Aus- und Weiterbildung

Auszug aus der Finanzanlagenvermittlungsverordnung

Auszug aus der Finanzanlagenvermittlungsverordnung vom 2. Mai 2012
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie verordnet auf Grund – des § 11a Absatz 5 und des § 34c Absatz 3 der Gewerbeordnung, von denen § 11a Absatz 5 durch Artikel 1 Nummer 2 des Gesetzes vom 19. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3232) eingefügt und § 34c Absatz 3 zuletzt durch Artikel 144 Nummer 1 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) geändert worden ist, sowie – des § 34g der Gewerbeordnung, der durch Artikel 5 Nummer 9 des Gesetzes vom 6. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2481) eingefügt worden ist, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen und dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz:
Abschnitt 1 Sachkundenachweis

§ 1 Sachkundeprüfung

(1)    Durch die Sachkundeprüfung nach § 34f Absatz 2 Nummer 4 der Gewerbeordnung erbringt der Prüfling den Nachweis, über die zur Ausübung der in § 34f Absatz 1 der Gewerbeordnung genannten Tätigkeiten erforderlichen fachspezifischen Produkt- und Beratungskenntnisse zu verfügen.
(2)    Gegenstand der Sachkundeprüfung sind:
1.    Kundenberatung:
a)    Erstellung von Kundenprofilen, Bedarfsermittlung,
b)    Lösungsmöglichkeiten,
c)    Produktdarstellung und -information;
2.    fachliche Kenntnisse auf folgenden Gebieten, insbesondere in Bezug auf rechtliche Grundlagen und steuerliche Behandlungen:
a)    Beratung und Vermittlung von Finanzanlagen, die in § 34f Absatz 1 Satz 1 der Gewerbeordnung genannt sind,
b)    Investmentvermögen im Sinne des § 1 Satz 2 des Investmentgesetzes und die Möglichkeiten der staatlichen Förderung,
c)    geschlossene Fonds,
d)    sonstige Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Vermögensanlagengesetzes.
Die inhaltlichen Anforderungen an die Sachkundeprüfung sind an den Vorgaben der Anlage 1 auszurichten.
Die Anlage 1 erhalten Sie in einem separaten PDF-Dokument auf unserer Internetseite.

§ 2 Zuständige Stelle und Prüfungsausschuss

(1)    Die Abnahme der Sachkundeprüfung erfolgt durch die Industrie- und Handelskammern. Die Sachkundeprüfung kann bei jeder Industrie- und Handelskammer abgelegt werden, die diese Prüfung anbietet.
(2)    Für die Abnahme der Prüfung errichten die Industrie-und Handelskammern Prüfungsausschüsse. Sie berufen die Mitglieder dieser Ausschüsse. Die Mitglieder müssen auf den Prüfungsgebieten sachkundig, mit der aktuellen Praxis der Finanzanlagenvermittlung und -beratung durch eigene Erfahrung vertraut und für die Mitwirkung im Prüfungswesen geeignet sein.
(3)    Mehrere Industrie- und Handelskammern können Vereinbarungen zur gemeinsamen Durchführung der Sachkundeprüfung schließen. Sie können einen gemeinsamen Prüfungsausschuss errichten. § 10 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie-und Handelskammern in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 701-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 11. Juli 2011 (BGBl. I S. 1341) geändert worden ist, bleibt unberührt.

§ 3 Verfahren

(1)    Die Prüfung besteht aus einem schriftlichen und einem praktischen Teil.
(2)    Der schriftliche Teil der Prüfung erstreckt sich auf die in § 1 Absatz 2 Nummer 2 aufgeführten Inhalte, die in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander zu prüfen sind.
Folgende Bereiche sind schriftlich zu prüfen:
  1. Kenntnisse über Investmentvermögen im Sinne des § 1 Satz 2 des Investmentgesetzes,
  2. Kenntnisse über geschlossene Fonds sowie
  3. Kenntnisse über sonstige Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Vermögensanlagengesetzes.
Der schriftliche Teil der Prüfung kann auf Antrag des Prüflings auf die einzelnen Kategorien von Finanzanlagen nach Satz 1 Nummer 1, 2 oder 3 beschränkt werden. Für eine Erlaubnis nach § 34f Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Satz 3 der Gewerbeordnung muss der schriftliche Teil der Prüfung die in Satz 2 Nummer 1 genannten Bereiche umfassen, für eine Erlaubnis nach § 34f Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 in Verbindung mit Satz 3 der Gewerbeordnung muss der schriftliche Teil der Prüfung die in Satz 2 Nummer 2 genannten Bereiche umfassen. Für eine Erlaubnis nach § 34f Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit Satz 3 der Gewerbeordnung muss der schriftliche Teil der Prüfung die in Satz 2 Nummer 2 und 3 genannten Bereiche umfassen. Der Prüfling soll anhand von praxisbezogenen Aufgaben nachweisen, dass er die grundlegenden fachlichen und rechtlichen Kenntnisse erworben hat und diese praktisch anwenden kann.
(3)    Die Auswahl der schriftlichen Prüfungsaufgaben trifft ein bundesweit einheitlich tätiger Aufgabenauswahlausschuss. Der Ausschuss wird mit sieben Mitgliedern und sieben stellvertretenden Mitgliedern besetzt, die von den Industrie- und Handelskammern berufen werden. Die Berufung erfolgt jeweils nach Anhörung von Vertretern der Finanzanlagenvermittler, der Anbieter von Investment- vermögen, geschlossenen Fonds und sonstigen Vermögensanlagen und der Verbraucherschutzorganisationen.

Es werden berufen:

  1. drei Mitglieder und drei Stellvertreter aus den Reihen der Finanzanlagenvermittler oder der Vertreter ihrer Interessen,
  2. zwei Mitglieder und zwei Stellvertreter aus den Reihen der Anbieter von Investmentvermögen im Sinne des § 1 Satz 2 des Investmentgesetzes, geschlossenen Fonds und sonstigen Vermögensanlagen oder der Vertreter ihrer Interessen,
  3. ein Mitglied und ein Stellvertreter aus den Reihen der Industrie- und Handelskammern oder der Vertreter ihrer Interessen sowie
  4. ein Mitglied und ein Stellvertreter aus den Reihen der Verbraucherschutzorganisationen oder der Vertreter ihrer Interessen.
Die Mitglieder des Ausschusses sowie ihre Stellvertreter müssen in der Lage sein, sachverständige Entscheidungen zur Aufgabenauswahl zu treffen. Die Prüfungsaufgaben werden nach der Prüfung nicht veröffentlicht; sie stehen den Prüflingen nur während der Prüfungen zur Verfügung.
(4)    Im praktischen Teil der Prüfung, der als Simulation eines Kundenberatungsgesprächs durchgeführt wird, wird jeweils ein Prüfling geprüft. Hier soll der Prüfling nachweisen, dass er über die Fähigkeiten verfügt, kundengerechte Lösungen zu entwickeln und anzubieten.
(5)    Der praktische Teil der Prüfung ist nicht zu absolvieren, wenn der Prüfling
  1. eine auf die in Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 genannte Kategorie von Finanzanlagen beschränkte Sachkundeprüfung ablegt und
    1. eine Erlaubnis nach § 34d Absatz 1 oder § 34e Absatz 1 der Gewerbeordnung hat oder
    2. einen Sachkundenachweis im Sinne des § 34d Absatz 2 Nummer 4 der Gewerbeordnung oder einen diesem nach § 19 Absatz 1 der Versicherungsvermittlungsverordnung gleichgestellten Abschluss besitzt oder
  2. eine Folgeprüfung zur Erweiterung einer nach § 34f Absatz 1 Satz 3 der Gewerbeordnung auf einzelne Kategorien von Finanzanlagen beschränkten Erlaubnis ablegt.
(6) Die Prüfung ist nicht öffentlich. Im praktischen Teil der Prüfung können jedoch anwesend sein:
  1. beauftragte Vertreter der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bundesanstalt),
  2. Mitglieder eines anderen Prüfungsausschusses,
  3. Vertreter der Industrie- und Handelskammern,
  4. Personen, die beauftragt sind, die Qualität der Prüfungen zu kontrollieren, oder
  5. Personen, die in einen Prüfungsausschuss berufen werden sollen.
Die in den Nummern 1 bis 5 genannten Personen dürfen nicht in die laufende Prüfung eingreifen oder in die Beratung über das Prüfungsergebnis einbezogen werden.
(7) Die Leistung des Prüflings ist vom Prüfungsausschuss mit „bestanden“ oder „nicht bestanden“ zu bewerten. Die Prüfung ist bestanden, wenn sowohl der schriftliche als auch der praktische Teil der Prüfung mit „bestanden“ bewertet worden ist. Der schriftliche Teil der Prüfung ist bestanden, wenn der Prüfling in den in Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 bis 3 genannten und geprüften Bereichen jeweils mindestens 50 Prozent der erreichbaren Punkte erzielt. Der praktische Teil der Prüfung ist bestanden, wenn der Prüfling mindestens 50 Prozent der erreichbaren Punkte erzielt.
(8) Die Industrie- und Handelskammer stellt unverzüglich eine Bescheinigung nach Anlage 2 aus, wenn der Prüfling die Prüfung erfolgreich abgelegt hat. In der Bescheinigung ist anzugeben, welche Bereiche nach Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 bis 3 der schriftliche Teil der Prüfung umfasst hat. Wurde die Prüfung nicht erfolgreich abgelegt, erhält der Prüfling darüber einen Bescheid, in dem auf die Möglichkeit der Wiederholungsprüfung hinzuweisen ist.
(9) Die Einzelheiten des Prüfungsverfahrens regelt die Industrie- und Handelskammer durch Satzung.

§ 4 Gleichstellung anderer Berufsqualifikationen

(1)    Folgende Berufsqualifikationen und deren Vorläufer oder Nachfolger werden als Nachweis der erforderlichen Sachkunde anerkannt:
1.    Abschlusszeugnis
a)    als geprüfter Bankfachwirt oder -wirtin (IHK),
b)    als geprüfter Fachwirt oder -wirtin für Versicherungen und Finanzen (IHK),
c)    als geprüfter Investment-Fachwirt oder -wirtin (IHK),
d)    als geprüfter Fachwirt oder -wirtin für Finanzberatung (IHK),
e)    als Bank- oder Sparkassenkaufmann oder -frau,
f)    als Kaufmann oder -frau für Versicherungen und Finanzen „Fachrichtung Finanzberatung“ oder
g)    als Investmentfondskaufmann oder -frau;
2.    Abschlusszeugnis
a)    eines betriebswirtschaftlichen Studiengangs der Fachrichtung Bank, Versicherungen oder Finanzdienstleistung (Hochschulabschluss oder gleichwertiger Abschluss) oder
b)    als Fachberater oder -beraterin für Finanzdienstleistungen (IHK) mit abgeschlossener allgemeiner kaufmännischer Ausbildung,
c)    als Finanzfachwirt oder -wirtin (FH) mit einem abgeschlossenen weiterbildenden Zertifikatsstudium an einer Hochschule, wenn zusätzlich eine mindestens einjährige Berufserfahrung im Bereich Anlageberatung oder -vermittlung vorliegt;
3.    Abschlusszeugnis
als Fachberater oder -beraterin für Finanzdienstleistungen (IHK), wenn zusätzlich eine mindestens zweijährige Berufserfahrung im Bereich Anlageberatung oder -vermittlung vorliegt.
(2)    Eine Prüfung, die ein mathematisches, wirtschafts- oder rechtswissenschaftliches Studium an einer Hochschule oder Berufsakademie erfolgreich abschließt, wird als Nachweis anerkannt, wenn die erforderliche Sachkunde beim Antragsteller vorliegt. Dies setzt in der Regel voraus, dass zusätzlich eine mindestens dreijährige Berufserfahrung im Bereich Anlagevermittlung oder -beratung nachgewiesen wird.

§ 5 Anerkennung von ausländischen Berufsbefähigungsnachweisen im Rahmen der Niederlassungsfreiheit

Unterscheiden sich die nach § 13c der Gewerbeordnung vorgelegten Nachweise hinsichtlich der zugrunde liegenden Sachgebiete wesentlich von den Anforderungen der §§ 1 und 3 und gleichen die von der den Antrag stellenden Person im Rahmen ihrer Berufspraxis erworbenen Kenntnisse diesen wesentlichen Unterschied nicht aus, so ist die Erlaubnis zur Aufnahme der angestrebten Tätigkeit von der erfolgreichen Teilnahme an einer ergänzenden, diese Sachgebiete umfassenden Sachkundeprüfung (spezifische Sachkundeprüfung) abhängig.
Der Bundesrat hat zugestimmt.
Berlin, den 2. Mai 2012
Der Bundesmininister für Wirtschaft und Technologie Dr. Philipp Rösler