Schwangerschaft in der Ausbildung

Werdende Mütter sollen dem Arbeitgeber ihre Schwangerschaft und den mutmaßlichen Tag der Entbindung mitteilen, sobald ihnen dies bekannt ist. Der Arbeitgeber kann von der Auszubildenden die Vorlage eines entsprechenden Attests eines Arztes oder einer Hebamme verlangen.

Welche Pflichten hat der Arbeitgeber?

Der Ausbildungsbetrieb muss die für die Überwachung der Einhaltung der mutterschutzrechtlichen Vorschriften zuständige Aufsichtsbehörde unverzüglich von der Mitteilung der Schwangerschaft benachrichtigen (§ 5 Abs. 1 Mutterschutzgesetz (MuSchG)).
Dritten darf der Ausbildungsbetrieb die Schwangerschaft grundsätzlich nicht bekannt geben (Krankenkassen, Angehörige, Kollegen usw.).
Ausnahme: Betriebsangehörige, die im Hinblick auf ihren Aufgabenkreis betroffen sind (Vorgesetzte, Personalsachbearbeiter, Fachkräfte für Arbeitssicherheit).
Bei Minderjährigen darf auch der gesetzliche Vertreter (in der Regel die Eltern) informiert werden.
Hat die Auszubildende selbst ihre Schwangerschaft im Betrieb bekannt gemacht, ist auch der Arbeitgeber nicht mehr an seine Schweigepflicht gebunden.
Aus der Mitteilung der Schwangerschaft ergeben sich weit reichende Konsequenzen für den vom Arbeitgeber am Arbeitsplatz der Schwangeren zu gewährleistenden Gesundheitsschutz. Sie reichen von der Pflicht zur Anpassung der Arbeitsbedingungen an die Schwangerschaft über die Beachtung genereller und individueller Beschäftigungsverbote bis hin zur Einhaltung bestimmter gesetzlich vorgesehener Schutzfristen.
Arbeitsplatz und Arbeitsablauf sind so zu gestalten, dass Gefahren für Gesundheit und Leben der werdenden Mutter vermieden werden. Die zu ergreifenden Maßnahmen richten sich nach den Gegebenheiten im Betrieb und den individuellen Bedürfnissen der Frau. Die Einzelheiten sind mit der Aufsichtsbehörde abzustimmen.
Schwangere unterliegen bei bestimmten Tätigkeiten einem generellen Beschäftigungsverbot. So dürfen werdende Mütter nicht mit schwerer körperlicher Arbeit (Definition s. § 4 Abs. 2 MuSchG) oder mit Arbeiten, bei denen sie schädlichen Einwirkungen gesundheitsgefährdender Art (z. B. durch Staub, Gase, Dämpfe, Hitze, Kälte, Nässe, Lärm) ausgesetzt sind, beschäftigt werden. Grundsätzlich verboten sind auch Akkord- und Fließbandarbeit.
Werdende und stillende Mütter dürfen weiter nach § 8 MuSchG nicht mit Mehrarbeit, nicht in der Nacht zwischen 20 und 6 Uhr sowie nicht an Sonn- und Feiertagen beschäftigt werden, wobei eng begrenzte Ausnahmen für bestimmte Branchen gelten. So dürfen im Hotel- und Gaststättengewerbe werdende Mütter in den ersten vier Monaten ihrer Schwangerschaft bis 22 Uhr beschäftigt werden (§ 8 Abs. 3 MuSchG). Sonn- und Feiertagsarbeit ist dort zulässig, wenn der Schwangeren in jeder Woche ein Ruhetag (mindestens 24 Stunden im Anschluss an eine Nachtruhe) gewährt wird.

Wann setzt das allgemeine Beschäftigungsverbot ein?

In den letzten 6 Wochen vor der Entbindung ist eine Beschäftigung der schwangeren Auszubildenden unzulässig, es sei denn, dass sie ausdrücklich ihre Ausbildungsbereitschaft erklärt. Die Auszubildende kann diese Erklärung jederzeit widerrufen (§ 3 Abs. 2 MuSchG). Maßgeblich ist der im Zeugnis eines Arztes (Mutterpass) oder einer Hebamme angegebene voraussichtliche Tag der Entbindung, der bei der Fristberechnung nicht mitgerechnet wird (§ 187 Abs. 1 BGB).
Nach der Entbindung ist die Beschäftigung 8 Wochen, bei Früh- und Mehrlingsgeburten 12 Wochen - selbst bei Einwilligung der Auszubildenden - absolut unzulässig (§ 6 Abs. 1 MuSchG).

Wer zahlt das Mutterschaftsgeld?

Während des gesetzlichen Mutterschutzes erhält die Auszubildende keine Ausbildungsvergütung vom Betrieb, sondern 13 Euro Mutterschaftsgeld pro Tag von ihrer Krankenkasse (monatlich 403 Euro; § 13 Abs. 1 MuSchG). Erhält sie damit weniger als die übliche Ausbildungsvergütung, muss der Arbeitgeber ihr den Differenzbetrag überweisen (§ 14 Abs. 1 MuSchG). Arbeitgebern mit  weniger als 30 Vollzeitmitarbeitern (Auszubildende werden nicht mitgerechnet) wird dieser Differenzbetrag auf Antrag im sogenannten „U2-Verfahren“ von der Krankenkasse der Auszubildenden erstattet (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 AAG). Antragsformulare sind bei den Krankenkassen erhältlich.

Was ist ein individuelles Beschäftigungsverbot?

Im Einzelfall kann die Beschäftigung einer Schwangeren schon vor dem Beginn dieser gesetzlichen Schutzfrist verboten sein, wenn nach ärztlichem Zeugnis Leben oder Gesundheit von Mutter und Kind bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet sind (§ 3 MuSchG). Das Verbot kann sich sowohl auf bestimmte Tätigkeiten beziehen als auch generell gelten. Maßgeblich ist insoweit das ärztliche Zeugnis.

Wer zahlt in diesem Fall die Vergütung weiter?

Der Arbeitgeber muss die Ausbildungsvergütung für den Zeitraum fortzahlen, in dem die Schwangere wegen eines Beschäftigungsverbotes ganz oder teilweise nicht arbeitet (sogenannter Mutterschutzlohn, § 11 Abs. 1 MuSchG). Arbeitgebern mit  weniger als 30 Vollzeitmitarbeitern (Auszubildende werden nicht mitgerechnet) wird gezahlter Mutterschutzlohn auf Antrag im sogenannten „U2-Verfahren“ von der Krankenkasse der Auszubildenden erstattet (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 AAG).

Kann die Auszubildende auch bei einem individuellen Beschäftigungsverbot an Prüfungen teilnehmen?

An Prüfungen darf die Auszubildende dagegen auch während der Beschäftigungsverbotszeiten teilnehmen, da das MuSchG nur für das privatrechtliche Ausbildungsverhältnis, nicht aber für die öffentlich-rechtliche Prüfungsteilnahme gilt.

Muss die Auszubildende für Vorsorgeuntersuchungen freigestellt werden?

Der Ausbildungsbetrieb muss die schwangere Auszubildende für die Durchführung der Untersuchungen im Rahmen der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung bei Schwangerschaft und Mutterschaft freistellen. Die Vergütung ist für den Freistellungszeitraum fortzuzahlen (§ 16 MuSchG).

Verlängert sich durch ein Beschäftigungsverbot die Ausbildungszeit?

Das Ausbildungsverhältnis verlängert sich nicht automatisch um die Zeiten der schwangerschaftsbedingten Beschäftigungsverbote. Die Kammer kann jedoch das Ausbildungsverhältnis auf Antrag der Auszubildenden verlängern (§ 8 Abs. 2 BBiG).

Darf einer Auszubildenden in der Schwangerschaft gekündigt werden?

Während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung ist eine Kündigung unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft oder Entbindung bekannt war oder ihm innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird (§ 9 Abs. 1 MuSchG). Der Kündigungsschutz gilt auch schon in der Zeit zwischen Vertragsabschluss und Ausbildungsbeginn (LAG Düsseldorf 30.9.1992, NZA 1993, 1041). Dies gilt auch für Kleinstbetriebe (< 5 Angestellte), da die Kleinstbetriebsklausel des Kündigungsschutzgesetzes (§ 23 Abs. 1 S. 2 KSchG) hier nicht gilt. Nur in besonderen Ausnahmefällen ist eine Kündigung nach Zustimmung der Aufsichtsbehörde möglich (§ 9 MuSchG).
Stand: Oktober 2013
Tipp: Die Erziehung und Ausbildung kann durch eine Ausbildung in Teilzeit kombiniert werden.
Infos zur Teilzeitausbildung finden Sie auf dieser Webseite.