Nachfolge

Übernahmefinanzierung

Die wenigsten Übernahmen werden ohne Fremdkapital finanziert. Im Normalfall ist der Gang zur Bank unerlässlich. Ob und zu welchen Konditionen ein Einstieg in das Unternehmen bzw. eine Übernahme gelingt, hängt nicht zuletzt von den finanziellen Möglichkeiten der Erwerbsseite ab.

Voraussetzungen und Grundlagen

Wie bei jeder Finanzierung werden die persönlichen Führungsqualitäten, das kaufmännische und technische Fachwissen sowie vorhandene Risikofaktoren beurteilt. Die Beurteilung erfolgt anhand der eingereichten Informationen, persönlichen Eindrücke, bisherigen Erfahrungen, örtlichen Kenntnisse, Auskünfte bei der Schufa und anderen Kriterien.
Die Finanzierung wird in vielen Statistiken als häufiger Grund für das Scheitern einer Nachfolgeregelung angegeben. Dies sehen die Fachleute der Industrie- und Handelskammern in NRW anders. Oft werden die Fehler deutlich früher gemacht. Neben der Auswahl der Person(en) ist der vereinbarte Kaufpreis bei der Finanzierung von hoher Bedeutung. Darüber hinaus müssen beim Kapitalbedarf die laufenden Betriebsmittel und die notwendigen Ersatz- und Neuinvestitionen berücksichtigt werden.
Eine Grundvoraussetzung ist die Tragfähigkeit des Geschäftsmodells, das heißt die Wahrscheinlichkeit, mit der eine ordnungsgemäße Rückzahlung der Kreditmittel zu erwarten ist. Hiervon müssen die Kreditinstitute oder andere, die Geld zur Verfügung stellen, überzeugt sein. Die zukünftige Ertragskraft und die damit verbundene Kapitaldienstfähigkeit des zu übernehmenden Unternehmens sind entscheidend.
Eine Nachfolgefinanzierung wird meistens auf mindestens drei Säulen aufgebaut:
  • Eigenkapital oder Vermögenswerte der Erwerbsseite
  • Verkäuferdarlehen (nachrangige Darlehen der abgebenden Seite) 
  • Bankenfinanzierung kombiniert mit Förderdarlehen, Bürgschaften oder Eigenkapitalersatz
In der Praxis achten die, die Geld geben, darauf, dass es zu einer sogenannten Risikoverteilung kommt. Von der abgebenden Seite wird dabei häufig erwartet, mit einem Teilbetrag im Risiko zu bleiben. Gerade bei der Nachfolge an externe Personen wird damit zum Ausdruck gebracht, dass man an die angedachte Nachfolgelösung glaubt.
Viele Familienunternehmen sind im Besitz einer eigenen Betriebsimmobilie, die bei der Übertragung mit veräußert werden soll. Häufig treiben die gleichzeitige Übertragung des operativen Geschäfts und der Verkauf der Betriebsimmobilie den Kapitalbedarf in eine Höhe, die von potenziellen Interessierten nicht zu stemmen ist. Um mittelfristig die gesuchte Lösung zu finden, wird in der Praxis bei solchen Konstellationen häufig mit fest vereinbarten Kaufoptionen für Immobilien gearbeitet.

Sicherheiten

Die Frage nach Sicherheiten kommt in einem Bankgespräch bestimmt. Nicht alle Sicherheiten sind von der Bank gleich begehrt. Es wird ein Beleihungswert festgesetzt, der zum Teil deutlich unter dem Zeitwert liegt. Ein wichtiger Sicherheitsaspekt ist auch die persönliche Haftung. Wer übernimmt, muss davon ausgehen, auch privat für Kredite zu haften.

Verkäuferdarlehen - es geht oft nicht ohne!

Für viele Privatpersonen, die eine Nachfolge antreten wollen, ist ein Darlehen der abgebenden Seite mit Eigenkapitalcharakter häufig die einzige Möglichkeit, um über die öffentliche Hand finanzieren und ggf. absichern zu können. Üblich sind zwischen 10 und 20 Prozent des Kaufpreises. Der Kredit erfüllt nur dann die Voraussetzungen eines Eigenmittelersatzes, wenn er eine Mindestlaufzeit von 10 Jahren hat, eine Rangrücktrittserklärung vorliegt und kein Entzug von Sicherheiten aus dem Unternehmen erfolgt. Private Sicherheiten sind zulässig. Eine marktübliche Verzinsung ist möglich. Sprechen Sie gerne frühzeitig mit uns über Gestaltungsmöglichkeiten.

Preisvorstellungen ausgleichen - Earn out - Klauseln nutzen

Oftmals erscheint ein aufgerufener Übernahmepreis als zu hoch und damit nur schwer finanzierbar. Eine andere Möglichkeit für die abgebende Seite sich einzubringen, ist dann die Aufteilung des gewünschten Wertes in einen fixen und variablen Teil.
Ein hoher Gewinn im letzten Geschäftsjahr führt bei der abgebenden Seite nicht selten zum Wunsch, den auch in der Planung und entsprechend in der Wertermittlung zu berücksichtigen. Für Übernahmewillige sind diese Annahmen durchaus nachvollziehbar, aber i.d.R. mit mehr Unsicherheiten verbunden als üblich. Auch im Hinblick auf die zukünftige Kapitaldienstfähigkeit ist es dann sinnvoll, weitere Zahlungen über das vereinbarte angepasste Fixum hinaus nur für den Fall zu vereinbaren, wenn z.B. ein bestimmtes Ergebnis erreicht wird. Dieses wird dann höchstwahrscheinlich ausschließlich der neuen Unternehmensspitze verantwortet, so dass die damit rechnen muss, der Verkaufsseite weitergehende Informationsrechte einzuräumen bzw. erweiterten Berichtspflichten nachkommen zu müssen.

Eigenkapital – aus weniger mehr machen!

Wie oben schon näher beschrieben, ist eine wichtige Säule der Übernahmefinanzierung das Eigenkapital und Vermögen der Person, die kaufen möchte. In der Praxis erleben wir es gerade bei höherem Kapitalbedarf, dass liquidierbare Werte oder freie Sicherheiten nicht ausreichen, um eine vom Markt erwartete Eigenkapitalquote für das errechnete Finanzierungsvolumen aufzubauen.
In dieser Situation gibt es die Möglichkeit auf sog. wirtschaftliche Eigenmittel zurückzugreifen. Das sind reine Darlehen oder auch nach festen Vorgaben rückzahlbare stille Beteiligungen der öffentlichen Hand, die aufgrund der Rahmenbedingungen im Rating wie Eigenkapital behandelt werden. Dazu gehören z.B. Verkäuferdarlehen zu marktüblichen Zinssätzen, die nachrangig haften und zu keinem Entzug von Sicherheiten führen. Tilgungsfreie Anfangsjahre werden nicht gefordert. Diese Summe kann dann mit dem Sonderprogramm für IHK-Unternehmen der Kapitalbeteiligungsgesellschaft NRW (KBG) in gleicher Höhe um maximal 200.000 Euro aufgestockt werden. Bei dieser stillen Beteiligung gibt es eine Mindestlaufzeit von fünf Jahren. Zum Ende des sechsten Jahres ist eine erste Rückzahlung in Höhe von 20 Prozent verpflichtend. In jeweils gleicher Höhe ist die Beteiligung dann bis zum Ende des zehnten Jahres abzulösen.

Konkret bedeutet das, dass bei
1.000.000 €
Übernahmevolumen
     20.000 €
Eigenkapital mit
     80.000 €
Verkäuferdarlehen und
   100.000 €
Beteiligung IHK-Sonderprogramm
zu 20 Prozent Eigenkapitalquote (= Quote der wirtschaftlichen Eigenmittel) führen und damit die Kreditwürdigkeit deutlich verbessert wird. Auch die (stille) Beteiligung eines Business Angels kann begünstigter Eigenmittelersatz im Sinne der Förderrichtlinien der KBG darstellen.