Umsetzung der EU-Pauschalreiserichtlinie

Das aktuelle Reiserecht ist seit dem 1. Juli 2018 in Deutschland anzuwenden. Die Vorschriften zum Pauschalreiserecht sind in den §§ 651 a-y BGB und Art. 250 ff. EGBGB geregelt. Sie sind zwingend, das heißt zum Nachteil des Reisenden darf nicht davon abgewichen werden. Hier werden die Rechte und Pflichten der Vertragspartner, angefangen von dem Vertragsschluss über Haftung und Gewährleistung, Leistungs- und Preisänderungen, Insolvenzschutz und Informationspflichten, geregelt.
Das seit 2018 geltende Reiserecht beinhaltet darüber hinaus Vorschriften zu Online-Angeboten (verbundene Online-Buchungsverfahren, § 651 c BGB) und Regelungen zur Vermittlung von verbundenen Reiseleistungen (§ 651 w BGB). Das Reiserecht soll insgesamt z.B. durch erweiterte Informationspflichten den Verbraucherschutz stärken und dient der „Vollharmonisierung“, das heißt der Erstellung einheitlicher Reglungen in den EU-Mitgliedstaaten.
Im Zusammenhang mit der durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am 11.03.2020 abgegebenen Erklärung zur COVID-19-Pandemie ist insbesondere die Auslegung der Vorschrift des § 651 h BGB und die damit verknüpfte Frage, wann man von unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umständen am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe ausgehen darf, in den Fokus der Veranstalter, der Reisenden und von gerichtlichen Entscheidungen gerückt. Folge kann ein entschädigungsloses Rücktrittsrecht des Reisenden (§ 651 h III BGB) sein. Schließlich wurde im Zuge der COVID-19-Pandemie ersichtlich, dass die bestehenden Regelungen zur Insolvenzsicherung im Pauschalreiserecht ungenügend sind. Mithilfe des neuen Reisesicherungsfondgesetz, das von der Bundesregierung im Juni 2020 beschlossen und im Juni 2021 verabschiedet wurde, soll diese zulasten der Pauschalreisenden existierende Lücke geschlossen werden.
Gegenwärtig plant die EU die Überarbeitung der Pauschalreiserichtlinie. Diskutiert wird u. a. die Begrenzung der Höhe von Anzahlungen.

EU-Richtlinie - Was sind die Eckpunkte?

  • Haftung des Vermittlers für die Erbringung der vorvertraglichen Informationspflichten
    Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Reisende, bevor er durch einen Pauschalreisevertrag oder ein entsprechendes Vertragsangebot gebunden ist, von dem Reiseveranstalter und, wenn die Pauschalreise über einen Reisevermittler verkauft wird, auch von dem Reisevermittler über Folgendes informiert wird, sofern diese Informationen für die betreffende Pauschalreise relevant sind
  • Erweiterte Informationspflichten (vorvertragliche Informationen), z.B. Sprache, in der Aktivitäten organisiert werden, Eignung der Reise für Behinderte, Ungefähre Frist zur Erlangung eines Visums etc.
  • Rückerstattung eingesparter Kosten als Gegenstück zur Möglichkeit der Preiserhöhung, z.B. Treibstoffkosten, Abgaben die von Dritten erhoben werden wie Landegebühren, Ein- oder Ausschiffungsgebühren
  • Haftung des Reiseveranstalters bei höherer Gewalt
    Ist die … vereinbarte Rückbeförderung des Reisenden aufgrund unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände nicht möglich, so übernimmt der Reiseveranstalter die Kosten für die notwendige Unterbringung, nach Möglichkeit in einer gleichwertigen Kategorie, für einen Zeitraum von höchstens drei Nächten pro Reisendem.
  • KontaktsteIle Reisevermittler
    Der Reisende kann Nachrichten, Beschwerden oder Forderungen bezüglich der Erfüllung der vertraglichen Pauschalreiseleistungen direkt an den Reisevermittler richten, bei dem er die Pauschalreise erworben hat. Der Reisevermittler leitet diese Nachrichten, Beschwerden oder Forderungen unverzüglich an den Reiseveranstalter weiter. Der fristgemäße Eingang einer solchen Mitteilung beim Reisevermittler gilt als fristgemäßer Eingang beim Reiseveranstalter.
  • Begriff der "verbundenen Reiseleistung"
    „verbundene Reiseleistungen“ sind mindestens zwei verschiedene Arten von Reiseleistungen, die für den Zweck derselben Reise erworben werden, bei der es sich nicht um eine Pauschalreise handelt, die zu dem Abschluss von separaten Verträgen mit den jeweiligen Erbringern der Reiseleistungen führen
  • Begriff der "Reisebuchungen über verbundene Online Verfahren" sog. Click-through-Regelung
    Bei diesen sogenannten "Click-Through-Buchungen“ wird der Kunde, der z.B. auf einer Internetseite ein Hotel gebucht hat, über einen Link zu zusätzlichen Buchungsmöglichkeiten wie z.B. von Flügen oder einem Mietwagen geführt. Damit fallen nun auch Verkäufe unter das Pauschalreisrecht, bei denen in diesem Zusammenhang Kontaktdaten des Reisenden
    an einen oder sogar mehrere andere Unternehmer übermittelt werden und ein zusätzlicher Vertrag spätestens 24 Stunden nach Bestätigung der ersten Buchung zustande kommt.

Umsetzung der EU-Richtlinie in nationales Recht

Was sind die wichtigsten Punkte aus dem "Dritten Gesetz zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften"?

  • Reisebüros können beim Vertrieb von mehreren Reiseleistungen ein Beratungsgespräch voranstellen, ohne dabei automatisch in die Veranstalterhaftung zu geraten. Dem Kunden können dadurch Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen als Alternativen präsentiert, Vorzüge und Nachteile dargestellt und Preise beispielhaft kalkuliert werden. Erst, wenn der Kunde sich entschieden hat, ob er eine Pauschalreise oder einzelne Reiseleistungen buchen will, erfolgt die rechtliche Zuordnung der Tätigkeit als Veranstalter oder Vermittler.
  • Die Formulierung, was eine Pauschalreise ist, wurde überarbeitet. Ausgeschlossen bleiben nun Leistungen, die eine andere nur ergänzen, zum Beispiel Ausflüge oder andere Extras im Zuge einer Hotelbuchung
  • Der Gesetzgeber stellt klar, dass eine Einzelleistung keine Pauschalreise sein kann
  • Tagesfahrten bis 500 EUR unterliegen nicht dem Pauschalreiserecht
  • Der Sicherungsschein wird in Deutschland beibehalten

Neuregelung der Insolvenzsicherung – Reisesicherungsfond

Am 01. Juli 2021 ist das Reisesicherungsfondgesetz (RSG) zur Neustrukturierung der Insolvenzsicherung für Reiseveranstalter und Vermittler verbundener Reiseveranstalter (nachfolgend: Reiseveranstalter) im Rahmen des Pauschalreiserechts (§ 651r BGB) in Kraft getreten. Seit dem 01. November 2021 sollen grundsätzlich ein Fond die Insolvenzsicherung für Reiseveranstalter für das darauffolgende Geschäftsjahr übernehmen, sofern ein Reiseveranstalter im letzten Geschäftsjahr über 10 Millionen Euro Umsatz aus Pauschalreisen generiert hat. Hierzu muss als „Eintrittskarte“ ein Entgelt an den Reisesicherungsfonds (bis 2027 mind. ein Prozent des Jahresumsatzes) entrichtet werden und zusätzlich über Kundengeldabsicherer ein Teil des Umsatzes (mind. 5 Prozent des Jahresumsatzes) individuell abgesichert werden. Reiseveranstalter, die im letzten Geschäftsjahr unter 10 Millionen Euro Umsatz aus Pauschalreisen generiert haben, können für das darauffolgende Geschäftsjahr wie bisher individuell über Absicherer (Versicherungen; Kreditinstitute) die Kundengelder absichern. Der Verzicht auf eine Anzahlung entbindet nicht per se von der Pflicht zum Abschluss einer Insolvenzsicherung. Sofern eine Rückbeförderung enthalten ist, ist eine Insolvenzsicherung auch hier Pflicht.

Merkblätter

In Zusammenarbeit mit Rechtsanwältin Anja Smettan-Öztürk hat der DIHK Merkblätter für verschiedene Zielgruppen erstellt.