Recht

Gewerbliche Mietzahlungen im Lockdown: keine pauschale Kürzung

Mieter gewerblicher Räume können bei hoheitlichen flächendeckenden Schließungen grundsätzlich einen Anspruch auf Anpassung der Miete haben. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) am 12.01.2021, Az.: XII ZR 8/21 entschieden.
Eine pauschale Regelung, insbesondere eine hälftige Anpassung des Mietzinses, lehnt der BGH jedoch ab. In die Abwägung müssen sämtliche Umstände des Einzelfalls, wie Umsatzeinbußen für das konkrete Objekt, staatliche Hilfen oder Versicherungsleistungen einfließen. Die IHK Pfalz begrüßt die Klarstellung durch das höchste deutsche Zivilgericht.
Der BGH hob eine Entscheidung des OLG Dresden auf, die eine Anpassung des Mietzinses für die Dauer der angeordneten Schließung auf die Hälfte vorsah und verwies die Sache an das OLG zurück. Geklagt hatte ein Textil-Discounter, der im Raum Chemnitz für einen Monat eine Filiale schließen musste.
Der BGH stellte fest, dass im Fall einer Geschäftsschließung aufgrund einer flächendeckenden hoheitlichen Maßnahme grundsätzlich ein Anspruch des Mieters auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB, in Betracht komme.
Ein Mangel der Mietsache liege nicht vor. Voraussetzung für einen Mangel wäre, dass die durch die Maßnahme bewirkte Gebrauchsbeschränkung unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Mietobjekts in Zusammenhang stehe. Durch die behördliche Schließungsanordnung werde jedoch weder der Beklagten die Nutzung der angemieteten Geschäftsräume, im Übrigen noch der Klägerin tatsächlich oder rechtlich die Überlassung verboten. Das Mietobjekt habe daher trotz der Schließungsanordnung weiterhin für den vereinbarten Mietzweck zur Verfügung gestanden. 
Allein der Wegfall der Geschäftsgrundlage berechtige jedoch nicht zu einer Vertragsanpassung, so der BGH. Hinzukommen müsse, dass dem betroffenen Vertragspartner unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls ein Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden könne.
Eine pauschale Anpassung der Gewerberaummiete, z.B.  auf die Hälfte des Mietzinses, sei daher abzulehnen.
Im Rahmen einer auf den Einzelfall bezogenen Abwägung sei von Bedeutung, welche Nachteile dem Mieter durch die Geschäftsschließung und deren Dauer entstanden seien.
Kriterien seien z.B. der konkrete Umsatzrückgang für die Zeit der Schließung oder Maßnahmen, die der Mieter ergriffen habe oder habe ergreifen können, um die drohenden Verluste während der Geschäftsschließung zu vermindern. 
Bei der Prüfung der Unzumutbarkeit des Festhaltens am Gewerberaummietvertrag seien auch die finanziellen Vorteile zu berücksichtigen.
Relevant sei z.B., ob der Mieter staatliche Leistungen zum Ausgleich pandemiebedingter Nachteile erlangt habe. Gewährte staatliche Unterstützungen aufgrund eines Darlehens blieben hingegen außer Betracht. 
Der BGH stellte klar, dass eine tatsächliche Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Mieters im Rahmen der Betrachtung nicht erforderlich sei.
Auch wenn das BGH-Urteil keine pauschale Lösung anbieten kann, dürfte es für Gewerbetreibende und Vermieter, die sich über die Höhe der Miete während des Lockdowns streiten, zu mehr Rechtsklarheit führen, so Heiko Lenz, zuständiger Jurist der IHK Pfalz. Dies erhöhe die Bereitschaft, sich außergerichtlich zu einigen.
Heiko Lenz rät betroffenen Mietparteien, zuerst einen Blick in den Gewerberaummietvertrag zu werfen, um zu prüfen, ob dort Aussagen zum Verwendungsrisiko der Räumlichkeiten getroffen sind. Bei Neuabschlüssen von Verträgen empfiehlt es sich, Regelungen mit Risikoverteilungen zu Auswirkungen der Corona-Pandemie zu treffen.