„Den Mut haben, neue Wege zu gehen“

Zukunft braucht Geschichte – beides verbinden Peter Hähner, Präsident der IHK für Rheinhessen 2021-2023, und Günter Jertz, Hauptgeschäftsführer seit 2014. Ein Blick auf 225 Jahre, ihre eigene Geschichte in der IHK und Möglichkeiten, neue Wege zu gehen. Viel Spaß beim Lesen!
Was ist Ihnen aus Ihrer Geschichte mit der IHK bisher am stärksten in Erinnerung geblieben?
Peter Hähner: Die starke Dienstleistungsorientierung im Blick auf die Unternehmen. Diese Philosophie steht über allem.
Günter Jertz: Schwierige Wochen in der jüngeren Geschichte, vor allem die Corona-Pandemie. Hier hat sich so deutlich wie noch nie zuvor gezeigt, wie wichtig es ist, dass wir das Ohr nah an unseren Betrieben haben – und, dass wir gegenüber der Politik deutlich machen, vor welchen Herausforderungen sie stehen. Mit Hotlines haben wir auch an den Wochenenden unzählige Anfragen von Unternehmen beantwortet. So konnten wir in Verunsicherungen klären und waren wichtiger Ratgeber, wenn es um Unterstützung oder den Umgang mit den Corona-Vorgaben ging.
Wie hat sich die Rolle der IHK über zwei Jahrhunderte hinweg verändert?
Peter Hähner: Die IHK hat sich so stark verändert wie sich auch die Anforderungen und Erwartungen der Unternehmen verändert haben – von einer reinen Interessenvertretung zu einer aktiven Gestalterin der Wirtschaftsentwicklung. Inzwischen bieten wir auch vielfältige Dienstleistungen und Programme an, etwa um Fachkräfte aus- und weiterzubilden, Gründerinnen und Gründer zu unterstützen, die Digitalisierung voranzutreiben und die Nachhaltigkeit in der Wirtschaft zu fördern. Auch die internationale Zusammenarbeit der Unternehmen spielt eine deutlich stärkere Rolle. Die IHK hat sich als verlässliche Partnerin für Betriebe etabliert.
Günter Jertz: Heute sind wir das, was auch ein modernes Unternehmen in unserer prosperierenden Wirtschaftsregion ist: Eine moderne digitale IHK mit engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Mit ausgesprochen vielen weiblichen Kolleginnen. Mit Sensibilität für alle aktuellen Herausforderungen – von der Berufsorientierung bis zur Beratung von Start-ups und zu lukrativen Auslandsmärkten.
Und warum ist die IHK auch nach 225 Jahren noch wichtig?
Günter Jertz: Weil sie als Selbstverwaltung der regionalen Wirtschaft einzigartig und ganz nah an den Unternehmen ist. Und diese besondere Stellung jeden Tag im Beratungsgeschäft behauptet. Was logischerweise auch für unsere hoheitlichen Aufgaben gilt.
Peter Hähner: Die IHK ist Impulsgeberin und Wegbereiterin für den wirtschaftlichen Erfolg unserer Region – sie ist damals wie heute die zentrale Anlaufstelle für Unternehmen in Rheinhessen. Dabei sind die Herausforderungen komplexer geworden. Es wird immer wichtiger, unseren Betrieben dazu eine gute Informationsbasis zu geben und sie zu vernetzen. Gerade angesichts der vielen politischen Veränderungen ist es wichtiger denn je, den Unternehmen eine starke Stimme zu geben – über alle Branchen und Größen hinweg.  
Das Jubiläum steht unter der Überschrift "Zukunft braucht Geschichte". Was bedeutet dieser Slogan für Sie persönlich?
Peter Hähner: Dass wir aus der Vergangenheit lernen und gleichzeitig die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft stellen müssen. Die Geschichte der IHK für Rheinhessen zeigt, dass wir durch den Einsatz von Know-how, Erfahrung und Innovation unsere Region nachhaltig stärken können.
Das Jubiläum ist ein Anlass, um Bilanz zu ziehen. Was können wir aus der Geschichte der IHK in die Zukunft mitnehmen?
Günter Jertz: Dass jede Region nur so stark und vital ist wie ihre Wirtschaft. Heimische Unternehmen sind der Schlüssel zur Prosperität von und in Rheinhessen.
Peter Hähner: Wir sehen, dass eine starke Interessenvertretung, eine enge Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Institutionen sowie eine konsequente Förderung von Innovation und Nachhaltigkeit essenziell sind, um die Wirtschaft in Rheinhessen voranzubringen. Wir sollten auch den Mut haben, neue Wege zu gehen und Veränderungen aktiv anzugehen. Die Geschichte der IHK zeigt, dass wir durch gemeinsames Handeln und den Blick nach vorne Großes erreichen können.
Welche aktuellen Herausforderungen sehen Sie für die Wirtschaft in Rheinhessen und wie kann die IHK dazu beitragen, sie anzugehen?
Peter Hähner: Zu den aktuellen Herausforderungen gehören das Sichern von Fachkräften, die Digitalisierung, Energiewende und Klimaschutz. Die IHK geht sie an, indem sie Unternehmen bei der digitalen Transformation unterstützt, Beratung und Weiterbildungsprogramme anbietet und den Austausch zwischen Unternehmen, Politik, Wissenschaft und Bildungseinrichtungen fördert. Durch aktive Netzwerkarbeit setzen wir uns zudem dafür ein, dass die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft in Rheinhessen optimal sind. Gerade für die mittelständische Wirtschaft wird die IHK weiterhin Themen offensiv aufgreifen und die Unternehmen in vielen Facetten unterstützen.
Günter Jertz: Wir müssen den Tendenzen schwindender Wirtschaftsakzeptanz in der Politik und bei Multiplikatoren mit starken Argumenten entgegenwirken. Oft wird in Diskussionen die Bedeutung von Bruttowertschöpfung und attraktiven Arbeitsmöglichkeiten in der Region sträflich vernachlässigt.
Was möchten Sie den Unternehmen in Rheinhessen zum 225-jährigen Jubiläum der IHK mit auf den Weg geben?
Peter Hähner: Zum 225-jährigen Jubiläum der IHK für Rheinhessen möchte ich den Unternehmen in unserer Region meinen herzlichen Dank aussprechen. Ihr Engagement, ihre Innovationskraft und ihre Hartnäckigkeit sind der Motor für unseren wirtschaftlichen Erfolg. Gemeinsam haben wir viel erreicht, doch es gibt immer neue Ziele und Aufgaben, die wir angehen müssen. Ich ermutige die Unternehmen in Rheinhessen weiterhin, neue Chancen zu ergreifen und das Netzwerk der IHK und ihre Angebote zu nutzen. Gemeinsam können wir die Zukunft gestalten und unsere Region weiter voranbringen.
Günter Jertz: Dass wir weiterhin in engem Schulterschluss die Themen angehen und lösen, die die Unternehmen an uns adressieren. Wir sind zentraler Dienstleister der rheinhessischen Wirtschaft. Und das wollen wir auch bleiben.

Das Interview führten Melanie Dietz und Julia Schneider, IHK für Rheinhessen.