Gestaltung von Arbeitsverträgen-Neues Nachweisgesetz zum 1. August 2022

Der Arbeitsvertrag ist neben zahlreichen einschlägigen Gesetzen, Tarifverträgen und anderen arbeitsrechtlichen Bestimmungen die wesentliche Rechtsquelle zur Bestimmung des Inhalts eines Arbeitsverhältnisses.
Viele Arbeitgeber behelfen sich bei der Gestaltung ihrer Arbeitsverträge mit Formularen, die den individuellen Bedürfnissen zumeist nicht gerecht werden können. Eine passgenaue Gestaltung des Arbeitsvertrages hilft, Streitigkeiten im Verlaufe eines Arbeitsverhältnisses und insbesondere bei dessen Beendigung zu vermeiden bzw. abzumildern.
Das Arbeitsrecht wird durch spezielle Arbeitsschutzgesetze und sonstige Vorschriften zum Schutz der Arbeitnehmer ausgestaltet. Diese Vorschriften schränken die ansonsten bestehende Vertragsfreiheit ein. Bei der Vertragsgestaltung sind auch tarifrechtliche Regelungen und bestehende Betriebsvereinbarungen zu beachten. Ein Individualarbeitsvertrag darf von einschlägigen kollektivrechtlichen Bestimmungen nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers abweichen.
Seit der Schuldrechtsreform in 2002 gilt das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) weitgehend uneingeschränkt auch für den Arbeitsvertrag, was bedeutet, dass Arbeitsvertragsklauseln im vollen Umfang inhaltlich durch die Arbeitsgerichte überprüft werden. Die AGB-rechtliche Prüfung sollte daher bei der Vertragsgestaltung sehr ernst genommen werden, denn die beste Formulierung nützt nichts, wenn sie letztlich einer Inhaltskontrolle nicht standhält.
Schließlich gibt es mit dem Nachweisgesetz (NachwG) eine gesetzliche Vorgabe über den Mindestinhalt eines Arbeitsvertrages.

Neues Nachweisgesetz seit 1. August 2022

Aufgrund der Umsetzung der Richtlinien der Europäischen Union (EU-Richtlinie) über transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen (EU-Richtlinie 2019/1152 – Arbeitsbedingungen-Richtlinie) hat der deutsche Gesetzgeber unter anderem auch das Nachweisgesetz (NachwG) zum 1. August 2022 geändert, in dem verankert ist, welchen Informations- und Dokumentationspflichten der Arbeitgeber nachkommen muss. 
Schon bisher regelte das Nachweisgesetz, dass der Arbeitgeber die wichtigsten Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen hatte und dem Arbeitnehmer aushändigen musste. Dafür galt bislang eine Monatsfrist nach Beginn des Arbeitsverhältnisses.

Welche Angaben sind notwendig?
Folgende Punkte mussten bislang dokumentiert werden:

  • Name und Anschrift der Vertragsparteien-
  • Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses
  • Dauer des Arbeitsverhältnisses bei Befristung
  • Arbeitsort
  • Bezeichnung oder Beschreibung der Tätigkeit
  • Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts
  • Arbeitszeit
  • Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs
  • Kündigungsfristen
  • Allgemeiner Hinweis auf Tarifverträge
  • Betriebs- und Dienstvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anwendbar sind

Ab August 2022 kamen folgende Punkte hinzu:

  • Enddatum des Arbeitsverhältnisses bei Befristung
  • Gegebenenfalls freie Wahl des Arbeitsorts durch den Arbeitnehmer
  • Sofern vereinbart, die Dauer der Probezeit
  • Die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung
  • Die vereinbarte Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und die Voraussetzungen für Schichtänderungen
  • Sofern vereinbart, die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen
  • Ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung
  • Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt, der Name und die Anschrift dieses Versorgungsträgers; die Nachweispflicht entfällt, wenn der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist.
Das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage; § 7 des Kündigungsschutzgesetzes ist auch bei einem nicht ordnungsgemäßen Nachweis der Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage anzuwenden.


Was änderte sich darüber hinaus? 

Die neuen Pflichten gelten bei Neueinstellungen seit dem 1. August 2022. Im Gegensatz zur früheren Regelung muss aber bereits am ersten Arbeitstag dem Arbeitnehmer die Niederschrift mit den Informationen über den Namen und die Anschrift der Vertragsparteien, das Arbeitsentgelt und seine Zusammensetzung sowie über die Arbeitszeit vorliegen.
Die weiteren Nachweise müssen spätestens in sieben Kalendertagen nachgereicht werden.
  • Beschäftigte, die vor dem 1. August eingestellt wurden, müssen nur dann schriftlich über ihre wesentlichen Arbeitsbedingungen unterrichtet werden, wenn sie den Arbeitgeber dazu auffordern. Dann gilt eine Frist von sieben Tagen. Informationen über den Urlaub, die betriebliche Altersversorgung, die Pflichtfortbildung, das Kündigungsverfahren und geltende Kollektivvereinbarungen müssen spätestens innerhalb eines Monats bereitgestellt werden.
  • Ändern sich die wesentlichen Arbeitsbedingungen in bestehenden Arbeitsverhältnissen, dann muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer spätestens am Tag der Änderung unterrichtet haben. Gesetzesänderungen oder Änderungen in Tarifverträgen oder Betriebs- oder Dienstvereinbarungen müssen weiterhin nicht schriftlich angezeigt werden.
Neu ist auch, dass bei Verstößen ein Bußgeld von bis zu 2.000 Euro droht. Tipps: Bereiten Sie sich als Arbeitgeber auf die Umsetzung dieser Regelung vor.

Sollten Sie Musterarbeitsverträge haben, die Sie bei der Einstellung benutzen, sollten Sie diese umgehend um die neuen Angaben ergänzen. Leider sind Musterformulierungen derzeit noch schwer zu finden. Für alle Beschäftigten, die bereits vor dem 1. August im Betrieb sind, sollten Sie überlegen, für welche Arbeitnehmergruppen eventuell Standardschreiben mit den ergänzenden Hinweisen verfasst werden können. Allerdings geht dies nur, wenn tatsächlich identische Arbeitsbedingungen bestehen. Auf Nachfragen von Bestandsbeschäftigte müssen Sie sich jedenfalls einstellen.
Darüber hinaus sollten Sie andenken, ob es bei Bestehen eines Betriebsrates Sinn macht, allgemeine Arbeitsbedingungen, wie Arbeitszeit, betriebliche Altersversorgung, Schichtsystem oder ähnliche in Betriebsvereinbarungen zu regeln. Darauf könnte in den Arbeitsverträgen dann Bezug genommen werden.