Krisen: Ursachen und Bewältigung
Erste Hilfe mit der “Unternehmenswerkstatt Deutschland”
Das IHK-Portal “Unternehmenswerkstatt Deutschland” unterstützt nicht nur bei der Gründung und Unternehmensnachfolge, sondern auch bei der Unternehmenssicherung . Über 50 Industrie- und Handelskammern haben als Unternehmenswerkstatt Deutschland-Verbund ihr gebündeltes Wissen und ihre umfassende Kompetenz in das Portal eingebracht.
IHK-Expertinnen und Experten betrachten mit Ihnen gemeinsam über die Unternehmenswerkstatt Ihre wirtschaftliche Situation. Außerdem profitieren Sie von dem sogenannten Krisenthermometer. Dies ist ein extra entwickeltes Tool, das Ihnen eine Ersteinschätzung samt Handlungsansätzen und Impulsen je nach Ergebnis gibt. Wir stellen Ihnen zudem ein umfangreiches Notfall-Handbuch zur Verfügung. Es hilft Ihnen, Ihr Unternehmen wirksam abzusichern.
Allgemeines
Krisen gehören zur Unternehmensentwicklung – wichtig ist, wie man mit ihnen umgeht.
Jedes Unternehmen steht im Laufe seiner Entwicklung vor kleineren oder größeren Herausforderungen. Entscheidend ist, dass Sie als Unternehmerin oder Unternehmer in der Lage sind, Risiken frühzeitig zu erkennen, ihnen vorzubeugen und im Ernstfall rasch zu handeln.
Jedes Unternehmen steht im Laufe seiner Entwicklung vor kleineren oder größeren Herausforderungen. Entscheidend ist, dass Sie als Unternehmerin oder Unternehmer in der Lage sind, Risiken frühzeitig zu erkennen, ihnen vorzubeugen und im Ernstfall rasch zu handeln.
Externe Ursachen – was von außen auf Ihr Unternehmen einwirkt:
- Konjunkturelle Veränderungen und schwankende Marktbedingungen
- Verändertes Konsumverhalten Ihrer Kundschaft
- Kaufkraftverluste am Standort, z. B. durch den Wegfall größerer Arbeitgeber wie Kasernen oder Werke
Interne Ursachen – was im Unternehmen schieflaufen kann:
- Unzureichende kaufmännische Kenntnisse oder fehlendes betriebswirtschaftliches Know-how
- Fehlende oder falsche Planung hinsichtlich Markt, Produkte, Dienstleistungen oder Standort
- Mangelnde Nachfrage, falsche Investitionen, technologische Fehlentscheidungen
- Unzureichend qualifizierte Mitarbeitende oder hohe Fluktuation
- Finanzielle Schwächen: zu wenig Eigenkapital, hohe Kosten, mangelhafte Liquiditätsplanung oder schlechtes Forderungsmanagement
Wie Krisen entstehen:
- Das Unternehmen wird von Marktveränderungen überrascht und reagiert zu spät
- Die Unternehmensleitung unterschätzt Probleme oder erkennt sie nicht rechtzeitig
- Fehlentscheidungen oder zögerliches Handeln verschärfen die Lage
Wenn keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden, kann die Liquidität so stark leiden, dass eine Zahlungsunfähigkeit droht.
Früherkennung und Krisenvorbeugung
Krisen erkennen, bevor sie entstehen: Viele Unternehmenskrisen lassen sich vermeiden – durch frühzeitige Analyse, gezielte Planung und vorausschauende Betriebsführung. Wer vorbereitet ist, muss nicht nur reagieren, sondern kann aktiv steuern.
Warum Früherkennung so wichtig ist: Krisen kündigen sich selten plötzlich an – oft schleichen sie sich schrittweise ein. Wer strukturelle oder finanzielle Probleme rechtzeitig erkennt, sichert den Fortbestand seines Unternehmens.
Folgende grundsätzliche Empfehlungen können wir geben:
- Beobachten Sie Markt & Wettbewerb:
Sammeln und analysieren Sie regelmäßig Informationen zu Trends, Kundenverhalten und Konkurrenz. - Planen Sie strategisch und steuern Sie gezielt:
Nutzen Sie ein funktionierendes Controlling zur Umsetzung Ihrer Unternehmensplanung. - Setzen Sie auf aussagekräftige Buchhaltung:
Monatsauswertungen sollten nicht nur erstellt, sondern auch verstanden und genutzt werden – getrennt nach Geschäftsbereichen. - Erkennen Sie Krisensignale frühzeitig:
Prüfen Sie regelmäßig, ob es Anzeichen für eine drohende Krise gibt, um rechtzeitig gegensteuern zu können. - Arbeiten Sie mit Frühwarnsystemen:
Nutzen Sie einfache Instrumente wie die Früherkennungstreppe, um potenzielle Risiken früh zu erkennen.
Ein Instrument zur Früherkennung von Unternehmenskrisen ist die so genannte "Früherkennungstreppe", die die zu stellenden Fragen zeitlich nach Früherkennung, Späterkennung und "Sehrspäterkennung" gliedert. Ein Beispiel, wie sich die Krisenentwicklung erkennen lässt:
Frage | Phase |
---|---|
Gibt Ihnen Ihre Bank noch Geld? |
Sehrspäterkennung
|
Reicht Ihr flüssiges Geld noch aus? | |
Räumen die Lieferanten noch Kredit ein? | |
Ist Ihr Betriebsergebnis wirklich gut? |
Späterkennung
|
Steigt Ihr Umsatz? | |
Haben Sie Ihre Kosten wirklich im Griff? | |
Haben Sie neue Geschäftsideen? |
Früherkennung
|
Haben Sie neue Produkte/Dienstleistungen? | |
Haben Sie genug neue Kunden gewonnen? |
Auf dieser Treppe müssen Sie sich laufend nach oben durcharbeiten, möglichst ohne die Fragen verneinen zu müssen. Wenn Sie im Bereich der Späterkennung mit "nein" antworten, ist dieses Thema für Sie wichtig. Sie müssen rasch handeln und eine Kurskorrektur durchführen. Wenn Sie im Bereich Führerkennung ein nein geben, so sollte Ihnen dies Anlass geben, Ihre Unternehmensplanung und Ihr Konzept auf die Probe zu stellen.
Die folgenden Kennzahlen sind für eine erfolgreiche Unternehmensleitung wichtig und können ebenfalls als Frühwarn-Indikatorensystem dienen:
- Eigenkapitalquote = Eigenkapital / Bilanzsumme
> Sollte über 10 % liegen (Durchschnitt: 20 %) - Kapitalrückflussquote = Cash-Flow / Bilanzsumme
> Idealwert: über 4 % – misst Ertragskraft des Kapitals - Umsatzrendite = Gewinn vor Steuern / Umsatz
> Sollte > 1 % betragen – zeigt, was vom Umsatz bleibt - Cash-Flow-Marge = Cash-Flow / Umsatz
> Zielwert: über 2 % – misst finanzielle Stabilität - Dynamischer Verschuldungsgrad = (Verbindlichkeiten – liquide Mittel) / Cash-Flow
> Wie lange braucht Ihr Unternehmen zur Entschuldung aus eigener Kraft?
Weichen mehrere Kennzahlen von Zielwerten ab, besteht Handlungsbedarf. Vergleichen Sie Ihre Werte regelmäßig mit Branchenstandards.
Krisenbewältigung
Einen festen Fahrplan für den Weg aus einer Unternehmenskrise gibt es nicht – jede Situation ist individuell. Wirksames Krisenmanagement muss sich daher an der konkreten Lage Ihres Unternehmens orientieren. Besonders in der Frühphase einer Krise ist der Handlungsspielraum noch groß: Jetzt gilt es, die Ursachen zu analysieren und gezielt gegenzusteuern.
Folgende vier Strategien haben sich dabei bewährt:
- Aufgabenstrategie
Identifizieren Sie unrentable Produkte oder Dienstleistungen mithilfe einer Kostenstellenrechnung.
> Geschäftsfelder überprüfen, alte Produktgruppen aufgeben, Ressourcen effizienter einsetzen. - Konsolidierungsstrategie
Sichern Sie Ihre erfolgreichen Angebote und stärken Sie Ihre Marktposition.
> Kosten senken, Effizienz steigern, Wettbewerbsvorteile gezielt ausbauen. - Verdrängungsstrategie
Machen Sie Ihre Stärken sichtbar und gewinnen Sie neue Kundengruppen.
> Vertriebs- und Marketingkonzept schärfen, Marktanteile behaupten oder zurückgewinnen. - Erweiterungsstrategie
Entwickeln Sie neue Produkte oder erschließen Sie zusätzliche Märkte zur Risikostreuung.
> Innovationspotenziale nutzen, Wachstumsmöglichkeiten schaffen, Abhängigkeiten reduzieren.
Sanierung
Wenn sich die Liquiditäts- bzw. die Ertragssituation in Ihrem Unternehmen nicht kurzfristig und anhaltend verbessert, wenn die Kreditmöglichkeiten weitgehend ausgeschöpft sind und dringende Zahlungen anstehen, Ihre besorgte Hausbank vielleicht schon um ein Gespräch gebeten hat, dann ist abzusehen, dass eine Krise in Ihrem Unternehmen andauert. Bei tatsächlicher Insolvenz ist eine grundlegende Sanierung (Turnaround) erforderlich.
Gute Erfolgsaussichten für eine Sanierung bestehen, wenn
- Sie Ihren Markt und Ihre Wettbewerber gut kennen,
- Ihre Produkte oder Leistungen nach wie vor gefragt sind,
- Sie sich auf kompetente, verantwortungsbewusste und motivierte Mitarbeiter stützen können und
- die Flut Ihrer Probleme noch zu bewältigen ist
Die Sanierung liegt in der Verantwortung der Geschäftsführung. Bilden Sie ein kompetentes Team und holen Sie frühzeitig externe Unterstützung. Erste Anlaufstellen sind die Industrie- und Handelskammer sowie erfahrene Sanierungsberatende. Das Erstgespräch ist oft kostenlos und können öffentlich bezuschusst werden.
Sofortmaßnahmen
Sofortmaßnahmen können helfen, eine drohende Illiquidität zu vermeiden und Zeit zu gewinnen, um die Sanierung zu planen:
- Bringen Sie eine Bareinlage in Ihr Unternehmen ein! Möglicherweise ist es Ihnen möglich einen stillen Gesellschafter einzuwerben oder bestehende Beteiligungen zu erhöhen.
- Verkaufen Sie Betriebsvermögen, das nicht unbedingt benötigt wird. Dabei gibt es bei Immobilien z.B. auch so genannte Sale-and-lease-back-Lösungen.
- Treiben Sie ausstehende Forderungen ein und nutzen Sie dafür ggf. auch Inkasso-Firmen. Verkürzen Sie die Zahlungsziele. Schaffen Sie ggf. Anreize für schnelle Zahlungen (Rabatte).
- Zögern Sie Ihre Zahlungen so lange wie möglich hinaus.
Mit Sofortmaßnahmen schaffen Sie sich zunächst einmal Zeit, um sich den folgenden Aufgaben der Sanierung widmen zu können:
Kurzfristiges Ziel: Liquiditätsverbesserung
- Bitten Sie Ihr Kreditinstitut und Ihre Lieferanten um etwas Geduld. Sprechen Sie offen mit Ihnen über Ihre Situation! Schaffen Sie dabei Vertrauen.
- Versuchen Sie mit Ihrem Kreditinstitut einen günstigeren Kreditrahmen auszuhandeln, was allerdings bestenfalls bei Vorlage eines aussichtsreichen Sanierungskonzeptes möglich sein dürfte.
- Treten Sie Ihre Forderungen an ein Factoring-Unternehmen ab. Dies setzt allerdings eine bestimmte Forderungsstruktur und einen bestimmten recht hohen Forderungsumfang voraus.
- Besprechen Sie die Situation mit den Mitarbeitenden. Besteht die Bereitschaft, bei den Gehältern Zugeständnisse zu machen? Würde die Verzögerung von Gehaltszahlungen akzeptiert?
Achtung: Vernachlässigen Sie bei einer Entspannung der Lage nicht die langfristige Sicherung des Unternehmens.
Mittelfristiges Ziel: Stabilisierung des Unternehmens
- Überprüfen Sie Ihr Unternehmenskonzept und passen Sie es ggf. den Marktgegebenheiten an.
- Passen Sie Ihre Kosten der Unternehmenssituation an.
- Sorgen Sie für eine effektivere Organisation des Unternehmens.
- Bauen Sie ein effizientes Mahnwesen auf.
- Zahlen Sie Ihre Mitarbeiter leistungsbezogen.
Langfristiges Ziel: Möglichkeiten zur Stärkung des Unternehmens
- Ändern Sie die Unternehmens-Rechtsform.
- Suchen Sie neue Gesellschafter.
- Gliedern Sie Unternehmensteile aus oder legen Sie bisher getrennte Unternehmensteile zusammen.
- Suchen Sie einen günstigeren Standort.
- Entwickeln Sie neue Produkte, Programme, Sortimente.
- Erschließen Sie neue Märkte.
- Führen Sie moderne Produktionstechnologien ein, die langfristig Kosten einsparen.
- Treffen Sie make or buy-Entscheidungen (selbst produzieren oder dazu kaufen).
Fehler und Probleme bei der Sanierung
- Einstellung, die Sanierung habe ohnehin keine Aussicht auf Erfolg, so dass Sanierungsstrategien nicht entschlossen verfolgt werden
- Sofortmaßnahmen ohne strategisches Konzept
- Sanierungsmaßnahmen werden nicht komplett umgesetzt: Erste Maßnahmen führen zu Anfangserfolgen und entspannen vermeintlich die Situation. Die langfristige Sicherung tritt in den Hintergrund.
- Zu geringer Personalabbau oder die Entlassung von Mitarbeitern auf wichtigen Schlüsselpositionen führen nur zu kurzfristigen Erfolgen.
- Der einseitige Abbau von verlustbringenden Tätigkeiten führt meist nicht zur Überwindung der Krise. Der Ausbau zukünftig profitabler Bereiche wird vernachlässigt.
- Befürchtungen und Ängste des Personals führen häufig zum Boykott von Sanierungsmaßnahmen. Ursache hierfür sind meist Informationsdefizite.