Ehrenamtliche Handelsrichter

Der Handelsrichter und sein Amt

Wenn in diesem Artikel nachfolgend nur von "Handelsrichter" gesprochen wird, so folgen wir damit der Tradition ihres Titels und tragen der Sprachwahl des Gesetzes Rechnung, was die Leserinnen nachsehen mögen; gemeint sind in allen Fällen gleichermaßen Damen und Herren.
Handelsrichter sind vollstimmberechtigte Richter, die diese verantwortungsvolle Aufgabe ehrenamtlich wahrnehmen.
Wie jeder andere Richter ist auch der Handelsrichter ein Teil der rechtsprechenden Gewalt im Sinne von Artikel 92 Grundgesetz und daher "unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen". Ausdrücklich wiederholt das Deutsche Richtergesetz noch einmal in § 45, dass "der ehrenamtliche Richter… in gleichem Maße wie ein Berufsrichter unabhängig" ist: wie dieser hat auch er das Beratungsgeheimnis zu wahren, nämlich über den Hergang bei der Beratung und Abstimmung zu schweigen, und zwar auch nach Beendigung der Handelsrichtertätigkeit.
Wie der Berufsrichter hat auch der Handelsrichter vor seiner ersten Dienstleistung einen im Deutschen Richtergesetz bundeseinheitlich vorgeschriebenen Eid zu leisten, der in den einzelnen Bundesländern um eine Verpflichtung auf die jeweilige Landesverfassung ergänzt werden kann.
Nur Persönlichkeiten, die sich unserem Rechtssystem und der sozialen Marktwirtschaft in besonderem Maße verbunden sehen und entsprechend qualifiziert sind, werden den Gerichten von den Industrie- und Handelskammern vorgeschlagen.
Rechtskenntnisse sind keine Voraussetzung, um das Amt eines Handelsrichters auszuüben. In die für eine Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen führen die Vorsitzenden der Kammern für Handelssachen ein.

Wie ist die Zuständigkeit?

Handelsrichter sind "Richter bei den Kammern für Handelssachen".
Landesregierungen sind durch Bundesrecht ermächtigt, "bei den Landgerichten… Kammern für Handelssachen zu bilden", die "für Handelssachen… an die Stelle der Zivilkammern" treten.
Die Kammern für Handelssachen entscheiden, soweit keine der später zu erörternden gesetzlichen Ausnahmen eingreift, "in der Besetzung mit einem Mitglied des Landgerichts als Vorsitzenden und zwei ehrenamtlichen Richtern", wobei "sämtliche Mitglieder der Kammer für Handelssachen …gleiches Stimmrecht" haben.
Den Begriff  "Handelssachen" hat der Gesetzgeber gemäß § 95 GVG exakt definiert: 
Im Wesentlichen geht es hierbei um "bürgerliche", also zivilrechtliche Rechtsstreitigkeiten, in denen durch die Klage beim Landgericht ein Rechtsanspruch geltend gemacht wird:  
  • gegen einen in das Handelsregister eingetragenen Kaufmann bzw. gegen eine in das Handelsregister bzw. Genossenschaftsregister eingetragene Handelsgesellschaft aus "Geschäften, die für beide Teile Handelsgeschäfte sind", wobei Handelsgeschäfte alle Geschäfte eines Kaufmanns sind, die zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehören; es müssen also auf beiden Seiten des Rechtsstreits Kaufleute bzw. Handelsgesellschaften stehen,
  • aus einem Wechsel im Sinne des Wechselgesetzes oder aus einer der im § 363 des Handelsgesetzbuches bezeichneten Urkunden;
  • auf Grund des Scheckgesetzes;
  • aus einem der nachstehend bezeichneten Rechtsverhältnisse:
    • aus dem Rechtsverhältnis zwischen den Mitgliedern einer Handelsgesellschaft untereinander oder zwischen der Gesellschaft und ihren Mitgliedern sowie zwischen "Vorstehern", also Vorständen von Kapitalgesellschaften oder Genossenschaften, bzw. zwischen Geschäftsführern von Gesellschaften mit beschränkter Haftung und der jeweiligen Gesellschaft oder deren Mitgliedern,
    • aus dem Rechtsverhältnis, welches das Recht zum Gebrauch der Handelsfirma betrifft;
    • den Rechtsverhältnissen, die sich auf den Schutz der Marken und sonstigen Kennzeichen sowie der Geschmacksmuster beziehen;
    • aus dem Rechtsverhältnis, das durch den Erwerb eines bestehenden Handelsgeschäfts unter Lebenden zwischen dem bisherigen Inhaber und dem Erwerber entsteht;
    • aus dem Rechtsverhältnis zwischen einem Dritten und dem, der wegen mangelnden Nachweises der Prokura oder Handlungsvollmacht haftet;
    • aus dem Rechtsstreit des Seerechts, insbesondere aus denen, die sich auf die Reederei, auf die Rechte und Pflichten des Reeders oder Schiffseigners, des Korrespondentreeders und der Schiffsbesatzung, auf die Haverei, auf den Schadensersatz im Falle des Zusammenstoßes von Schiffen, auf die Bergung und auf die Ansprüche der Schiffsgläubiger beziehen;
    • auf Grund eines Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb;
    • aus den §§ 44 bis 47 des Börsengesetzes

Wie wird man Handelsrichter?

Ehrenamtliche Handelsrichter  werden auf gutachterlichen Vorschlag der Industrie- und Handelskammern für die Dauer von fünf Jahren ernannt; eine wiederholte Ernennung ist möglich.
Eine gesetzliche Altersgrenze für Handelsrichter gibt es nicht.

Was ist die Aufgabe der ehrenamtlichen Handelsrichter?

Die ehrenamtlichen Richter sollen sicherstellen, dass auch außerjuristische Überlegungen sowie besondere Erfahrungen, insbesondere auf wirtschaftlichem Gebiet, in ein Urteil einfließen.  

Wer kann Handelsrichter werden?

Zum ehrenamtlichen Richter kann ernannt werden, wer:
  • Deutscher ist,
  • das 30. Lebensjahr vollendet hat und
  • als Kaufmann, Vorstandsmitglied oder Geschäftsführer einer juristischen Person
    oder als Prokurist in das Handelsregister oder das Genossenschaftsregister eingetragen ist oder eingetragen war oder als Vorstandsmitglied einer juristischen Person des öffentlichen Rechts aufgrund einer gesetzlichen Sonderregelung für diese juristische Person nicht eingetragen zu werden braucht.
Wer diese Voraussetzungen erfüllt, soll nur ernannt werden, wenn er
  • in dem Bezirk der Kammer für Handelssachen wohnt oder
  • in diesem Bezirk eine Handelsniederlassung hat oder
  • einem Unternehmen angehört, das in diesem Bezirk seinen Sitz oder seine Niederlassung hat.
Darüber hinaus soll nur ernannt werden:
  • ein Prokurist, wenn er im Unternehmen eine der eigenverantwortlichen Tätigkeiten des Unternehmers vergleichbare Stellung einnimmt,
  • ein Vorstandsmitglied einer Genossenschaft, wenn es hauptberuflich in einer Genossenschaft tätig ist, die in ähnlicher Weise wie eine Handelsgesellschaft am Handelsverkehr teilnimmt.

Wer ist vom Amt des ehrenamtlichen Richters ausgeschlossen?

Zum Ehrenamtlichen Richter kann nicht ernannt werden, wer zu dem Amt eines Schöffen unfähig ist
  • Personen, die infolge Richterspruchs die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht besitzen oder wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt sind;
  • Personen, gegen die ein Ermittlungsverfahren wegen einer Tat schwebt, die den Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter zur Folge haben kann
    oder nach § 33 Nr. 4 zu dem Amt eines Schöffen nicht berufen werden sollen:
  • Personen, die aus gesundheitlichen Gründen für das Amt nicht geeignet sind;
Zum ehrenamtlichen Richter soll nicht ernannt werden, wer nach § 33 Nr. 6 zu dem Amt eines Schöffen nicht berufen werden soll:
  • Personen, die in Vermögensverfall geraten sind
Zu dem Amt eines Handelsrichters sollen ferner nicht berufen werden:
  • der Bundespräsident
  • *die Mitglieder der Bundesregierung oder einer Landesregierung;
  • Beamte, die jederzeit einstweilig in den Warte- oder Ruhestand versetzt werden können;
  • Richter und Beamte der Staatsanwaltschaft, Notare und Rechtsanwälte;
  • gerichtliche Vollstreckungsbeamte, Polizeivollzugsbeamte, Bedienstete des Strafvollzugs sowie hauptamtliche Bewährungs- und Gerichtshelfer;
  • Religionsdiener und Mitglieder solcher religiösen Vereinigungen, die satzungsgemäß zum gemeinsamen Leben verpflichtet sind;
  • Personen, die als ehrenamtlicher Richter in der Strafrechtspflege in zwei aufeinander folgenden Amtsperioden tätig gewesen sind, von denen die letzte Amtsperiode zum Zeitpunkt der Aufstellung der Vorschlagslisten noch andauert.
    (*) Die Landesgesetze können außer den vorbezeichneten Beamten höhere Verwaltungsbeamte bezeichnen, die zu dem Amt eines Schöffen nicht berufen werden sollen.

Wie groß ist der zeitliche Aufwand?

Die detaillierte Aufarbeitung der Sachverhalte erfolgt vorbereitend durch das Gericht bzw. durch die hauptamtlichen Richter. Die ehrenamtlichen Richter werden ca. 30 Min. vor Verhandlungsbeginn einbestellt und mit dem Fall vertraut gemacht.
Es handelt sich um 2 bis max. 12 Termine im Jahr. Entschuldigungen sind auf Grund dringender dienstlicher Verpflichtungen möglich.  Nach Rücksprache mit amtierenden Handelsrichtern wurden diese in den vergangenen Jahren durchschnittlich zu 2 - 4 Verhandlungen herangezogen. Die Tage der ordentlichen Sitzungen werden für das ganze Jahr im Voraus festgelegt.

Wird das Ehrenamt vergütet?

Die ehrenamtlichen Richter, die weder ihren Wohnsitz noch ihre gewerbliche Niederlassung am Sitz der Kammer für Handelssachen haben, erhalten Tage- und Übernachtungsgelder nach den für Richter am Landgericht geltenden Vorschriften. Den ehrenamtlichen Richtern werden die Fahrtkosten in entsprechender Anwendung des § 5 des Justizvergütungs- und entschädigungsgesetzes (JVEG) ersetzt.
Hinweis:
Dieser Artikel ist eine Zusammenfassung der rechtlichen Grundlagen, enthält erste Hinweise und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl das Merkblatt mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.