasserschifffahrtsamt und den regionalen Wasserschifffahrtsämtern durch.
Ziel ist es, den Wirtschaftsfaktor Wassertourismus zu stärken. Dazu bedarf es einer verlässlichen Infrastruktur an den Nebenwasserstraßen, Durchlässigkeit und einer guten personellen wie auch finanziellen Ausstattung des Nebennetzes.

Meilensteine

Parlamentarisches Frühstück 2022

Am 12. Mai 2022 lud das Bündnis für Wasserstraßen zum Parlamentarischen Frühstück “Wassertourismus in der neuen Legislaturperiode: Gemeinsam Fahrt aufnehmen für die Freizeitschifffahrt” in die Landesvertretung Brandenburg/Mecklenburg-Vorpommern ein. Zahlreiche Bundestagsabgeordnete aus dem Tourismus-, Verkehrs- und Haushaltsausschuss folgten der Einladung und diskutieren über die aktuelle Situation im Netz der Nebenwasserstraßen.
Das Bündnis übergab eine gemeinsame Position mit Forderungen an die neuen Bundesparlamentarier. → Position Freizeitschifffahrt (Bündnis für Wasserstraßen, 2022) (PDF-Datei · 425 KB)
Die Erkenntnis, dass die Schleusenanlagen und die Infrastruktur stark veraltet sind und jederzeit ausfallen könnten, liegt vor. Weiterhin fehlt jedoch die notwendige finanzielle Ausstattung, um Instandsetzungs- und Reparaturmaßnahmen im Nebennetz und damit an den Freizeitwasserstraßen zu realisieren.
Die Bereitstellung finanzieller Ressourcen für die Freizeitwasserstraßen ist die dringendste Aufgabe, um den Wassertourismus zu erhalten und weiterhin zu fördern.

Leinen los – Wassertourismuskonferenz 2017

Zu Beginn der 19. Legislaturperiode in 2017 diskutierte das „Bündnis für Wasserstraßen“ in einem Parlamentarischen Lunch mit anschließender Konferenz mit Bundes- sowie Landespolitik und nahm alle Akteure sprichwörtlich mit „ins Boot“: Auf das Seminarschiff Orca ten Broke, das für die Veranstaltung in Berlin-Mitte festgemacht hat.
Anliegen der Veranstaltung war, unter anderem die wirtschaftliche Dimension des Wassertourismus aufzuzeigen: Wassertourismus stellt einen wesentlichen Wirtschaftsfaktor in ländlichen, insbesondere strukturschwachen Räumen dar. Notwendige Voraussetzung dafür ist jedoch der Erhalt einer attraktiven, leistungsfähigen Wasserstraßeninfrastruktur und des Netzcharakters sowie die Nutzung von Infrastrukturpotenzialen.

Resolution zum Wassertourismus

Viele Wasserstraßen in den Regionen Berlin-Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern sind in einem schlechten Zustand. Brücken, Schleusen und Uferwände müssen instandgesetzt und unterhalten werden. An den dringend notwendigen Investitionen mangelt es seit dem Erlass des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) zum Investitions-Stopp an Wasserstraßen mit wenig Güterverkehr.
Am 8. September 2015 wurden Forderungen der ostdeutschen Wirtschaft durch Vertreter ostdeutscher IHKs in einer Resolution (PDF-Datei · 1661 KB) der damaligen Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium Dorothee Bär übergeben wurden.
Die Industrie- und Handelskammern in Ostdeutschland untermauern damit ihre Haltung zur Stärkung des Wassertourismus und zum Erhalt der Wasserstraßen in der Region. Die Resolution wird durch weitere 19 Partner mitgetragen.
Das zuletzt veröffentliche Wassertourismuskonzept des BMVI erfüllt die Erwartungen an eine ganzheitliche Betrachtung des Wassertourismus für die Region nicht.

Hintergrundinformationen

1. Kategorisierung der Bundeswasserstraßen

2012 erfolgte durch das Bundesverkehrsministerium eine Unterteilung des Bundeswasserstraßennetzes in Hauptwasserstraßen und Nebenwasserstraßen auf Grundlage der transportierten Güter auf dem Wasserweg. Wasserstraßen mit geringfügigen Güterschiffsverkehr (Transportmenge weniger als 600.000 t/Jahr) werden als Nebenwasserstraßen geführt und entsprechend nachrangig gegenüber den Hauptwasserstraßen finanziell und personell durch die WSV verwaltet. Insbesondere in Ostdeutschland hat sich auf Wasserstraßen mit wenig bis gar keinem Güterschiffsverkehr der Wassersport und Wassertourismus entwickelt. Unter den gegebenen Rahmenbedingungen (Investitionsstau, fehlender Aus- und Erweiterungsbau) sind die Chancen zur Entwicklung und Ausschöpfung des Potenzials des Wassertourismus und auch der Güterschifffahrt nicht gegeben.

2. Wassertourismuskonzept des Bundesverkehrsministeriums

Mit der Erstellung und Veröffentlichung des Wassertourismuskonzeptes bekennt sich das Bundesverkehrsministerium zum Wassersport und Wassertourismus auf Nebenwasserstraßen. Es hat die wirtschaftliche Bedeutung der Branche und die damit verbundene regionale Entwicklung registriert. Das Konzept dient daher der Schaffung der organisatorischen, personellen und finanziellen Voraussetzungen für die Nebenwasserstraßen. Um den finanziellen und personellen Bedarf an touristisch genutzten Wasserstraßen gerecht zu werden, soll ein zweiter Haushalt  sowie ein Organisationszweig innerhalb der WSV eigens für Nebenwasserstraßen geschaffen werden, allerdings nicht vor 2020. Eine ursprünglich vorgesehene Entwidmung von Bundeswasserstraßen ist hinfällig: Alle Bundeswasserstraßen bleiben im Eigentum des Bundes. Das Wassertourismuskonzept ist darauf ausgerichtet, Bundesländer, Kommunen und Kreise an den Kosten zu beteiligen. Aus Sicht des Bundesverkehrsministeriums ist die Belange des Wassertourismus nicht Aufgabe der Schifffahrts- und Wasserstraßenverwaltung. Ohne diese Einbeziehung "Dritter" wird das Bundesverkehrsministerium die Nebenwasserstraßen lediglich auf "Sparflamme" pflegen.

3. Bundesprogramm “Blaues Band Deutschland”

Das gemeinsam vom Bundesverkehrsministerium und Bundesumweltministerium erarbeitete Bundesprogramm dient der Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie und wird den neuen Anforderungen an die Wasserstraßen im Sinne der Freizeitnutzung gerecht. Neben der Renaturierung von Fließgewässern sollen auch Aspekte des Natur- und Gewässerschutzes, der Hochwasservorsorge, des Wassersports und Wassertourismus und der Erholung gleichermaßen Berücksichtigung finden. Für die Umsetzung stellt das Bundesverkehrsministerium jährlich ca. 50 Mio. Euro plus 15 Mio. Euro für Maßnahmen an Auen sowie ihr fachliches Know-How (durch die WSV) bereit. Bis zum Jahr 2030 will das Bundesverkehrsministerium die Durchlässigkeit aller Gewässer realisieren - das gilt für Fisch und Mensch. Regionale Entwicklungskonzepte, die den Anforderungen an die verkehrlichen Belangen, Wassersport und Wassertourismus, Natur- und Gewässerschutz und an den Hochwasserschutz gerecht werden, sind Voraussetzungen für eine zukunftsfähige Entwicklung des Wassertourismus und der Regionen. Nun sind die Regionen aufgefordert, Beteiligte und Maßnahmen zu definieren.

4. Wassertourismusstudie des Bundeswirtschaftsministeriums

Als Antwort auf die bisherigen Entwicklungen und Entscheidungen des Bundesverkehrsministeriums hat das Bundeswirtschaftsministerium "Die wirtschaftlichen Potenziale des Wassertourismus in Deutschland" untersuchen lassen. In der Studie wird die Bedeutung des Wassersports und Wassertourismus deutlich: Mehr als 4,2 Milliarden Euro pro Jahr werden an Bruttoumsatz durch die Branche generiert. Sie sind eine tragende wirtschaftliche Säule, sichern Einkommen und Beschäftigung. Die regionale Entwicklung und Lebensräume erfahren positive Effekte. Hier ist darauf zu achten, dass die geplanten Umweltmaßnahmen die weitere wassertouristische Nutzung nicht einschränkt bzw. ausschließt. Die Gefahr der Aufgabe der Nebenwasserstraßen durch die Hintertür droht.

5. Masterplan Freizeitschifffahrt

Mit der Veröffentlichung des Masterplans Freizeitschifffahrt im Sommer 2021 ist für die Nebenwasserstraßen ein wichtiger Meilenstein geschaffen worden, um die nutzungsorientierte Förderung und Unterstützung der Sport- und Freizeitschifffahrt auf Deutschlands Bundeswasserstraßen zu gewährleisten. Neben der Bereitstellung einer bedarfsgerechten Infrastruktur, bedarf es des Einklangs von Freizeit und Ökologie für eine zukunftsfähige Entwicklung.
Hierzu gilt es den Masterplan Freizeitschifffahrt durch eine ausreichende Ausstattung mit den notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen zügig umzusetzen.