Gewerbliche Wareneinfuhr

I. Zolldokumente für den Import in die Türkei

Zwischen der EU und der Türkei existiert seit 1996 eine Zollunion für industrielle Waren und seit 1998 ein Freihandelsabkommen für landwirtschaftliche Erzeugnisse sowie Kohle und Stahl. Um zu ermitteln, unter welches Abkommen die auszuführende Ware fällt empfehlen wir die Datenbank der deutschen Zollverwaltung https://wup.zoll.de/.
Je nach Anwendungsbereich sind unterschiedliche Warenverkehrsbescheinigungen erforderlich:
  • Bei der Ausfuhr von Waren, die der Zollunion unterliegen, wird durch den Ausführer eine A.TR Warenverkehrsbescheinigung erstellt. Voraussetzung für die A.TR Warenverkehrsbescheinigung ist, dass die Waren sich in der EU im zollrechtlich freien Verkehr befinden und der Ausführer das A.TR Formblatt ausgefüllt bei der zuständigen Ausfuhrzollstelle vorlegt.
  • Bei der Ausfuhr von Waren, die unter das Freihandelsabkommen für landwirtschaftliche Erzeugnisse fallen, wird durch den Ausführer eine Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 oder EUR.MED  oder eine präferenzielle Ursprungserklärung auf der Rechnung erstellt. Voraussetzung ist, dass die Waren ihren Ursprung nachweislich in der EU haben, vergleiche Verarbeitungslisten auf https://wup.zoll.de/.
Für die Zollverwaltung in der Türkei sind bei der Einfuhr des Weiteren folgende Dokumente erforderlich:
  • Handelsrechnung (bei kommerziellen Warensendungen)
  • Pro-Forma-Rechnung (für nicht-kommerzielle Warensendungen)
  • Packliste oder Lieferschein
    Pflichtangaben: Absender, Verkäufer, Empfänger, Lieferort, Lieferbedingung, Stückpreis, Rohgewicht, Eigengewicht, Zahlungsbedingung, Ursprungsland, Warentarifnummer.
  • Ursprungsnachweis (nur bei Lieferungen mit A.TR Warenverkehrsbescheinigung)
    Folgende Ursprungnachweise sind möglich:
    • IHK-Ursprungszeugnis mit Angabe des Ursprungslandes, bevorzugt das konkrete EU-Ursprungsland und nicht allgemein “European Union”
    • (Langzeit) Lieferantenerklärung nach dem Beschluss 1/2006 mit Angabe des präferenziellen Ursprungs

II. Registrierung von Textil-Exporteuren

Für Textilien und Lederwaren muss sich der Exporteur bei der türkischen Textilhandelskammer registrieren. Dies erfolgt mit der sog. Exporter’s Registry. Eine Übersicht über das Einfuhrmonitoring-System der Türkei und einen Leitfaden zur Durchführung der Registrierung erhalten Sie unter folgendem Link: http://www.ebirlik.org/ithalat/.

III. Registrierung von Textil-Herstellern

Seit dem 31.01.2019 wird durch die türkische Textilhandelskammer zusätzlich eine Registrierung und Benennung der Textilhersteller verlangt. Betroffen sind insbesondere Waren mit Ursprung in eines der folgenden Staaten: China, Bangladesch, Vietnam, Indonesien, Indien, Kambodscha, Pakistan, Sri Lanka, Myanmar und Thailand. Dabei verlangt die Textilhandelskammer u.a. umfangreiche Herstellerangaben, wie z.B. zum Umsatz und den beschäftigten Mitarbeitern. Die Informationen müssen in einer „Producer-ExporterForm“ zusammengetragen und nach einer amtlichen Bestätigung durch das türkische Konsulat beglaubigt werden.

IV. Dokumente für Einfuhrgenehmigungen

Informationsquellen

Für eine Vielzahl von Waren existiert eine Einfuhrgenehmigungspflicht. Für manche Waren gilt sogar ein Einfuhrverbot (z.B. Abfälle, Schrott, gefährliche Chemikalien) Eine Übersicht der einfuhrgenehmigungspflichtigen und verbotenen Waren geben die folgenden Informationsquellen:

Häufig verlangte Dokumente

Die am häufigsten Verlangen Dokumente sind nachfolgend aufgeführt:
  • EG/EU-Konformitätserklärung für CE-kennzeichnungspflichtige Waren
  • Testberichte für CE-kennzeichnungspflichtige Waren
  • Sicherheitsdatenblätter (SDB/MSDS)
  • Herstellererklärung Non-Recycling-Product
  • Analysezertifikate
  • Veterinärärztliche Bescheinigung
  • Pflanzenschutzzeugnis  

V. Einfuhr gebrauchter, runderneuerter, defekter und abgenutzter Waren

Im Importregimebeschluss 95/7606 ist der Grundsatz verankert, dass sämtliche gebrauchte, runderneuerte, defekte und abgenutzte Waren (nachfolgend gebrauchte Waren) grundsätzlich der Einfuhrerlaubnis bedürfen. Importeure müssen also in erster Linie davon ausgehen, dass gebrauchte Waren ohne eine Erlaubnis des Handelsministeriums nicht in die Türkei importiert werden dürfen.
Für bestimmte, in Anhang 1 der Importverordnung 2019/9 gelisteten Waren gilt die Einfuhrerlaubnis als erteilt, sofern der Warenwert über dem ggf. neben der Warentarifnummer aufgeführten CIF-Wert liegt. Eine Ausnahme von der Einfuhrgenehmigungspflicht gilt darüber hinaus für Importeure, die an einem staatlichen Förderprogramm teilnehmen. Diese können mit einer sog. Förderbescheinigung (türkisch: yatırım teşvik belgesi) auch im gebrauchten Zustand importieren.

VI. Gebühren und Kosten

Zollgebühren

Importeure lassen sich in der Regel durch eine Zollagentur vertreten. Zolldienstleistungen werden mit ca. 300 TRY/Einfuhrvorgang berechnet.

Genehmigungsgebühren

Die Beantragung einer Einfuhrgenehmigung ist grundsätzlich gebührenfrei. Falls eine Dokumenten- oder Warenkontrolle angeordnet wird, entstehen Anfahrts- und ggf. Analysegebühren, die durch den Importeur zu zahlen sind. Bei Lebensmitteln können je nach durchgeführter Probeentnahme und Analyse hohe Gebühren entstehen.

Verwahrungslager- und Zolllagerkosten

Waren, die in die Türkei verbracht werden, befinden sich bis zur Überlassung in den zollrechtlich freien Verkehr in der vorübergehenden Verwahrung oder können in ein privates Zolllager überführt werden. Die zollamtlichen Verwahrungsläger sind gebührenpflichtig. Private Zolllager sind teilweise günstiger als zollamtliche Verwahrungsläger.

VII. Einfuhrabgaben

Die Türkei hat eine Reihe von unterschiedlichen Zöllen, Schutzzöllen, handelspolitischen Maßnahmen und nationale Steuern, die trotz der Zollunion zum Teil auch bei Waren aus dem freien Verkehr der EU erhoben werden.
  • Anti-Dumping-Zölle und Schutzzölle
    Gilt bei bestimmten Ursprungswaren, unabhängig von deren logistischer Herkunft, daher auch für Waren aus dem zollrechtlich freien Verkehr der EU.
  • Ausgleichszoll (Ek Mali Yükümlülük)
    Gilt bei Waren mit Ursprung in Entwicklungsländern (sog. APS-Staaten), für die die EU bei der Einfuhr einen Präferenzzollsatz vorsieht, die Türkei aber nicht.
  • Zusatzzoll (Ilave Gümrük Vergisi)
    Gilt bei unterschiedlichen Waren, die ihren Ursprung nicht in der EU, der Türkei oder einem Staat haben, mit welchem die Türkei ein Freihandelsabkommen abgeschlossen hat.
  • Sonderverbrauchsteuer (Özel Tüketim Vergisi)
    Gilt für viele Konsumgüter wie Pkw’s, alkoholische Getränke, Kosmetika und diverse Elektroartikel. Die Sonderverbrauchsteuer wird grundsätzlich im Zeitpunkt der Einfuhr erhoben.
  • Quellensteuer (Kaynak Kullanım Destekleme Fonu)
    Die Quellensteuer gilt nur noch bei der Einfuhr weniger Waren. Es handelt sich um eine Art „Abgeltungssteuer“, die bei der Aufnahme von „Krediten“ entsteht. „Kredite“ sind sämtliche Zahlungsaufschübe, wie auch ein Akkreditiv oder eine Zahlung nach Erhalt der Ware (z.B. Zahlungsfrist von 30 Tagen). Sofern der Einkaufspreis für die zu importierende Ware nicht vor dem Import in das Ausland überwiesen wird, entsteht eine Quellensteuer in Höhe von 6%.
  • (Einfuhr-)Umsatzsteuer (Katma Değer Vergisi)
    Der (Einfuhr-)Umsatzsteuersatz beträgt je nach Warentarifnummer 1%, 8 % bzw. 18%. Das Vorsteuerabzugssystem ist in den Grundprinzipien ähnlich wie in Deutschland, jedoch mit wesentlichen Unterschieden in der Praxis. Das Finanzamt erstattet grundsätzlich keine gezahlte Umsatzsteuer, sondern erlaubt die Aufrechnung mit der eingenommenen Umsatzsteuer. Erstattungsfähige Umsatzsteuer wird aufgeschoben, bis Unternehmen diese durch genügend Umsätze eigenständig einholen. Dieses System führt insbesondere bei Lohnfertigungsunternehmen zu Problemen, wenn diese die kostenlosen Beistellungen aus dem Ausland importieren und hohe Einfuhrumsatzsteuer zahlen, aber im Verhältnis einen geringeren Lohnveredelungswert exportieren.
Die Ermittlung und Berechnung der Einfuhrabgaben ist insbesondere beim Markteinstieg in die Türkei sehr wichtig. Aufgrund der zum Teil hohen Zollabgaben sollten Vertriebsentscheidungen sowie Umsatz- /Gewinnkalkulationen richtig bestimmt werden.

VIII. Importabwicklung, Zolllager und Konsignationslager

Mit Beantragung einer potenziellen Steuernummer können Waren auch im Namen eines ausländischen Unternehmens unter Zollaussetzung in einem Zollager gelagert werden. Ausländische Unternehmen können Zollläger in der Türkei quasi als Konsignationslager nutzen. Eine Überführung von Waren in den zollrechtlich freien Verkehr ist jedoch nur Unternehmen gestattet, die in der Türkei eine eingetragene Firma haben. Genauso verhält es sich auch mit Ausfuhren aus der Türkei. Eine Fiskalvertretung oder indirekte Vertretung, bei welcher eine Zollagentur eine Verzollung im eigenen Namen aber auf fremde Rechnung durchführt, ist nicht vorgesehen.
Ausländische Unternehmen, die Waren aus der Türkei exportieren oder in die Türkei importieren und dabei den Lieferanten oder Kunden nicht in die Zollabwicklung einbinden wollen, sind gehalten, einen Zwischenhändler einzuschalten oder ein Unternehmen in der Türkei zu gründen.
Autoren und Kontakt
Abdulkerim Kuzucu
Dr. Mahmut Kobal
Chromit-Erz Außenwirtschaftsagentur
Dr. Kobal & Kuzucu PartG mbB
Web: https://www.chromiterz.com/
Hinweis: Diese Informationen sollen nur erste Hinweise geben und erheben daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl sie mit größtmöglicher Sorgfalt zusammengestellt wurden, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden. Stand: November 2020
Ihr IHK-Ansprechpartner für weitere Fragen
IHK Darmstadt
Rheinstraße 89
64295 Darmstadt
Axel Scheer
Teamleiter International 
Bereich Unternehmen und Standort
Telefon: 06151 871-1252
E-Mail: axel.scheer@darmstadt.ihk.de