Gerichtsentscheidungen 2018
- Anleger- und Insolvenzrecht
- Arbeits- und Sozialrecht
- Architekten- und Baurecht
- Bankrecht
- Bau-, Miet- und Immobilienrecht
- Datenschutzrecht
- EDV-, IT-, Medien- und Onlinerecht
- Recht der freien Berufe
- Speditions- und Transportrecht
- Steuerrecht
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- Versicherungsrecht
- Wettbewerbsrecht
- Wirtschaftsrecht
Anleger- und Insolvenzrecht
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Insolvenzverfahren: Haftung des Geschäftsleiters in der Eigenverwaltung der Gesellschaft
Wird im Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Gesellschaft Eigenverwaltung angeordnet, haftet der vertretungsberechtigte Geschäftsleiter, wenn er durch schuldhaftes Verhalten einem Insolvenzgläubiger oder einem anderen Beteiligten einen Schaden zufügt. Da die Insolvenzordnung (InsO) für diesen Fall keine Haftungsgrundlage vorsieht, wendet der Bundesgerichtshof insoweit die Vorschriften des § 60 InsO (Haftung des Insolvenzverwalters) und des § 61 InsO (Nichterfüllung von Masseverbindlichkeiten) analog an.Urteil des BGH vom 26.04.2018
IX ZR 238/17
GmbHR 2018, 632 -
Schadensersatz nach Beitritt zu einer Anlagegesellschaft aufgrund unrichtiger Prospektangaben
Ein Anleger, der durch unrichtige Prospektangaben bewogen wurde, einer Anlagegesellschaft als Kommanditist beizutreten, kann nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs im Rahmen des Vertrauensschadens entweder die Rückabwicklung seiner Beteiligung verlangen oder an seiner Anlageentscheidung festhalten und Ersatz des Betrags verlangen, um den er seine Beteiligung wegen der unrichtigen Prospektangaben zu teuer erworben hat.Urteil des BGH vom 06.02.2018
II ZR 17/17
WM 2018, 724 -
Gesellschafter müssen Immobilienfonds retten
Die Geschäftsführung eines in Form einer Publikums-KG geführten Immobilienfonds ist zur Veräußerung der den einzigen Vermögenswert darstellenden Immobilie nur berechtigt, wenn ein entsprechender Gesellschafterbeschluss mit Dreiviertelmehrheit gefasst wurde. Dies leitet das Oberlandesgericht Düsseldorf aus der entsprechenden Anwendung des § 179a AktG (Verpflichtung zur Übertragung des ganzen Gesellschaftsvermögens) ab.Die Gesellschafter sind dann verpflichtet, dem Verkauf zuzustimmen, wenn die Gesellschaft andernfalls in eine unhaltbare wirtschaftliche Schieflage geraten würde. Lässt sich anders als durch eine alsbaldige Veräußerung des Fondsobjekts eine dringend notwendige Rückführung der lediglich gestundeten und somit bei Widerruf der Stundung seitens der Bank wieder fälligen Verbindlichkeiten nicht realisieren, können die Gesellschafter unter Treuepflichtgesichtspunkten zur Mitwirkung an der schnellstmöglichen Veräußerung durch Erteilung ihrer Zustimmung verpflichtet sein. Ein derartiger Gesellschafterbeschluss muss nicht notariell beurkundet werden.Urteil des OLG Düsseldorf vom 23.11.2017
I-6 U 225/16
ZIP 2018, 72 -
Kein Wegfall der Klage- und Prozessführungsbefugnis durch Insolvenz
Die Klage- und Prozessführungsbefugnis einer Personengesellschaft gegen einen Gewinnfeststellungsbescheid wird durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der klagenden Personengesellschaft nicht beendet. Sie geht daher durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht auf den Insolvenzverwalter über.Urteil des BFH vom 07.06.2018
IV R 11/16
GmbHR 2018, 1079 -
Herausgabe von Steuerkontoauszügen an Insolvenzverwalter
Dem Insolvenzverwalter steht gegenüber dem Finanzamt ein Anspruch auf Herausgabe der Steuerkontoauszüge des Insolvenzschuldners zu. Dieser kann dem Anspruch auch nicht unter Berufung auf das Steuergeheimnis entgegentreten. Das Bundesverwaltungsgericht begründet dies damit, dass gemäß § 80 InsO die Geheimnisverwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Schuldners auf den Insolvenzverwalter übergeht, soweit die Insolvenzmasse betroffen ist.Urteil des BVerwG vom 06.04.2018
7 C 5/16
ZInsO 2018, 1907 -
Frist für Bekanntmachung einer Pfandversteigerung
Bei einer Pfandversteigerung aufgrund eines gesetzlichen Pfandrechts (hier Geltendmachung des Vermieterpfandrechts an Gegenständen des säumigen Mieters) muss die Versteigerung in der Regel mindestens eine Woche und höchstens zwei Wochen vor dem Versteigerungstermin öffentlich bekannt gemacht werden. Wurde diese Frist nicht eingehalten, ist die beabsichtigte Versteigerung rechtswidrig und kann auf Antrag im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt werden.Beschluss des OLG Frankfurt vom 08.03.2018
24 W 63/17
NJW-RR 2018, 699 -
Bindung des Insolvenzverwalters an internationale Schiedsgerichtsklausel
Der Bundesgerichtshof hat die Bindung eines Insolvenzverwalters an eine vom Schuldner in einem Geschäftsbesorgungsvertrag enthaltene Schiedsgerichtsklausel bejaht. Derartige Klauseln zwischen grenzüberschreitend tätigen Unternehmen entsprechen internationalen Gepflogenheiten der jeweiligen Branche (hier der internationalen Seeschifffahrt).Beschluss des BGH vom 29.06.2017
I ZB 60/16
MDR 2018, 114 -
Insolvenz führt zur Unterbrechung eines Rechtsstreits über Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung
Gemäß § 240 ZPO wird im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei ein gerichtliches Zivilverfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften wieder aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Der Bundesgerichtshof hat sich nun damit befasst, ob bzw. welche Auswirkung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Gesellschafters einer in Gründung befindlichen GmbH (sogenannte Vor-GmbH) auf einen von diesem begonnenen Rechtsstreit hat, der sich gegen die Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung richtet.Die Karlsruher Richter kamen zu dem Ergebnis, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines GmbH-Gesellschafters regelmäßig zur Unterbrechung eines Beschlussmängelrechtsstreits des Gesellschafters führt.Urteil des BGH vom 24.10.2017
II ZR 16/16
MDR 2018, 42 -
Keine Pfändung von Hartz-IV-Nachzahlungen
Mit Wirkung vom 1. Januar 2012 ist der Pfändungsschutz für Kontoguthaben neu geregelt worden. Mit der Einrichtung des Pfändungsschutzkontos besteht automatischer Pfändungsschutz in Höhe eines bestimmten monatlichen Freibetrages.Erhält ein Hartz-IV-Empfänger eine Nachzahlung von Sozialleistungen, ist diese bei der Bemessung des pfändungsfreien Betrages den Leistungszeiträumen zuzurechnen, für die sie gezahlt wurde. Der Bundesgerichtshof begründet dies im Wesentlichen damit, dass nur so der durch die Zahlung der Leistung verfolgte Zweck, nämlich die Deckung des menschenwürdigen Bedarfs in Gestalt des Existenzminimums, gesichert werden kann.Urteil des BGH vom 24.01.2018
VII ZB 21/17
WM 2018, 432 -
Kein Akteneinsichtsrecht für Insolvenzgläubiger
Insolvenzgläubiger, deren angemeldete Forderung vom Insolvenzverwalter bestritten wurde, sind keine Verfahrensbeteiligten im Sinne der Insolvenzordnung. Ihnen steht daher kein Einsichtsrecht in die gerichtliche Insolvenzakte zu.Für das Amtsgericht München stellt das Ziel eines Insolvenzgläubigers, Einsicht in Insolvenzakten zu nehmen, um für einen Insolvenzanfechtungsprozess nützliche Informationen zur Rechtsverteidigung zu suchen, kein berechtigtes Interesse für eine Akteneinsicht dar.Beschluss des AG München vom 23.10.2017
1542 IN 960/13
jurisPR-InsR 8/2018 Anm. 6
EWiR 2018, 87 -
Gewerbeuntersagung gegen GmbH-Geschäftsführer wegen Unzuverlässigkeit trotz laufendem Insolvenzverfahren
Nach § 12 GewO (Gewerbeordnung) finden Vorschriften keine Anwendung, welche die Untersagung eines Gewerbes oder die Rücknahme oder den Widerruf einer Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden, die auf ungeordnete Vermögensverhältnisse zurückzuführen ist, ermöglichen, während eines Insolvenzverfahrens keine Anwendung in Bezug auf das Gewerbe, das zur Zeit des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeübt wurde.Nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster steht die dem Zweck des Insolvenzverfahrens schützende Vorschrift einer Gewerbeuntersagung gemäß § 35 Abs. 7a GewO gegenüber dem Vertreter mehrerer insolventer GmbHs, der in erheblichem Umfang öffentlich-rechtliche Erklärungs- und Zahlungspflichten verletzt hat, nicht entgegen. Einem insolventen Geschäftsführer kann danach trotz eines laufenden Insolvenzverfahrens der Betrieb einer weiteren GmbH wegen Unzuverlässigkeit untersagt werden.Beschluss des OVG Münster vom 02.07.2018
4 A 987/17
jurisPR-InsR 17/2018 Anm. 2 -
Massezugehörigkeit von Gegenständen nach Freigabe der selbstständigen Tätigkeit
Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können (§ 35 Abs. 2, Satz 1 InsO).Hierzu hat das Landgericht Duisburg entschieden, dass Gegenstände, die der Insolvenzschuldner nach Freigabe seiner selbstständigen Tätigkeit aus den Erträgen dieser Tätigkeit erworben hat, nicht zur Insolvenzmasse gehören.Urteil des LG Duisburg vom 17.05.2018
8 O 182/17
ZInsO 2018, 1313 -
Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes des Insolvenzschuldners bei Drittzahlungen
Der Insolvenzverwalter ist berechtigt, Zahlungen des Insolvenzschuldners anzufechten, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen wurden, der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war und der Zahlungsempfänger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte (§ 130 InsO). Bei vorsätzlicher Benachteiligung beträgt der Anfechtungszeitraum zehn Jahre (§ 133 InsO). Ausreichend ist insoweit auch ein bedingter Vorsatz.Ist einem Insolvenzgläubiger bekannt, dass seine Forderung von einem mit dem Insolvenzschuldner in Geschäftsbeziehungen stehenden Dritten getilgt wurde, geht der Bundesgerichtshof davon aus, dass ihm der Benachteiligungsvorsatz des Insolvenzschuldners bekannt ist.Denn im Regelfall liegt der Zahlung eines Dritten eine Absprache zwischen dem Insolvenzschuldner und dem Dritten zugrunde. Dass der Insolvenzgläubiger die Einzelheiten und Hintergründe der Drittzahlung kennt, ist nicht erforderlich.In dem konkreten Fall hatte der Insolvenzschuldner aufgrund eines Kaufvertrags einen Zahlungsanspruch gegenüber einem Geschäftspartner. Dieser hatte sodann abredegemäß eine Forderung des Finanzamts gegenüber dem Insolvenzschuldner ausgeglichen. Im Ergebnis muss das Finanzamt das empfangene Geld an den Insolvenzverwalter zurückzahlen.Urteil des BGH vom 12.04.2018
IX ZR 88/17
ZIP 2018, 1033 -
Insolvenzverwalter kann Auskunft über sozialversicherungsrechtliche Beitragskonten verlangen
Die bei Sozialversicherungsträgern gespeicherten Daten über einen Insolvenzschuldner, insbesondere über das zurückliegende Zahlungsverhalten, stellen für einen Insolvenzverwalter eine wichtige Erkenntnisquelle dar, um etwaige Anfechtungsansprüche gerichtsfest begründen zu können.Hierzu hat nun das Verwaltungsgericht Hannover entschieden, dass einem Insolvenzverwalter grundsätzlich ein Anspruch auf Auskunft über das Beitragskonto und etwaige weitere bestehende Beitragskonten des Insolvenzschuldners bei der gesetzlichen Krankenkasse zusteht. Dies wird damit begründet, dass der Insolvenzverwalter kraft seiner Stellung gemäß § 80 InsO als sogenannter gesetzlicher Prozessstandschafter des Insolvenzschuldners dessen Auskunftsanspruch wie ein eigenes Recht geltend machen kann.Urteil des VG Hannover vom 12.12.2017
10 A 2866/17
ZInsO 2018, 529 -
Keine Fortsetzung einer GmbH nach rechtskräftiger Ablehnung der Insolvenzeröffnung
Das Oberlandesgericht Frankfurt hält die Fortsetzung einer nach einer rechtskräftigen Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG mangels Masse aufgelösten GmbH auf der Grundlage eines Gesellschafterbeschlusses nicht für zulässig.Beschluss des OLG Frankfurt vom 27.07.2017
20 W 112/14
jurisPR-InsR 11/2018 Anm. 3 -
Kein Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters an Leasinggegenstand
Der Insolvenzverwalter darf eine bewegliche Sache nicht verwerten, wenn der Insolvenzschuldner an dieser nur mittelbaren Besitz hat und er den unmittelbaren Besitz vertraglich auf Dauer einem Dritten überlassen hat.Der vom Bundesgerichtshof entschiedene Fall betraf eine insolvente Leasinggesellschaft, die ihrem Kunden ein Fahrzeug im Wege des Finanzierungsleasings überlassen hatte. Bei dieser Vertragsart scheidet ein Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters aus, wenn der Insolvenzschuldner die Sache dem Leasingnehmer für eine feste, nicht ordentlich kündbare Grundlaufzeit überlassen hat und bei deren Ablauf eine Vollamortisation erlangt wird, weil der Leasingnehmer aufgrund der vertraglichen Regelungen zum Beispiel durch eine Abschlusszahlung, eine Restwertgarantie, eine Kaufoption oder ein Andienungsrecht insgesamt einen Betrag zu zahlen hat, der das vom Schuldner für die Anschaffung der Sache eingesetzte Kapital zuzüglich Verzinsung und Gewinn erreicht oder übersteigt.Urteil des BGH vom 11.01.2018
IX ZR 295/16
ZInsO 2018, 874 -
Befugnis des Insolvenzverwalters zur Veräußerung des Unternehmens mit der Firmenbezeichnung und zur Bildung einer Ersatzfirma
Der Insolvenzverwalter ist bei einer insolventen GmbH auch dann befugt, das Unternehmen mit der Firmierung zu veräußern, wenn der Name eines Gesellschafters in der Firmenbezeichnung enthalten ist, ohne dass dafür die Zustimmung der Gesellschaftsorgane des Insolvenzschuldners notwendig ist.Mit dieser Befugnis geht einher, dass die Gesellschaft nicht namenlos bleiben kann und es eines Ersatzfirmennamens bedarf. Bereits aus diesem Grund ist es für das Oberlandesgericht Hamm grundsätzlich notwendig und konsequent, dem Insolvenzverwalter auch eine Befugnis zuzuerkennen, eine Ersatzfirma zu bilden.Beschluss des OLG Hamm vom 22.12.2017
I-27 W 144/17
GmbHR 2018, 425
Arbeits- und Sozialrecht
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Hochwertiges Hörgerät wegen Lärms an Arbeitsstelle
Das Hessische Landessozialgericht hat entschieden, dass einem schwerhörigen Versicherten, der als Projektleiter für die Bauüberwachung von Großbaustellen zuständig ist, ein Anspruch auf ein höherwertiges Hörgerät (hier für 4.300 Euro) zusteht, das sich automatisch wechselnden Geräuschkulissen anpasst.Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 13.09.2018
L 1 KR 229/17
Pressemitteilung des Hessischen Landessozialgerichts -
Verzicht auf Abschlussgebühr kein Arbeitslohn
Verzichtet eine Bausparkasse aufgrund einer Kooperationsvereinbarung mit einem Unternehmen bei Abschluss eines Bausparvertrags durch einen Mitarbeiter des Betriebs auf die übliche Abschlussgebühr, unterliegt die ersparte Abschlussgebühr nicht der Sozialversicherungspflicht.Urteil des BSG vom 18.01.2018
B 12 R 1/17 R
RdW 2018, 473 -
Kein Anspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung einer Verzugspauschale
Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat gemäß § 288 Abs. 5 BGB bei Verzug des Schuldners, sofern dieser kein Verbraucher ist, neben seinem Anspruch auf Verzugszinsen einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Ob die Vorschrift auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses anwendbar ist, war bislang höchstrichterlich nicht entschieden.Nun kam das Bundesarbeitsgericht zu dem Schluss, dass dem Anspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung der Pauschale, wenn der Arbeitgeber mit seiner Zahlung in Verzug gerät, die Vorschrift des § 12a ArbGG (Arbeitsgerichtsgesetz) entgegensteht. Nach dem Arbeitsgerichtsgesetz steht der obsiegenden Partei jedenfalls im ersten Rechtszug kein Anspruch auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für einen Prozessbevollmächtigten oder Beistand zu. Dies führt dazu, dass nicht nur ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch wegen erstinstanzlich entstandener Beitreibungskosten ausgeschlossen ist, sondern auch der materiell-rechtliche Anspruch auf Zahlung einer Schadensersatzpauschale gemäß § 288 Abs. 5 BGB.Urteil des BAG vom 25.09.2018
8 AZR 26/18
Pressemitteilung des BAG -
Kein Arbeitsunfall bei Betriebsfeier auf dem Oktoberfest
Die Anerkennung eines Wegeunfalls als Arbeitsunfall setzt voraus, dass sich der Unfall auf dem Weg zu oder von einer versicherten Tätigkeit ereignet hat. Auch eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung, etwa ein Betriebsausflug, kann einer versicherten Tätigkeit zugerechnet werden. Erforderlich hierfür ist aber, dass der Arbeitgeber die Veranstaltung durchführt oder durchführen lässt und die Teilnahme aller Angehörigen des Betriebs oder zumindest einer Abteilung erwünscht ist, um so die Zusammengehörigkeit der Beschäftigten untereinander zu fördern.Hieran fehlt es nach Auffassung des Sozialgerichts Berlin bei einem Besuch des Münchner Oktoberfestes im Kollegenkreis, wenn die Veranstaltung von einer Brauerei, einer Kundin des Unternehmens, durchgeführt wurde, die Teilnehmer ganz überwiegend keine Betriebsangehörigen waren und Kosten für Speisen und Getränke von der Firma nicht übernommen wurden. Bei dem Oktoberfestbesuch handelte es sich daher eher um ein "Incentive-Event" bzw. eine Motivationsveranstaltung, deren Teilnahme nicht der gesetzlichen Unfallversicherung unterlag.Urteil des SG Berlin vom 01.10.2018
S 115 U 309/17
Pressemitteilung des SG Berlin -
Urlaubsabgeltungsanspruch geht auf Erben über
Urlaubsansprüche eines Arbeitnehmers wandeln sich in Abgeltungsansprüche um, wenn der Urlaub vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung, Aufhebungsvertrag oder Zeitablauf nicht mehr eingebracht werden konnte. Dies gilt nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2013 nicht bei der Vertragsbeendigung durch den Tod des Arbeitnehmers (AZ: 9 AZR 532/11) mit der Folge, dass der Anspruch nicht auf den oder die Erben des Arbeitnehmers übergeht.Nun hat der Europäische Gerichtshof demgegenüber entschieden, dass die Erben eines verstorbenen Arbeitnehmers in jedem Fall von dessen ehemaligem Arbeitgeber eine finanzielle Vergütung für den von dem verstorbenen Arbeitnehmer nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub verlangen können.Urteile des EuGH vom 06.11.2018
C-619/16 und C-684/16
JURIS online -
Betriebsrat darf mit umziehen
§ 40 Abs. 2 BetrVG verpflichtet den Arbeitgeber, dem Betriebsrat für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung in erforderlichem Umfang Räume, sachliche Mittel, Informations- und Kommunikationstechnik sowie Büropersonal zur Verfügung zu stellen.Nach dem Umzug des Betriebs in ein neues Gebäude müssen dort auch dem Betriebsrat geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden, wenn in dem Neubau - bis auf fünf Arbeitnehmer - alle 865 weiteren Arbeitnehmer beschäftigt sind und der Hin- und Rückweg zwischen den außerhalb des Gebäudes zugewiesenen Räumen und dem Neubau circa 15 Minuten beträgt.Beschluss des LAG Kiel vom 31.05.2017
1 TaBV 48/16
jurisPR-ArbR 42/2018 Anm. 3 -
Stichtagsklausel für Rückzahlung einer tarifvertraglichen Sonderzuwendung
Grundsätzlich ist es zulässig, die Zahlung von Weihnachtsgeld, Weihnachtsgratifikationen und sonstigen freiwilligen Zuwendungen mit einem Rückzahlungsvorbehalt zu versehen, wenn der Arbeitnehmer vor einem bestimmten Stichtag aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Ist die Regelung in einem Formulararbeitsvertrag enthalten, unterliegt sie der Inhaltskontrolle nach den Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB). Danach sind Vertragsklauseln, die eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellen, unwirksam.Gemäß § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB finden die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) u.a. keine Anwendung auf Tarifverträge. Somit stellt die Abhängigkeit des Anspruchs auf eine Jahressonderzahlung vom Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Stichtag im Folgejahr in einem Tarifvertrag keine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers dar.Urteil des BAG vom 27.06.2018
10 AZR 290/18
jurisPR-ArbR 40/2018 Anm. 5 -
Urlaub unter Genehmigungsvorbehalt
Das Arbeitsgericht Chemnitz hat eine in einem Formulararbeitsvertrag enthaltene Regelung, wonach die Urlaubserteilung bis eine Woche vor Urlaubsantritt unter dem Genehmigungsvorbehalt des Arbeitgebers steht, wegen unangemessener Benachteiligung des Arbeitnehmers für unwirksam erklärt. Eine derart übermäßige und einseitige Berücksichtigung betrieblicher Belange, die dem Arbeitnehmer praktisch jegliche Planungssicherheit bezüglich seines - möglicherweise schon geraume Zeit vorher gebuchten und in die Urlaubsliste eingetragenen - Urlaubs nimmt, ist unzulässig.Urteil des ArbG Chemnitz vom 29.01.2018
11 Ca 1751/17
BB 2018, 563 -
Arbeitsunfall eines Bestatters beim Anheben eines Leichnams
Erleidet ein Bestatter beim Anheben eines Leichnams ein Verhebetrauma, liegt nach Auffassung des Landessozialgerichts Stuttgart ein Arbeitsunfall vor, der zu Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung berechtigt.Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 19.07.2018
L 6 U 1695/18
JURIS online -
Abführung von Teilen der Aufsichtsratsvergütung eines Gewerkschafters
Nach den bestehenden Regelungen müssen als Aufsichtsratsmitglieder von Aktiengesellschaften tätige Gewerkschafter Teile ihrer Aufsichtsratsvergütung an eine gewerkschaftsnahe Stiftung abführen, sofern sie selbst dieser Gewerkschaft angehören.Ein Gewerkschaftsmitglied ist nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt auch dann zur satzungsgemäß vereinbarten Abführung erhaltener Tantiemen für seine Tätigkeit im Aufsichtsrat eines Unternehmens verpflichtet, wenn es ohne Unterstützung durch die Gewerkschaft in dieses Amt gelangt ist.Urteil des OLG Frankfurt vom 07.12.2017
3 U 167/14
ZIP 2018, 1290 -
Betriebsratsanhörung bei Probezeitkündigung aufgrund persönlichen Werturteils
Der Arbeitgeber ist auch bei einer Kündigung während der Probezeit verpflichtet, den im Betrieb bestehenden Betriebsrat gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG anzuhören und diesem die Kündigungsgründe mitzuteilen. Beruht die Probezeitkündigung auf personenbezogenen Werturteilen, reicht es für das Landesarbeitsgericht Rostock aus, wenn der Arbeitgeber im Rahmen der Betriebsratsanhörung allein das maßgebende Werturteil mitteilt, ohne dies näher zu substantiieren oder zu begründen. Bei der Anhörung des Betriebsrats sollte der Arbeitgeber jedoch deutlich machen, wenn er seine Kündigungsabsicht nur auf ein persönliches Werturteil stützt. Ansonsten riskiert er, dass sich die Kündigung wegen unzureichender Betriebsratsanhörung als unrechtmäßig erweist.Urteil des LAG Rostock vom 14.03.2018
3 Sa 196/17
AuA 2018, 434 -
Sozialversicherungspflicht bei Geschäftsführer mit Minderheitsbeteiligung
Ein Geschäftsführer ohne Kapitalbeteiligung (sog. Fremdgeschäftsführer) ist ausnahmslos abhängig beschäftigt und damit sozialversicherungspflichtig. Bei selbstständig tätigen Gesellschafter-Geschäftsführern entfällt die Sozialversicherungspflicht nur dann, wenn sie über eine Mindestkapitalbeteiligung von 50 Prozent oder eine "echte" Sperrminorität verfügen.Demzufolge ging das Bundessozialgericht bei einem Geschäftsführer, der zusammen mit seinem Bruder Gesellschafter einer GmbH ist, aber nur 12 Prozent der Anteile hält, von einer abhängigen und damit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung aus.Urteil des BSG vom 14.03.2018
B 12 R 5/16
StuB 2018, 308 -
Vergütung für Umkleide-, Wäsche- und Wegezeiten
Schreibt der Arbeitgeber das Tragen einer bestimmten Kleidung vor, die im Betrieb an- und abgelegt werden muss, ist das Umkleiden Teil der vom Arbeitnehmer geschuldeten und vom Arbeitgeber zu vergütenden Arbeitszeit. Dies hat das Bundesarbeitsgericht bereits im Jahr 2016 (AZ: 5 AZR 168/16) entschieden.Das Landesarbeitsgericht Rostock folgt dieser Rechtsauffassung und weist darauf hin, dass der Arbeitnehmer grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass Umkleide- und Wegezeiten angefallen sind und dass diese im geltend gemachten Umfang erforderlich waren. Steht somit fest, dass Umkleide- und Wegezeiten auf Veranlassung des Arbeitgebers entstanden sind (hier Tragen von Oberbekleidung und Schuhe aufgrund von Hygienevorgaben), kann das Gericht die erforderliche Umkleide- und die damit verbundene Wegezeit schätzen. Diese Zeiten hat der Arbeitgeber dann zu vergüten.Urteil des LAG Rostock vom 16.01.2018
2 Sa 69/17
jurisPR-ArbR 30/2018 Anm. 4 -
Rückzahlung einer Sonderzuwendung bei Ausscheiden bis zu bestimmtem Stichtag des Folgejahres
Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass es rechtlich nicht zu beanstanden ist, wenn in einem Tarifvertrag der Anspruch auf eine jährliche Sonderzahlung vom Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Stichtag außerhalb des Bezugszeitraums im Folgejahr (hier bis zum 31. März des folgenden Jahres) abhängig gemacht wird.Urteil des BAG vom 27.06.2018
10 AZR 290/17
Pressemitteilung des BAG -
Diskriminierung: Stellenanzeige im IT-Bereich auf dem Prüfstand
Das Bundesarbeitsgericht hatte sich mit der Frage der Diskriminierung durch die Formulierung folgender Stellenanzeige zu befassen: "Für die Position sollten Sie ein Studium der Ingenieur-Wissenschaften oder technischen Informatik abgeschlossen haben oder kurz vor Ihrem Abschluss stehen". Die Beschäftigung war als Teilzeitstelle ausgeschrieben und verlangte sehr gute Deutsch- und gute Englischkenntnisse in Wort und Schrift.Die höchsten Arbeitsrichter sahen in der Ausschreibung der Stelle als Teilzeitstelle keine unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung wegen des Alters. Auch in der Anforderung sehr guter Deutsch- und guter Englischkenntnisse sah das Gericht keine Diskriminierung i.S.v. § 3 Abs. 1 AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) wegen der ethnischen Herkunft. Der Umstand, dass sowohl generell im IT-Bereich als auch im IT-Bereich des Arbeitgebers überwiegend Männer tätig sind, ließ ebenfalls nicht die Vermutung zu, dass Bewerberinnen im konkreten Stellenbesetzungsverfahren wegen ihres Geschlechts benachteiligt würden.Urteil des BAG vom 23.11.2017
8 AZR 372/16
NZA-RR 2018, 287 -
Kein Anspruch auf ungeknicktes und ungetackertes Arbeitszeugnis
Ein Arbeitnehmer hat nicht nur einen Anspruch auf ein sachlich richtiges Zeugnis, sondern er kann auch verlangen, dass die übliche äußere Form gewahrt ist.Für das Landesarbeitsgericht Mainz ist es nicht zu beanstanden, wenn das Zeugnis zweimal gefaltet ist, um den Zeugnisbogen in einem Geschäftsumschlag üblicher Größe zu versenden, wenn das Originalzeugnis gleichwohl kopierfähig ist und die Knicke sich nicht auf den Kopien abzeichnen. Auch stellt es keinen Verstoß gegen die Pflicht auf Erteilung eines auch optisch ordnungsgemäßen Zeugnisses dar, wenn der Arbeitgeber die Blätter des Zeugnisses mit einem Heftgerät körperlich miteinander verbindet (ugs. "tackert"). Ein vom Arbeitnehmer darin vermutetes "Geheimzeichen" vermochten die Richter nicht zu erkennen.Urteil des LAG Mainz vom 09.11.2017
5 Sa 314/17
AA 2018, 54 -
Keine Berufskrankheit bei psychischen Erkrankungen aufgrund von Stress
Verursacht die berufliche Tätigkeit eine Berufskrankheit, haben Versicherte der gesetzlichen Unfallversicherung Anspruch auf Entschädigung. Allerdings ist nicht jede Erkrankung, die auf eine berufliche Tätigkeit zurückgeführt werden kann, ohne Weiteres eine Berufskrankheit. Vielmehr muss die Erkrankung in der Liste der Berufskrankheiten aufgenommen sein oder zumindest kurz davor stehen.Das Landessozialgericht München hat entschieden, dass die von einem selbstständigen Versicherungsfachwirt geltend gemachten Depressionen, ein Burnout-Syndrom und eine Neurasthenie nicht als Berufskrankheiten aufgrund von Stress anzuerkennen sind. Diese Beschwerden sind keine in der Berufskrankheiten-Liste erfassten Erkrankungen.Urteil des Bayerischen LSG vom 27.04.2018
L 3 U 233/15
JURIS online -
Schadensersatz nach rechtswidriger Versetzung eines Arbeitnehmers
Erweist sich die Versetzung eines Arbeitnehmers nach gerichtlicher Überprüfung als rechtswidrig, hat der Arbeitgeber dem Mitarbeiter den dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Das Landesarbeitsgericht Hessen verurteilte den wegen der ungerechtfertigten Versetzung schadensersatzpflichtigen Arbeitgeber, dem Mitarbeiter die Kosten für die Zweitwohnung, einen Teil der Heimfahrten sowie ein Tagegeld zu bezahlen.Urteil des LAG Hessen vom 10.11.2017
10 Sa 964/17
ArbR 2018, 290 -
Arbeitsunfall eines Landwirts durch Wühlmaus-Selbstschussgerät
Erleidet ein Landwirt beim Aufstellen einer Wühlmausfalle in Form eines Wühlmaus-Selbstschussgerätes durch einen versehentlich ausgelösten Schuss ein sogenanntes Knalltrauma, muss der gesetzliche Unfallversicherungsträger für die Behandlungskosten aufkommen.Urteil des SG Münster vom 05.04.2018
S 3 U 11/16
JURIS online -
Kündigung wegen Verurteilung des Arbeitnehmers zu einer Freiheitsstrafe
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur haftbedingten Arbeitsverhinderung als personenbedingter Kündigungsgrund liegt ein solcher für eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich zumindest dann vor, wenn der Arbeitnehmer im Kündigungszeitpunkt noch eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren zu verbüßen hat und eine vorherige Entlassung nicht sicher zu erwarten steht.In dem vom Hessischen Landesarbeitsgericht entschiedenen Fall war ein junger Mitarbeiter eines Bäckereibetriebs wegen Beteiligung an einem versuchten Raubüberfall rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt worden. Da nicht sicher feststand, ob er die Strafe vollständig verbüßen oder etwa vorzeitig in den offenen Vollzug wechseln würde, hielt das Gericht die vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung für rechtens.Urteil des Hessischen LAG vom 21.11.2017
8 Sa 146/17
AA 2018, 55 -
Lohnanspruch bei Erkrankung während des Arbeitstages
Verlässt ein Arbeitnehmer während eines Arbeitstages krankheitsbedingt seinen Arbeitsplatz, steht ihm nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln für den gesamten Arbeitstag die Vergütung gemäß § 611 BGB und keine Entgeltfortzahlung gemäß § 3 Abs. 1 EFZG (Entgeltfortzahlungsgesetz) zu.Urteil des LAG Köln vom 12.01.2018
Sa 290/17
AA 2018, 57 -
Arbeitgeber haftet nicht für Impfschaden bei betrieblich angebotener Grippeschutzimpfung
Bietet ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern eine Grippeschutzimpfung an, die durch eine freiberufliche Betriebsärztin durchgeführt wird, und deren Kosten das Unternehmen trägt, so haftet der Arbeitgeber nicht, wenn es bei der Impfung zu einer Schädigung des geimpften Arbeitnehmers kommt.Hat der Betriebsarzt im eigenen Namen zu der Grippeschutzimpfung aufgerufen, kommt kein Behandlungsvertrag zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zustande, aus welchem für den Arbeitgeber die Pflicht zur Aufklärung über Impfgefahren resultieren würde.Urteil des BAG vom 21.12.2017
8 AZR 853/16
AuA 2018, 181 -
Durchsetzung des Schulungsanspruchs durch Betriebsrat im Eilverfahren
Betriebsratsmitglieder haben grundsätzlich Anspruch auf Freistellung und Kostenerstattung für Fortbildungs- und Schulungsmaßnahmen im Rahmen ihrer Betriebsratstätigkeit, sofern die Fortbildungsmaßnahme für die Arbeit des Betriebsrats i.S.d. § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG erforderlich ist.Grundsätzlich kann der Betriebsrat im Falle der Verweigerung der Kostenübernahme durch den Arbeitgeber seinen Anspruch auch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes geltend machen, wenn wegen Zeitablaufs die Versäumung der Schulungsveranstaltung droht. Dem Betriebsrat kann im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vom Arbeitgeber nicht entgegengehalten werden, er könne die Teilnahme zunächst durch finanzielle Vorleistungen Dritter, etwa seiner Mitglieder, sichern und benötige daher keine gerichtliche Hilfe im Eilverfahren.Beschluss des LAG Düsseldorf vom 05.12.2017
4 TaBVGa 7/17
ArbR 2018, 163 -
Keine Haftung des Arbeitnehmers für Schaden durch "Spoofing"
Immer wieder fallen Empfänger auf E-Mails oder Telefonanrufe mit vorgetäuschter vertrauenswürdiger Identität herein. Ziel dieses sogenannten Spoofings ist insbesondere die Erlangung personenbezogener Daten.In dem vom Landesarbeitsgericht Düsseldorf entschiedenen Fall gab eine Tankstellenmitarbeiterin nach einem Telefonanruf, bei dem sich der Anrufer durchaus glaubhaft als Mitarbeiter der mit dem Tankstellenbetreiber zusammenarbeitenden Telefongesellschaft ausgab und aus Anlass eines angeblichen Systemwechsels Daten von Prepaidkarten nachfragte, die Codes von 124 Prepaidkarten heraus, wodurch dem Arbeitgeber ein Schaden von 3.740 Euro entstand.Die Schadensersatzklage des Tankstellenbesitzers gegen die Arbeitnehmerin hatte jedoch keinen Erfolg. Das Gericht sah in der telefonischen Herausgabe der Codes kein grob fahrlässiges Verhalten, da die Arbeitnehmerin in der konkreten Situation die erforderliche Sorgfalt nicht in ungewöhnlich hohem Maße verletzt hatte, obwohl sie entgegen einer Betriebsanweisung gehandelt hatte. Für die erst kurz an der Tankstelle beschäftigte Mitarbeiterin war die Ungewöhnlichkeit eines Systemwechsels nicht erkennbar. Hierauf hätte der Arbeitgeber bei der Einarbeitung hinweisen müssen.Urteil des LAG Düsseldorf vom 29.08.2017
14 Sa 334/17
MMR 2018, 192 -
Betriebsübergang: Verwirkung des Widerspruchsrechts nach jahrelanger widerspruchsloser Weiterarbeit
Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch ein Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein (§ 613a Absatz 1, Satz 1 BGB). Betroffene Arbeitnehmer können dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses im Rahmen eines Betriebsübergangs jedoch innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung widersprechen.Eine fehlerhafte Unterrichtung des Arbeitnehmers gemäß § 613a Abs. 5 BGB setzt die einmonatige Widerspruchsfrist nicht in Gang. Der Arbeitnehmer kann dann noch zu einem späteren Zeitpunkt sein Widerspruchsrecht ausüben. Das Gesetz sieht dafür keine Höchstfrist vor. Das Widerspruchsrecht kann aber verwirkt werden, wenn der Arbeitnehmer beim Betriebserwerber jahrelang widerspruchslos weiterarbeitet und erst nach Jahren (hier acht Jahre und 11 Monate) dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widerspricht.Urteil des LAG Erfurt vom 15.02.2018
3 Sa 373/17
jurisPR-ArbR 21/2018 Anm. 4 -
Zulässigkeit einer Altersgrenze bei Berechnung der Betriebsrente
Eine tarifliche Regelung, die vorsieht, dass Zeiten nach der Vollendung des 60. Lebensjahres bei der Berechnung einer Betriebsrente nicht mehr berücksichtigt werden, stellt keine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) dar.Das Bundesarbeitsgericht sah in der Regelung einen sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung, obwohl sie dazu führt, dass Arbeitnehmer, die bei Beginn ihres Arbeitsverhältnisses ein höheres Lebensalter hatten, wegen ihres Alters eine ungünstigere Behandlung erfahren als Arbeitnehmer, die zu diesem Zeitpunkt jünger waren. Eine solche Altersgrenze bewirkt, dass der Arbeitgeber den aus der Versorgungszusage resultierenden Versorgungsaufwand verlässlich kalkulieren und seine wirtschaftlichen Belastungen besser einschätzen und begrenzen kann.Urteil des BAG vom 17.10.2017
3 AZR 199/16
NZA 2018, 376 -
Kein Arbeitsunfall bei Sturz nach Wirtshausbesuch während Reha
Erleidet ein krankheitsbedingt auf Kur befindlicher Arbeitnehmer nach einem abendlichen Gaststättenbesuch mit einer Gruppe von Rehabilitanden außerhalb der Reha-Einrichtung auf dem Nachhauseweg einen Unfall, unterfällt dieser nicht dem Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg ordnete den Gaststättenbesuch dem nicht versicherten privaten (Freizeit-)Bereich zu.Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 23.03.2018
L 8 U 3286/17
JURIS online -
Angemessene Zeitspanne für Anhörung des Arbeitnehmers vor Verdachtskündigung
Wer einem Arbeitnehmer gegenüber eine Kündigung aussprechen will, die nicht auf Tatsachen, sondern auf einem hinreichend schweren Verdacht einer gravierenden Verfehlung beruht, muss den betroffenen Mitarbeiter vorher zu den Vorwürfen anhören. Dabei ist ihm angemessen Zeit für die Antwort einzuräumen.Setzt der Arbeitgeber eine zu kurze Frist (hier zwei Werktage) und kündigt er dem Arbeitnehmer nach deren Ablauf, ohne dass dessen Stellungnahme vorliegt, so ist die Kündigung nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein als Verdachtskündigung rechtsunwirksam.Urteil des LAG Schleswig-Holstein vom 21.03.2018
3 Sa 398/17
Pressemitteilung des LAG Schleswig-Holstein -
Handy-Klingeln in Gerichtsverhandlung nach vorheriger Belehrung, das Gerät auszuschalten
Während einer Verhandlung vor dem Arbeitsgericht klingelte das Handy des Geschäftsführers einer der Prozessparteien. Das Arbeitsgericht wies ihn darauf hin, er möge das Handy ausschalten, andernfalls würden 50 Euro Ordnungsgeld verhängt. Auf Nachfrage erklärte der Geschäftsführer, dass das Handy ausgeschaltet sei. Als es dennoch erneut klingelte, verhängte das Gericht gegen ihn wegen ungebührlichen Verhaltens ein Ordnungsgeld i.H.v. 50 Euro, hilfsweise einen Tag Ordnungshaft.Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Geschäftsführers hatte vor dem Landesarbeitsgerichts Kiel Erfolg. Nach den gegebenen Umständen war nicht auszuschließen, dass das erneute Handy-Klingeln auf eine Fehlbedienung zurückzuführen war. Ein Ordnungsmittel wegen Ungebühr setzt Vorsatz oder jedenfalls Gleichgültigkeit voraus, was hier letztlich nicht nachweisbar war. Das Ordnungsgeld musste folglich nicht bezahlt werden.Beschluss des LAG Kiel vom 20.09.2017
4 Ta 117/17
FA 2018, 129 -
Einigungsstelle für Beschwerde gegen Abmahnung nicht zuständig
Bestehen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung einer Beschwerde, so kann der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat (§ 85 BetrVG).Die Einigungsstelle ist nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg jedoch nicht zuständig, wenn Streitgegenstand eines Beschwerdeverfahrens allein die sachliche Rechtfertigung einer ausgesprochenen Abmahnung und deren Beseitigung aus der Personalakte eines Mitarbeiters ist.Beschluss des LAG Berlin-Brandenburg vom 15.08.2017
7 TaBV 860/17
jurisPR-ArbR 11/2018 Anm. 6
EzA-SD 2018, Nr. 3, 15 -
Abhängig beschäftigter Taxifahrer im "Mietmodell"
Eine Taxizentrale muss für Taxifahrer, die gegen ein kilometerabhängiges Entgelt die Fahrzeuge von der Zentrale mieten und die ansonsten wie festangestellte Fahrer eingesetzt werden, Sozialversicherungsbeiträge entrichten. Das Sozialgericht Dortmund vertritt die Auffassung, dass die Fahrer der Taxis im vorliegenden "Mietmodell" abhängig beschäftigt i.S.d. § 7 Abs. 1 SGB IV sind und damit der Versicherungspflicht im Rahmen der gesetzlichen Sozialversicherung unterliegen.Urteil des SG Dortmund vom 05.02.2018
S 34 BA 1/18 ER
JURIS online -
Unzulässige einheitliche Verkürzung von tariflichen Kündigungsfristen
Werden die tariflich festgelegten, von der Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängigen Kündigungsfristen für den Fall, dass ein Sozialplan abgeschlossen worden ist, einheitlich erheblich verkürzt, liegt darin ein unzulässiger Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 GG. In diesem Fall sind von der Verkürzung der Kündigungsfrist typischerweise am stärksten ältere Arbeitnehmer betroffen.Urteil des LAG Hamburg vom 11.01.2018
7 Sa 91/17
ArbR 2018, 207 -
Diskriminierung durch Pflicht zur Offenbarung einer Schwerbehinderung im Arbeitsvertrag
Für das Landesarbeitsgericht Hamburg stellt ein Arbeitsvertragsformular, das dem Bewerber nach einem Einstellungsgespräch zur Unterzeichnung vorgelegt wird, durch die darin enthaltene Formulierung "Der Mitarbeiter erklärt, dass er zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses den Bestimmungen des Schwerbehindertengesetzes nicht unterliegt", eine unzulässige Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung nach § 3 Satz 1 AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) dar. Dies gilt jedenfalls in den Fällen, in denen keinerlei Auswirkungen der Schwerbehinderung auf die auszuübende Tätigkeit zu erwarten sind. Das Gericht verurteilte den Arbeitgeber zu einer Entschädigungszahlung i.H.v. drei Bruttogehältern.Urteil des LAG Hamburg vom 30.11.2017
7 Sa 90/17
FA 2018, 93 -
Sturz auf Toilette während Arbeit nicht gesetzlich unfallversichert
Das Sozialgericht Heilbronn hat entschieden, dass der Aufenthalt in einer betrieblichen Toilettenanlage grundsätzlich nicht unfallversichert ist. Es versagte daher einem Arbeitnehmer, der in den Toilettenräumen auf dem mit Seife verunreinigten Boden ausgerutscht und gestürzt war, den gesetzlichen Versicherungsschutz.Urteil des SG Heilbronn vom 27.12.2017
S 13 U 1826/17
Pressemitteilung des SG Heilbronn -
Begründung der Ablehnung eines Vorsitzenden für die Einigungsstelle
Wird in einem Unternehmen eine Einigungsstelle eingerichtet, die bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat entscheidet, kommt dem Vorsitzenden eine besondere Bedeutung zu. Nicht selten kommt es bei der Besetzung zum Streit, der letztendlich durch das Arbeitsgericht entschieden werden muss.Wird das Arbeitsgericht nach der Ablehnung eines bestimmten Vorsitzenden angerufen, muss es das "Veto" gegen die Bestellung nur dann berücksichtigen, wenn dieses begründet worden ist. Eine grundlose Ablehnung ist für die gerichtliche Ermessensentscheidung in der Regel unerheblich.Beschluss des LAG Stuttgart vom 28.09.2017
12 TaBV 7/17
jurisPR-ArbR 12/2018 Anm. 5 -
Ordnungsgeld wegen Nichterscheinens zum Gütetermin
Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 ArbGG (Arbeitsgerichtsgesetz) beginnt ein arbeitsgerichtliches Verfahren stets mit einer Verhandlung vor dem Vorsitzenden zum Zwecke der gütlichen Einigung der Parteien (Güteverhandlung). Ordnet das Gericht - wie üblich - das persönliche Erscheinen der Parteien an, kann es bei unentschuldigtem Ausbleiben ein Ordnungsgeld verhängen, wenn durch das Nichterscheinen aufklärungsbedürftige Fragen nicht erörtert werden können und dadurch die sachgerechte Vorbereitung des Kammertermins erschwert wird.Ist die betreffende Partei eine GmbH, ist das Ordnungsgeld gegen diese und nicht gegen deren nicht erschienenen Geschäftsführer festzusetzen.Beschluss des LAG Hamm vom 28.12.2017
4 Ta 88/17
FA 2018, 106 -
Verletzung beim "teambildenden Eislaufen" ist kein Arbeitsunfall
Die Teamleiterin einer zehnköpfigen Abteilung einer Modefirma organisierte für ihre Mitarbeiter den Besuch einer Eisbahn als teambildende Maßnahme. Als sie sich auch selbst auf die Eisfläche wagte, stürzte sie und brach sich das Armgelenk. Das Sozialgericht lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall aus mehreren Gründen ab.Zum einen war es für die Teamleiterin, um das Team zu motivieren und für ein gutes Betriebsklima zu sorgen, nicht erforderlich, selbst an der Aktivität teilzunehmen. Zum anderen war die Veranstaltung von der Unternehmensleitung nicht angeordnet worden; diese war nicht einmal informiert gewesen. Die Initiierung und Organisation des Ausflugs zur Eisbahn lediglich durch die Teamleiterin reichte für das Gericht jedenfalls nicht aus, der Maßnahme den Charakter einer von der Unternehmensleitung getragenen betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung zu geben.Urteil des SG Detmold vom 09.02.2018
S 1 U 263/15
Pressemitteilung des SG Detmold -
Kündigung einer Pauschalierungsabrede
Vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Pauschalierung eines Anspruchs (hier einer Erschwerniszulage) und dient die Regelung alleine der Abrechnungsvereinfachung, kann vertraglich eine Kündigungsmöglichkeit auch ohne Angabe von Gründen wirksam vereinbart werden.Durch eine solche Abrede über eine gesonderte Kündbarkeit der Pauschalierungsvereinbarung wird nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts kein zwingender Kündigungsschutz umgangen. Es wird damit nicht die Widerruflichkeit eines eigenständigen Entgeltbestandteils vereinbart und dadurch die Hauptleistungspflicht des Arbeitgebers selbst einer einseitigen Abänderbarkeit unterworfen, sondern lediglich eine Erfüllungsmodalität ausgestaltet.Urteil des BAG vom 18.05.2017
2 AZR 721/16
NZA 2017, 1195
RdW 2018, 56 -
Fristlose Kündigung nach Drohung mit Suizid und Amoklauf
Die objektiv ernst zu nehmende Drohung eines Arbeitnehmers mit einem Amoklauf im Betrieb und einem Suizid kann einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darstellen, wenn mit der Drohung Druck auf den Arbeitgeber ausgeübt werden soll, um bestimmte eigene Interessen oder Forderungen durchzusetzen.Für das Bundesarbeitsgericht stellt eine ernstliche Drohung des Arbeitnehmers mit Gefahren für Leib oder Leben des Arbeitgebers, von Vorgesetzen und/oder Arbeitskollegen, für die kein allgemeiner Rechtfertigungsgrund eingreift, eine massive Störung oder jedenfalls konkrete Gefährdung des Betriebsfriedens dar, die der Arbeitgeber nicht hinnehmen muss. Nicht entscheidend ist, ob der Drohende seine Ankündigung tatsächlich verwirklichen kann oder will.Urteil des BAG vom 29.06.2017
2 AZR 47/16
MDR 2018, 99 -
Widerruf eines erteilten Arbeitszeugnisses
Der Arbeitgeber ist berechtigt, ein bereits erteiltes Arbeitszeugnis zu widerrufen und von dem (ehemaligen) Arbeitnehmer dessen Rückgabe zu verlangen, wenn ihm nachträglich Tatsachen bekannt werden, die eine andere Beurteilung rechtfertigen würden und bei der Einstellungsentscheidung für einen zukünftigen Arbeitgeber von ausschlaggebender Bedeutung sein könnten. Der Anspruch ist jedoch dann ausgeschlossen, wenn einem organschaftlichen oder rechtsgeschäftlichen Vertreter die maßgeblichen Erkenntnisse bei der Zeugniserteilung bekannt waren. Der Arbeitgeber muss sich deren Kenntnisse dann zurechnen lassen.Urteil des LAG Kiel vom 17.10.2017
1 Sa 228/17
NZA-RR 2018, 69 -
Ehrenamtlicher Kreishandwerksmeister kein Arbeitnehmer
Die Tätigkeit eines ehrenamtlichen Kreishandwerksmeisters führt regelmäßig nicht zu einer persönlichen Abhängigkeit im Sinn eines Arbeitnehmers und ist daher nicht als sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis anzusehen.Urteil des BSG vom 16.08.2017
B 12 KR 14/16 R
DStR 2018, 144 -
Berücksichtigung des Mindestlohns bei Berechnung von Sondervergütungen
Bei den Zahlungen für einen Feiertag bzw. beim "Urlaubslohn" handelt es sich laut Bundesarbeitsgericht um Vergütungszahlungen, die gerade nicht als Gegenleistung für geleistete Arbeit erfolgt sind, sondern für Zeiten ohne Arbeitsleistung. Mindestlohnansprüche können dadurch nicht erfüllt werden. Gleiches gilt im Hinblick auf eine vom Arbeitgeber als "Urlaubsgeld" geleistete Zahlung.Urteil des BAG vom 20.09.2017
10 AZR 171/16
BB 2018, 121 -
Kein Schadensersatz nach berechtigter Verdachtskündigung
Gegen einen Arbeitnehmer war nach einer anonymen Anzeige ein Strafverfahren wegen Vorteilsannahme eingeleitet worden. Nachdem die Staatsanwaltschaft deswegen Anklage erhoben hatte, sprach der Arbeitnehmer eine fristlose Kündigung aus. Im darauffolgenden Kündigungsrechtsstreit sahen Arbeits- und Landesarbeitsgericht die Verdachtskündigung als gerechtfertigt an.Später wurde der Arbeitnehmer in dem Strafverfahren freigesprochen. Er verlangte nun Schadensersatz von seinem früheren Arbeitgeber u.a. wegen entgangener Altersteilzeitvergütung. Das Bundesarbeitsgericht wies die Klage mit der Begründung ab, in beiden Instanzen des Kündigungsverfahrens sei von den Gerichten darauf hingewiesen worden, dass der Arbeitgeber aufgrund der gegebenen Sachlage vor Ausspruch der Verdachtskündigung zu keinen weiteren Ermittlungen verpflichtet gewesen sei. Ihm war somit beim Ausspruch der Kündigung kein schuldhaftes Verhalten anzulasten.Urteil des BAG vom 27.06.2017
9 AZR 576/15
ArbR 2017, 488
RdW 2018, 24 -
Kein Betriebsübergang bei Betriebsführungsvertrag
Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch ein Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein (§ 613a Absatz 1, Satz 1 BGB). Betroffene Arbeitnehmer können dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses im Rahmen eines Betriebsübergangs innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung widersprechen.Voraussetzung für das Vorliegen eines Betriebsübergangs ist, dass der bisherige Betriebsinhaber die Verantwortung für den Betrieb an den Betriebserwerber abgibt. Daran fehlt es nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts, wenn im Rahmen eines Betriebsführungsvertrags der vermeintliche Betriebsübernehmer nach außen gegenüber Kunden und Lieferanten nicht als Betriebsinhaber auftritt. In diesem Fall bleiben die bisherigen Arbeitsverhältnisse bestehen.Urteil des BAG vom 25.01.2018
8 AZR 338/16
Pressemitteilung des BAG -
Karenzentschädigung: Rücktritt vom nachvertraglichen Wettbewerbsverbot
Eine arbeitsvertraglich vereinbarte Karenzentschädigung ist eine Gegenleistung für die Unterlassung von Konkurrenztätigkeit. Erbringt eine Vertragspartei ihre Leistung nicht, kann die andere vom Wettbewerbsverbot zurücktreten. Ein Rücktritt wirkt dabei für die Zeit nach dem Zugang der Erklärung und führt in der Folgezeit zum Entfallen der wechselseitigen Pflichten.In dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber trotz mehrmaliger Mahnung die Karenzentschädigung nicht gezahlt. Daher war der Arbeitnehmer zum Rücktritt, in dem er erklärte, sich "ab sofort nicht mehr an das Wettbewerbsverbot gebunden" zu fühlen, berechtigt. Ihm stand somit eine Karenzentschädigung nur bis zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung zu.Urteil des BAG vom 31.01.2018
10 AZR 392/17
Pressemitteilung des BAG -
Fristlose Kündigung nach Weiterleitung geschäftlicher Informationen auf privaten E-Mail-Account
Aufgrund der im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses bestehenden Rücksichtnahmepflicht ist es dem Arbeitnehmer verwehrt, sich ohne Einverständnis des Arbeitgebers betriebliche Unterlagen oder Daten anzueignen oder diese für betriebsfremde Zwecke zu vervielfältigen. Sendet ein Arbeitnehmer, der nach einer ordentlichen Kündigung unmittelbar vor Abschluss eines Arbeitsvertrags mit einem Konkurrenzunternehmen steht, in ungewöhnlichem Umfang Mails mit betrieblichen Informationen an seinen privaten E-Mail Account, stellt dies eine unmittelbare Gefährdung der Geschäftsinteressen des Arbeitgebers dar, die diesen zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung berechtigt.In dem vom Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entschiedenen Fall ergab die durchgeführte Interessenabwägung, dass dem Arbeitgeber ein Abwarten des Ablaufs der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zumutbar war. Ob der Arbeitnehmer die entnommenen betrieblichen Daten tatsächlich am Ende auch zu Konkurrenzzwecken verwendet hat oder ob dies unterblieben ist, nachdem der Arbeitgeber von ihm eine entsprechende Unterlassungserklärung verlangt hat, war für das Gericht letztlich unerheblich.Urteil des LAG Berlin-Brandenburg vom 16.05.2017
7 Sa 38/17
AuA 2018, 51 -
Arbeitsunfall: Sturz bei betrieblichem Bowling-Turnier
Der Sturz eines Arbeitnehmers während eines auf einer Dienstreise durchgeführten betrieblichen Bowling-Turniers kann laut Sozialgericht Aachen einen versicherten Arbeitsunfall darstellen. Maßgeblich hierfür ist, dass dem Arbeitnehmer eine Teilnahme an der Fortbildung von seinem Arbeitgeber vorgeschrieben wurde und das Bowling-Turnier fester Programmpunkt der Veranstaltung war.Urteil des SG Aachen vom 06.10.2017
S 6 U 135/16
JURIS online -
Streikexzess durch Zufahrtsbehinderung zu einem Betriebsgelände
Wird durch eine Gewerkschaft die Zufahrt zu einem Betriebsgelände zur Verhinderung der Zufahrt von Lieferanten, Kunden, Besuchern und sonstigen zutrittswilligen Personen rechtswidrig blockiert, kann dies einen sogenannten Streikexzess darstellen. Dies begründet Unterlassungsansprüche des Unternehmens gegenüber der Gewerkschaft. Das Aufhalten und Ansprechen lediglich einzelner Lkw-Fahrer auf dem Weg zum Betriebsgelände für nicht länger als fünf Minuten muss - so das Arbeitsgericht Fulda - hingegen als zulässige Streikmaßnahme hingenommen werden.Hinweis: Gegen das Urteil hat die Gewerkschaft Berufung beim Landesarbeitsgericht Frankfurt unter dem Aktenzeichen 16 SaGa 1175/17 eingelegt.Urteil des ArbG Fulda vom 19.07.2017
3 Ga 4/17
ArbuR 2017, 417 -
Antrag des Arbeitgebers auf Ausschluss des Betriebsratsvorsitzenden
Nach § 23 Abs. 1 BetrVG kann auch der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht den Ausschluss eines Mitglieds aus dem Betriebsrat oder die Auflösung des Betriebsrats wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten beantragen. Der Antrag kann jedoch nur auf eine Pflichtverletzung gestützt werden, die das Verhältnis einzelner Betriebsratsmitglieder oder des gesamten Betriebsrats zum Arbeitgeber betrifft. Keine Antragsberechtigung besteht daher hinsichtlich solcher Pflichtverletzungen, die im Verhältnis der Betriebsratsmitglieder untereinander oder im Verhältnis zur Belegschaft erfolgen.Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg geht davon aus, dass eine leichtfertig erstattete Strafanzeige oder ein leichtfertig gestellter Strafantrag eines Betriebsratsmitglieds gegen den Arbeitgeber oder seine Repräsentanten jedenfalls dann eine Verletzung des Gebots der vertrauensvollen Zusammenarbeit darstellt, wenn ein Bezug zum Handeln als Betriebsrat besteht.Beschluss des LAG Berlin-Brandenburg vom 31.05.2017
15 TaBV 1979/16
jurisPR-ArbR 2/2018 Anm. 6 -
Gilt Klagefrist auch bei Eigenkündigung des Arbeitnehmers?
Das Bundesarbeitsgericht hatte sich mit dem in der Praxis eher seltenen Fall zu befassen, dass ein Arbeitnehmer die Unwirksamkeit einer von ihm selbst ausgesprochenen Kündigung gerichtlich feststellen lassen will. In dem konkreten Fall machte der Arbeitnehmer geltend, zum Zeitpunkt der Eigenkündigung wegen einer psychischen Erkrankung geschäftsunfähig gewesen zu sein. Nach längerem Krankenhausaufenthalt und einer zeitweise angeordneten Betreuung war er wieder als geschäftsfähig anzusehen und klagte vor dem Arbeitsgericht. Der Arbeitgeber berief sich auf die Vorschrift des § 4 Satz 1 KSchG (Kündigungsschutzgesetz), wonach eine Kündigungsschutzklage binnen vier Wochen nach Zugang der Kündigung hätte erhoben werden müssen.Das Bundesarbeitsgericht entschied hierzu, dass die in § 4 Satz 1 KSchG geregelte Klagefrist bei Eigenkündigung nicht anzuwenden ist und ließ die Klage des Arbeitnehmers zu. Ob diese auch begründet ist, kann erst nach einer Beweisaufnahme über den Gesundheitszustand zum Zeitpunkt der Eigenkündigung festgestellt werden.Urteil des BAG vom 21.09.2017
2 AZR 57/17
MDR 2018, 98 -
Gleichbehandlungsgrundsatz: Unterschiedlich hohe Sonderzahlungen nach Lohnverzicht
Das Bundesarbeitsgericht hatte sich mit der Rechtmäßigkeit einer Betriebsvereinbarung zu befassen, durch die Arbeitnehmer, die in der Vergangenheit auf Entgeltbestandteile verzichtet haben, eine höhere Sonderzahlung erhalten sollten als Arbeitnehmer, die keinen Verzicht geleistet hatten.Die Bundesrichter befanden die ungleiche Behandlung der beiden Arbeitnehmergruppen für sachlich gerechtfertigt, wenn die Sonderzahlung dem Ausgleich der unterschiedlichen Entgeltbedingungen dient und keine Überkompensation eintritt.Urteil des BAG vom 20.09.2017
10 AZR 610/15
BB 2018, 243 -
Vertragsunterzeichnung "im Auftrag" bzw. "in Vertretung"
Ist für bestimmte Verträge, wie z.B. bei der Begründung eines befristeten Arbeitsverhältnisses die Schriftform vorgeschrieben und wird der Vertrag von einer anderen Person als dem Zeichnungsberechtigten unterschrieben, muss das Vertretungsverhältnis in der Vertragsurkunde deutlich zum Ausdruck kommen.Ist eine Erklärung mit dem Zusatz "Im Auftrag" unterschrieben, kann das im Einzelfall dafür sprechen, dass der Unterzeichner nicht selbst handelnd wie ein Vertreter die Verantwortung für den Inhalt der von ihm unterzeichneten Erklärung übernehmen will. Der Zusatz "In Vertretung" deutet demgegenüber darauf hin, dass der Erklärende selbst für den Vertretenen handelt. Bei der vorzunehmenden Auslegung der Erklärung ist aber zu berücksichtigen, dass im allgemeinen, nicht juristischen Sprachgebrauch nicht immer hinreichend zwischen "Auftrag" und "Vertretung" unterschieden wird. Die Zusätze werden häufig nur verwendet, um unterschiedliche Hierarchieebenen auszudrücken. Deswegen folgt nicht allein aus dem Zusatz "Im Auftrag", dass der Erklärende lediglich als Bote und nicht als Vertreter gehandelt hat. Maßgeblich sind vielmehr die Gesamtumstände. Ergibt sich daraus, dass der Unterzeichner die Erklärung ersichtlich im Namen eines anderen abgegeben hat, ist von einem Handeln als Vertreter auszugehen. In diesem Fall ist die Schriftform gewahrt.Urteil des BAG vom 12.04.2017
7 AZR 446/15
ArbR 2017, 391 -
Beteiligung des Arbeitnehmers an betrieblichem Eingliederungsmanagement (bEM)
Ein Arbeitgeber, der eine Kündigung wegen lang anhaltender Krankheit eines Arbeitnehmers aussprechen will, ist gehalten, erst das gebotene betriebliche Eingliederungsmanagement (bEM) gemäß § 84 Abs. 2 SGB IX durchzuführen.Das Arbeitsgericht Berlin weist darauf hin, dass bei der Klärung der Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit des betroffenen Arbeitnehmers möglichst überwunden und der Arbeitsplatz erhalten werden kann, eine bloße Anhörung des Arbeitnehmers nicht ausreicht. Er muss vielmehr im Sinne einer Interaktion initiativ werden. Beispielsweise muss der Arbeitnehmer auf mögliche Rehabilitationsmaßnahmen und auf die Notwendigkeit einer entsprechenden Antragstellung hingewiesen werden.Urteil des ArbG Berlin vom 23.02.2017
54 Ca 12814/16
jurisPR-ArbR 5/2018 Anm. 4 -
Zeugniserteilung: Arbeitgeber muss sich genau an vereinbarten Wortlaut halten
Einigen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einem gerichtlichen Vergleich auf die Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses mit einem genau festgelegten Wortlaut, ist der Arbeitgeber verpflichtet, sich genau an diese Formulierungen zu halten. Sieht die Vereinbarung vor, dass ein bestimmter Absatz im Präsens formuliert werden soll, und der Arbeitgeber stattdessen das Imperfekt verwendet, liegt keine Erfüllung des Anspruchs auf Erteilung des Zeugnisses vor. Der Arbeitnehmer kann diesen Anspruch daher im Wege der Zwangsvollstreckung durch Verhängung eines Zwangsgeldes gegen den Arbeitgeber durchsetzen.Beschluss des LAG Kiel vom 25.07.2017
1 Ta 78/17
ArbuR 2017, 514 -
Arbeitsunfall: Keine "besondere Betriebsgefahr" im Hotelzimmer
Ein Unfall auf einer Dienstreise stellt nur dann einen gesetzlich versicherten Arbeitsunfall dar, wenn sich der Unfall in einem sachlichen Zusammenhang mit der Dienstreise und dem zugrunde liegenden versicherten Beschäftigungsverhältnis ereignet. Einen solchen Zusammenhang lehnte das Sozialgericht Frankfurt im Fall einer Kongressteilnehmerin ab, die nach Beendigung der Veranstaltung von ihrem Hotelzimmer aus telefonisch ein Taxi zum Flughafen bestellen wollte und auf dem Weg zum Telefon stürzte. Dabei brach sie sich ein Bein.Urteil des SG Frankfurt vom 23.11.2017
S 8 U 47/16
Pressemitteilung des SG Frankfurt -
Abmahnung nach Bagatellvertragsverletzung
Die verhaltensbedingte Kündigung eines Arbeitsverhältnisses setzt eine erfolglose Abmahnung voraus, sofern nicht besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Vertragsbeendigung rechtfertigen. Das Arbeitsgericht Köln hält eine Abmahnung grundsätzlich auch bei einer Bagatellvertragsverletzung für gerechtfertigt.In dem entschiedenen Fall hatte ein Arbeitnehmer trotz des betrieblichen Verbots der Computernutzung zu privaten Zwecken zusammen mit einem Kollegen für mindestens 30 Sekunden während der Dienstzeit ein Fußballspiel auf einem Bildschirm des Dienst-PCs angesehen, den er vorher mit einem Smartphone verbunden hatte, von wo aus das Fußballspiel auf den Bildschirm übertragen wurde. Ob das Bundesarbeitsgericht dieser rigorosen Sanktionierung von Bagatellvertragsverletzungen folgt, bleibt abzuwarten.Urteil des ArbG Köln vom 28.08.2017
20 Ca 7940/16
jurisPR-ITR 23/2017 Anm. 5 -
Schriftformerfordernis bei Ablehnung einer beantragten Arbeitszeitreduzierung
Hat ein Arbeitnehmer die Verringerung seiner Arbeitszeit beantragt, hat ihm der Arbeitgeber gemäß § 8 Abs. 5 TzBfG (Teilzeit- und Befristungsgesetz) seine Entscheidung spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Verringerung schriftlich mitzuteilen. Die Einhaltung der Schriftform des § 126 Abs. 1 BGB bedeutet Unterzeichnung durch eigenhändige Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens. Bei einer maschinell erstellten und nicht unterschriebenen Mitteilung an den Arbeitnehmer ist das Formerfordernis nicht erfüllt.Urteil des BAG vom 27.06.2017
9 AZR 368/16
ArbR 2017, 489 -
Befristung von Arbeitsverhältnissen bei Neugründung
Nach § 14 Abs. 2a TzBfG (Teilzeit- und Befristungsgesetz) ist in den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig.Dabei muss es sich jedoch um eine echte Neugründung eines Unternehmens handeln. Für das Landesarbeitsgericht Bremen ist eine solche Neugründung nicht gegeben, wenn sie im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen steht, also wenn bereits bestehende unternehmerische Aktivitäten von neu gegründeten Unternehmen weiterbetrieben werden.Urteil des LAG Bremen vom 11.05.2017
2 Sa 159/16
jurisPR-ArbR 47/2017 Anm. 4 -
Keine unzulässige Kettenbefristung bei mehrjähriger Unterbrechung
Bei einer rechtsmissbräuchlichen Kettenbefristung kann sich der Arbeitgeber nicht auf die Wirksamkeit der Befristungsabrede berufen, auch wenn für die letzte Vertragsbefristung ein sachlicher Grund vorliegt.Für das Bundesarbeitsgericht schließt eine Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses von zwei Jahren in der Regel aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverhältnisse und damit einen Rechtsmissbrauch aus. Bei einer derartig langfristigen Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses ist in der Regel davon auszugehen, dass die Beschäftigung nicht der Deckung eines ständigen und dauerhaften Arbeitskräftebedarfs dient. In dem konkreten Fall hielt eine Büroangestellte, die innerhalb von 10 Jahren mehrmals befristet als Vertretung für erkrankte bzw. in Mutterschutz befindliche Mitarbeiterinnen beschäftigt worden war, die letzte Befristungsabrede für unwirksam und machte das Vorliegen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses geltend. Ihre Klage scheiterte jedoch daran, dass zwischen den einzelnen Befristungen teilweise mehrere Wochen und einmal sogar zwei Jahre lagen.Urteil des BAG vom 21.03.2017
7 AZR 369/15
NZA 2017, 706 -
Vertrauensschutz bei Einführung einer Altersgrenze
Eine zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat geschlossene Betriebsvereinbarung, die bei der Altersgrenze für die Befristung von Arbeitsverhältnissen auf das Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung abstellt, ist nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich rechtlich nicht zu beanstanden, soweit hiervon Arbeitnehmer ausgenommen sind, mit denen arbeitsvertraglich eine anderslautende Regelung vereinbart wurde.Allerdings muss eine solche Betriebsvereinbarung aus Gründen des Vertrauensschutzes Übergangsregelungen für die bei Inkrafttreten der Betriebsvereinbarung bereits rentennahen Arbeitnehmer vorsehen. Wie eine derartige Regelung im Einzelnen auszusehen hat, ließen die Bundesrichter offen. Jedenfalls hielten sie die nach der im August beschlossenen Betriebsvereinbarung im September erklärte Vertragsbeendigung mit einem Mitarbeiter, der die Altersgrenze im darauffolgenden Dezember erreichte, wegen des kurzen Zeitraums zwischen Inkrafttreten der Regelung und dem Beendigungszeitraum für unwirksam.Urteil des BAG vom 21.02.2017
1 AZR 292/15
NZA 2017, 738 -
Kein Anspruch auf Kündigung einer Direktversicherung wegen finanzieller Notlage
Ein Arbeitnehmer hat keinen Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber, eine zu seinen Gunsten im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung abgeschlossene Direktversicherung zu kündigen, um mit dem Rückkaufswert der Versicherung Verbindlichkeiten zu tilgen. Die betriebliche Altersversorgung dient vielmehr (auch) der notwendigen Ergänzung der durch die Sozialversicherung gewährten Sicherung der Arbeitnehmer im Alter. Sie ist nicht dazu da, um dem Arbeitnehmer aus einer aktuellen finanziellen Notlage zu helfen.Urteil des BAG vom 26.04.2018
3 AZR 586/16
NZA 2018, 929 -
Schadensersatz nach Weiterleitung von Firmeninterna an private E-Mail-Adresse
Arbeitnehmer müssen nach § 241 Abs. 2 BGB Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Arbeitgebers nehmen. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift liegt für das Landesarbeitsgericht Mainz vor, wenn ein Arbeitnehmer Firmeninterna an seine private E-Mail-Adresse weiterleitet. Er macht sich dadurch schadensersatzpflichtig. Der Arbeitgeber kann sämtliche Schäden, die auf dieser Pflichtverletzung beruhen, ersetzt verlangen.Wirbt der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses seinem früheren Arbeitgeber Kunden ab, kann dieser von ihm den dadurch entgangenen Gewinn ersetzt verlangen. Der Arbeitgeber muss jedoch im Streitfall beweisen, dass der Verlust der Kunden auf dem Pflichtverstoß beruht und der (frühere) Arbeitnehmer ohne die pflichtwidrig erlangten Unterlagen die Kunden nicht hätte abwerben können.Urteil des LAG Mainz vom 24.05.2018
5 Sa 267/17
jurisPR-ArbR 39/2018 Anm. 2 -
Außerordentliche Kündigung wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung
Weigert sich ein Arbeitnehmer trotz erfolgter Abmahnung beharrlich, seinen arbeitsvertraglichen Pflichten nachzukommen, rechtfertigt dies in der Regel eine außerordentliche Kündigung. Welche Pflichten ihn treffen, bestimmt sich nach der objektiven Rechtslage. Ist der Arbeitnehmer bei seiner Weigerung, bestimmte Arbeiten auszuführen, der Auffassung, er handle rechtmäßig, trägt er das Risiko für eine unzutreffende juristische Einschätzung.Urteil des BAG vom 28.06.2018
2 AZR 436/17
GWR 2018, 379 -
Bemessung des Arbeitsentgelts von (freigestellten) Betriebsräten
Nach 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG darf das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Fehlt es an einem vergleichbaren Arbeitnehmer, weil der frühere Arbeitsplatz des freigestellten Betriebsrats ersatzlos weggefallen ist, bemisst sich das ihm zustehende Arbeitsentgelt nach der Tätigkeit, die ihm nach dem Arbeitsvertrag hätte übertragen werden müssen, wenn er nicht freigestellt worden wäre.Urteil des LAG Köln vom 19.04.2018
4 Sa 401/17
AuA 2018, 485 -
Keine Mitbestimmung des Betriebsrats bei "EU-Sanktionslisten-Screening"
Führt ein Arbeitgeber im Wege der elektronischen Datenverarbeitung einen Abgleich von Vor- und Nachnamen der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer mit den auf Grundlage der sog. Anti-Terror-Verordnungen der Europäischen Union erstellten Namenslisten durch, steht dem Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 BetrVG (Betriebsverfassungsrecht) zu. Der automatisierte bloße Namensabgleich ist nach Art und Inhalt nicht dazu bestimmt, Leistungen oder Verhalten der Arbeitnehmer zu überwachen. Das "Screening" dient vielmehr nur als Hilfsmittel für eine mitbestimmungsfreie Überprüfung der Arbeitnehmer.Beschluss des BAG vom 19.12.2017
1 ABR 32/16
DB 2018, 1222 -
Vorwurf der Nötigung gegen Arbeitgeber in eidesstattlicher Versicherung eines Betriebsrats
In einem Rechtsstreit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über die Wirksamkeit einer Betriebsvereinbarung wurden mehrere gleichlautende eidesstattliche Versicherungen von Betriebsratsmitgliedern vorgelegt, in denen u.a. behauptet wurde, der Arbeitgeber habe mehrere Betriebsräte zur Unterzeichnung der Betriebsvereinbarung "genötigt".Das Landesarbeitsgericht Köln erklärte die daraufhin gegen die Betriebsratsmitglieder wegen des Nötigungsvorwurfs ausgesprochenen Kündigungen für unwirksam. Der Vorwurf der Nötigung gegen den Arbeitgeber stellt ein von der Meinungsfreiheit geschütztes Werturteil dar, sofern hierzu keine falschen Tatsachenbehauptungen aufgestellt werden. Bei den vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen ging es um die Wahrnehmung berechtigter Interessen, sodass der Betriebsrat zur Verteidigung seiner Rechte im Verfahren auch zu überspitzten Formulierungen berechtigt war.Beschluss des LAG Köln vom 13.04.2018
9 TaBV 68/17
jurisPR-ArbR 36/2018 Anm. 3 -
Wegfall der Dringlichkeit im Verfügungsverfahren durch selbst herbeigeführte Verfahrensverzögerung
Ein gekündigter Arbeitnehmer kann während des laufenden Kündigungsschutzverfahrens im Wege einer einstweiligen Verfügung seine (vorläufige) Weiterbeschäftigung geltend machen, sofern hierfür ein Verfügungsgrund und die besondere Dringlichkeit nachgewiesen werden.Um eine etwaige Selbstwiderlegung der Dringlichkeit und damit des Verfügungsgrundes zu vermeiden, sollte der Arbeitnehmer frühzeitig einen entsprechenden Antrag beim Arbeitsgericht stellen und eine möglichst zeitnahe Entscheidung herbeiführen. Die Dauer des Verfahrens beim Arbeitsgericht geht jedoch regelmäßig nicht zu seinen Lasten. Die Dringlichkeit einer Entscheidung kann allerdings dadurch entfallen, dass der Arbeitnehmer im Fall des Unterliegens vor dem Arbeitsgericht die prozessualen Fristen zur Einlegung und Begründung der Berufung ausreizt, zumal die Einlegung der Berufung selbst kaum praktischen Aufwand mit sich bringt. Macht der Antragsteller überdies von der Möglichkeit der (einmaligen) Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist Gebrauch, zeigt sein Verhalten, dass es an der behaupteten Dringlichkeit seines Eilantrags fehlt.Urteil des LAG Berlin-Brandenburg vom 24.05.2018
5 SaGa 1576/17
BB 2018, 1779 -
Nachweis eigener Einkünfte bei Karenzentschädigung aufgrund nachvertraglichen Wettbewerbsverbots
Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist nur bei gleichzeitiger Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung einer angemessenen Karenzentschädigung zulässig. Der Arbeitnehmer muss sich unter bestimmten Voraussetzungen auf die fällige Entschädigung anrechnen lassen, was er während des Zeitraums, für den die Entschädigung gezahlt wird, durch anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Er ist verpflichtet, dem Arbeitgeber auf Verlangen über die Höhe seines Erwerbs Auskunft zu erteilen (§ 74c HGB).Für das Landesarbeitsgericht Kiel genügt ein Arbeitnehmer im Rahmen seiner Auskunftspflicht der Verpflichtung zum Nachweis der behaupteten Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit, wenn er den maßgeblichen Einkommensteuerbescheid vorlegt.Urteil des LAG Kiel vom 15.03.2018
5 Sa 38/17
NZA-RR 2018, 525 -
Ausbildungskosten: Unwirksame Rückzahlungsklausel wegen unzureichender Differenzierung
Wird ein Arbeitnehmer auf Kosten des Arbeitgebers ausgebildet, so behält sich das Unternehmen in der Regel arbeitsvertraglich vor, die Ausbildungskosten ganz oder teilweise zurückzufordern, wenn der Arbeitnehmer bis zu einem bestimmten Zeitpunkt aus dem Betrieb ausscheidet und er die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu vertreten hat. Derartige Rückzahlungsklauseln können jedoch daran scheitern, dass sie nicht hinreichend nach dem Grund für eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses differenzieren. Die Anforderungen der Gerichte sind insofern äußerst hoch.Lässt eine Klausel zur Rückzahlung von Fortbildungskosten auch für den Fall einer berechtigten personenbedingten Eigenkündigung des Arbeitnehmers einen Rückzahlungsanspruch entstehen, muss sie ausreichend nach dem Grund des vorzeitigen Ausscheidens differenzieren. Anderenfalls wird der Arbeitnehmer durch sie entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen i.S.d. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB benachteiligt.Nach der vom Landesarbeitsgericht Hamm überprüften Rückzahlungsklausel sollte eine Eigenkündigung des Arbeitnehmers grundsätzlich keine Rückzahlungsverpflichtung auslösen, sofern die Kündigung ihre Ursache im Verantwortungsbereich des Arbeitgebers hat. Das Gericht beanstandete bei dieser Formulierung, dass der Fall, dass der Arbeitnehmer aus personenbedingten Gründen - wie hier bei einem Verkehrspiloten, der infolge einer Erkrankung fluguntauglich wird - nicht mehr in der Lage ist, der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit nachzukommen, nicht berücksichtigt wurde. Die Rückzahlungsklausel war somit insgesamt unwirksam.Urteil des LAG Hamm vom 18.05.2018
1 Sa 49/18
NZA-RR 2018, 404
Architekten- und Baurecht
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Architektenwechsel: Prüfpflicht des Nachfolgers
Findet bei einem Bauvorhaben ein Wechsel des Architekten in der Leistungsphase 3 statt, gehört es nicht zu den Aufgaben des Nachplaners, die getroffene Systementscheidung seines Vorgängers infrage zu stellen und die Planung erneut vorzunehmen. Sofern keine entsprechenden Anhaltspunkte vorliegen, muss der nachfolgend beauftragte Architekt die Vorplanung nicht von sich aus auf ihre Richtigkeit überprüfen.Urteil des OLG Hamm vom 31.01.2018
12 U 23/17
BauR 2018, 1457 -
Vergütung des Werkunternehmers ohne Leistungserfolg
Wird der geschuldete Werkerfolg bereits vor Abnahme der Leistung wegen unzutreffender Informationen über die Gegebenheiten des Bauobjektes unmöglich, so kann der Auftragnehmer das Entgelt für die erbrachte Teilleistung verlangen, wenn der Auftraggeber die ihm obliegende Pflicht, über maßgebliche Eigenschaften des Objekts zutreffend aufzuklären, objektiv nicht erfüllt und diese Pflichtverletzung zu vertreten hat.Zwar steht dem Unternehmer ein Vergütungsanspruch nach § 631 BGB nicht zu, wenn der geschuldete Erfolg nicht erreicht wird. Der Anspruch des Auftragnehmers auf Vergütung der bis dahin erbrachten Leistung kann jedoch auf § 645 BGB gestützt werden, wenn die Verantwortlichkeit dafür, dass die geschuldete Werkleistung undurchführbar war, in der Risikosphäre des Bestellers des Werkes liegt.Urteil des OLG Oldenburg vom 06.03.2018
12 U 38/17
IBR 2018, 309 -
Architektenvertrag unter Architekten
Das Oberlandesgericht Oldenburg hatte sich mit der Frage zu befassen, inwieweit bei einem Vertrag unter Architekten die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) zu beachten ist, wenn ein Architekturbüro einen Architekten als freien Mitarbeiter beschäftigt. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass durchaus auch zwischen Architekten ein Architektenvertrag bestehen kann. Der Freiberufler kann dann sein Honorar nach der HOAI abrechnen.Urteil des OLG Oldenburg vom 21.11.2017
2 U 73/17
IBR 2018, 149 -
Nachträgliche "Ohne-Rechnung-Abrede" macht ganzen Vertrag nichtig
Wird eine vom Auftraggeber an den Architekten geleistete Anzahlung einvernehmlich später nicht in die Schlussrechnung aufgenommen, um die Mehrwertsteuerzahlung zu umgehen ("Ohne-Rechnung-Abrede"), liegt eine nachträgliche Schwarzgeldabrede vor, die zur Nichtigkeit des gesamten Vertrags führt. Dies hat zur Folge, dass dem Auftraggeber trotz mangelhafter Architektenleistung keinerlei Gewährleistungsansprüche zustehen.Urteil des OLG Hamm vom 18.10.2017
I-12 U 115/16
NZBau 2018, 160 -
Gebäudeeinsturz nach Aushubarbeiten auf Nachbargrundstück
Beauftragt der Eigentümer eines Grundstücks einen Bauunternehmer mit dem Aushub einer an das Nachbargrundstück angrenzenden Baugrube, ist er neben dem Eigentümer dem Grundstücksnachbarn zum Schadensersatz verpflichtet, wenn dessen Haus infolge unzureichender Absicherung beschädigt wird.Für die haftungsbegründende Ursächlichkeit der fehlerhaften Aushubarbeiten für den entstandenen Schaden spricht bei örtlichem und zeitlichem Zusammenhang der Anscheinsbeweis, den der Bauunternehmer im Prozess widerlegen muss.Urteil des OLG Köln vom 06.12.2017
16 U 6/17
NJW-RR 2018, 464 -
VOB-Vertrag: Nachschieben von Kündigungsgründen zulässig
Hat eine Gemeinde einen VOB-Vertrag über Fensterbauarbeiten und die Errichtung einer Glasfassade an einer Sporthalle wegen diverser Mängel gekündigt und stellt sich im darauffolgenden Rechtsstreit heraus, dass die Gründe die Vertragskündigung nicht rechtfertigen, kann diese auch auf sogenannte nachgeschobene Gründe gestützt werden, sofern sie im Zeitpunkt der Kündigung vorgelegen haben.Beschluss des BGH vom 11.10.2017
VII ZR 46/15
BauR 2018, 255 -
Bauvertrag: Änderung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zwischen Vertragsschluss und Abnahme
Nach § 13 Nr. 1 VOB/B (Verdingungsordnung für Bauleistungen) schuldet der Auftragnehmer im Rahmen eines Bauvertrags grundsätzlich die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zum Zeitpunkt der Abnahme. Dies gilt auch bei einer Änderung dieser Regeln zwischen Vertragsschluss und Abnahme. Der Bundesgerichtshof hat zu Fragen der Informationspflichten des Auftragnehmers und Optionen des Auftraggebers in derartigen Fällen ausführlich Stellung genommen:Im Falle der Änderung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zwischen Vertragsschluss und Abnahme "hat der Auftragnehmer den Auftraggeber über die Änderung und die damit verbundenen Konsequenzen und Risiken für die Bauausführung zu informieren, es sei denn, diese sind dem Auftraggeber bekannt oder ergeben sich ohne Weiteres aus den Umständen. Ein nach beiden Seiten hin interessengerechtes Verständnis des Bauvertrags führt unter Berücksichtigung von Treu und Glauben regelmäßig dazu, dass für den Auftraggeber zwei Optionen bestehen.Der Auftraggeber kann zum einen die Einhaltung der neuen allgemein anerkannten Regeln der Technik verlangen mit der Folge, dass ein aufwendigeres Verfahren zur Herstellung des Werks erforderlich werden kann, als im Zeitpunkt des Vertragsschlusses von den Parteien vorgesehen, oder dass ein bereits erstelltes Bauwerk für die Abnahme noch ertüchtigt werden muss. Der Auftragnehmer kann, soweit hierfür nicht von der Vergütungsvereinbarung erfasste Leistungen erforderlich werden, im Regelfall eine Vergütungsanpassung verlangen. Der Auftraggeber kann zum anderen von einer Einhaltung der neuen allgemein anerkannten Regeln der Technik und damit von einer etwaigen Verteuerung des Bauvorhabens absehen."Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können die Parteien allerdings bei Vertragsschluss auch eine Vereinbarung treffen, nach der die Bauausführung hinter den aktuellen oder den künftigen allgemein anerkannten Regeln der Technik, soweit deren Einführung bereits absehbar ist, zurückbleibt.Urteil des BGH vom 14.11.2017
VII ZR 65/14
MDR 2018, 140
Bankrecht
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Bitcoin-Handel nicht erlaubnispflichtig
Bitcoin (englisch sinngemäß für "digitale Münze") ist ein digitales Zahlungsmittel (sog. Kryptowährung). Bitcoins sind für das Kammergericht Berlin keine Rechnungseinheiten i.S.d. § 1 Abs. 11 KWG (Kreditwesengesetz) und daher keine Finanzinstrumente. Somit besteht keine Erlaubnispflicht für das Betreiben einer Bitcoin-Tauschbörse. Mit dieser Begründung verneinte das Gericht die Strafbarkeit des Bitcoin-Handels ohne Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).Urteil des KG Berlin vom 25.09.2018
(4) 161 Ss 28/18 (35/18)
BB 2018, 2705 -
Keine Bankgebühren für Avalkredit
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) ist eine im Rahmen einer Kreditgewährung einer Bank an ein Unternehmen getroffene Vereinbarung laufzeitunabhängiger Bearbeitungsentgelte mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren, weshalb gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB im Zweifel eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners anzunehmen ist.Dies gilt nach einem neueren Urteil des BGH für sogenannte Avalkredite. Hierbei handelt es sich um eine Haftungsübernahme durch Kreditinstitute (Avalkreditgeber) für und im Auftrag eines Kunden (Avalkreditnehmer) gegenüber Dritten im In- oder Ausland (Begünstigter). Die Bank stellt dabei keine liquiden Mittel, sondern ihre eigene Kreditwürdigkeit zur Verfügung.Urteil des BGH vom 17.04.2018
XI ZR 238/16
DB 2018, 1790 -
Schadensersatz bei Kündigung des Darlehensvertrags aufgrund Zahlungsverzugs des Unternehmers
Wird ein Darlehensvertrag mit fester Laufzeit durch eine fristlose Kündigung der kreditgebenden Bank aus wichtigem Grund vorzeitig aufgelöst, weil der Darlehensnehmer, der nicht Verbraucher ist, seinen Zahlungsverpflichtungen schuldhaft nicht nachgekommen ist, so steht der Bank ein Anspruch auf Ersatz des Schadens zu, den sie durch die vorzeitige Beendigung des Vertrags erleidet. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Schadensberechnung ist dabei der Tag der Wirksamkeit der Kündigung.Der Darlehensgeber hat dann wahlweise einen Anspruch auf Ersatz seines Verzögerungsschadens oder einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung nach § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB. Er kann, wenn er den Schadensersatz statt der Leistung wählt, nur so gestellt werden, wie er stehen würde, wenn der Darlehensnehmer den Vertrag ordnungsgemäß erfüllt hätte. Eine Schadensberechnung, mit der der Verzögerungsschaden und daneben für die entgangenen Zinszahlungen Schadensersatz statt der Leistung verlangt wird, ist danach unzulässig.Urteil des BGH vom 20.02.2018
XI ZR 445/17
NJW 2018, 1812 -
Aufklärungspflichten bei Koppelung eines Kredits an Wechselkurse
Schließt eine Bank mit einem Geschäftskunden einen Kreditvertrag, bei dem eine Koppelung des Kredits an Wechselkurse gegenüber dem Darlehensnehmer vereinbart wird, besteht für die Bank im Rahmen des Finanzierungsberatungsvertrags die Verpflichtung zur Aufklärung über die spezifischen Nachteile und Risiken und die vertragsspezifischen Besonderheiten der empfohlenen Finanzierungsform.Die Abhängigkeit von Wechselkurs des Euro zum Schweizer Franken (CHF) und Zinshöhe war in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall zwar aus dem Vertrag ohne Weiteres erkennbar gewesen. Die Bank hatte ihren Kunden jedoch weder auf das Fehlen einer Zinsobergrenze noch auf die lange Laufzeit des Darlehens ausdrücklich hingewiesen und auch die zinsrelevanten Folgen einer nicht nur unerheblichen Aufwertung des Schweizer Franken gegenüber dem Euro nicht ausreichend deutlich beschrieben. Wegen der unzureichenden Aufklärung muss die Bank nun Schadensersatz leisten, dessen Höhe die Vorinstanz feststellen muss.Urteil des BGH vom 19.12.2017
XI ZR 152/17
ZIP 2018, 264
Bau-, Miet- und Immobilienrecht
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Verpflichtung des Architekten zur Beratung über die wirtschaftliche Tragweite eines Bauvorhabens
Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg ist ein Architekt verpflichtet, bereits im Rahmen der Grundlagenermittlung den wirtschaftlichen Rahmen abzustecken. Darüber hinaus hat er den Bauherren zur Höhe der Baukosten und zu deren Ermittlung allgemein zu beraten, wobei er stets die ihm bekannten Kostenvorstellungen des Bauherrn berücksichtigen muss. Verletzt er diese vertraglichen Verpflichtungen, ist er dem Bauherrn zum Schadensersatz verpflichtet.Urteil des OLG Naumburg vom 18.10.2017
5 U 44/17
IBR 2018, 399 -
Abgrenzung von Kauf- zu Werkvertragsrecht bei Lieferung und Montage einer Küche
Der seit Anfang 2018 neugefasste § 650 BGB regelt die Abgrenzung von Werkvertrag und Kaufvertrag und ersetzt die alte Regelung des Werklieferungsvertrags. Ungeachtet der Angleichung der Mängelhaftung nach Kauf- und Werkvertragsrecht ist eine Abgrenzung der Vertragsarten aufgrund der jeweiligen Besonderheiten und der damit verbundenen erheblichen rechtlichen Konsequenzen weiterhin von erheblicher Bedeutung. Der Bundesgerichtshof hat zur Zuordnung als Kauf- oder Werkvertrag (hier bei einer Einbauküche) folgende Grundsätze aufgestellt:"Verpflichtet sich ein Unternehmer zur Lieferung und Montage einer Sache, kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die rechtliche Einordnung des Vertragsverhältnisses als Werkvertrag oder als Kaufvertrag mit Montageverpflichtung (§ 434 Abs. 2 BGB) darauf an, auf welcher der beiden Leistungen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Schwerpunkt liegt. Je mehr die mit dem Warenumsatz verbundene Übertragung von Eigentum und Besitz der zu montierenden Sache auf den Vertragspartner im Vordergrund steht und je weniger dessen individuelle Anforderungen und die geschuldete Montage- und Bauleistung das Gesamtbild des Vertragsverhältnisses prägen, desto eher ist die Annahme eines Kaufvertrags mit Montageverpflichtung geboten. Liegt der Schwerpunkt dagegen auf der Montage- und Bauleistung, etwa auf Einbau und Einpassung einer Sache in die Räumlichkeit, und dem damit verbundenen individuellen Erfolg, liegt ein Werkvertrag vor." Nunmehr hat die Vorinstanz zu entscheiden, welcher Teil der vertraglichen Leistung im konkreten Fall überwiegt.Urteil des BGH vom 19.07.2018
VII ZR 19/18
MDR 2018, 1109 -
Mitverschulden eines Dachdeckers bei Sturz durch Lichtkuppel
Ein Handwerker stürzte bei Arbeiten auf dem Dach einer Halle durch eine defekte Stelle einer Lichtkuppel und stürzte 8,5 Meter in die Tiefe. Er zog sich dadurch schwere Verletzungen zu und ist seit dem Unfall auf eine Gehhilfe bzw. einen Rollstuhl angewiesen. Die defekte Stelle, die dadurch entstanden war, dass einige Tage vorher bereits ein anderer Arbeiter in die Glaskuppel eingebrochen war, war durch eine Plane abgedeckt worden und daher für den Verunfallten nicht erkennbar. Der Dachdecker war auf die Vorbeschädigung auch nicht hingewiesen worden.Das Oberlandesgericht verurteilte den Eigentümer der Halle wegen Verletzung seiner Verkehrssicherungspflicht u.a. zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 50.000 Euro. Hierbei wurde jedoch berücksichtigt, dass den Dachdecker ein Mitverschulden in Höhe von 50 Prozent traf, weil er es versäumt hatte, sich vor der Aufnahme der Arbeiten auf dem Dach zu vergewissern, welche Funktion die Abdeckplane hatte. Hätte er dies getan, hätte er die Gefahrenstelle erkennen und den Unfall vermeiden können.Urteil des OLG Hamm vom 07.09.2018
7 U 12/17
Pressemitteilung des OLG Hamm -
Kündigung wegen Zweifel hinsichtlich Leistungsfähigkeit und -willigkeit des Werkunternehmers
Verzögert der Auftragnehmer den Beginn der Ausführung des Werks, gerät er mit der Vollendung in Verzug, oder kommt er seiner Verpflichtung, den Einsatz von Arbeitskräften, Geräten, Gerüsten, Stoffen oder Bauteilen zu erbringen,nicht nach, so kann der Auftraggeber bei Aufrechterhaltung des Vertrags Schadensersatz verlangen oder dem Auftragnehmer eine angemessene Frist zur Vertragserfüllung setzen und erklären, dass er nach fruchtlosem Ablauf der Frist den Vertrag kündigen werde (§ 5 Abs. 4 VOB/B).Ein Kündigungsrecht nach dieser Vorschrift kann dem Bauherrn frühestens dann zustehen, wenn die Überschreitung der Herstellungsfrist ernsthaft droht. Zu der im Zeitpunkt der Kündigungserklärung bestehenden Frist und den Umständen, die deren Einhaltung ernsthaft bedrohen, hat er im Prozess substantiiert Stellung zu nehmen.Für den Fall, dass bereits vor Fälligkeit der Leistung ernsthafte Zweifel an der Leistungsbereitschaft oder -willigkeit des Werkunternehmers bestehen, hat der Bauherr ein schützenswertes Interesse daran, Klarheit über den Vertrag zu erlangen. Er kann deshalb dem Vertragspartner vor Fälligkeit der Leistung eine angemessene Frist zur Erklärung eigener Leistungsbereitschaft und zum Nachweis fristgerechter Erfüllung des Vertrags setzen, wenn die rechtzeitige Erfüllung durch Hindernisse ernsthaft infrage gestellt ist, die im Verantwortungsbereich des Schuldners liegen, und ihm ein weiteres Zuwarten nicht möglich ist.Urteil des OLG Stuttgart vom 30.01.2018
10 U 84/17
BauR 2018, 1278 -
Bauvertrag: Leistungsverweigerungsrecht des Auftragnehmers bei Nichtbeachtung von fachlichen Bedenkenhinweisen
Im Rahmen eines Bau- bzw. Werkvertrags steht dem Auftragnehmer im Einzelfall nach Treu und Glauben darüber hinaus ein Leistungsverweigerungsrecht zu, wenn er dem Auftraggeber nicht nur ordnungsgemäß seine Bedenken mitgeteilt hat, sondern wenn die Prüfung dieser Bedenken mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das Ergebnis hat, dass die vom Auftraggeber vorgesehene Art der Ausführung zum Eintritt eines erheblichen Leistungsmangels oder eines sonstigen nicht nur geringfügigen Schadens führen wird.Auch das Weisungsrecht des Auftraggebers i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 3 VOB/B darf nämlich nur in den Grenzen von Treu und Glauben ausgeübt werden. Geht der Auftraggeber auf fachlich begründete Bedenken des Auftragnehmers überhaupt nicht ein und lehnt er die vom Auftragnehmer - für den Fall einer entgegen seinen Bedenken weisungsgemäß erfolgenden Arbeitsaufnahme und Ausführung - erbetene Freistellung von der Gewährleistung ohne Begründung ab, ist die Weisung des Auftraggebers, die Werkleistung auf eine gegen die Regeln der Technik verstoßende Weise zu erbringen, treuwidrig. Ihre Nichtbefolgung löst daher keinen Verzug des Auftragnehmers aus.Urteil des OLG Düsseldorf vom 02.03.2018
22 U 71/17
IBR 2018, 253 -
Weiterbauanordnung des Bauherrn trotz Kenntnis vom Herstellungsmangel
Erhält ein Bauherr während der Bauausführung von einem Herstellungsmangel Kenntnis und lässt er dennoch weiterbauen, hat er keinen Ersatzanspruch im Umfang des sich dadurch vergrößernden Schadens, wenn er später die Herstellung eines mangelfreien Werks verlangt.Urteil des OLG Stuttgart vom 26.06.2017
10 U 62/16
BauR 2018, 1014 -
Wichtiges BGH-Urteil zum "kleinen Schadensersatz"
Will der Bauherr ein mangelhaftes Werk (hier Naturstein-, Fliesen- und Abdichtungsarbeiten) trotz eines Mangels behalten und beabsichtigt er nicht, den Mangel zu beseitigen, kann er von dem Werkunternehmer Schadensersatz im Hinblick auf den Mangel verlangen. Bislang konnte nach der Rechtsprechung ein solcher Schaden auch in Form einer fiktiven Schadensberechnung, z.B. durch ein Sachverständigengutachten, geltend gemacht werden. Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun für die Werkverträge aufgegeben, die nach dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1.1.2002 abgeschlossen wurden.Der Besteller, der das Werk behält und den Mangel nicht beseitigen lässt, kann im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs statt der Leistung (kleiner Schadensersatz) gemäß § 634 Nr. 4 BGB seinen Schaden nicht nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten bemessen.Hinweis: Ein entsprechender Klageantrag kann laut BGH jedoch in einen Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses auf die Mängelbeseitigungskosten gemäß den §§ 634 Nr. 2, 637 BGB abgeändert werden. Mit der Vorschusszahlung kann der Besteller den Schaden dann beseitigen lassen.Urteil des BGH vom 22.02.2018
VII ZR 46/17
NZBau 2018, 201 -
Kein Bordell an der Grundstücksgrenze
In einem Gewerbegebiet war ein Teil eines Gebäudes 40 Jahre lang zu Wohnzwecken genutzt worden. Dieser Gebäudeteil befand sich ohne Abstandsfläche direkt an der Grundstücksgrenze. Der Eigentümer stellte beim zuständigen Bauamt einen Bauantrag auf Umnutzung des Wohngebäudes in ein Bordell. Damit war der Grundstücksnachbar nicht einverstanden und klagte gegen die erteilte Baugenehmigung.Das Verwaltungsgericht Neustadt (Weinstraße) gab ihm schließlich Recht. Dies wurde damit begründet, dass die Nichteinhaltung der Abstandsfläche nur bei einem Wohngebäude zulässig war. Bei einer - wie hier vorgesehenen - gewerblichen Nutzung gelten demgegenüber die strengeren Abstandsregelungen nach der Bauordnung. Da diese nicht eingehalten waren, erwies sich die Baugenehmigung als rechtswidrig.Urteil des VG Neustadt (Weinstraße) vom 24.09.2018
5 L 1140/18.NW
Pressemitteilung des VG Neustadt (Weinstraße) -
Zusammentreffen von Verlängerungsklausel und Verlängerungsoption
Ist in einem Gewerberaummietvertrag sowohl eine Verlängerungsklausel als auch eine Verlängerungsoption für den Mieter vereinbart und hat der Vermieter der Verlängerung fristgemäß widersprochen, kann der Mieter in der Regel gleichwohl durch Erklären der Verlängerungsoption das Auslaufen des Mietvertrages verhindern.Urteil des OLG Dresden vom 15.08.2018
5 U 539/18
MietRB 2018, 294 -
Keine Wohnung im "Ärztehaus"
Die Eigentümergemeinschaft kann dem Eigentümer einer nach der Teilungserklärung auf eine "berufliche und gewerbliche Nutzung" beschränkten Einheit (hier eine Arztpraxis) die Nutzung zu Wohnzwecken untersagen.Zwar kann sich eine nach dem vereinbarten Zweck ausgeschlossene Nutzung als zulässig erweisen, wenn sie nicht mehr stört als die vorgesehene Verwendung. Das ist aber bei der Nutzung einer Teileigentumseinheit zu Wohnzwecken jedenfalls dann nicht anzunehmen, wenn sich die Räume - wie in dem entschiedenen Fall - in einem ausschließlich beruflichen und gewerblichen Zwecken dienenden Gebäude befinden, da bei der privaten Nutzung mit typischen Wohnimmissionen (wie Küchengerüchen, Freizeit- und Kinderlärm oder Musik) sowie einem anderen Gebrauch des Gemeinschaftseigentums (etwa im Flur herumstehende Gegenstände) gerechnet werden muss.Urteil des BGH vom 23.03.2018
V ZR 307/16
Pressemitteilung des BGH -
Gewerbliche Weitervermietung an Betriebsangehörige
Soll der Mieter laut Mietvertrag den gemieteten Wohnraum gewerblich einem Dritten zu Wohnzwecken weitervermieten, so tritt der Vermieter bei der Beendigung des Mietverhältnisses in die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis zwischen dem Mieter und dem Dritten ein. Diese Regelung für die gewerbliche Weitervermietung ergibt sich aus § 565 BGB.Der Bundesgerichtshof geht von einer gewerblichen Weitervermietung aus, wenn der Zwischenvermieter die von ihm angemieteten Wohnungen an die Arbeitnehmer seines Gewerbebetriebes weitervermietet, um diese an sich zu binden und sich Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Unternehmen zu verschaffen, die ihren Arbeitnehmern keine Werkswohnungen anbieten können. Eine Gewinnerzielungsabsicht aus der Vermietung selbst ist in einem derartigen Fall nicht erforderlich.Urteil des BGH vom 17.01.2018
VIII ZR 241/16
Grundeigentum 2018, 323 -
Nutzung einer Eigentumswohnung als psychotherapeutische Praxi
Sieht die Teilungserklärung nur eine Wohnnutzung vor, ist im Regelfall eine psychotherapeutische Praxis unzulässig. Dies gilt jedenfalls bei einem kleinen Objekt, da hier der zweckbestimmungswidrige Gebrauch mehr stört als die vorgesehene Nutzung als Wohnung.Urteil des LG Frankfurt vom 15.03.2018
2-13 S 36/17
WuM 2018, 594 -
Wahrung der Schriftform durch Unterzeichnung mehrerer gleichlautender Urkunden
Die Parteien eines Gewerbemietvertrags zur Errichtung einer Fotovoltaikanlage auf dem Mietgrundstück für die Dauer von 30 Jahren stritten darüber, ob die im Gesetz vorgeschriebene Schriftform eingehalten war. Ein Verstoß gegen das Schriftformerfordernis, hätte den Mieter zu einer vorzeitigen Kündigung des Mietvertrags berechtigt. Der Mieter sah den Formverstoß darin, dass der Mietvertrag in zwei Urkunden niedergelegt wurde, die dann jeweils von einer Mietvertragspartei unterschrieben wurden. Der Bundesgerichtshof wertete dies nicht als Verstoß gegen die Formvorschrift des § 550 Satz 1 BGB.Die im Gesetz geforderte Schriftform kann nicht nur eingehalten werden, indem die Vertragsparteien dieselbe Urkunde unterzeichnen. Vielmehr besteht zur Erfüllung des Schriftformerfordernisses auch die Möglichkeit des § 126 Abs. 2 Satz 2 BGB, wonach es genügt, wenn über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen werden und jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet. Eines Zugangs dieser Urkunden beim jeweiligen Vertragspartner bedarf es insoweit nicht. Die hier erfolgte Übermittlung per Telefax hätte dem im Übrigen ohnehin nicht genügt.Urteil des BGH vom 07.03.2018
XII ZR 129/16
Grundeigentum 2018, 706 -
Mietmangel wegen eingeschränkter Einsehbarkeit von Ausstellungsräumen
Der Veranstalter einer Kunstausstellung mietete für mehrere Tage in einem Hinterhof in München Ausstellungsräume an. Er beklagte gegenüber dem Vermieter, dass am Samstag und Sonntag des Ausstellungswochenendes in der Einfahrt zum Hinterhof an der rechten Zufahrtsseite ein Fahrzeug der Marke Range Rover parkte, wodurch die Zufahrt zu den Parkplätzen im Hinterhof erschwert und die Einsehbarkeit von der vielbefahrenen Straße aus eingeschränkt war. Infolgedessen hätten deutlich weniger Interessenten die Ausstellung besucht. Der Mieter minderte deshalb für diese Tage den vereinbarten Mietzins.Das Amtsgericht nahm demgegenüber keinen Mangel der Mietsache an. Zum einen konnte die Einfahrt zu den Parkplätzen durch das ordnungsgemäß abgestellte Fahrzeug uneingeschränkt genutzt werden. Zum anderen handelte es sich bei der Einsehbarkeit des Eingangsbereichs nicht um eine zugesicherte Eigenschaft. Allein der Umstand, dass die Parteien vor Abschluss der Vereinbarung über die Einsehbarkeit gesprochen hatten, begründete keine vertraglich bindende Zustandserklärung des Vermieters, die über eine bloße Angabe zum Verwendungszweck hinausging. Der Ausstellungsveranstalter musste die volle Miete zahlen.Urteil des AG München vom 07.03.2018
425 C 18488/17
Justiz Bayern online -
Schriftformerfordernis bei Mieterhöhung langfristiger Gewerberaummietverträge
Mietverträge über eine längere Zeit als ein Jahr bedürfen der Schriftform. Ist diese nicht gewahrt, gilt der Vertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen (§ 550 BGB). Ursprünglich langfristige vertragliche Abreden können mit (kurzer) gesetzlicher Frist gekündigt werden, wenn z.B. durch unzureichende Bezugnahme im Hauptvertrag auf weitere Vertragsbestandteile oder durch mündliche Nebenabreden, die wesentliche Inhalte des Vertrags betreffen, ein Schriftformmangel eintritt. Derartige Fälle eröffnen - meist zum Leidwesen des Vermieters - Mietern die Möglichkeit, sich vorzeitig aus einem langfristigen Mietervertrag zu lösen.Für den Bundesgerichtshof stellt die vertragliche Änderung der geschuldeten Miete stets eine wesentliche und - jedenfalls soweit sie für mehr als ein Jahr erfolgt und nicht jederzeit widerrufen werden kann - dem Formzwang des § 550 Satz 1 BGB unterfallende Vertragsänderung dar. An dem daraus folgenden Schriftformmangel vermag auch eine in den meisten Gewerbemietverträgen enthaltene sogenannte Schriftformheilungsklausel nichts zu ändern. Derartige Klauseln sind mit der nicht abdingbaren Vorschrift des § 550 BGB unvereinbar und daher unwirksam.Urteil des BGH vom 11.04.2018
XII ZR 43/17
BB 2018, 1106 -
Mietminderung bei überhöhter Raumtemperatur in Modegeschäft trotz vorhandener Klimaanlage
Mieträume für den Betrieb eines Modegeschäfts müssen ein Raumklima und eine Innentemperatur aufweisen, die für den Betrieb eines solchen Geschäfts, in dem Mitarbeiter beschäftigt sind und Kunden Bekleidungsstücke auswählen und anprobieren, sowohl erforderlich als auch üblich sind. Werden ein solches Raumklima und entsprechende Temperaturen nicht erreicht, liegt ein Mangel der Mietsache vor, der den Mieter zur Minderung der Nettomiete (hier um 25 Prozent) berechtigt.Das Oberlandesgericht Rostock hält es für angemessen, wenn in einem Bekleidungsgeschäft, ausgenommen bei besonders hohen Außentemperaturen, 26 °C nicht überschritten werden. Ebenso darf es aber in den Räumlichkeiten nicht zu kalt sein, sonst beendet der Kunde die Suche nach geeigneten Kleidungsstücken schnell wieder oder scheut vorm Anprobieren derselben zurück. Daher sollte in einem Modegeschäft eine allgemein anerkannte Mindesttemperatur von 20 °C nicht unterschritten werden.Urteil des OLG Rostock vom 17.05.2018
3 U 78/16
JURIS online -
Einhaltung der Schriftform trotz formelhafter Bezugnahme auf Nachtragsvereinbarung
Mietverträge über eine längere Zeit als ein Jahr bedürfen der Schriftform. Ist diese nicht gewahrt, gilt der Vertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen (§ 550 BGB).Das Kammergericht hält die Schriftform für einen Gewerbemietvertrag auch dann für gewahrt, wenn mehrere Jahre nach Vertragsschluss eine schriftliche Nachtragsvereinbarung getroffen wurde, die neben einigen Vertragsänderungen "auf die Regelungen des Vertrags und seiner Ergänzungen" verweist. Solch eine formelhafte Bezugnahme verstößt nach Auffassung des Gerichts nicht gegen das Schriftformerfordernis.Beschluss des KG Berlin vom 09.11.2017
8 U 105/17
MietRB 2018, 138 -
Vermieterpfandrecht an regelmäßig auf dem gemieteten Grundstück abgestellten Lkws
Dem Vermieter steht nach § 562 BGB für seine Forderungen aus dem Mietverhältnis ein Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Mieters zu.Der Bundesgerichtshof bejahte das Vermieterpfandrecht auch für Fahrzeuge des Mieters (hier Lkws eines Unternehmens), die auf dem gemieteten Grundstück regelmäßig abgestellt werden. Das Pfandrecht erlischt jedoch, wenn das Fahrzeug für die Durchführung einer Fahrt von dem Mietgrundstück - auch nur vorübergehend - entfernt wird. Es entsteht jedoch neu, wenn das Kfz später wieder auf dem Grundstück abgestellt wird.Urteil des BGH vom 06.12.2017
XII ZR 95/16
ZInsO 2018, 388
EDV-, IT-, Medien- und Onlinerecht
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Kein Herausgabeanspruch von Nutzerdaten des Facebook-Messengers
Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt steht einem von (möglicherweise) rechtswidrigen Inhalten Betroffenen, die über den Facebook-Messengerdienst verschickt wurden, nach der gegenwärtigen Gesetzeslage kein Rechtsanspruch auf Erteilung einer datenschutzrechtlichen Erlaubnis zur Herausgabe der Nutzerdaten des Versenders durch den Betreiber von Facebook zu.Urteil des OLG Frankfurt vom 06.09.2018
16 W 27/18
JURIS online -
EuGH zur Gewerbsmäßigkeit von eBay-Händlern
Ob ein Verkäufer auf einer Verkaufsplattform wie z.B. eBay als Privatperson oder als Gewerbetreibender einzustufen ist, hat nicht nur Auswirkungen auf die Besteuerung, sondern auch darauf, ob einem Käufer Verbraucherschutzrechte, insbesondere ein Widerrufsrecht, zustehen. In der Regel kann von der Anzahl und der Regelmäßigkeit der Verkaufsvorgänge auf eine gewerbliche Tätigkeit geschlossen werden. Da es stets auch auf den Einzelfall ankommt, haben sich die Gerichte nicht auf eine bestimmte Grenze festgelegt.Nunmehr hat sich auch der Europäische Gerichtshof unter dem Gesichtspunkt geltender EU-Regelungen mit dieser Problematik befasst und entschieden, dass eine Person, die auf einer Website eine Reihe von Verkaufsanzeigen (hier acht Angebote unterschiedlicher Gegenstände) veröffentlicht, nicht automatisch ein "Gewerbetreibender" ist. Für eine Einstufung als "Gewerbetreibender" im Sinne der EU-Richtlinie ist erforderlich, dass die betreffende Person "im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit" oder im Namen oder Auftrag des Gewerbetreibenden handelt.Urteil des EuGH vom 04.10.2018
C-105/17
WRP 2018, 1311 -
Fahrlässiger Umgang mit Kundendaten
Nach einem Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg handelt ein Internetserviceprovider, der im Rahmen eines Hostingvertrags Kundendaten speichert, grob fahrlässig, wenn er diese Daten auf einen anderen Account verschiebt und die Daten auf dem ursprünglichen Account endgültig löscht, ohne sie zuvor als schreibgeschützt gekennzeichnet und ihre Inaktivität kontrolliert zu haben.Gehen dem Kunden dadurch wichtige Daten verloren (hier die Datenbank eines Ersatzteilhändlers mit ca. 750 Kundendaten sowie die Daten von ca. 2.500 Artikeln) kann dieser von dem Provider Ersatz des entstandenen Schadens (hier 5.100 Euro) verlangen.Urteil des OLG Hamburg vom 11.04.2018
8 U 69/16
CR 2018, 594 -
Unzulässige Maßnahmen gegen Facebook-Nutzer bei zulässiger Meinungsäußerung
Ein Facebook-Nutzer hatte sich in einem "Post" kritisch über eine Tageszeitung geäußert indem er diese als "pseudo-links", "Kriegstreiber erster Klasse", und "Hetzblättchen" bezeichnete. Das Landgericht Frankfurt hielt diese Äußerungen noch vom Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt. Somit war der Betreiber des sozialen Netzwerks nicht berechtigt, den "Post" des Nutzers zu löschen und dessen Account zu sperren. Dem Nutzer stand ein entsprechender Unterlassungsanspruch gegen den Betreiber zu.Beschluss des LG Frankfurt vom 14.05.2018
2-03 O 182/18
MMR 2018, 545 -
Unterlassung von Äußerungen in Fernsehbeitrag durch Rundfunkanstalt
Eine Rundfunkanstalt, die es zu unterlassen hat, bestimmte in einem Fernsehbeitrag enthaltene Äußerungen zu verbreiten oder verbreiten zu lassen, genügt der Befolgung des gerichtlichen Verbots dadurch, dass sie die dauerhafte Bereitstellung des die angegriffenen Äußerungen enthaltenen Fernsehbeitrags beendet, indem sie diesen aus ihrer über das Internet erreichbaren Mediathek löscht.Die Rundfunkanstalt war darüber hinaus dazu verpflichtet, durch Einwirkung auf gängige Internetsuchmaschinen, insbesondere Google, sicherzustellen, dass der von ihr aus seiner Mediathek gelöschte Beitrag nicht weiter über Suchmaschinen infolge einer Speicherung in deren Cache erreichbar ist. Ihr konnte daher nicht angelastet werden, dass der beanstandete Beitrag weiter im Internet abrufbar war, weil ein Dritter, dessen Handeln der Rundfunkanstalt nicht wirtschaftlich zugutekommt, den Beitrag selbstständig in einem Internetvideoportal veröffentlicht hat.Beschluss des BGH vom 12.07.2018
I ZB 86/17
WM 2018, 1896 -
Unzulässige Manipulation einer eBay-Auktion durch Abgabe eines Scheinangebots
Die Online-Verkaufsplattform eBay bietet ihren Nutzern u.a. die Möglichkeit eines automatischen Bietsystems an. Der Bieter gibt bei einer eBay-Auktion dabei den Betrag ein, den er maximal für einen Artikel zahlen möchte. Dieses Gebot wird automatisch so erhöht, dass der Nutzer stets Höchstbietender bleibt, jedoch nicht über den angegebenen Maximalbetrag hinaus.Für das Oberlandesgericht München stellt bei diesem Bietsystem jedoch ein nur zum Schein abgegebenes Gebot kein rechtserhebliches und damit gültiges Gebot dar und führt daher nicht zur Erhöhung des von einem anderen Nutzer abgegebenen Höchstgebots.Urteil des OLG München vom 26.09.2018
20 U 749/18
JurPC Web-Dok. 142/2018 -
Außerordentliche Kündigung eines IT-Outsourcing-Vertrags
Ein Dauerschuldverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Der Berechtigte kann allerdings nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat (§ 314 Abs. 1 und 3 BGB).Die angemessene Frist, innerhalb derer die außerordentliche Kündigung zu erklären ist, beträgt bei einem IT-Outsourcing-Projekt nach Auffassung des Oberlandesgerichts Köln maximal zwei Monate. Für den Beginn der Kündigungserklärungsfrist ist für den Fall, dass wegen der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag eine Abhilfefrist i.S.d. § 314 Abs. 2 BGB gesetzt wurde, deren Verstreichen maßgeblich und nicht die Kenntnis vom Kündigungsgrund.Urteil des OLG Köln vom 01.06.2018
I-19 U 164/17
CR 2018, 631 -
Gerichtliche Hinweispflicht bei unzulässiger Verwendung einer Container-Signatur
Hat ein Prozessbeteiligter bei der Übermittlung eines Schriftsatzes unter Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs über das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) eine seit dem 1. Januar 2018 unzulässige Container-Signatur verwendet, ist das Gericht aufgrund seiner prozessualen Fürsorgepflicht verpflichtet, ihn unverzüglich auf die fehlerhafte Signatur hinzuweisen, damit er den Mangel noch fristwahrend beheben kann.Beschluss des BSG vom 09.05.2018
B 12 KR 26/18 B
jurisPR-ITR 17/2018 Anm. 3 -
Facebook darf Hasskommentare löschen und Nutzeraccount sperren
Nach einem Urteil des Landgerichts Heidelberg ist der Betreiber von Facebook berechtigt, Hassreden, die andere Personen aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit, der Herkunft oder der religiösen Zugehörigkeit angreifen, zu löschen und den Account des Verfassers zu sperren.In dem entschiedenen Fall hatte der Accountinhaber einen Beitrag zum Thema Integration mit den folgenden Worten kommentiert: "Respekt! Das ist das Schlüsselwort! Für fundamentalistische Muslime sind wir verweichlichte Ungläubige, Schweinefresser und unsere Frauen sind Huren. Sie bringen uns keinen Respekt entgegen."Urteil des LG Heidelberg vom 28.08.2018
1 O 71/18
JURIS online -
Unzulässige Veröffentlichung eines Artikels bei einer anderen Zeitung
Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat eine Klausel in einem Arbeitsvertrag, die einen angestellten Redakteur (hier der "Wirtschaftswoche") verpflichtet, vor Ausübung einer Nebentätigkeit die Genehmigung des Arbeitgebers einzuholen, für wirksam erklärt. Veröffentlicht der Mitarbeiter ohne vorherige Genehmigung einen Artikel bei einer Tageszeitung, rechtfertigt dies den Ausspruch einer Abmahnung.Urteil des ArbG Düsseldorf vom 24.08.2018
4 Ca 3038/18
Pressemitteilung des ArbG Düsseldorf -
Onlinehändler muss Zahlung jeder EU-Bank akzeptieren
Der Betreiber eines Onlineshops darf Zahlungen von Konten im EU-Ausland nicht ablehnen. Eine in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Klausel, wonach es Kunden, die ihren Wohnsitz in Deutschland haben, nicht möglich sein soll, Zahlungen von einem ausländischen Konto vorzunehmen, verstößt gegen zwingendes EU-Recht. In dem vom Oberlandesgericht Karlsruhe entschiedenen Fall wollte ein in Deutschland ansässiger Kunde die bestellte Ware über eine luxemburgische Bank überweisen. Das Gericht hielt die Ablehnung der Überweisung für unrechtmäßig und damit wettbewerbswidrig.Urteil des OLG Karlsruhe vom 20.04.2018
4 U 120/17
ZIP 2018, 1171 -
Gasthausbetreiber kann Löschung einer negativen Bewertung verlangen
Ein Gastronomiebetrieb wurde in einem Bewertungsportal im Internet mit nur einem von fünf möglichen Sternen bewertet, ohne dass ein Kommentar hinterlassen und veröffentlicht wurde. Der Inhaber des Gasthauses beschwerte sich bei dem Portalbetreiber und trug vor, dass der angebliche Kunde nie Gast war. Weder war der Name bekannt, noch konnten sich die Mitarbeiter an seinen Besuch erinnern.Das Landgericht verurteile den Portalbetreiber zur Löschung der Bewertung. Er hätte nach den glaubhaften Darlegungen des Gastwirts weitere Nachforschungen anstellen müssen. Unterlässt er dies und verweigert er die Löschung der Negativbewertung, stellt dies eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts dar.Urteil des LG Hamburg vom 12.01.2018
324 O 63/17
MMR 2018, 407 -
Anspruch auf Rückgängigmachung der Löschung eines Facebook-Kommentars und der Sperrung des Nutzer-Accounts
Bietet der Betreiber einer Internet-Meinungsplattform sämtlichen Internetnutzern seine Dienstleistung an, um einer breiten Öffentlichkeit die Teilhabe an den sozialen Medien zu ermöglichen und die grundgesetzlich verbürgte Meinungsfreiheit auszuüben, ist es ihm verwehrt, seine Machtstellung gegenüber Teilnehmern willkürlich zum Ausschluss einzelner Personen ohne sachlichen Grund zu nutzen.Wurde vom Betreiber ein Nutzer-Account vorrübergehend gesperrt, obwohl tatsächlich kein Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen der Plattform vorliegt, ist er nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB ) und dem mittelbar geltenden Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verpflichtet, die Löschung des Kommentars rückgängig zu machen und die veranlasste Sperrung wieder aufzuheben.Beschluss des LG Berlin vom 09.09.2018
27 O 355/18
jurisPR-ITR 20/2018 Anm. 5 -
BGH: Werbeblocker "AdBlock Plus" nicht unlauter
Der Axel Springer-Verlag hat den langjährigen Rechtsstreit um den Vertrieb des Internet-Werbeblockers "AdBlock Plus" in letzter Instanz verloren. Das Programm kann von Internetnutzern kostenfrei heruntergeladen werden und verhindert, dass bestimmte Werbeinhalte auf Internetseiten angezeigt werden. Mithilfe von Filterregeln werden Werbeanbieter identifiziert und geblockt ("Blacklist"). Daneben besteht für Unternehmen die Möglichkeit, sich durch Zahlung einer Gebühr bzw. einer Umsatzbeteiligung von den Filtern in eine sogenannte "Whitelist" aufnehmen zu lassen. Nur deren Werbung wird sodann beim Nutzer angezeigt.Der Bundesgerichtshof wies die Klage des Verlags im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass das beanstandete Programm nicht unmittelbar auf die von Springer angebotenen Dienstleistungen einwirkt. Der Einsatz des Programms liegt vielmehr in der autonomen Entscheidung der Internetnutzer. Die mittelbare Beeinträchtigung des Verlagsangebots ist nicht unlauter. Das Programm unterläuft insbesondere keine gegen Werbeblocker gerichteten Schutzvorkehrungen des Internetangebots. Auch die Abwägung der Interessen der Betroffenen führte nicht zu dem Ergebnis, dass eine unlautere Behinderung des Axel-Springer-Verlags vorliegt. Diesem ist auch mit Blick auf das Grundrecht der Pressefreiheit zumutbar, der vom Einsatz des Programms ausgehenden Beeinträchtigung zu begegnen, indem er die ihm möglichen Abwehrmaßnahmen ergreift. Dazu gehört etwa das Aussperren von Nutzern, die nicht bereit sind, auf den Einsatz des Werbeblockers zu verzichten.Im Übrigen sahen die Bundesrichter auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine allgemeine Marktbehinderung oder eine aggressive geschäftliche Handlung gemäß § 4a UWG.Urteil des BGH vom 19.04.2018
I ZR 154/16
Pressemitteilung des BGH
Recht der freien Berufe
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Entziehung der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung wegen mehrjähriger Falschabrechnungen
Ein Facharzt für Urologie wurde Ende 2011 durch Strafbefehl des zuständigen Amtsgerichts wegen gewerbsmäßigen Betrugs in zwölf Fällen (Quartale III/2007 bis III/2010) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt. Er hatte über mehrere Jahre tatsächlich nicht erbrachte Sonografieuntersuchungen abgerechnet. Circa ein Jahr später wurde ihm die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung entzogen. Der Mediziner wandte ein, er habe die Pflichtverletzungen im Strafverfahren zugegeben und bereue diese. Die Verfehlungen lägen im Übrigen nunmehr drei Jahre zurück, ohne dass es zu weiteren Verstößen gekommen sei.All dies ließ das Landessozialgericht Essen nicht gelten und stellte klar, dass das Abrechnungs- und Honorierungssystem der vertragsärztlichen Versorgung auf dem Vertrauen auf die Richtigkeit der Angaben der Leistungserbringer beruht. Daher rechtfertigen wiederholt unkorrekte Abrechnungen insbesondere dann die Zulassungsentziehung, wenn - wie hier - der Arzt falsche Abrechnungen über mehrere Jahre und Quartale getätigt hat.Urteil des LSG Essen vom 18.04.2018
L 11 KA 2/17
jurisPR-MedizinR 8/2018 Anm. 3 -
Widerruf einer Apothekenbetriebserlaubnis wegen Steuerhinterziehung
Die Apothekenbetriebserlaubnis kann widerrufen werden, wenn hinreichende Tatsachen vorliegen, die die Unzuverlässigkeit des Apothekers begründen. Einen solchen Fall nahm das Verwaltungsgericht Aachen bei einem Apotheker an, der wegen Steuerhinterziehung von 240.000 Euro rechtskräftig verurteilt worden war.Für das Gericht spielte bei der Entscheidung auch eine Rolle, dass der Apotheker keine Selbstanzeige erstattet hatte, sondern sich erst unter dem Druck des bereits laufenden Strafverfahrens und einer Betriebsprüfung zu seinen Verfehlungen geäußert hatte. Ferner wurde berücksichtigt, dass der Widerruf der Erlaubnis nur zur Folge hat, dass der Betroffene die konkrete Apotheke nicht mehr selbstständig betreiben darf. Eine Beschäftigung als angestellter Apotheker war ihm nach dem Urteil ebenso wenig verwehrt wie ein späterer Antrag auf Neuerteilung einer Betriebserlaubnis.Urteil des VG Aachen vom 06.07.2018
7 K 5905/17
BB 2018, 1942 -
Offenbarung von Patientendaten bei Rechtsstreit zwischen Arzt und Ärztebewertungsportal
Verlangt ein Arzt die Löschung einer negativen Internetbewertung durch einen (früheren) Patienten, liegt im Verhältnis zwischen dem von der Bewertung betroffenen Arzt und dem Portalbetreiber als Störer die Beweislast für die Unwahrheit einer in der Bewertung durch einen namentlich bekannten Patienten enthaltenen Tatsachenbehauptung bei dem Arzt. Bei der Beweisführung kann es allerdings zu einem Konflikt mit der einzuhaltenden Schweigepflicht des Arztes geben.Hierzu vertritt das Oberlandesgericht Hamm folgende Rechtsauffassung: In Bezug auf vertrauliche Behandlungen des Patienten, die der Arzt gegenüber dem Portal offenlegt, besteht im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens kein Beweisverwertungsverbot. Vielmehr ist von einer stillschweigenden Zustimmung zur Verwertung auszugehen, wenn der Patient seine ansonsten der Geheimhaltung unterliegenden Fakten selbst offenbart hat und sich als Zeuge zur Verfügung stellt.Hinweis: In solchen Fällen ist dem Arzt in jedem Fall anzuraten, zumindest zu versuchen, bei dem Patienten eine umfassende Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht einzuholen.Urteil des OLG Hamm vom 13.03.2018
26 U 4/18
jurisPR-ITR 10/2018 Anm. 5 -
Schmerzgel Voltaren nicht auf Rezept
Das bekannte Schmerzpräparat Voltaren Emulgel steht unter dem Verordnungsausschluss der gesetzlichen Krankenversicherungen. Es darf von Ärzten daher nur ausnahmsweise in medizinisch indizierten Einzelfällen mit entsprechender Begründung verordnet werden. Da ein Arzt die medizinische Indikation in einer Reihe von Fällen nicht hinreichend begründen konnte, war die Prüfungsstelle der Ärzte und Krankenkassen Nordrhein berechtigt, von ihm Regress in Höhe von rund 600 Euro wegen der nicht gerechtfertigten Verordnungen zu verlangen.Urteil des SG Düsseldorf vom 10.05.2017
S 2 KA 37/16
JURIS online -
"Praxisklinik" ohne Möglichkeit der stationären Behandlung nicht irreführend
Wirbt eine Zahnarztpraxis mit dem Begriff "Praxisklinik", ohne die Möglichkeit einer stationären Behandlung anzubieten, liegt darin nach Auffassung des Landgerichts Essen keine wettbewerbswidrige Irreführung der Verbraucher. Der Begriff umfasst nicht die Möglichkeit einer stationären Behandlung.Zwar wurde der Begriff "Klinik" ursprünglich als Synonym für "Krankenhaus" verwendet. Dieses Verständnis wird aber im vorliegenden Fall durch den vorangestellten Begriff "Praxis" auf eine rein ambulante Behandlung beschränkt. Ferner sah das Gericht eine Parallele zum Begriff "Tagesklinik", in dem gleichfalls durch den vorangestellten Teil des Begriffs für den Verbraucher ersichtlich zum Ausdruck gebracht wird, dass kein stationärer Aufenthalt beinhaltet ist.Urteil des LG Essen vom 08.11.2017
44 O 21/17
Pressemitteilung des LG Essen -
Chefarzt muss bei Wahlleistungsvereinbarung Behandlung selbst durchführen
Wird eine ärztliche Behandlung trotz Wahlleistungsvereinbarung mit dem Chefarzt nicht von diesem durchgeführt und liegt kein Vertretungsfall wegen unvorhergesehener Verhinderung vor, ist der medizinische Eingriff mangels wirksamer Einwilligung des Patienten rechtswidrig. Krankenhausträger und behandelnde Ärzte machen sich in diesem Fall schadensersatzpflichtig.Urteil des OLG Hamm vom 15.12.2017
26 U 74/17
JURIS online -
Widerruf der Approbation bei fehlender Berufshaftpflichtversicherung
Wird ein Arzt trotz gesetzlicher Versicherungspflicht ohne Berufshaftpflichtversicherung tätig, kann dies im Einzelfall einen Widerruf der ärztlichen Approbation rechtfertigen. Einen derartigen Fall nahm das Verwaltungsgericht München bei einem Mediziner an, dem u.a. wegen Hygienedefiziten, unzureichender Notfallausstattung und Notfallvorsorge die Schließung seiner Praxis drohte.Liegen - wie in diesem Fall - Tatsachen vor, welche die Annahme rechtfertigten, der Arzt werde in Zukunft die berufsspezifischen Vorschriften und Pflichten nicht beachten, ist das Vorliegen eines ausreichenden Versicherungsschutzes unverzichtbar.Urteil des VG München vom 11.08.2017
M 16 K 16.398
jurisPR-MedizinR 12/2017 Anm. 1
Steuerrecht
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Aktienverkauf in Etappen
Verschenkt ein Aufsichtsratsmitglied an seine minderjährigen Kinder jeweils fünf seiner Unternehmensaktien und veräußern diese jeweils zwei Aktien an den Vorstand, genügt ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Schenkung und Veräußerung allein nicht, um von einer steuerlich unbeachtlichen Zwischenschaltung der Kinder (Gestaltungsmissbrauch) auszugehen.Durch die Stückelung der Aktien war der jeweilige Grundfreibetrag nicht überschritten und der Verkauf daher steuerfrei. Von einem Gestaltungsmissbrauch wäre nur dann auszugehen, wenn festgestellt wird, dass der "gestückelte" Verkauf der Aktien bereits vor der Schenkung geplant war. Dies muss das Finanzamt nachweisen.Urteil des BFH vom 17.04.2018
IX R 19/17
StuB 2018, 679 -
Bekanntgabe eines Vorsteuervergütungsbescheides mittels einfacher E-Mail
Nach einem Urteil des FinanzgerichtsKöln genügt die Bekanntgabe eines Vorsteuervergütungsbescheides mit einfacher E-Mail dem gesetzlichen Erfordernis, dass der Bescheid schriftlich zu erteilen ist. Die Bekanntgabe ist auch ohne qualifizierte elektronische Signatur, also ohne Verschlüsselung rechtmäßig.Urteil des FG Köln vom 13.12.2017
2 K 837/17
StE 2018, 329 -
Steuerbefreiung als Fahrzeug zur Krankenbeförderung trotz gelegentlicher Fremdnutzung
Eine Steuerbefreiung als Fahrzeug zur Krankenbeförderung nach § 3 Nr. 5 Satz 1 KraftStG setzt nach einem Urteil des Finanzgerichts Münster nicht voraus, dass das Fahrzeug ausschließlich für dringende Soforteinsätze verwendet wird.Im entschiedenen Fall war ein aufgrund der Beschriftung äußerlich als zur Krankenbeförderung erkennbares und dem Zweck der Krankentransporte nach seiner Bauart und Einrichtung für Sitzend- und Liegendtransporte angepasstes Fahrzeug nicht ausschließlich für Krankentransporte verwendet worden. Gelegentlich wurden auch weder körperlich noch geistig behinderte oder kranke Menschen mit dem Mehrzweckfahrzeug befördert. Dies hielt das Gericht für unschädlich, zumal beispielsweise auch Feuerwehrfahrzeuge nicht ausschließlich für Löscheinsätze, sondern z.B. auch zu Lehrzwecken verwendet würden.Urteil des FG Münster vom 25.01.2018
6 K 159/17 Kfz
DStRK 2018, 147 -
Keine Lohnsteuerpauschalierung im Fall der Gehaltsumwandlung (Fahrtkostenzuschuss)
Nach einem Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf ist eine pauschale Lohnversteuerung von Zuschüssen des Arbeitgebers zu Fahrtkosten und Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Internetnutzung nur zulässig, wenn diese Leistungen zusätzlich zum ursprünglich vereinbarten Bruttolohn erbracht werden und nicht bloß eine Gehaltsumwandlung vorliegt, indem der Bruttoarbeitslohn jeweils um den Zuschussbetrag reduziert wird. Auf die Freiwilligkeit der Leistung kommt es nicht entscheidend an.Urteil des FG Düsseldorf vom 24.05.2018
11 K 3448/15 H (L)
AuA 2018, 541 -
Vorsteuerabzug bei Auflösung eines langfristigen Pachtvertrags gegen Entschädigung
Einigen sich die Parteien eines langfristigen, umsatzsteuerpflichtigen Pachtvertrags auf eine vorzeitige Auflösung des Vertragsverhältnisses, so kann der Verpächter für die an den Pächter hierfür gezahlte Entschädigung den Vorsteuerabzug geltend machen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn eine beabsichtigte (steuerfreie) Grundstücksveräußerung noch nicht festgestellt werden kann.Urteil des BFH vom 13.12.2017
XI R 3/16
DStR 2018, 860 -
Aufgabe eines landwirtschaftlichen Betriebs durch Flächenübertragung
Die Übertragung sämtlicher Flächen eines landwirtschaftlichen Betriebs an mehrere Personen ist steuerrechtlich nicht als begünstigte Betriebsübergabe gemäß § 16 Abs. 3 EstG zu werten. Somit sind die im Betrieb angesammelten stillen Reserven zu versteuern.Urteil des BFH vom 16.11.2017
VI R 63/15
DStRK 2018, 82 -
Vorsteuerabzug: Angabe des Leistungszeitpunktes in Rechnung
Die zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung muss insbesondere Angaben zu der dem Leistenden erteilten Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, zur Menge und Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände und zu Umfang und Art der sonstigen Leistung sowie zum Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung enthalten (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2, 5 und 6 UStG).Die Angabe des Kalendermonats als Leistungszeitpunkt (hier für die Lieferung von Pkws) kann sich laut Bundesfinanzhof unter Beachtung der unionsrechtlichen Vorgaben auch aus dem Ausstellungsdatum der Rechnung ergeben, wenn nach den Verhältnissen des jeweiligen Einzelfalls davon auszugehen ist, dass die Leistung auch in dem Monat bewirkt wurde, in dem die Rechnung ausgestellt wurde.Urteil des BFH vom 01.03.2018
V R 18/17
DB 2018, 1384 -
Haftung eines faktischen Geschäftsführers für Steuerschulden der GmbH
Von einem sogenannten faktischen Geschäftsführer spricht man, wenn der Geschäftsführer die Geschäfte der GmbH führt, ohne bereits formell zum Geschäftsführer bestellt worden zu sein (z.B. bei noch fehlender Eintragung im Handelsregister). Tritt ein solcher Geschäftsführer nach außen hin so auf, als könne er umfassend über fremdes Vermögen verfügen und als nehme er faktisch die Aufgaben eines Geschäftsführers wahr, kann er für gegen die GmbH festgesetzte und nicht beglichene Steuerschulden persönlich in Haftung genommen.Beschluss des FG Köln vom 15.12.2017
13 V 2969/17
ZInsO 2018, 737 -
Immobilienverkauf: Keine Spekulationssteuer auf häusliches Arbeitszimmer
Der Gewinn aus dem Verkauf von selbstgenutztem Wohneigentum ist auch dann in vollem Umfang steuerfrei, wenn zuvor Werbungskosten für ein häusliches Arbeitszimmer abgesetzt wurden. Das Finanzgericht Köln begründete seine Entscheidung damit, dass das Arbeitszimmer hier in den privaten Wohnbereich integriert war und daher kein selbstständiges Wirtschaftsgut darstellt.Das beklagte Finanzamt hat Revision beim Bundesfinanzhof (AZ: IX R 11/18) eingelegt.Urteil des FG Köln vom 20.03.2018
8 K 1160/15
BB 2018, 1366 -
Kindergeldanspruch eines Gewerbetreibenden bei fiktiver unbeschränkter Steuerpflicht
Gewerbetreibenden, die ohne Wohnsitz und ohne gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland nur monatsweise tätig sind und hier auf Antrag als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt werden, steht nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs ein Anspruch auf Kindergeld für die Monate zu, in denen sie ihre inländische Tätigkeit ausüben.Urteil des BFH vom 14.03.2018
III R 5/17
DStR 2018, 116 -
Ein-Prozent-Regel: Ermittlung des Bruttolistenpreises bei Importfahrzeug
Nach der sogenannten Ein-Prozent-Regel wird der zu versteuernde geldwerte Vorteil für die Privatnutzung eines Geschäftswagens mit einem Prozent der Anschaffungskosten des Pkws angesetzt. Bei der Berechnung ist der Bruttolistenpreis des Fahrzeugs einschließlich der Kosten für Sonderausstattung zugrunde zu legen. Problematisch kann die Ermittlung des Bruttolistenpreises bei Importfahrzeugen sein.Ist das Fahrzeug ein Importfahrzeug (hier ein Pkw Ford Mustang Shelby GT 500 Coupé), für das ein inländischer Bruttolistenpreis nicht vorhanden ist, und auch keine Vergleichbarkeit mit einem bau- und typengleichen inländischen Pkw besteht, ist der inländische Bruttolistenpreis zu schätzen. Für den Bundesfinanzhof ist dieser Preis vom Finanzamt jedenfalls dann nicht zu hoch angesetzt, wenn die Schätzung sich nicht an dem Verkaufspreis an den Endkunden orientiert, sondern an den niedrigeren, üblichen Bruttoabgabepreisen, die Importfahrzeughändler, die das betreffende Fahrzeug selbst importieren, von ihren Kunden, also den Fahrzeughändlern, verlangen.Urteil des BFH vom 09.11.2017
III R 20/16
BB 2018, 802 -
eBay-Account-Inhaber haftet für Umsatzsteuer
Die Steuerfahndung ermittelte, dass über einen eBay-Account über 1.000 Verkäufe getätigt worden waren. Das Finanzamt wollte daraufhin wegen der Verkäufe den Inhaber des Accounts auf Zahlung der Umsatzsteuer in Anspruch nehmen. Dieser wandte ein, die Umsätze seien auf ihn, seine Ehefrau und eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts der Ehegatten aufzuteilen, die jeweils als Kleinunternehmer nicht umsatzsteuerpflichtig seien.Diese Aufteilung der Verkäufe nach den Eigentumsverhältnissen an den verkauften Gegenständen ließ das Finanzgericht Baden-Württemberg jedoch nicht gelten. Vielmehr sind Umsätze aus Verkäufen über die Internetauktionsplattform eBay stets der Person zuzurechnen, unter deren Nutzernamen die Verkäufe ausgeführt wurden.Urteil des FG Baden-Württemberg vom 26.10.2017
1 K 2431/17
BB 2018, 1110 -
Keine Schenkungsteuer bei verdeckten Gewinnausschüttungen
Eine verdeckte Gewinnausschüttung in Form von überhöhten Mietzahlungen (hier für ein Grundstück und verschiedene Maschinen) an eine nahestehende Person des Gesellschafters ist nicht als Schenkung durch die Gesellschaft anzusehen. Die Mietzahlungen führen in voller Höhe zu Einkünften des Vermieters aus Vermietung und Verpachtung. Diese Beträge dürfen nicht zusätzlich der Schenkungsteuer unterworfen werden.Urteil des BFH vom 13.09.2017
II R 54/15
GmbHR 2018, 280
Verkehrsrecht
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Weisung an Spediteur zur Vermeidung eines Diebstahls des Transportguts
Weist der Auftraggeber eines Lkw-Transports nicht darauf hin, dass der Frachtführer nur bewachte Parkplätze anfahren darf, handelt es sich bei der Aufnahme einer solchen Verpflichtung in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen um eine überraschende Klausel, die nach § 305c Abs. 1 BGB unwirksam ist.Kann der Fahrer der beauftragten Spedition aus den Transportunterlagen nicht erkennen, welches Gut er transportiert und fährt er auf einer italienischen Autobahn einen Parkplatz auf einer Rastanlage an, die auch nachts durchgehend in Betrieb ist, und parkt dabei in einem Bereich, in dem mehrere Lkws nebeneinander abgestellt sind, liegt kein leichtfertiges Verhalten vor, wenn während der Nachtruhe des Fahrers die Plane des Lkws aufgeschlitzt und ein Teil der Ladung gestohlen wird.Urteil des OLG München vom 26.10.2017
23 U 1699/17
TranspR 2018, 56 -
"Sprachauflage" für Genehmigung von Großtransporten in Deutschland
Die für Ausnahmegenehmigungen zur Beförderung von Ladungen mit Überbreite, Überhöhe und Überlänge auf Autobahnen und Kraftfahrtstraßen zuständige Behörde darf die Genehmigung mit der Auflage erteilen, dass während eines Großraumtransports in Deutschland stets eine sachkundige Person anwesend sein muss, die der deutschen Sprache mächtig ist.Durch eine solche übermäßige Straßenbenutzung darf die Verkehrssicherheit nicht gefährdet werden; eine Verkehrsbehinderung oder gar Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer muss weitgehend ausgeschlossen werden können. Dies setzt aber voraus, dass auch in unvorhergesehenen kritischen Situationen, wie beispielsweise bei Umleitungen, schwierigen Wetterverhältnissen oder Unfällen, eine Kommunikation der Polizei oder anderer Einsatzkräfte mit dem Fahrer (oder Beifahrer) möglich ist.Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 15.05.2018
10 S 1801/17
NJW 2018, 2508 -
Lkw-Fahrer haftet nicht für hochgewirbelten Stein
Fahrer und Halter eines Lkws müssen keinen Schadensersatz wegen der Beschädigung eines nachfolgenden Wagens durch einen aufgewirbelten Stein zahlen, wenn den Fahrer kein Verstoß gegen seine Sorgfaltspflicht trifft. Als Beispiel für eine derartige Sorgfaltspflichtverletzung nennt das Landgericht Nürnberg-Fürth den Fall, dass der Lkw-Fahrer in einem Baustellenbereich trotz herumliegender loser Steine seine Geschwindigkeit nicht entsprechend verringert. Ein solcher Verstoß lag hier jedoch nicht vor, sodass der Fahrer des beschädigten Fahrzeugs selbst für den Schaden aufkommen muss.Urteil des LG Nürnberg-Fürth vom 30.03.2017
2 S 2191/16
NJW-RR 2017, 730 -
Herausgabe von Sendungsverfolgungsdaten (Trackingdaten) an Gewerbeaufsicht
Das Verwaltungsgericht Regensburg hat entschieden, dass die Gewerbeaufsicht von einem Paketversender die Herausgabe von Sendungsverfolgungsdaten ("Trackingdaten") verlangen darf, um mit deren Hilfe die Einhaltung von Lenk- und Ruhezeiten bei den an der Erbringung der Paketdienstleistung beteiligten Unternehmen zu überprüfen. Die Behörde kann darüber hinaus auch das "Herausfiltern" von Daten nach von ihr vorgegebenen Kriterien verlangen.Urteil des VG Regensburg vom 20.04.2017
RO 5 K 16.278
ZD 2017, 498
Versicherungsrecht
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Streit um unzureichende Kühlung von Transportgut
Macht ein Unternehmer gegen einen von ihm beauftragten Spediteur Schadensersatz mit der Begründung geltend, die zu transportierende Tiefkühlware sei während des Transports nicht ausreichend gekühlt worden, muss er darlegen und beweisen, dass er dem Frachtführer das Transportgut in ordnungsgemäß vorgekühltem Zustand übergeben hat.Hat der Spediteur vor dem Transport vorbehaltlos einen Lieferschein unterzeichnet, in dem eine ausreichende Vorkühlung der zu transportierenden Ware festgehalten ist, trägt er die Beweislast für seine Behauptung, er sei bei der Beladung an einer Kontrolle der Temperatur der übernommenen Ware gehindert worden.Urteil des BGH vom 23.11.2017
I ZR 51/16
NJW-RR 2018, 551 -
Privathaftpflichtversicherung des Arbeitnehmers haftet bei Explosion einer Bauschaumflasche
In den Versicherungsbedingungen von Privathaftpflichtversicherungen ist in der Regel der Deckungsschutz für Schäden ausgeschlossen, die in unmittelbarem zeitlichem und räumlichem Zusammenhang mit der Benutzung eines Kfz stehen.Diese sogenannte Benzinklausel greift nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm nicht ein, wenn dem Versicherungsnehmer beim Aussteigen aus seinem Kraftfahrzeug eine Bauschaumflasche herunterfällt und explodiert und dadurch der benutzte Firmenwagen beschädigt wird. Die Privathaftpflichtversicherung ist für den Schaden an dem Fahrzeug eintrittspflichtig, da sich durch den Schadensfall nicht das typische Risiko des Fahrzeuggebrauchs verwirklicht hat.Beschluss des OLG Hamm vom 09.08.2017
I-20 U 30/17
VersR 2018, 216 -
Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten ("einfach gelagerter Unfall")
Den "einfach gelagerten Verkehrsunfall" gibt es heute grundsätzlich nicht mehr. Mit dieser Begründung sprach das Amtsgericht Hamburg einem Mietwagenunternehmen neben anderen Schadenspositionen auch den Ersatz der Kosten für den mit der Schadensabwicklung beauftragten Anwalt zu.Die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers konnte sich mit ihrem Argument, der Geschädigte verfüge über die notwendige Fachkenntnis, um den einfach gelagerten Schadensfall selbst abwickeln zu können, nicht durchsetzen. Dem hielt das Gericht sowohl die allgemein bekannte restriktive Schadensregulierung der Haftpflichtversicherer als auch die komplexe obergerichtliche Rechtsprechung zur (Nicht-)Berechtigung von Unfallschadenspositionen entgegen.Urteil des AG Hamburg vom 31.01.2018
20a C 451/17
Pressemitteilung des AG Hamburg -
Unfall auf landwirtschaftlich genutztem Gelände
Den Halter eines Kraftfahrzeugs kann unter dem Gesichtspunkt der Betriebsgefahr auch dann eine Mithaftung an einem Unfall treffen, wenn ihm selbst kein Verschulden vorzuwerfen ist. Voraussetzung ist dabei, dass sich der Unfall "bei dem Betrieb eines Kfz" ereignet hat. Dies ist nur dann der Fall, wenn sich eine Gefahr realisiert hat, die von dem Kfz in seiner Eigenschaft als Verkehrsmittel ausgeht.Das Landgericht Potsdam hat dies verneint, wenn der Unfall auf einer Verwendung des Kfz als Arbeitsmaschine beruht, bei der die Fortbewegungs- und Transportfunktion keine tragende Rolle spielen. Da sich in dem konkreten Fall der haftpflichtversicherte Maishäcksler eines Landwirts im Unfallmoment auf einem nur landwirtschaftlichen Zwecken dienenden Feld und nicht auf einer dem allgemeinen Verkehr offenstehenden Fläche befand, trat die Transportfunktion hinter der Bewirtschaftungsfunktion (hier Ernte) zurück. Der hier durch die Maschine verletzte Jagdteilnehmer konnte daher keine Schadensersatzansprüche unter dem Gesichtspunkt der Betriebsgefahr geltend machen.Urteil des LG Potsdam vom 11.08.2017
6 O 32/17
RuS 2017, 656 -
Transportschaden: Kein Schadensnachweis durch bloße Vorlage einer Handelsrechnung
Wer Schadensersatz gegenüber einer Geld- und Werttransportversicherung wegen des Verlustes von Transportgut geltend macht, muss substantiiert darlegen und im Bestreitensfalle auch beweisen, dass das Gut während der Obhutszeit beim Transportunternehmen abhanden gekommen und wie hoch der eingetretene Schaden ist.Dies umfasst neben dem Beweis der Übernahme von Gütern als solchen auch den Nachweis ihrer Identität, ihrer Art, ihrer Menge und ihres Zustands. Der Bundesgerichtshof hält es nicht für ausreichend, wenn die Schadenshöhe lediglich durch eine Handelsrechnung des ausländischen Lieferanten belegt wird, ohne dass die Beförderung des Transportgutes zusätzlich nach Art und Menge sowie die Übernahme durch das Transportunternehmen genau dokumentiert werden.Beschluss des BGH vom 11.01.2017
IV ZR 74/14
NZV 2018, 37
Wettbewerbsrecht
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Süßwarenhersteller muss auf Verpackung Stückzahl der enthaltenen Einzelpackungen angeben
Befinden sich einzelne, mit einer verschweißten Plastikfolie ummantelte Pralinenkugeln ("Raffaelo") in einer größeren Plastikumverpackung, durch deren Sichtfenster die Einzelpackungen zu sehen sind, muss auf der Verpackung die genaue Stückzahl der enthaltenen Einzelpackungen angegeben werden. Die bloße Angabe zur Nettofüllmenge auf der Packungsunterseite genügt nicht den Vorschriften der Lebensmittelinformationsverordnung (EU).Die Vorenthaltung der vom Unionsgesetzgeber als wesentlich angesehenen Information ist nach Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt auch geeignet, die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers zu beeinflussen. Der Hersteller wurde auf Klage eines Verbraucherschutzvereins verurteilt, den Vertrieb der Süßigkeiten in der beanstandeten Verpackung zu unterlassen.Urteil des OLG Frankfurt vom 25.10.2018
6 U 175/17
GRURPrax 2018, 135 -
Kein grenzenloser Schutz für die Marke "Olympia"
Sämtliche Verwertungsrechte an Olympischen Spielen stehen dem Internationalen Olympischen Komitee (IOK) und in Deutschland dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) zu. Dem Schutz des Namensrechts zeigt nun das Oberlandesgericht Frankfurt Grenzen auf. Der DOSB hatte gegen die Werbung des Betreibers mehrerer Fitnessstudios geklagt, der anlässlich der Olympischen Spiele in Rio de Janeiro eine Rabattaktion mit den Slogans "Olympia Special", "wir holen Olympia in den Club" und "unser Training wird olympisch" beworben hatte.Das Gericht entschied, dass es sich bei den beanstandeten Werbeslogans um eine rein assoziative Verwendung der nach dem Olympiaschutzgesetz geschützten Begriffe "Olympia" und "olympisch" handelte, was nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) nicht zu beanstanden ist. Erst ein sogenannter Imagetransfer wäre unzulässig. Ein unlauterer Imagestransfer liegt bei Angaben vor, in denen der Geschäftsverkehr eine unmittelbare Übertragung der besonderen Wertschätzung der Olympischen Spiele oder der Olympischen Bewegung auf die beworbene Ware oder Dienstleistung sieht. Die Werbung muss dabei dahingehend verstanden werden, dass das Produkt qualitativ mit den Olympischen Spielen vergleichbar ist, also bildlich gesprochen "Olympia-Qualität" hat. Diese Voraussetzungen waren hier nicht gegeben, was zur Abweisung der Klage führte.Urteil des OLG Frankfurt vom 01.11.2018
6 U 122/17
JURIS online -
Geschmack eines Lebensmittels nicht schutzfähig
Produkte lassen sich in fast jeder Hinsicht vor Nachahmern schützen. So können Form, Farbe und Verpackung von Produkten grundsätzlich in die einschlägigen Marken- und Geschmacksmusterregister eingetragen werden. Beim Geschmack von Lebensmitteln stößt für den Gerichtshof der Europäischen Union (EuG) der Markenschutz jedoch an seine Grenzen.Die Europarichter haben entschieden, dass der Geschmack eines Lebensmittels (hier einer holländischen Käsesorte) keinen Urheberrechtsschutz genießen kann. Der Geschmack eines Lebensmittels ist nämlich nicht als "Werk" einzustufen. Im Übrigen fehlt es im Fall des Geschmacks eines Lebensmittels an der Möglichkeit einer präzisen und objektiven Identifizierung, da die Identifizierung des Geschmacks im Wesentlichen auf Geschmacksempfindungen und -erfahrungen beruht, die subjektiv und veränderlich sind.Urteil des EuG vom 13.11.2018
C-310/17
Pressemitteilung des EuGH -
Unterlassungsanspruch von Mitbewerbern bei Datenschutzrechtsverstößen?
Nach einem Urteil des Landgerichts Bochum sind Mitbewerber nicht berechtigt, Verstöße gegen Artikel 13 Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO), der die Informationspflicht bei Erhebung von personenbezogenen Daten regelt, geltend zu machen. Einem Unterlassungsanspruch stehen die Artikel 77 bis 84 DS-GVO entgegen, die eine die Ansprüche von Mitbewerbern ausschließende abschließende Regelung enthalten.Die gegenteilige Rechtsauffassung vertritt das Landgericht Würzburg, wonach Mitbewerber befugt sind, Datenschutzverstöße gegen die DS-GVO im Wege eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs geltend zu machen.Eine höchstrichterliche Entscheidung zu dieser kontroversen Rechtsfrage steht noch aus.Urteil des LG Bochum vom 07.08.2018
I-12 O 85/18
JurPC Web-Dok. 152/2018
Beschluss des LG Würzburg vom 13.09.2018
11 O 1741/18 UWG
JurPC Web-Dok. 153/2018 -
Abmahnfähigkeit von DS-GVO-Verstößen
Erstmals hat sich ein Oberlandesgericht mit der umstrittenen Frage der Abmahnbarkeit von Verstößen gegen die Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) befasst. Zuvor hatte das Landgericht Würzburg die Abmahnbarkeit bejaht. Das Landgericht Bochum hatte sie dagegen abgelehnt.Das Oberlandesgericht Hamburg bejaht grundsätzlich die Abmahnfähigkeit von Verstößen durch Wettbewerber nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, vertritt im Übrigen jedoch eine differenzierte Auffassung: Bei einem Verstoß gegen § 3a UWG muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob die verletzte Vorschrift der DS-GVO tatsächlich eine Regelung des Marktverhaltens beinhaltet. Denn nur dann kann ein Mitbewerber den Verstoß abmahnen. Dient die verletzte Vorschrift dagegen dazu, die Interessen Dritter oder andere Gemeinschaftsgüter zu schützen, ohne dabei gleichzeitig auch dem Schutz der Interessen von Marktteilnehmern zu dienen, ist eine Abmahnfähigkeit durch Mitbewerber nicht gegeben.Urteil des OLG Hamburg vom 25.10.2018
3 U 66/17
JURIS online -
Anspruch Verletzung des Persönlichkeitsrechts erlischt durch Tod ("Kohl-Protokolle")
Im Rechtsstreit um das Buch "Vermächtnis: Die Kohl-Protokolle" versagte das Oberlandesgericht Köln der Erbin des im Jahr 2017 verstorbenen Altbundeskanzlers eine Geldentschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Verstorbenen.Ansprüche auf Geldentschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich nicht vererblich, auch wenn der Geschädigte erst während des Rechtsstreits verstirbt. Tragender Gesichtspunkt dieser Rechtsprechung ist, dass beim Geldentschädigungsanspruch der Genugtuungsgedanke gegenüber dem Präventionsgedanken im Vordergrund steht. Mit dem Tod des Verletzten verliert die bezweckte Genugtuung an Bedeutung. Vererblich ist der Entschädigungsanspruch erst mit dessen rechtskräftiger Zuerkennung durch ein Gericht oder nach einem wirksamen Vergleich.Urteil des OLG Köln vom 29.05.2018
I-15 U 64/17
GRUR 2018, 1081 -
Tiefgekühlte und danach aufgetaute Ware darf nicht als frisch beworben werden
Die Werbung eines Lebensmitteldiscounters für Alaskaseelachs mit der Überschrift "Einfach mehr Frische" ist irreführend und damit wettbewerbswidrig, wenn es sich tatsächlich nicht um frischen Fisch, sondern um aufgetaute Ware handelt. Einen entsprechenden Hinweis auf der Verpackung hielt das Landgericht Duisburg nicht für ausreichend, wenn dieser in der Werbung nicht nur fehlt, sondern mit der Überschrift "Einfach mehr Frische" das Gegenteil suggeriert wird.Urteil des LG Duisburg vom 31.07.2018
22 O 4/18
Wirtschaftswoche Heft 27/2018, Seite 76 -
Rabattaktion mit zu vielen Ausnahmen
Die großformatige Werbung eines Möbelhauses mit "30 Prozent auf fast alles", wobei sich das Wort "fast" senkrecht gedruckt im Knick des gefalteten Prospekt befindet und deutlich kleiner und dünner gestaltet ist als der Rest des Textes, ist irreführend, wenn in einem kleingedruckten Text der Rabatt außer für reduzierte Ware auch für Artikel von 40 namentlich genannten Herstellern ausgeschlossen ist.Urteil des OLG Köln vom 20.04.2018
I-6 U 153/17
WRP 2018, 1000 -
Gewinnabschöpfungsanspruch bei unlauterer Abbuchung von Gebühren
Ein Telekommunikationsunternehmen hatte in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Klausel verwendet, durch die seinen Kunden eine "Nichtnutzungsgebühr" i.H.v. 4,95 Euro monatlich in Rechnung gestellt wird, wenn in drei aufeinanderfolgenden Monaten kein Anruf getätigt bzw. keine SMS versendet wird. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen e.V. klagte gegen das Unternehmen erfolgreich auf Unterlassung der Verwendung der Klausel. Im nächsten Schritt erhob der Verband eine Klage auf Herausgabe des durch Verwendung der beanstandeten Klausel erzielten Gewinns.Nach § 10 UWG kann derjenige, der vorsätzlich eine unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt und hierdurch zulasten einer Vielzahl von Abnehmern einen Gewinn erzielt, auf Herausgabe dieses Gewinns an den Bundeshaushalt in Anspruch genommen werden. Erhebt - wie hier - ein Unternehmer wider besseres Wissen aufgrund einer Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein zusätzliches und nicht geschuldetes Entgelt, ist dies nach Auffassung des Oberlandesgerichts Schleswig eine unlautere Handlung, die zur Herausgabe des Gewinns verpflichtet. Wie lukrativ die Erhebung derartiger Gebühren sein kann, zeigt dieser Fall: Das Telekommunikationsunternehmen wurde zur Zahlung von über 400.000 Euro verurteilt.Urteil des OLG Schleswig vom 07.06.2018
2 U 5/17
GRUR 2018, 1071 -
Unzulässige Kundenzufriedenheitsbefragung per E-Mail
Unaufgefordert zugesandte Werbe-E-Mails stellen nach ständiger Rechtsprechung eine erhebliche, im Ergebnis nicht hinnehmbare Belästigung des Empfängers dar. Eine sogenannte Feedback-Anfrage nach Erwerb eines Produkts, mit der u.a. die Kundenzufriedenheit abgefragt wird, ist einer unzulässigen E-Mail-Werbung gleichzustellen.Eine unzulässige Kundenzufriedenheitsbefragung liegt auch dann vor, wenn mit der E-Mail zugleich die Übersendung einer Rechnung für ein zuvor gekauftes Produkt erfolgt. Für den Bundesgerichtshof ist dem Werbenden auch nach Abschluss einer Verkaufstransaktion zumutbar, bevor er auf diese Art mit Werbung in die Privatsphäre des Empfängers eindringt, dem Kunden - wie es § 7 Abs. 3 UWG verlangt - die Möglichkeit zu geben, der Verwendung seiner E-Mail-Adresse zum Zwecke der Werbung zu widersprechen.Urteil des BGH vom 10.07.2018
VI ZR 225/17
WM 2018, 1853 -
Vorenthalten wesentlicher Informationen in der Zeitungswerbung für eine Rabattaktion
Die Bedingungen der Inanspruchnahme von Preisnachlässen sind auch im nicht elektronischen Geschäftsverkehr wesentliche Informationen im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG. Bei einer auf ein Warensortiment bezogenen Preiswerbung (hier eines Möbelhauses) sind die Angaben zu den von der Aktion ausgeschlossenen Waren und Lieferanten schon in dem für die Werbung benutzten Kommunikationsmittel (hier einer Zeitungsanzeige) selbst zu machen, sofern dem räumliche Beschränkungen dieses Kommunikationsmediums nicht entgegenstehen. Wenn kein zwingendes Platzproblem besteht, ist ein Hinweis mit kleingedrucktem Text am unteren Ende der Anzeige "Nähere Bedingungen und ausgewählte Lieferanten finden Sie im Internet unter …" nicht als Information ausreichend.Urteil des BGH vom 27.07.2017
I ZR 153/16
WRP 2018, 182
Wirtschaftsrecht
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GmbH-Gründung: Zweifel an Werthaltigkeit einer Sacheinlage
Die Stammeinlage einer GmbH kann sowohl in Geld als auch durch andere Vermögenswerte aufgebracht werden. Sacheinlagen können jedoch nur in Höhe des tatsächlichen Wertes der eingebrachten Sache berücksichtigt werden.Verweigert das Registergericht die Anmeldung wegen Zweifeln an der Werthaltigkeit der Sacheinlage (hier eines Grundstücks), kann der Gesellschafter das Eintragungshindernis dadurch beseitigen, dass er einen Geldbetrag mindestens in Höhe des infrage stehenden Differenzbetrags zur freien Verfügung des Geschäftsführers einbezahlt und eine entsprechende Versicherung nach § 8 Abs. 2 GmbHG abgibt.Beschluss des OLG Naumburg vom 17.01.2018
5 Wx 12/17
GmbHR 2018, 1068 -
Haftung des GmbH-Geschäftsführers wegen Neuabschluss eines Rahmenvertrags ohne Kundenschutzklausel
Ein pflichtwidriges Verhalten eines GmbH-Geschäftsführers nach § 43 Abs. 2 GmbHG liegt vor, wenn er einen neuen Rahmenvertrag mit einer anderen GmbH ohne eine Kundenschutzklausel, wie noch im alten Rahmenvertrag verankert, abschließt.Durch die Streichung der Kundenschutzklausel wurde in dem vom Oberlandesgericht München entschiedenen Fall der gesamte Kundenbestand, der dem Vertragspartner im Rahmen der bisherigen Vertragsbeziehung bekannt geworden war, für diesen ohne Weiteres nutzbar. Dass dies für seinen Arbeitgeber ein ganz erhebliches wirtschaftliches Risiko begründete und zu einem nicht unbedeutenden Schaden führen könnte, war für den Geschäftsführer erkennbar. Er wurde zum Ersatz sämtlicher Schäden, die dem Unternehmen durch die Streichung der Kundenschutzklausel entstanden sind oder noch entstehen werden, verurteilt.Urteil des OLG München vom 08.02.2018
23 U 2913/17
DB 2018, 1659 -
Verordnung zur Energieverbrauchskennzeichnung von Staubsaugern nichtig
Seit dem 1. September 2014 werden alle in der Europäischen Union verkauften Staubsauger einer Energieverbrauchskennzeichnung unterzogen. Das Europäische Gericht (EuG) hat nun die entsprechende EU-Verordnung (Nr. 665/2013) über die Energieverbrauchskennzeichnung von Staubsaugern für nichtig erklärt. Die Europarichter folgten damit der Klage des Staubsaugerherstellers Dyson, der beanstandete, dass die Tests zur Ermittlung der Energieeffizienz der Staubsauger in die Irre führen, da die Leistung nicht "während des Gebrauchs", sondern nur mit leerem Behälter gemessen werde. Dyson-Staubsauger kommen übrigens ohne Staubbeutel aus.Urteil des EuG vom 08.11.2018
T-544/13
JURIS online -
Auflösung einer in der Ehezeit begründeten Mitgläubigerschaft als Darlehensgeber
Ein Ehepaar gewährte einer GmbH mehrere unbefristete Kredite in Höhe von insgesamt etwa 90.000 Euro. Der Ehemann war zu diesem Zeitpunkt alleiniger Gesellschafter der GmbH, die Ehefrau deren Geschäftsführerin. Nach der Ehescheidung verlangte die Frau von ihrem geschiedenen Ehemann die Abgabe der (Mit-)Erklärung der Darlehenskündigungen. Dabei stellte sich die Frage, welches Gericht für die Durchsetzung des Anspruchs zuständig ist.Verfolgt ein Ehegatte das Ziel, eine in der Ehezeit begründete Mitgläubigerschaft mit dem Ehepartner für die Rückforderung eines Darlehens aufzulösen, das die - nunmehr geschiedenen - Ehegatten dem damals im wirtschaftlichen Eigentum Ehepartners stehenden Unternehmen gewährt haben, ist laut Bundesgerichtshof die Zuständigkeit des Familiengerichts gegeben.Beschluss des BGH vom 22.08.2018
XII ZB 312/18
NJW 2018, 3189 -
Abtretung von Mieteransprüchen an Inkassounternehmen
Nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) ist die Rechtsberatung und Geschäftsbesorgung in fremden Rechtsangelegenheiten grundsätzlich Rechtsanwälten und Notaren vorbehalten. Nach § 5 Abs. 1 S. 1 RDG sind auch anderen Personen bzw. Unternehmen Rechtsdienstleistungen erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zu deren Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören.Lässt sich ein Inkassounternehmen etwaige Ansprüche eines Mieters nach den §§ 556d und 556e BGB ("Mietpreisbremse") auf Rückzahlung nicht geschuldeter Miete abtreten, liegt darin ein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz. Für das Landgericht Berlin ist die Abtretung daher nichtig. Die Nichtigkeit erfasst nicht nur das gegen § 3 RDG verstoßende Verpflichtungsgeschäft (hier der Dienstleistungsvertrag), sondern auch die darauf beruhende Abtretung. Das Inkassounternehmen war daher für die gerichtliche Geltendmachung der vermeintlichen Ansprüche des Auftraggebers nicht aktivlegitimiert. Die Klage wurde deshalb abgewiesen.Beschluss des LG Berlin vom 03.07.2018
67 S 157/18
Grundeigentum 2018, 1215 -
Frist zur Ankündigung der Tagesordnung zur Gesellschafterversammlung einer GmbH
Nach § 51 Abs. 4 GmbHG muss die Tagesordnung zur Gesellschafterversammlung einer GmbH wenigstens drei Tage vor der Versammlung angekündigt werden. Für den Beginn der dreitägigen Ankündigungsfrist ist bei Postzustellungen im Inland eine Laufzeit von zwei Werktagen zugrunde zu legen. Nur dann kann mit hinreichender Sicherheit davon ausgegangen werden, dass alle Gesellschafter von der Ankündigung Kenntnis erlangt haben. Ist die Frist nicht eingehalten, können die in der Gesellschafterversammlung getroffenen Beschlüsse erfolgreich angefochten werden.Beschluss des OLG Jena vom 15.06.2018
2 U 16/18
NZG 2018, 992 -
Keine Sitzverlegung einer GmbH während des Liquidationsverfahrens
Die eine Satzungsänderung erfordernde Sitzverlegung einer aufgelösten GmbH während des Liquidationsverfahrens kommt nach einer Entscheidung des Kammergerichts Berlin nur dann in Betracht, wenn sie nicht dem Wesen der auf Abwicklung gerichteten Liquidation widerspricht. Davon ist in der Regel auszugehen, weil sie ein Auffinden der Gesellschaft für die Gesellschaftsgläubiger erschwert. Denn mit der Sitzverlegung geht regelmäßig ein Wechsel des Registergerichts und damit auch der Registernummer einher.Beschluss des KG Berlin vom 24.04.2018
22 W 63/17
DB 2018, 2238 -
Zivilprozess: Prämien für eine anwaltliche Haftpflichtversicherung nicht erstattungsfähig
Die in einem Zivilprozess unterlegene Partei hat dem obsiegenden Prozessgegner die gesetzlichen Gebühren und die zur Prozessführung notwendigen Auslagen seines Rechtsanwalts zu erstatten.Erhöht ein Rechtsanwalt wegen eines außergewöhnlich hohen Streitwerts im Rahmen eines Zivilrechtsstreits die Haftungssumme seiner bestehenden Vermögensschadenshaftpflichtversicherung, kann er im Fall des Obsiegens die hierfür gezahlte Prämie für die Anschlussdeckung nicht von dem unterlegenen Prozessgegner ersetzt verlangen.Beschluss des BGH vom 24.01.2018
VII ZB 60/17
MDR 2018, 557 -
Fortführung des Namens einer Partnerschaftsgesellschaft nach Ausscheiden eines promovierten Partners
Laut § 2 Abs. 2 PartGG (Partnerschaftsgesellschaftsgesetz) gelten die firmenrechtlichen Vorschriften für den Partnerschaftsnamen entsprechend: Dies bedeutet, dass der Name dem Gebot der Namenswahrheit und der Namensausschließlichkeit, aber auch der Möglichkeit der Namensfortführung (Namensbeständigkeit) unterliegt.So hält es der Bundesgerichtshof beim Ausscheiden des promovierten Namensgebers einer als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft anerkannten Partnerschaft für zulässig, wenn die verbleibenden Partner bei Einwilligung des Ausgeschiedenen oder seiner Erben den bisherigen Namen der Partnerschaft mit dem Doktortitel des Ausgeschiedenen fortführen, auch wenn keiner von ihnen promoviert hat.Beschluss des BGH vom 08.05.2018
II ZB 26/17
GmbHR 2018, 850 -
Zuständigkeit für Änderung des Dienstvertrags eines GmbH-Geschäftsführers
Zum Abschluss, zur Änderung und Beendigung eines Dienstvertrags mit dem Geschäftsführer einer GmbH ist die Gesellschafterversammlung zuständig, sofern die Satzung insoweit keine abweichenden Bestimmungen enthält. Die Änderung des Dienstvertrags des abberufenen Geschäftsführers fällt erst dann unter die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis des neuen Geschäftsführers, wenn sich das ursprüngliche Geschäftsführerdienstverhältnis nach der Abberufung des bisherigen Geschäftsführers in ein gewöhnliches Anstellungsverhältnis umgewandelt hat.Urteil des BGH vom 03.07.2018
II ZR 452/17
BB 2018, 2036 -
Beschränkte Sondernutzungserlaubnis für Altkleidersammelcontainer
Zur Vermeidung einer "Übermöblierung" des öffentlichen Straßenraums ist eine Kommune berechtigt, die Anzahl von Aufstellungsorten für Altkleidersammelcontainer in ihrem Gemeindegebiet zu begrenzen. Die Entscheidung über eine straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis muss sich an Gründen orientieren, die einen sachlichen Bezug zur Straße haben. Dazu zählen neben der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auch Belange des Straßen- und Ortsbildes.Urteil des VG Mainz vom 20.06.2018
3 K 907/17.MZ
Pressemitteilung des VG Mainz -
Haftung des Ladeninhabers für herabfallenden Spiegel
Das Landgericht Koblenz hat entschieden, dass der Inhaber eines Schuhgeschäfts haftet, wenn einem Kleinkind ein Spiegel, den eine Fachfirma ohne eine fachgerechte Aushebesicherung montiert hat, auf den Fuß fällt und sich das Kind dadurch eine blutende Risswunde zuzieht. Das Gericht verurteilte den Inhaber des Schuhgeschäfts zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 1.000 Euro.Urteil des LG Koblenz vom 16.05.2018
13 S 10/18
Pressemitteilung des LG Koblenz -
Keine Haftung des als Erfüllungsgehilfen für Unternehmensberater tätigen Rechtsanwalts
Ein deutsches Unternehmen plante, in Rumänien einen Betrieb zu erwerben, zu modernisieren und zu erweitern. Dies sollte u.a. durch EU-Fördermittel finanziert werden. Das Unternehmen schloss mit einer Gesellschaft einen Vertrag, die es unter Hinzuziehung eines Rechtsanwalts bei diesem Vorhaben beraten und unterstützen sollte. Als das Vorhaben scheiterte, wollte das Unternehmen den Rechtsanwalt auf Schadensersatz in Anspruch nehmen.Der Bundesgerichtshof wies die Klage in letzter Instanz mit der Begründung ab, dass ein Anwalt, der als Erfüllungsgehilfe eines Beraters tätig ist, als Vertragspartner des Geschäftsherrn in der Regel nicht persönlich haftet. Das Unternehmen hätte sich wegen seiner vermeintlichen Schadensersatzansprüche an den Berater halten müssen.Urteil des BGH vom 07.12.2017
IX ZR 45/16
jurisPR-HaGesR 7/2018 Anm. 1 -
Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters auch bei Vertragsbeendigung in der Probezeit
Nach § 89b HGB kann ein Handelsvertreter vom Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und soweit der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat. Der Anspruch kann im Voraus nicht ausgeschlossen werden.Hierzu hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass Handelsvertretern die vorgesehenen Ausgleichs- und Schadensersatzansprüche auch dann zustehen, wenn der Handelsvertretervertrag während der Probezeit beendet wird.Urteil des EuGH vom 19.04.2018
C-645/16
BB 2018, 1037 -
Firmenfortführung: Unzulässige Eintragung eines Haftungsausschlusses
Nach § 25 HGB haftet der Erwerber eines Handelsgeschäfts, wenn er dieses unter der bisherigen Firma fortführt, für alle im Betrieb des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers. Der neue Inhaber kann sich jedoch der Haftung für Altschulden dadurch entziehen, dass er eine entsprechende Haftungsbeschränkung in das Handelsregister eintragen lässt. Ein Haftungsausschluss ist aber nur dann eintragungsfähig, wenn eine Haftung des Erwerbers überhaupt ernsthaft in Betracht kommt.Eine Firmenfortführung im Sinne von § 25 Abs. 1 HGB liegt nur vor, wenn bei Wechsel des Unternehmensträgers das Unternehmen selbst im Wesentlichen unverändert unter der alten Firma fortgeführtwird. Diese Voraussetzung ist laut Oberlandesgericht Saarbrücken nicht erfüllt, wenn eine Handelsgesellschaft vereinbarungsgemäß beabsichtigt, den Namen einer anderen, bislang unter dieser Firma am Markt tätigen Handelsgesellschaft "ähnlich einer Marke" im Rechtsverkehr weiterzuverwenden. Die Eintragung eines Haftungsausschlusses ist in diesem Fall folglich nicht zulässig.Beschluss des OLG Saarbrücken vom 16.01.2018
5 W 73/17
NJW-Spezial 2018, 175