01 | 2023

Bilanzen: Desolate Passivseite

Gestiegene Energiepreise und Kreditzinsen, gesunkene Nachfrage, Lieferkettenprobleme und Fachkräftemangel belasten viele Unternehmen. Mögliche Folgen: Liquiditätsengpässe und Zahlungsschwierigkeiten, die im schlimmsten Fall zur Insolvenz führen. 
Um ein Drittel lag die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften im September 2022 höher als im Vorjahresmonat. Das hat das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) ermittelt und warnt: Für den Herbst 2022 sei mit weiter steigenden Insolvenzzahlen zu rechnen.
Die besondere Gefahr: Gerät ein größeres Unternehmen in Schieflage, kann es rasch eine ganze Reihe kleinerer Partner mit sich hinabziehen. Aber auch dann, wenn es den Großen gut geht, muss dies die Kleinen nicht immer vor einer Insolvenz schützen: Kleinere Zuliefererhaben haben nämlich oft nicht genug Marktmacht, um Preissteigerungen entlang der Lieferkette weiterzugeben und verhungern am ausgestreckten Arm ihrer Kunden.
Dr. Norman Häring, Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht:
Die Passivseite vieler Bilanzen ist bereits seit der Pandemie desolat, wurde aber lange durch den Liquiditätsüberschuss der Corona-Hilfen überspielt.
Dr. Norman Häring, Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht, kennt einen wichtigen Grund für die aktuellen Probleme der Unternehmen: “Die Passivseite vieler Bilanzen ist bereits seit der Pandemie desolat, wurde aber lange durch den Liquiditätsüberschuss der Corona-Hilfen überspielt.” Dies bestätigt auch die Sonderauswertung Finanzlage der DIHK-Konjunkturumfrage aus dem Frühsommer 2022. Damals beschrieb ein gutes Drittel der Unternehmen (35 Prozent) seine Finanzierungssituation als problematisch. Im Vordergrund stand der Eigenkapitalrückgang infolge der Pandemie. Hinzu traten Liquiditätsengpässe aufgrund von Lieferkettenstörungen und kräftig steigenden Preisen.
Gerade in Krisenzeiten ist es deshalb umso wichtiger, auf die Qualität der Kapitalstruktur und des Liquiditätsmanagements zu achten. Dies umfasst nicht nur die Finanzierung der Gründung, sondern auch die Suche nach Investoren, das Forderungsmanagement und letztlich die Frage von Verkauf und Nachfolge.

Lesen Sie auch:
Mehr zum Thema: