Wirtschaft braucht Wege

Im Gespräch mit Bundestagskandidaten zum Thema Wasserstraßen und Wassertourismus

Welcher Ort wäre für einen Politik-Gespräch zum Thema Wasserstraßen in Vorbereitung auf die Bundestagswahl passender als eine Messe wie die Boot&Fun Inwater in Werder (Havel)? Hier konnten nicht nur die Messebesucher die enge Verbindung zwischen Wassertourismus und anderen Wirtschaftszweigen erleben. Die IHK Ostbrandenburg lud zudem die Bundestagskandidaten aus Brandenburg ein, um für das Thema Wasserstraßen und Wassertourismus in der politischen Arbeit zu sensibilisieren.
Gundolf Schülke (IHK), Robert Radzimanowski (IHK) und Julia Pollok (WIN) berichteten über den Umstand der Kategorisierung der Bundeswasserstraßen und über erreichte Meilensteine in der vergangenen Legislatur. Zugleich machten sie die anstehenden Aufgaben für die kommende Arbeit im Bundestag deutlich. Anschließend bot ein Rundgang über das Messegelände die Gelegenheit, direkte Gespräche mit den ausstellenden Unternehmen aus Brandenburg zu führen. Im Nachgang erhielten alle Teilnehmenden und übrigen Kandidaten einen vorbereiteten One Pager zum Thema Wasserstraßen und Wassertourismus.
Die Veranstaltung wurde vom Bündnis für Wasserstraßen durchgeführt. Es vereint Akteure in Brandenburg, die sich für die Wasserstraßen und den Wassertourismus einsetzen. Dazu gehören: Die Landesarbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskammern Brandenburg, die Wassertourismus Initiative Nordbrandenburg (WIN), die Wassertourismusinitiative Brandenburg Süd-Ost (WISO), der Landestourismusverband Brandenburg e.V. und die Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH.

Historischer Moment und kleiner Teilerfolg für die Ostbahn

Die IHK Ostbrandenburg unternimmt seit Jahren große Anstrengungen, die Ostbahn in den Fokus der überregionalen Öffentlichkeit und politischen Wahrnehmung zu rücken. Mit rund 1.000 Fahrgästen pro Tag ist die Ostbahnstrecke die meistgenutzte Verbindung im grenzüberschreitenden Schienen- und Personennahverkehr zwischen Deutschland und Polen.
Im November 2021 konnte ein wichtiger Meilenstein gesetzt werden. Denn an diesem Tag wurde der Grundstein für die neue Brücke über die Oder in Küstrin-Kietz gelegt. In Zukunft fahren Berufspendler und andere Bahnreisende hier mit 120 km/h über die Oder. Gleichzeitig nutzte die IHK die Gelegenheit, die politischen Verantwortlichen und den Bahnvorstand der Deutschen Bahn auf das eigentliche und größere Ziel hinzuweisen: Den vollständigen zweigleisigen, elektrifizierten Ausbau der Ostbahn für eine Reisegeschwindigkeit von 160 km/h.

Ostbahn als Bestandteil des europäischen Verkehrsnetzes

Das Ziel für die kommenden Monaten ist es, das neubesetzte Bundesverkehrsministerium von der Bedeutung der Stecke zu überzeugen. Nur dann kann es gelingen, diese grenzüberschreitende Schienenverbindung als Bestandteil des europäischen Verkehrsnetzes (TEN-T) aufzunehmen und damit auch finanzielle Mittel der EU für den Streckenausbau zu erhalten. Die IHK nutzt den Jahresauftakt 2022 und lädt den neuen Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) an die Strecke ein, um in einem persönlichen Gespräch auf die hohe Bedeutung der Ostbahn aufmerksam zu machen.

Bis 2030 deutlich mehr Verkehr zwischen Berlin und Frankfurt (Oder)

Die Tesla-Ansiedlung wird die Region verändern und das mit einer unvergleichlichen Dynamik. Die lokale und überregionale Presse berichtet regelmäßig vom Fortgang der Bauarbeiten und des Genehmigungsverfahrens. Spätestens bei einer Fahrt entlang der Baustelle wird auch optisch deutlich, welche Dimensionen die neue Fabrik hat und wie nachhaltig sie die Region verändern wird.
Das gilt insbesondere für das Verkehrsgeschehen. Ostbrandenburg hat in den letzten 30 Jahren ohnehin einen überproportional hohen überregionalen Verkehrszuwachs erlebt. Eine von der IHK Ostbrandenburg in Auftrag gegebene Verkehrsstudie hat nun aufgezeigt, was die Region bis 2030 erwarten wird.

Belastungen für Straße und Schiene

Die A12 ist die Autobahn mit den bundesweit meisten Lkw. Ihre Auslastung wird weiter deutlich steigen. Derzeit befahren 18.000 Lkw die A12. Spätestens 2030 werden es noch einmal 7000 Lkw mehr sein, immer unter der Voraussetzung, Tesla selbst nutzt 24 Güterzüge pro Tag für sein Werk. 7000 Lkw entsprechen insgesamt 140 Güterzügen. Auf der bereits ausgelasteten Bahnstrecke Berlin-Frankfurt sind im Moment 70 Güterzüge pro Tag unterwegs.
Deutlich höhere Verkehrsbelastungen sind auch auf den Bundesstraßen 1 und 5 und auf den Landesstraßen rund um Tesla zu erwarten. Ob Tesla die Bahnstrecke Berlin-Frankfurt überhaupt im geplanten Umfang für den Güterverkehr nutzen kann, ist derzeit fraglich. Denn insbesondere zwischen Berlin und Fürstenwalde und hier vor allem zum Werk selbst ist eine sehr hohe Zunahme an Personenverkehr zu verzeichnen. Im Zweifel werden die Menschen den Gütern vorgezogen. Die Güter müssen dann wiederum auf Lkw umverteilt werden. Diese und weitere Ergebnisse wurden im November 2021 öffentlichkeitswirksam der Politik und den Unternehmen vorgestellt.
Gemeinsam mit regionalen Akteuren wird die IHK Ostbrandenburg das Jahr 2022 intensiv nutzen, um die Entscheidungsträger in Potsdam und Berlin zu einem unverzüglichen Handeln zu bewegen. Sollte es nicht gelingen, die verkehrlichen Herausforderungen im Zuge der Tesla-Ansiedlung zu lösen, wird die Zustimmung der Öffentlichkeit für weitere wirtschaftliche Entwicklungen nachhaltig geschwächt.