Omnibus-Entwürfe: Deutliche Erleichterungen bei CSRD, CSDDD und CBAM geplant
Die EU-Kommission hat Ende Februar 2025 den "Omnibus-Entwurf (I)" zur Änderung der Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie (CSRD), der Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) und der Verordnung (EU) 2023/956 zum Grenzausgleichsmechanimus (CBAM) vorgelegt. Im “Omnibus-Entwurf II “ werden Änderungen u. a. der Invest EU-Verordnung 2021/523 vorgeschlagen. Die Vorschläge sollen in Rat und EU-Parlament zeitnah beraten werden. Den CBAM-Erleichterungen haben Rat und EU-Parlament Ende Mai in Grundzügen zugestimmt. Die Fristen zur Anwendung der CSRD und der CSDDD sind mit der Veröffentlichung der Richtlinie 2025/794 im EU-Amtsblatt verlängert worden. Die Mitgliedstaaten haben bis zum 31. Dezember 2025 Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.
Omnibus I und Omnibus II
Die vorgeschlagenen Omnibus-Pakete umfassen:
- Vorschlag COM (2025) 80:
- Verschiebung der CSRD-Berichtspflicht um ein Jahr für Unternehmen, die in den Jahren 2026 und 2027 Bericht erstatten müssen (sogenannte Unternehmen der „Welle“ 2 und 3)
- Verschiebung der Umsetzungsfrist der Europäischen Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) um ein Jahr sowie der ersten Anwendungswelle auf Juli 2028
- Vorschlag COM (2025) 81 für eine Richtlinie zur Änderung einzelner Vorschriften in der CSRD und der CSDDD
- Ares (2025)1546172: Entwurf eines delegierten Rechtsakts zur Änderung der Taxonomie-Offenlegungsvorschriften und der delegierten Rechtsakte zur Taxonomie für Klima und Umwelt (öffentliche Konsultation)
- Vorschlag COM (2025) 87 für eine Verordnung zur Änderung der Verordnung über den CO2-Grenzausgleichsmechanismus (Carbon Border Adjustment Mechanism/CBAM)
- Vorschlag für eine Verordnung zur Änderung der Invest EU-Verordnung 2021/523, der Verordnung 2015/1017 für den Europäischen Fonds für strategische Investitionen, der Verordnung (EU) 2021/1153 „Connecting Europe“ und der Verordnung (EU) 2021/695 Horizon Europe.
Die Kommission hat ergänzende Erläuterungen (Commission staff working documents) sowie weitere Informationen in Form eines Q&A 'Omnibus' package zur Verfügung gestellt.
Änderungen der CSRD und ESRS
- Teilweise Verschiebung des Anwendungszeitpunkts:
Die Anwendung der CSRD wird im Vorschlag COM (2025) 80 für die großen Kapitalgesellschaften und ihnen gleichgestellte haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften um zwei Jahre verschoben – auf 2027, d. h. für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2027 beginnen. Kleine und mittlere kapitalmarktorientierte Unternehmen müssen die CSRD erst für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2028 beginnen, anwenden. Für die Unternehmen, die laut CSRD bereits in 2025 über das Geschäftsjahr 2024 berichten müssen, soll es vorerst keine Aussetzung der CSRD geben (in Deutschland ist die CSRD noch nicht in nationales Recht umgesetzt worden). - Der Anwendungsbereich der CSRD (vgl. COM (2025) 81) in Art. 19a wird verändert:
Es sollen (nur) große Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern und entweder einem Nettoumsatz von 50 Millionen Euro oder einer Bilanzsumme von 25 Millionen Euro erfasst werden. Das Größenkriterium soll unabhängig von der Kapitalmarktorientierung gelten. Kleine und mittlere kapitalmarktorientierte Unternehmen sollen künftig nicht mehr vom Anwendungsbereich der verpflichtenden Nachhaltigkeitsberichterstattung erfasst sein. Folglich werden in Art. 5 der Richtlinie 2022/2464 in Absatz 1, 1. Unterabsatz Punkt a) und c) aufgehoben. Auch für Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen wird der Anwendungsbereich, vgl. Art. 1 Abs. 3 und 4 Richtlinie 2013/34/EU, geändert. Art. 29a ändert auch den Anwendungsbereich für die konsolidierte Nachhaltigkeitsberichterstattung. Art. 40a schlägt Änderungen für von der Nachhaltigkeitsberichterstattung erfasste Drittstaatenunternehmen vor. Laut EU-Kommission würde sich durch die Änderungen des Anwendungsbereichs die Zahl der von dem Gesetz betroffenen Unternehmen in Europa von 50.000 auf etwa 10.000 verringern. - Es sollen keine weiteren sektorspezifischen Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards von der EU-Kommission erlassen werden, Art. 29b
Abs. 1, 3. und 4. Unterabsatz sollen aufgehoben werden. - Es soll keinen Listed SME-Standard (LSME) geben, Art. 29c soll aufgehoben werden.
- Die europäischen Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards (ESRS) sollen zeitnah überarbeitet und erheblich reduziert werden. Es sollen die Datenpunkte gestrichen werden, die für die allgemeine Nachhaltigkeitsberichterstattung als am wenigsten relevant erachtet werden, ohne dabei die Interoperabilität mit globalen Berichterstattungsstandards zu gefährden. Die Überarbeitung soll außerdem unklare Begriffe klären und die Kohärenz mit anderen EU-Rechtsvorschriften verbessern. Es soll klarere Anweisungen zur (doppelten) Wesentlichkeitsanalyse geben, um sicherzustellen, dass die Unternehmen nur wesentliche Informationen berichten und keine übermäßigen Ressourcen für die Wesentlichkeitsanalyse aufwenden. Ein Entwurf zur Änderung der ESRS liegt noch nicht vor.
- Rolle des freiwilligen KMU-Standards (Voluntary SME-Standard/VSME)
Die EU-Kommission schlägt allen nicht vom Anwendungsbereich der CSRD erfassten Unternehmen vor, freiwillig zu berichten. Hierzu kann der VSME dienen, den sie in einem delegierten Rechtsakt formal verabschieden will. Unklar ist, ob hierbei die von EFRAG entwickelte und Ende Dezember 2024 an die Kommission übermittelte Version des VSME gemeint ist. Ggf. werden an diesem Stand des VSME noch Änderungen vorgenommen. Der VSME wird als Obergrenze/Value Chain Cap für die Wertschöpfungskette dienen, um den Trickle-Down-Effekt zu vermindern und soll daher in Art. 29b Abs. 4 erster Unterabsatz (an Stelle des bisherigen LSME) eingefügt werden. Unternehmen, die den VSME als Obergrenze für die Wertschöpfungskette einhalten, sollen als konform mit den Verpflichtungen zur Meldung von Informationen zur Wertschöpfungskette im Rahmen des ersten Satzes der ESRS gelten. Die Kommission will den VSME zunächst als Empfehlung veröffentlichen, bevor er als delegierter Rechtsakt erlassen wird. - Elektronisches Berichtsformat
Art. 29d bezieht sich weiterhin in der englischen Sprachfassung auf „prepare“. Eine Klarstellung, ob damit die Aufstellung oder Offenlegung des Lageberichts gemeint ist, gibt es nicht. Ergänzt wurde im Entwurf, dass die Auszeichnung („mark up“) der Inhalte des Nachhaltigkeitsberichts erst dann erfolgen muss, wenn die entsprechenden Regelungen erlassen sind. Die Organe sollen nach Art. 33, letzter Unterabsatz, nicht sicherstellen müssen, dass das elektronische Format des Lageberichts und die Auszeichnung des Nachhaltigkeitsberichts eingehalten werden. - Taxonomie-Angaben
Ein neuer Art. 19b soll große Unternehmen mit durchschnittlich mehr als 1.000 Mitarbeitern und einem Nettoumsatz unter 450 Mio. EUR ermöglichen, flexibler über die Angaben nach Art. 8 Taxonomie-Verordnung zu berichten (sog. „opt-in“). Für die Konzernebene ist in Art. 29aa eine ähnliche Regelung vorgesehen. Vgl. dazu auch unten unter Ziffer 4. - Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts
Der Entwurf verlangt in Art. 26a Abs. 3 der Richtlinie 2006/43/EG eine „limited assurance“, d. h. begrenzte Prüfungssicherheit der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Der bisher vorgesehene Übergang zu einer „reasonable assurance“ soll gestrichen werden. Die Kommission soll nicht mehr verpflichtet sein, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt Prüfungsstandards für die begrenzte Prüfsicherheit zu erlassen. Sie plant stattdessen, in 2026 Leitlinien für die Prüfung zu veröffentlichen (vgl. Seite 5).
Änderungen für CSDDD
Die EU-Kommission schlägt folgende Änderungen der Richtlinie 2024/1760 (Corporate Sustainability Due Diligence Directive – CSDDD) vor:
- Späterer Start: Die Umsetzungsfrist für die Mitgliedstaaten soll um ein Jahr auf Juli 2027 verschoben werden.
- Verschiebung der Umsetzung: Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern und mehr als 900 Mio. Euro weltweitem Nettoumsatz sollen die neuen Regelungen ab Juli 2028 anwenden. Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern und mehr als 450 Mio. Euro weitweitem Nettoumsatz sollen ab Juli 2029 in den Anwendungsbereich fallen.
- Die in Artikel 13 vorgesehene Einbeziehung von Stakeholdern in Due Diligence-Aktivitäten wird begrenzt und der Stakeholder-Begriff in Artikel 3 enger gefasst.
- Die in Artikel 4 vorgesehene Vollharmonisierung bei einigen Artikeln über Sorgfaltspflichten wird ausgeweitet.
- Begrenzung auf direkte Geschäftspartner: Sorgfaltspflichten sollen in der Regel auf die eigenen Tätigkeiten des Unternehmens, die seiner Tochtergesellschaften und die seiner direkten Geschäftspartner (Tier 1) beschränkt werden. Indirekte Geschäftspartner sollen – ähnlich wie beim LkSG – erst in die Sorgfaltspflichten einbezogen werden müssen, wenn „plausible Informationen“ über Risiken oder Verstöße vorliegen (Änderung Artikel 8 ff.).
- KMU-Geschäftspartner - Orientierung am VSME: Informationen, die Unternehmen im Anwendungsbereich von ihren KMU-Geschäftspartnern mit weniger als 500 Mitarbeitern einfordern können, sollen sich am freiwilligen VSME-Standard (CSRD) orientieren, aber Abweichungen bleiben möglich (Artikel 8 Abs. 5 neu).
- Die Anforderung, Geschäftsbeziehungen als Ultima Ratio beenden zu müssen, wurde gestrichen. Hingegen sollen Unternehmen unter bestimmten Umständen ihre Geschäftsbeziehungen nicht ausbauen (Änderung Artikel 10 Absatz 6 und Artikel 11 Absatz 7).
- Bewertung alle fünf Jahre: Unternehmen müssen ihre Due-Diligence-Aktivitäten nicht mehr jährlich, sondern nur noch alle fünf Jahre bewerten – vorausgesetzt in der Zwischenzeit ist keine wesentliche Änderung eingetreten (Änderung Artikel 15).
- Die Kommission soll die in Artikel 19 aufgezählten Leitlinien für Unternehmen und Mitgliedstaaten früher veröffentlichen.
- Angleichung von Artikel 22 an die CSRD: Unternehmen müssen einen Plan zur Minderung der Folgen des Klimawandels verabschieden und „Umsetzungsmaßnahmen durchführen“.
- Sanktionen: Das Höchstmaß für Zwangsgelder (5% des weltweiten Nettoumsatzes) und die Orientierung von Zwangsgeldern am Nettoumsatz von Unternehmen wurde gestrichen. Stattdessen sollen die Kommission und Mitgliedstaaten Leitlinien für die Aufsichtsbehörden entwickeln (Änderung Artikel 27).
- Haftungsregelungen: Die spezifische, unionsweite Haftungsregelung wurde aus Artikel 29 zur zivilrechtlichen Haftung gestrichen. Verwiesen wird stattdessen auf nationale Rechtsvorschriften. Die Festlegung, ob die eigenen zivilrechtlichen Haftungsbestimmungen Vorrang vor den ansonsten geltenden Vorschriften des Drittlandes haben, in dem der Schaden eingetreten ist, wird dem nationalen Recht überlassen.
- Die Überprüfungsklausel über die Einbeziehung von Finanzdienstleistungen in den Geltungsbereich der CSDDD wurde gestrichen.
Änderungen der Taxonomie-Verordnung
Die Omnibus-Entwürfe sollen die Taxonomie-Verordnung selbst nicht ändern. Da Artikel 8 der Taxonomie-Verordnung auf den Anwendungsbereich von Artikel 19a der EU-Rechnungslegungsrichtlinie 2013/34/EU verweist, soll sich auch hier die Schwelle auf Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern erhöhen. In einem neuen Artikel 19b der EU-Rechnungslegungsrichtlinie können Unternehmen mit einem Nettoumsatz von bis zu 450 Millionen Euro den Umfang ihrer ökologisch nachhaltigen Wirtschaftstätigkeiten optional berichten. In diesem Fall sind auch Angaben zu Betriebsausgaben (OpEx) freiwillig. Zudem können Angaben zur teilweisen Erfüllung von Taxonomie-Kriterien gemacht werden. Dies soll den Unternehmen mehr Flexibilität einräumen. Zu Umfang und Form dieser Offenlegung muss die Kommission delegierte Rechtsakte erlassen.
Parallel zum Omnibus-Paket konsultiert die Kommission Änderungen an den drei delegierten Rechtsakten zur Taxonomie-Verordnung: zur Offenlegung (Disclosure Delegated Act) und zu den technischen Bewertungskriterien der sogenannten Klima- und Umwelt-Taxo (Climate Delegated Act und Environment Delegated Act). Darin wird eine Wesentlichkeitsschwelle von unter 10 Prozent der kumulativen Werte von Aktivitäten vorgeschlagen. Zudem sollen die Berichtsvorlagen vereinfacht werden, so dass statt 78 nur noch 27 Datenpunkte berichtet werden müssten. In der Klima- und Umwelt-Taxonomie sollen insbesondere die Anlagen C zu den DSNH durch vereinfachte Listen ersetzt werden. Die Bewertung der Verwendung besorgniserregender Stoffe soll sich nur noch auf harmonisiert eingestufte Stoffe beziehen.
CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM): Neue Bagatellschwelle kommt
Die Kommission schlägt vor, die Anforderungen an kleine CBAM-Importeure (meist KMU und Privatpersonen) durch eine neue Bagatellschwelle (bisher 150 Euro Warenwert pro Lieferung) zu vereinfachen. Dazu wird in Anhang VII eine neuer massenbasierter Schwellenwert 50 Tonnen Gewicht eingeführt, der kumulativ für alle CBAM-Waren in den Bereichen Eisen und Stahl, Aluminium, Düngemittel und Zement gilt, die von Importeuren während eines Kalenderjahres importiert werden (Artikel 1(1)). Dadurch sollen 90 Prozent der Importeure entlastet werden, die nur geringe Mengen von CBAM-Waren mit sehr geringen Mengen eingebetteter CO2-Emissionen aus Drittländern in die EU einführen. Trotzdem würden rund 99 Prozent der Emissionen weiterhin im CBAM-Anwendungsbereich verbleiben.
Weitere Erleichterungen
- Artikel 1(4a) und 1(14): Verschiebung der Berichtspflicht für 2026 auf 31. August 2027 und des Verkaufsbeginns auf Februar 2027. Für das Jahr 2026 muss rückwirkend gekauft werden.
- Annex IV 2a: neue Standardwerte für die Berechnung der Emissionen der importierten Güter in Höhe des Durchschnitts der zehn emissionsstärksten Länder auf. Diese neuen Standardwerte sollen gemäß Artikel 1(7) uneingeschränkt verwendbar sein.
- Artikel 1(26): für Strom müssen nur direkte Emissionen gemeldet werden
Weiterhin dem Anwendungsbereich unterliegende Importeure sollen von Erleichterungen bei den CBAM-Pflichten profitieren. So soll die Zulassung von Anmeldern, die Berechnung von Emissionen und die Verwaltung der finanziellen Haftung unter CBAM vereinfacht werden. Weitere Maßnahmen sollen CBAM wirksamer machen, indem die Bestimmungen zur Missbrauchsbekämpfung gestärkt und gemeinsam mit den nationalen Behörden eine gemeinsame Strategie zur Umgehungsbekämpfung entwickelt wird.
Rat und EU-Parlament haben den CBAM-Erleichterungen Ende Mai in Grundzügen zugestimmt. Rat und Parlament unterstützen ausdrücklich die neue Geringfügigkeitsgrenze von 50 Tonnen importierter Waren. Der Rat schlägt zudem mehrere Änderungen vor, um die CBAM-Regeln weiter zu vereinfachen. Der Rat unterstützt außerdem die von der Kommission vorgeschlagene neue Geringfügigkeitsgrenze von 50 Tonnen importierter Waren.Einzelheiten werden nun im Trilogverfahren geklärt.
DIHK-Stellungnahme
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) hat Mitte April 2025 eine umfassende Stellungnahme zu den Entwürfen der Omnibus-Pakete I und II erstellt. Darin wird unter anderem gefordert, Nachhaltigkeitsregulierung praxisnäher und mit Augenmaß umzusetzen sowie Vereinfachungen und eine Verschiebung der Anwendungsfristen vorzusehen, um Unternehmen zu entlasten und ihnen mehr Vorbereitungszeit zu geben.
(Quelle DIHK)