Warum Europa bei digitaler Souveränität ins Schwitzen kommt

Auf dem Podium des Digital Summit Nord-Westfalen diskutierten Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik am 23. September in der IHK in Münster über die digitale Souveränität Europas – moderiert von Christoph Salzig. Der Inhaber der Kommunikationsagentur Primus Inter Pares aus Münster führte durch das Streitgespräch mit klaren Fragen – etwa: „Ist digitale Souveränität Luxus oder die letzte Chance, nicht zur Kolonie zu verkommen?“

„Wir sind reine Anwender – mehr nicht“

Lutz Niemeyer vom Zentrum Digitale Souveränität aus Bochum brachte es auf den Punkt: „Wir geben Milliarden in den USA für Softwarelizenzen aus. Dafür bekommen wir ein Produkt – aber schaffen keinen eigenen Wert.“ Digitale Souveränität sei keine abstrakte Idee, sondern eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Es gebe längst leistungsfähige, souveräne Software-Alternativen, die zunehmend Anwendung fänden. Zudem wachse in Deutschland und Europa eine starke Open-Source-Community, „die gemeinsam daran arbeitet, sich aus der bestehenden Abhängigkeit zu lösen“, so Niemeyer.
„Digitale Autonomie ist unternehmerisches Handeln – keine politische Theorie“, ergänzte Andrea Wörrlein vom Open-Souce-Softwareunternehmen VNC Virtual Network Consult AG aus der Schweiz. Gerade im Mittelstand müsse sich der Wille zur Eigenständigkeit in konkreten Entscheidungen zeigen.

Der Staat? Kein Innovator.

Unternehmer Prof. Dr. Klemens Skibicki (PROFSKI GmbH, Köln) warnte: „Der Wohlstand der Zukunft wird gerade verteilt – und wir stellen uns nicht besonders gut an.“ Seine Diagnose: Der Staat kann Rahmen setzen, aber keine Innovation schaffen. „Nennt mir eine große Innovation, die mit staatlichem Geld entwickelt wurde. Ich kenne keine.“
Manuel Atug von der AG KRITIS aus Hanau forderte mehr Fachwissen in der Gesetzgebung: „Regulierung kann schützen – oder ersticken. Uns fehlt Expertise, deshalb produzieren wir zu viel Papier, aber keinen Mehrwert.“
Die Diskussion zeigte deutlich:
  • Europa hängt an der digitalen Nadel amerikanischer Konzerne.
  • Unternehmen warten auf bessere Bedingungen, statt selbst loszulegen.
  • Der Staat ist oft mehr Bremse als Motor.
  • Und die Gesetzgebung hinkt nicht nur – sie lähmt.

Was ist der Digital Summit Nord-Westfalen?

Beim Digital Summit Nord-Westfalen am 23. September diskutierten rund 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer über Wege zu mehr digitaler Souveränität in Europa. Eingeladen hatte die IHK ins Bildungszentrum in Münster. Fachleute aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik beleuchteten aktuelle Herausforderungen und konkrete Praxislösungen – von regulatorischen Rahmenbedingungen über Open-Source-Strategien bis hin zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Mittelstand.
Neben strategischen Fragen stand der praktische Nutzen für Unternehmen im Fokus. So zeigten Vertreterinnen und Vertreter von FIEGE und Schmitz Cargobull konkrete Anwendungsbeispiele für KI oder als Smart Factory. Anbieter präsentierten KI-gestützte Werkzeuge zur Prozessautomatisierung und Marktrecherche. In moderierten Round-Table-Sessions konnten sich Unternehmen über Umsetzungsstrategien austauschen.
Der Digital Summit ist eine Veranstaltung der IHK Nord Westfalen in Kooperation mit dem IT-Forum Nord Westfalen. Ziel ist es, Unternehmen aus der Region Impulse für die digitale Transformation zu geben – sowohl strategisch als auch operativ.
Eine Fotogalerie gibt Impressionen des Tech-Events wieder.

IHK-Ansprechpartner: