Ausbildung

Kündigung des Ausbildungsverhältnisses

Kündigung während der Probezeit

Während der Probezeit kann das Ausbildungsverhältnis jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist und ohne Angabe eines Kündigungsgrundes aufgelöst werden (§ 22 Abs. 1 BBiG). Ggf. muss der Betriebsrat, sofern vorhanden, einer Kündigung zustimmen.
Diese Regelung gilt sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Auszubildenden.

Kündigung nach der Probezeit

Erfolgt die Kündigung nach der Probezeit, sind die Regelungen des § 22 Abs. 2 BBiG zu berücksichtigen.
Kündigung durch den Arbeitgeber
Eine Kündigung ist nur aus einem wichtigen Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist möglich (§22 Abs. 2 BBiG). Die Kündigung muss schriftlich und unter Angabe des Kündigungsgrundes (§ 22 Abs. 3 BBiG) erfolgen. Ggf. muss der Betriebsrat, sofern vorhanden, einer Kündigung zustimmen.
Eine Kündigung, die nicht schriftlich erfolgt oder in der die Kündigungsgründe nur unzu­reichend angegeben werden, ist nichtig. Ein Nachreichen der Kündigungsgründe ist nicht zulässig.
Kündigung durch den Auszubildenden
Ein Auszubildender kann nach Beendigung der Probezeit aus zwei Gründen kündigen:
  1. Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist (§ 22 Abs. 1 BBiG).
  2. Mit einer Frist von vier Wochen, wenn er das Berufsbild aufgeben möchte oder sich in einer anderen Berufstätigkeit ausbilden lassen möchte (§ 22 Abs 2 BBiG).
In beiden Fällen muss die Kündigung schriftlich erfolgen. Kündigt der Auszubildende aus einem wichtigen Grund, müssen die Kündigungsgründe im Kündigungsschreiben aufgeführt werden (§ 22 Abs. 3 BBiG).
Auch in diesem Fall gilt: Erfolgt die Kündigung nicht schriftlich oder sind die Kündigungsgründe nur unzureichend angegeben, ist diese nichtig. Ein Nachreichen der Kündigungsgründe ist nicht zulässig.
Beispiele für einen “wichtigen Grund”
  • schlechte Ausbildung durch den Betrieb
  • Beleidigungen und Schläge
  • sexuelle Übergriffe
  • wiederholt verspätete Zahlung der Ausbildungsvergütung
  • wiederholte Nichtfreistellung zur Berufsschule oder notwendige überbetriebliche Ausbildung
  • wiederholt unerlaubte Überstunden
  • Verstoß gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz
  • Fehlen eines geeigneten Ausbilders
  • Betrieb wird die Ausbildungsbefugnis entzogen
Wenn der Gekündigte gegen die Kündigung vorgehen will, muss er den Schlichtungsausschuss der IHK anrufen.

Zugang einer Kündigung

Eine Kündigung gilt bei ihrer persönlichen Aushändigung als zugegangen. Bei Einwurf in den Briefkasten gilt sie zu dem Zeitpunkt als zugegangen, an dem der Empfänger normalerweise mit Posteingang rechnen muss.
Wie kann der Zugang des Kündigungsschreibens nachgewiesen werden und was ist insbesondere bei minderjährigen Auszubildenden zu beachten?
Am einfachsten lässt sich der Zugang dadurch beweisen, dass das Abmahnungs- oder Kündigungsschreiben des volljährigen Auszubildenden im Betrieb ausgehändigt wird und dieser den Erhalt auf einer Kopie des Schreibens quittiert.
Bei Minderjährigen kommt diese Form nicht in Betracht, hier muss das Schreiben dem gesetzlichen Vertreter zugehen.
Der Zugang lässt sich auch dadurch beweisen, dass (möglichst zwei) Mitarbeiter des Betriebes das Schreiben in den Briefkasten des volljährigen Auszubildenden einwerfen und dies auf einer Kopie vermerken. Bei minderjährigen Auszubildenden muss der Briefkasten der gesetzlichen Vertreter genutzt werden. Der Ausbildende, der das Abmahnungs- oder Kündigungsschreiben unterschrieben hat, sollte es nicht selbst einwerfen, da er ansonsten in einem Kündigungsschutzprozess nicht als Zeuge, sondern lediglich als Partei aussagen könnte.
Beim „Einschreiben Einwurf“ dokumentiert der Postzusteller, dass die Sendung in den Briefkasten eingeworfen wurde. Das Zustelldatum kann im Internet über die Sendungsverfolgung abgerufen werden. Dadurch lässt sich beweisen, wann der Zugang erfolgte, nicht aber, dass das Abmahnungsschreiben eingeworfen wurde und nicht ein ganz anderer Brief. Um auch dies beweisen zu können, sollten möglichst zwei Mitarbeiter auf einer Kopie vermerken, dass dieses Schreiben als Einwurf-Einschreiben aufgegeben worden ist.
Die Zustellung durch ein normales Einschreiben oder ein Einschreiben mit Rückschein bewirkt nicht den rechtzeitigen Zugang. Trifft der Postbote nämlich weder den Empfänger noch einen anderen Empfangsberechtigten an, wirft er nur einen Benachrichtigungszettel ein und hinterlegt das Schreiben bei der Post. Das Schreiben geht aber erst dann zu, wenn es bei der Post abgeholt wird, was eventuell dazu führt, dass das Schreiben zu spät zugeht oder nicht abgeholt wird und die Kündigung daher unwirksam ist.

Wechsel des Ausbildungsbetriebes

Wenn ein Auszubildender denselben Beruf weiter erlernen will und lediglich den Betrieb wechseln möchte, besteht die besondere Kündigungsmöglichkeit (Kündigung wegen Aufgabe des Berufsbildes bzw. Ausbildung in einer anderen Berufstätigkeit) durch den Auszubildenden nicht!
Hat der Auszubildende den besonderen Kündigungsgrund des Berufswechsels nur vorgeschoben, um die gleiche Ausbildung in einem anderen Betrieb machen zu können, kann der alte Aus­bildungsbetrieb von ihm Schadenersatz verlangen.
In diesen Fällen kann ein Aufhebungsvertrag die bessere Lösung sein!

Aufhebungsvertrag

Im beiderseitigen Einvernehmen kann das Ausbildungsverhältnis auch mithilfe eines Aufhebungsvertrages (PDF-Datei · 113 KB) jederzeit beendet werden.
Wenn kein wichtiger Grund für einen Aufhebungsvertrag vorliegt - zum Beispiel bei Krankheit - haben Auszubildende in der Regel zunächst 12 Wochen keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Zeitpunkt
Ein Ausbildungsverhältnis kann von den Vertragsparteien jederzeit einvernehmlich beendet werden.
Besonderer Kündigungsschutz
Ein Aufhebungsvertrag ist auch dann zulässig, wenn eine Kündigung wegen besonderer Kündigungsschutzregeln unwirksam wäre. Voraussetzung ist aber, dass der Auszubildende vom Betrieb darüber aufgeklärt wird, dass eine Kündigung wegen der besonderen Kündigungsschutzvorschriften nicht möglich wäre.
Voraussetzungen/Form
  • Der Aufhebungsvertrag muss schriftlich erfolgen.
  • Arbeitgeber und Auszubildender müssen auf der selben Urkunde unterschreiben.
Mit minderjährigen Auszubildenden kann ein Aufhebungsvertrag nur geschlossen werden, wenn der gesetzliche Vertreter (in der Regel die Eltern) dem Aufhebungsvertrag zustimmt. Da die Eltern grundsätzlich nur zusammen vertretungsberechtigt sind, müssen beide unterschreiben, wenn nicht einem von ihnen das alleinige Sorgerecht übertragen worden ist.
Inhalt/Musteraufhebungsvertrag
Grundsätzlich ist jeder Inhalt von Aufhebungsverträgen den Parteien überlassen. Dies ist hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab.
Eine Zusammenfassung, welche Punkte bei der Erstellung eines Aufhebungsvertrags grundsätzlich zu beachten sind, finden Sie in unserem Musteraufhebungsvertrag (PDF-Datei · 113 KB).
Aufklärungspflicht
Um zu verhindern, dass der Aufhebungsvertrag wegen fehlender Aufklärung des Azubis angefochten werden kann, sollte der Betrieb den Auszubildenden über Folgendes aufklären:
  • Gegebenenfalls bestehenden besonderen Kündigungsschutz (zum Beispiel Schwangerschaft § 17 MuSchG)
  • Sozialrechtliche Konsequenzen des Aufhebungsvertrages (Sperrfrist beim Arbeitslosengeld gemäß § 159 SGB III).
Diese Aufklärung sollte sich der Ausbildende schriftlich bestätigen lassen.
Bei Verletzung einer Aufklärungspflicht bleibt der Aufhebungsvertrag zwar wirksam, die Pflichtverletzung kann aber einen Schadensersatzanspruch des Auszubildenden zur Folge haben.

Tipps für Betrieb und Azubis

Für Ausbildungsbetriebe und Azubis

Eine Kündigung sollte immer gut überlegt sein! In der Regel hilft ein offenes, vertrauensvolles Gespräch mit dem zuständigen Ausbildungspersonal bzw. dem Auszubildenden, um einen eventuellen Konflikt zu lösen und um von einer Kündigung abzusehen. Unsere Ausbildungsberater unterstützen Sie gern!

Für Betriebe

Ein Ausbildungsverhältnis aufzulösen ist manchmal gar nicht so einfach, da besondere Kündigungsvoraussetzungen und Rahmenbedingungen einzuhalten sind. Wenn Sie mit dem Gedanken spielen das Ausbildungsverhältnis aufzulösen, sprechen Sie gerne vorab unsere Ausbildungsberater an und prüfen Sie gemeinsam, ob eine Kündigung ggf. gerechtfertigt sein kann.

Für Azubis

Wenn Sie das Ausbildungsverhältnis kündigen möchten, ist es ratsam zum Zeitpunkt der Kündigung bereits einen neuen Ausbildungsplatz gefunden zu haben sofern die Ausbildung weiter oder in einem anderen Ausbildungsberuf fortgeführt werden soll. So entstehen unter anderem keine Fehlzeiten, die bei der Zulassung zur Abschlussprüfung eine wichtige Rolle spielen.
Was tun wenn Sie gekündigt wurden?
  • Melden Sie sich umgehend bei Ihrer Agentur für Arbeit Ausbildungsplatzsuchend.
  • Kontaktieren Sie einen Ausbildungsberater der IHK und lassen Sie unverbindlich prüfen, ob die Kündigung gerechtfertigt ist. Ggf. können Sie im Rahmen einer Schlichtung gegen die Kündigung vorgehen.
  • Informieren Sie die Berufsschule über Ihre Kündigung. In der Regel können Sie für eine begrenzte Dauer (4 – 8 Wochen) als Gastschüler weiter am Unterricht teilnehmen.
Ausbildungsplätze finden
Freie Ausbildungsstellen finden Sie z.B. in unserer IHK-Lehrstellenbörse und im Ausbildungsstellenatlas. Auch die Agentur für Arbeit steht Ihnen mit Rat und Tat bei der Suche nach einem geeigneten Ausbildungsbetrieb zur Seite. Es bietet sich auch an, aktiv auf Betriebe zuzugehen, um sich nach einem freien Ausbildungsplatz zu erkundigen.
Hinweis: Endet das Ausbildungsverhältnis mit der Prüfung und soll der Auszubildende nicht in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen werden, sollte dies vorab schriftlich mit dem Auszubildenden geklärt werden. Zum einen entsteht mit einer kommentarlosen Weiterbeschäftigung mit Wissen und Wollen des Arbeitgebers nach der Prüfung ein unbefristetes Angestelltenverhältnis. Zum anderen sehen einige Tarifverträge eine solche Erklärungspflicht drei Monate vor Ausbildungsende vor.
* Für eine bessere Lesbarkeit verwenden wir meist die männliche Form. Entsprechende Textstellen gelten selbstverständlich gleichwertig für alle Geschlechter (m/w/d).